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Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB – Voraussetzungen

LG Berlin, Az.: 63 S 578/09, Urteil vom 13.07.2010

Die Berufung der Kläger gegen das am 29.09.2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg – 3 C 213/09 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Verwertungskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB.

Der Beklagte mietete die streitgegenständliche Wohnung am … im Jahr 1996 an. Die Kläger erwarben die vom Beklagten innegehaltene Wohnung 1997, nachdem diese durch den Veräußerer in Wohnungseigentum umgewandelt worden war, im Rahmen eines Steuersparmodells. Laut notariellem Kaufvertrag sollten sie für die Wohnung einen Kaufpreis in Höhe von 793.500,00 DM aufwenden, wobei jedoch 438.210,00 DM auf Modernisierungsmaßnahmen entfielen, die unstreitig jedenfalls nicht vollständig durchgeführt wurden. Der Kaufvertrag sah ferner für den Fall, dass nicht sämtliche Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt werden, ein Minderungsrecht des Käufers vor.

Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB - Voraussetzungen
Symbolfoto: Waldemarus/Bigstock

Mit Schreiben vom 17.12.2008 kündigten die Kläger das Mietverhältnis zum 31.08.2009 auf der Grundlage von § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB mit der Begründung, dass die Wohnung im Falle des Verkaufs in vermieteten Zustand nur einen Verkaufserlös in Höhe von 184.012,80 Euro erzielen würde, in unvermieteten Zustand jedoch ca. 370.000 Euro. Die Mehreinnahmen seien dringend notwendig, um den Verlust der Kläger in Ansehung der Preisentwicklung auf dem Berliner Wohnungsmarkt zu reduzieren. Die Kläger hätten für die Wohnung zum Zeitpunkt der Anschaffung im Jahr 1997 weit mehr als 800.000,00 DM bezahlt, so dass sie selbst bei Beendigung des Mietvertrages und anschließendem Verkauf noch Verluste realisieren würden. Die bei Fortbestand des Mietverhältnisses anfallenden Verluste seien völlig unakzeptabel.

Der Beklagte widersprach der Kündigung und bestreitet, dass die Voraussetzungen des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB vorliegen. Insbesondere sei für die Bemessung des wirtschaftlichen Nachteils der Kaufpreis maßgeblich, welcher vorliegend unrichtig mit rund 800.000,00 DM wiedergegeben sei, da die Kläger aufgrund der nicht durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen den Kaufpreis um mehr als die Hälfte hätten mindern können.

Das Amtsgericht hat die Räumungsklage der Kläger mit der Begründung abgewiesen, ihr Streben nach Gewinnoptimierung sei nicht durch § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB geschützt, schließlich hätten sie die Wohnung im vermieteten Zustand erworben, hierdurch Steuern gesparte und der Mieter zahle auch eine oberhalb des Mietspiegels liegende Miete.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung. Sie sind der Ansicht, dass das Amtsgericht die eigene wirtschaftliche Entscheidung an die Stelle der Eigentümer gesetzt habe und die Entscheidung des BGH vom 28.01.2009 – VIII ZR 7/08) verkannt habe.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Von der weiteren Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Kläger haben gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Räumung der von ihm innegehaltenen Wohnung, da das Mietverhältnis nicht durch die Kündigung vom 17.12.2008 beendet worden ist.

Die Kündigung vom 17.12.2008 ist unwirksam. Voraussetzung für eine Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist, dass eine Verwertungsabsicht des Vermieters besteht, die beabsichtigte Verwertung angemessen ist und der Vermieter durch die Hinderung der Verwertung und Fortsetzung des Mietverhältnisses erhebliche Nachteile erleiden würde.

Die Kläger haben vorliegend nicht hinreichend dargelegt, dass sie durch die Hinderung der Verwertung und Fortsetzung des Mietverhältnisses einen erheblichen Nachteil erleiden.

Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Beurteilung der Frage, ob dem Eigentümer durch den Fortbestand eines Mietvertrages ein erheblicher Nachteil entsteht, vor dem Hintergrund der Sozialpflichtigkeit des Eigentums und damit des grundsätzlichen Bestandsinteresses des Mieters, in der bisherigen Wohnung als seinem Lebensmittelpunkt zu verbleiben, vorzunehmen. Das Eigentum gewährt dem Vermieter vor diesem Hintergrund keinen Anspruch auf Gewinnoptimierung oder auf Einräumung gerade der Nutzungsmöglichkeiten, die den größtmöglichen wirtschaftlichen Vorteil versprechen. Auch das Besitzrecht des Mieters an der gemieteten Wohnung ist Eigentum im Sinne von Art. 14 GG und deshalb grundgesetzlich geschützt. Auf der anderen Seite dürfen die dem Vermieter entstehenden Nachteile jedoch keinen Umfang annehmen, welcher die Nachteile weit übersteigt, die dem Mieter im Falle des Verlustes der Wohnung erwachsen. Die im Rahmen des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB erforderliche Abwägung zwischen dem grundsätzlichen Bestandsinteresse des Mieters und dem Verwertungsinteresse des Eigentümers entzieht sich ferner einer generalisierenden Betrachtung; sie lässt sich nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und der konkreten Situation des Vermieters treffen (BGH, Urteil vom 28.01.2009, VIII ZR 07/08).

In diesem Zusammenhang ist zur berücksichtigen, dass die Kläger die Wohnung bereits im vermieteten Zustand erworben haben (vgl. LG Berlin, Urteil vom 03.05.1994 – 63 S 78/94 – GE 1994, 1055). Es ist daher zur Berechnung des erheblichen Nachteils ein Vergleich zwischen dem damaligen Kaufpreis und dem Verkaufserlös in vermieteten Zustand vorzunehmen, der jetzt für die Wohnung erzielt werden könnte (OLG Stuttgart, Urteil vom 26.09.2005, 5 U 73/05, GE 2006, 323; LG Berlin, Urteil vom 07.11.1994, 67 S 278/94, GE 1995, 189).

Die Kläger haben nicht hinreichend dargelegt, zu welchem Preis sie die Wohnung 1997 tatsächlich erworben haben. Sie haben lediglich den in dem notariellen Kaufvertrag genannten Preis in Höhe von 793.500 DM genannt. Dass dieser Kaufpreis wirklich gezahlt wurde, hat der Beklagte mit Hinweis auf das Minderungsrecht und der unwidersprochenen Behauptung, es seien nicht alle im Kaufvertrag genannten Sanierungsmaßnahmen durchgeführt worden, substantiiert bestritten. Hierauf haben die Kläger nichts erwidert, so dass schon der für die Berechnung des Nachteils maßgebliche Ausgangswert nicht festgestellt werden kann.

Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus der von den Klägern zitierten Entscheidung des BGH vom 28.01.2009 (VIII ZR 07/08), da es dort nicht um die Frage der Verwertung einer Eigentumswohnung durch Verkauf, sondern vielmehr um den Abriss eines stark sanierungsbedürftigen Gebäudes ging.

Die Kammer hegt im Übrigen Zweifel an der Argumentation des Beklagten, dass eine Verwertungskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 3 HS 3 BGB vorliegend generell ausgeschlossen sei, denn die Vorschrift zielt auf die Fälle, in denen der Vermieter nach Überlassung an den Mieter Wohneigentum in der Absicht begründet , dieses anschließend zu veräußern. Auch ist der von der Zivilkammer 67 entschiedene und vom Beklagten zitierte Fall mit dem vorliegenden nicht vergleichbar, da in dem dort entschiedenen Fall der kündigende Vermieter selbst das Wohnungseigentum in der Absicht geschaffen hatte, die Wohnungen anschließend einzeln zu veräußern (vgl. Urteil des Landgericht Berlin vom 29.03.2010, 67 S 338/09). Im Ergebnis kann die Frage, ob eine Verwertungskündigung vorliegend auf Dauer ausgeschlossen ist jedoch dahin stehen, da die Kündigung der Kläger, wie ausgeführt, schon aus anderen Gründen unwirksam ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert der Berufung wird auf 11.555,16 Euro (12 x 962,93 Bruttokaltmiete) festgesetzt.

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