OLG Köln – Az.: 5 U 175/19 – Beschluss vom 06.04.2020
Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 16.08.2019 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts – 25 O 117/16 – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Hinweis innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO).
Gründe
I.
Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, weil das angefochtene Urteil weder auf einer Rechtsverletzung beruht, noch nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§§ 522 Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO). Zu Recht hat das Landgericht einen Anspruch auf ein über 500 EUR hinausgehendes Schmerzensgeld abgelehnt, denn der Klägerin stehen gegen die Beklagte keine weiteren Ansprüche auf Schmerzensgeld oder auf Feststellung der Haftung für künftige Schäden zu. Im Einzelnen:
1. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei dem zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnis über eine kosmetische Haarentfernung um einen Dienstvertrag gemäß §§ 611 ff. BGB handelt. Dieser Auffassung, die soweit ersichtlich von der Literatur und der Rechtsprechung weit überwiegend geteilt wird (Günther in: beck-online Großkommentar Stand: 01.12.2019 § 627 Rn 25- 25.1; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht 7. Aufl. 2014, A I 1 a Rn 4; Meyer, Gewährleistungsprobleme bei IPL-Geräten zur dauerhaften Haarentfernung, MPR 2008, 95; Sendowski, Photoepilation mit Laser- und IPL-Geräten – kosmetische Behandlung oder Ausübung von Heilkunde? MPR 2007, 153; AG Hannover, Urteil vom 16.05.2013 – 463 C 6961/12, BeckRS 2013, 11291; AG Bremen, Urteil vom 30.11.2018 – 16 C 264/18, BeckRS 2018, 31592; AG Hohenstein-Ernstthal Schlussurteil v. 7.3.2007 – 4 C 389/06, BeckRS 2008, 17537; offengelassen: LG Bonn, 9 O 325/08, BeckRS 2010, 5162; Werkvertrag: AG Wuppertal, Urteil vom 27.04.2012 – 94 C 28/11, BeckRS 2013, 777), tritt auch der Senat bei. Ein Behandlungsvertrag gem. § 630 a BGB mit den daraus resultierenden Pflichten liegt hingegen nicht vor, da die Beklagte keine medizinische Behandlung der Klägerin im Sinne des § 630 a I BGB zugesagt hat. Dies würde die Erbringung eines Dienstes für die Gesundheit eines Menschen voraussetzen (Palandt-Weidenkaff vor § 630 a Rnr 2). Ein solcher Dienst ist jedoch zwischen den Parteien nicht vereinbart worden – die Haarentfernung diente nicht der Gesundheit der Klägerin, sondern sollte den optischen Eindruck verändern. Die von der Klägerin vorgelegte Karte der Beklagten (Bl. 3 d.A.) suggeriert auch in keiner Weise, dass medizinische Fachkunde bei der Beklagten vorhanden wäre.
2. Dass das Landgericht festgestellt hat, dass die Klägerin aufgrund einer fehlerhaften IPL (Intense Pulsed Light)-Behandlung und insoweit durch Verletzung einer Pflicht des zwischen den Parteien geschlossenen Dienstvertrages Verbrennungen im Gesicht erlitten hat, hat die Klägerin nicht angegriffen.
Soweit die Berufung geltend macht, das Landgericht hätte hier einen „groben Behandlungsfehler“ feststellen müssen, der sodann zu einer Beweislastumkehr hinsichtlich der resultierenden Schäden führe, kann dahinstehen, ob diese für die medizinische Behandlung durch das Patientenrechtegesetz in den §§ 630a, 630 h BGB geregelte Rechtsfigur auf eine kosmetische Maßnahme überhaupt analog angewendet werden kann. Denn das Landgericht hat zutreffend und mit nachvollziehbarer Begründung, der sich der Senat anschließt, ausgeführt, dass eine grobe Pflichtverletzung bereits nicht gegeben war. Die Kammer ist insoweit dem gut begründeten Gutachten des Sachverständigen PD Dr. A gefolgt, der ausgeführt hat, die Beklagte habe aufgrund der bereits zwei Jahre andauernden Behandlung der Klägerin ohne aufgetretene Beeinträchtigungen davon ausgehen dürfen, die Behandlung fortsetzen zu können.
Beweiserleichterungen ergeben sich auch nicht, wie die Berufung meint, aus einer mangelnden Dokumentation der Einzelheiten der Behandlung durch die Beklagte. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass zwischen den Parteien individualvertraglich vereinbart worden wäre, dass die Beklagte eine Behandlungsdokumentation der Art, wie sie bei einer medizinischen Behandlung gemäß § 630 f BGB geschuldet ist, anfertigen muss. Aus den generellen Regelungen des Dienstvertrages ergibt sich eine solche Verpflichtung nicht.
3. Das Landgericht hat zu Recht keine weitere Aufklärung zu der Frage der Weiterbehandlung der Klägerin durch den Zeugen B vorgenommen. Denn die Klägerin hat bereits nicht vorgetragen, dass diese ab November 2014 durchgeführte Behandlung zu konkreten negativen Folgen geführt hätte. Aus den Behandlungsunterlagen der behandelnden Ärzte ergeben sich konkrete, aufgrund der Weiterbehandlung entstandene Schadensbilder oder Behandlungsmaßnahmen ebenfalls nicht.
4. Das Landgericht hat weiterhin zutreffend festgestellt, dass die Klägerin für das Vorhandensein weiterer gesundheitlicher Schäden, insbesondere einer dauerhaften Narbenbildung, beweisfällig geblieben sei. Das Landgericht ist dabei richtig davon ausgegangen, dass es sich bei dieser Narbenbildung um Sekundärschäden handelt. Soweit die Berufung meint, es handele sich um Primärschäden, die regelmäßig aus Verbrennungen resultierten, so berücksichtigt dies nicht, dass sich eine Narbenbildung im unmittelbaren Zusammenhang mit der Behandlung durch die Beklagte nicht gezeigt hat. Denn bei der hautärztlichen Behandlung am 22.09.2014 ist zwar eine postinflammatorische Hyperpigmentierung beschrieben, nicht aber eine Narbenbildung, sodass diese Narbenbildung allenfalls eine spätere, sekundäre Entwicklung darstellen kann. Angesichts der vom Sachverständigen dargelegten, mehrfachen alternativen Ursachen der Narbenbildung, nämlich einer Folge der Vorerkrankung der Klägerin mit Chloasmen, einer Haarwurzelentzündung, von Akne oder einer Ausprägung des grundsätzlichen Hautbildes der Klägerin, ist die Schlussfolgerung des Landgerichts, dass eine überwiegende oder hohe Wahrscheinlichkeit für die Kausalität nicht gesehen werden könne, ohne weiteres nachvollziehbar.
5. Das Landgericht hat für die für bewiesen erachteten Gesundheitsschädigungen ein angemessenes Schmerzensgeld i.H.v. 500 EUR festgesetzt. Die insoweit von der Kammer berücksichtigten konkreten Umstände, nämlich Ausmaß und Schwere der Verletzung und der erlittenen Schmerzen sowie Dauer und Umfang der erfolgten Behandlungen und der Belastungen durch die Gesamtbehandlung, rechtfertigen ein höheres Schmerzensgeld nicht. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die von der Klägerin beschriebene gravierendste Verletzungsfolge, nämlich die Bläschenbildung, nur für eine kurze Zeit bestanden hat – Bläschen waren nicht sichtbar bei Wiedervorstellung bei der Beklagten, sind durch das Marienhospital nicht dokumentiert und lagen nicht mehr am 22.09.2014 bei Aufsuchen der Hautärztin vor – und eine stark beeinträchtigende Behandlung nicht erforderlich war.
6. Ebenfalls zutreffend hat das Landgericht den Antrag auf Feststellung zurückgewiesen. Dass der Klägerin durch die vorübergehenden Verletzungsfolgen noch fortwirkende Schäden drohen könnten, ist weder konkret vorgetragen, noch ist es ersichtlich.
II.
Bei dieser Sachlage gibt die Berufung zu einer Abänderung des angefochtenen Urteils insgesamt keine Veranlassung. Die Rechtssache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung (§ 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO); eine mündliche Verhandlung erscheint unter Berücksichtigung aller weiteren Aspekte des Rechtsstreites auch aus sonstigen Gründen nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO). Auf die bei förmlicher Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO dem Rechtsmittelführer verloren gehende Möglichkeit einer Kosten sparenden Rücknahme nach Nr. 1222 Kostenverzeichnis zum GKG wird vorsorglich hingewiesen.