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Videokameras auf Nachbargrundstück – Entfernungsanspruch

LG Bonn – Az.: 9 O 51/18 – Urteil vom 19.11.2018

Die Beklagten werden verurteilt, es zu unterlassen,

a) die an der rechten Hauswand an der hinteren Ecke der Immobilie P ##, ##### D in ca. 2,80 m Höhe angebrachte Kamera,

b) die an der Gartenseite der Immobilie P ##, ##### D, rechtsseitig der Terrasse in ca. 2,80 m Höhe angebrachte Kamera und

c) die an der Vorderseite der Immobilie P ##, ##### D, in ca. 3 m Höhe an der Hausecke ca. 2 m links der Eingangstür angebrachte Kamera,

so einzustellen, dass der öffentliche Gehweg, der Hauseingang zum Haus der Kläger P ##, ##### D, und das Badezimmerfenster zum Haus der Kläger erfasst werden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 4.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger begehren mit der Klage von den Beklagten, ihren Nachbarn, die Entfernung von drei Kameras, welche die Beklagten an ihrem Wohnhaus angebracht haben, wobei streitig ist, seit wann diese Kameras vorhanden sind und was diese filmen. Die Anbringungsposition der Kameras entsprechend der Klageanträge ist unstreitig wie auch, dass die Einstellungsposition der Kameras dadurch verändert werden kann, dass an der Befestigung der Kameras drei oder vier Schrauben mit einem entsprechenden Schraubenschlüssel gelöst und nach Veränderung des Winkels erneut festgedreht werden, wofür man auf eine Leiter steigen muss. Über eine Fernsteuerungsfunktion verfügen die Kameras nicht.

Die Kläger monierten die ihrer Ansicht nach ihnen unzumutbare Kameraüberwachung mit E-Mail vom 19.08.2017 beim LDI in G. Das LDI (Landesbeauftragte für den Datenschutz des Landes NRW) forderte durch den zuständigen Mitarbeiter, Herrn F, die Beklagten dazu auf, darzulegen, was die Kameras filmten. Daraufhin übersandten die Beklagten im Oktober 2017 dem LDI Lichtbilder (Anlage K 1, Bl. # der Akte). Daraufhin monierte das LDI im November 2017, dass teilweise unzulässigerweise öffentliche Flächen und das Eigentum der Kläger bzw. anderer Nachbarn gefilmt werde, schraffierte die entsprechend unzulässigen Flächen auf den eingereichten Bildern (vergleiche Bl. # der Akte) und übersandte diese Lichtbilder den Beklagten. Daraufhin veränderten die Beklagten die Einstellungsposition der drei Kameras, fertigten Lichtbilder dieser veränderten Position an und übersandten diese Bilder dem LDI (Anlage B 2, Bl. ## d.A.). Daraufhin erklärte das LDI gegenüber den Beklagten, dass gegen die Videoüberwachung vor diesem Hintergrund keine datenschutzrechtlichen Bedenken mehr bestünden. Mit Schreiben vom 29.11.2017 teilte das LDI den Klägern mit, dass der Sachverhalt von dort aus als abgeschlossen betrachtet werde und verwies gegebenenfalls auf den Zivilrechtsweg (Anlage K 4, Bl. ## der Akte).

Die Kläger behaupten, dass die Kamera entsprechend des Klageantrags zu c) bereits seit einigen Jahren vorhanden sei und dass die Kameras entsprechend der Klageanträge zu a) und b) erst im Sommer 2017 angebracht worden seien, wohingegen die Beklagten behaupten, dass die Kameras entsprechend der Klageanträge zu b) und c) bereits im Jahre 2012 angebracht worden seien und die Kamera entsprechend des Klageantrags zu a) Anfang des Jahres 2016. Die Kläger behaupten des Weiteren, dass die Kameras nicht nur das eigene Grundstück der Beklagten filmten, sondern auch den öffentlichen Gehweg, den die Kläger benutzen müssten, um ihr Wohnhaus zu erreichen sowie auch Teile dieses Wohnhauses wie insbesondere das Badezimmerfenster. Zwar hätten die Beklagten die Einstellungsposition der Kameras kurzzeitig so verändert, dass diese nur das eigene Grundstück gefilmt hätten – um entsprechende Bilder für den eingeschalteten Datenschutzbeauftragten zu generieren – aber danach sei die Einstellungsposition wieder dahingehend verändert worden, dass erneut der öffentlichen Gehweg, den die Kläger benutzen müssten, um ihr Wohnhaus zu erreichen sowie auch Teile dieses Wohnhauses wie insbesondere das Badezimmerfenster, gefilmt würden. Die Kameras verfügten auch über eine Aufnahmefunktion, da alles andere keinen Sinn ergebe. Die Kläger sind – unter Verweis auf das Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 22.09.2016,15 U 33/16 – der Ansicht, einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt zu sein. Sie sind der Ansicht, dass die Lösung weniger Schrauben einen geringen Aufwand darstelle.

Die Kläger beantragen, die Beklagten zu verurteilen,

Videokameras auf Nachbargrundstück - Entfernungsanspruch
(Symbolfoto: Vasin Lee/Shutterstock.com)

a) die an der rechten Hauswand an der hinteren Ecke der Immobilie P ##, ##### D in ca. 2,80 m Höhe angebrachte Kamera,

b) die an der Gartenseite der Immobilie P ##, ##### D, rechtsseitig der Terrasse in ca. 2,80 m Höhe angebrachte Kamera und

c) die an der Vorderseite der Immobilie P ##, ##### D, in ca. 3 m Höhe an der Hausecke ca. 2 m links der Eingangstür angebrachte Kamera,

zu entfernen, hilfsweise die im Antrag zu a) bis c) genannten Kameras so einzustellen und sichtbar dauerhaft so zu fixieren, dass der öffentliche Gehweg, der Hauseingang zum Haus der Kläger P ##, ##### D und das Badezimmerfenster zum Haus der Kläger von den Kameras nicht erfasst werden,

hilfsweise es zu unterlassen,

a) die an der rechten Hauswand an der hinteren Ecke der Immobilie P ##, ##### D in ca. 2,80 m Höhe angebrachte Kamera,

b) die an der Gartenseite der Immobilie P ##, ##### D, rechtsseitig der Terrasse in ca. 2,80 m Höhe angebrachte Kamera und

c) die an der Vorderseite der Immobilie P ##, ##### D, in ca. 3 m Höhe an der Hausecke ca. 2 m links der Eingangstür angebrachte Kamera,

so einzustellen, dass der öffentliche Gehweg, der Hauseingang zum Haus der Kläger P ##, ##### D, und das Badezimmerfenster zum Haus der Kläger erfasst werden.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, dass die Kameras sich weiterhin in der Einstellungsposition befänden, wie dies den Bildern Anlage B 2 entspreche. Eine erneute Veränderung der Kamerapositionen habe nicht stattgefunden. Eine Aufzeichnung der Bilder erfolge nicht. Die Videoüberwachung erfolge zum Schutz vor unberechtigten Übergriffen Dritter, Insbesondere zum Diebstahlsschutz. Der Beklagte zu 2) sei häufig unterwegs, so dass seine Ehefrau, die Beklagte zu 1), anhand der Kameras sehen könne, was sich draußen auf dem eigenen Grundstück abspiele, etwa auch wem sie die Tür öffne. Sie sind der Ansicht, dass eine Veränderung der Einstellungsposition der Kameras einen erheblichen Aufwand erfordere angesichts der notwendigen Leiter und der Lösung mehrerer Schrauben. Hierdurch sei auch potentiell von außen ersichtlich, ob es zu einer Veränderung der Kamerapositionen komme (unstreitig). Eine solche sei nach der unstreitig erfolgten Veränderung der Kamerapositionen (vor der Anfertigung der letzten Bilder, die an das LDI geschickt wurden) indes nicht erfolgt und auch nicht in der Zukunft geplant. Die Klage sei rechtsmissbräuchlich aufgrund der – behauptet – jahrelangen anstandslosen Duldung der Kameras.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll vom 29.10.2018 nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist hinsichtlich des zweiten Hilfsantrags begründet, im Übrigen unbegründet.

1. Hauptantrag

Die Kläger haben keinen Anspruch gegen die Beklagten gemäß §§ 823, 1004 BGB auf Entfernung der drei in Rede stehenden Videokameras. Soweit sich die Kläger auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 22. September 2016, 15 U 33/16, berufen, liegt der Sachverhalt einerseits im vorliegenden Fall in einem entscheidenden Punkt anders als im vom Oberlandesgericht Köln entschiedenen Fall, und andererseits ist der Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln ohnehin aus Rechtsgründen nicht zu folgen. Das Oberlandesgericht Köln hat den Entfernungsanspruch aufgrund einer naheliegenden Befürchtung eines Überwachungsdrucks infolge eines stattgehabten Eingriffs in das Persönlichkeitsrechts des Klägers bejaht (unabhängig davon, ob die Kameras aktuell in einer Position betrieben wurden, die den öffentlichen Raum bzw. das Grundstücks des Klägers erfassten). Dies hat das Oberlandesgericht Köln maßgeblich damit begründet, dass aufgrund des früheren Filmens öffentlicher Bereiche und Bereiche des Grundstücks des Klägers die naheliegende Befürchtung bestehe, dass der Kläger in der Zukunft wiederum zum Gegenstand einer Überwachung der Beklagten werden könnte, „zumal die Kameras […] ohne manuelle Einwirkung, d.h. ohne sichtbare Einwirkung von außen, in ihrem Aufnahmebereich durch Betätigung der Zoomfunktion sowie durch Änderung der Winkeleinstellung verändert werden können.“ (OLG Köln aaO, Rn. 33 nach „juris.de“). Letzteres ist hier unstreitig nicht der Fall. Denn die hier im vorliegenden Fall in Rede stehenden drei Kameras können nicht ohne manuelle Einwirkung und auch nicht ohne sichtbare Einwirkung von außen, sondern unstreitig nur durch eine manuelle, von außen potentiell erkennbare Verstellung der Position (Heraufsteigen auf eine Leiter und Lösen mehrerer Schrauben mit einem Schraubenschlüssel sowie erneutes Anziehen der Schrauben nach ggf. erfolgter Veränderung des Winkels) verändert werden. Es ist durchaus fraglich, ob das Oberlandesgericht Köln diesen Punkt als streitentscheidend angesehen hat angesichts der Formulierung „zumal“, die eher darauf hinweist, dass dies nur ein vermeintlich nicht entscheidender Zusatzaspekt war. Wenn aber die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln so zu verstehen sein sollte, dass allein die Erstbegehung eines Verstoßes gegen drittschützende Datenschutzrechte und das Persönlichkeitsrecht des beeinträchtigten Nachbars und eine sich daraus ergebende „naheliegende Befürchtung wiederum zum Gegenstand einer Überwachung zu werden“ (zumal ohne die Feststellung, dass aktuell weiterhin solche Verstöße vorliegen), ausreichen soll, um einen Entfernungsanspruch nach §§ 823, 1004 BGB zu begründen, wäre dem nicht zu folgen. Mit einer solchen Rechtsprechung würden die Voraussetzungen von Unterlassungs- und Entfernungsanspruch unzulässig vermischt bzw. gleichgesetzt. Der Erstverstoß indiziert lediglich die Wiederholungsgefahr und begründet in aller Regel einen entsprechenden Unterlassungsanspruch. Ein solcher Erstverstoß lag hier auch unstreitig vor (Kamerapositionen entsprechend Bilder, Anlage K 1). Für einen Entfernungsanspruch ist indes weitaus mehr zu fordern, da ein Entfernungsanspruch erheblich in das Eigentumsrecht des beklagten Nachbarn aus Art. 14 GG eingrifft, dem bei Bejahung eines solchen Anspruchs die Möglichkeit genommen wird, sein eigenes Grundstück durch Videokameras zu überwachen. Ein solcher Entfernungsanspruch kann – als ultima ratio – daher allenfalls dann bejaht werden, wenn hartnäckige Verstöße gegen (bereits titulierte oder vertraglich vereinbarte) Unterlassungsverpflichtungen vorliegen oder jedenfalls erhebliche, objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der beklagte Nachbar sich an eine Unterlassungsverpflichtung nicht halten wird und Überprüfungsmöglichkeiten für den klagenden Nachbarn nicht bestehen, so dass er ständig mit einer Veränderung des von den Kameras gefilmten Bereichs und damit mit einer Überwachung rechnen muss. Das Oberlandesgericht Köln hat die „naheliegende Befürchtung vor weiterer Überwachung“ indes allein aufgrund der Erstbegehung bejaht, womit gar kein „Mehr“ als Voraussetzung für den Entfernungsanspruch geprüft worden ist, sondern im Kern dasselbe, was schon für den reinen Unterlassungsanspruch notwendig gewesen wäre. Dies erscheint rechtsfehlerhaft. Zwar hat das Oberlandesgericht Köln die genannten Ausführungen  zur Frage des Bestehens eines Unterlassungsanspruchs gemacht, aber sodann hat es im nächsten Schritt unter Verweis auf die Rechtsprechung des BGH, dass als ultima ratio auch ein Entfernungsanspruch gegeben sein kann, einen solchen bejaht – allein mit der Begründung, dass es neben der Entfernung der Kameras keine alternativen, für die Beklagten milderen Maßnahmen gäbe, die die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers beseitigen könnten (OLG Köln, aaO, Rn. 34 nach „juris.de“). Dies kann das Oberlandesgericht Köln aber wohl nur daraus entnommen haben, dass der Aufnahmebereich der Kameras ohne sichtbare Einwirkung von außen durch Zoomfunktion oder Winkelveränderung verändert werden konnte im dortigen Fall (was allerdings oben noch als reine Hilfsbegründung genannt worden ist). Konkret begründet worden ist die Verhältnismäßigkeit der nur als ultima ratio zulässigen Maßnahme (Entfernung der Kameras) vom Oberlandesgericht Köln jedenfalls nicht.

Im vorliegenden Fall ist jedenfalls die letztgenannte – mindestens zu fordernde – Voraussetzung für einen Entfernungsanspruch nicht erfüllt. Die hiesigen Beklagten vermögen auf Basis des unstreitigen Sachverhalts lediglich unter erheblichem, von außen potentiell sichtbaren Aufwand die Einstellungsposition – also die Winkelposition und damit den Aufnahmebereich – der (unstreitig nicht mit einer Fernsteuerung ausgestatteten) Kameras zu verändern (auch wenn die Kläger hierzu eine abweichende Bewertung vornehmen). Das Heraufsteigen auf eine Leiter und das Lösen und später Wiederanziehen mehrerer Schrauben stellt einen erheblichen Aufwand dar. Dieser Vorgang ist potentiell von außen sichtbar. Dass die Kläger nicht ständig mitbekommen können, ob eine solche Veränderung stattfindet (weil sie nicht 24 Stunden zuhause sind und aus dem Fenster schauen), ist unerheblich. Es liegt eine – ausreichende – „Ertappungsgefahr“ vor, die geeignet ist, die Beklagten bei ggf. gemäß § 890 ZPO angedrohten Ordnungsgeld/Ordnungshaft davon abzuhalten, die Kameraposition rechtswidrig zu verändern. Es bestehen auch keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Beklagten die Einstellungsposition der Kameras abweichend von demjenigen Aufnahmebereich, wie dies der Anlage B 2 entspricht (was unstreitig ein zulässiger Aufnahmebereich wäre, weil nur das Grundstück der Beklagten gefilmt werden würde) erneut verändert haben. Dies wird von den Klägern lediglich gemutmaßt bzw. pauschal behauptet. Auf Nachfrage des erkennenden Einzelrichters in der mündlichen Verhandlung vermochten die Kläger nicht konkret zu begründen, woraus sie diesen Verdacht ableiten abgesehen davon, dass der Winkel der Kameras für sie subjektiv so aussehe, als ob mehr als das Grundstück der Beklagten gefilmt werde. Dies ist aber ohnehin nicht der entscheidende Punkt entsprechend der obigen Ausführungen, weshalb über die Frage, was die Kameras aktuell genau filmen, kein Beweis zu erheben war (zumal eine solche Beweiserhebung auf Basis der eigenen Argumentation der Kläger auch nicht sinnvoll durchführbar wäre, denn nach ihrer eigenen Darstellung wäre zu erwarten, dass eine solche Beweiserhebung gar keine belastbaren Ergebnisse zeitigen würde, wenn denn die Beklagten die Kameraposition für den Fall einer Überprüfung nur kurz (wie nach ihrer Darstellung hinsichtlich der Bilder für den LDI) verändern sollten).

Mit anderen Worten: Soweit das Oberlandesgericht Köln in der genannten Entscheidung einen Entfernungsanspruch im Kern allein aufgrund des Erstverstoßes bejaht hat (bzw. haben sollte), ist dem nicht zu folgen. Falls man das Oberlandesgericht Köln so verstehen wollte, dass weitere Voraussetzung einer „naheliegenden Befürchtung“, wiederum zum Gegenstand einer Überwachung durch den beklagten Nachbarn zu werden (aus Sicht eines objektiven Dritten in der Position des Klägers), ist, dass die in Rede stehenden Kameras ohne manuelle Einwirkung, d.h. ohne sichtbare Einwirkung von außen, in ihrem Aufnahmebereich verändert werden können, wäre diese Voraussetzung vorliegend nicht erfüllt.

In jedem Fall besteht der geltend gemachte Entfernungsanspruch nicht, da ein solcher aufgrund der gegebenen Situation unverhältnismäßig in das Eigentumsrecht der Beklagten aus Art. 14 GG eingreifen würde.

2. Erster Hilfsantrag (Dauerhafte Einstellung und Fixierung der Kameras)

Auch ein Anspruch auf dauerhafte Einstellung und Fixierung der Kameras besteht nicht gemäß §§ 823, 1004 BGB. Im Kern wird hiermit ein Unterlassungsanspruch in einen Leistungsanspruch umformuliert (zum Unterlassungsanspruch siehe noch folgende Ausführungen). Der einzige nicht im Unterlassungsanspruch enthaltene Aspekt ist der geltend gemachte Anspruch auf dauerhafte Fixierung der Kameras. Ein solcher Anspruch besteht jedoch aus den zum Hauptanspruch genannten Gründen ebenfalls nicht. Die Kläger sind hinreichend geschützt durch den Unterlassungsanspruch. Sie können mit einem solchen Fixierungsanspruch keine Art „Vorwegvollstreckung“ erreichen. Den Beklagten ist zuzugestehen, dass sie den Unterlassungsanspruch schlicht dadurch erfüllen, dass sie in Zukunft keine für die Kläger nachteilige Veränderung des Aufnahmebereichs der Kameras vornehmen bzw. eine solche ggf. (einmalig) rückgängig machen (falls der Vortrag der Kläger zur erneuten Veränderung der Kamerapositionen zutreffen sollte). Bereits auf der Anspruchsebene den Weg der Erfüllung zwangsweise vorzugeben, ist nicht angemessen – jedenfalls nicht angesichts der vorliegenden Fallsituation einer Erstbegehung, die auch von den Beklagten durch Übersendung der entsprechenden Bilder an den LDI eingeräumt und im vorliegenden Prozess unstreitig gestellt worden ist, wodurch durchaus Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Beklagten eine Unterlassungsverpflichtung erfüllen werden.

3. Zweiter Hilfsantrag

Den Klägern steht hingegen der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823, 1004 BGB zu. Entsprechend der obigen Ausführungen haben die Beklagten unstreitig in das Persönlichkeitsrecht der Kläger eingegriffen, jedenfalls weil sie den öffentlichen Gehweg mit den Videokameras erfasst haben, den die Kläger zum Erreichen ihres Wohnhauses nutzen müssen (Aufnahmebereich entsprechend den Bildern Anlage K 1, Bl. # d.A.). Es kann offen bleiben, ob auch das Wohnhaus der Kläger, insbesondere das Badezimmerfenster erfasst worden ist. Ebenso kann offen bleiben, ob der Eingriff fortdauert, also ob die Kameras auch aktuell einen solchen Bereich erfassen, da die unstreitige Erstbegehung die Wiederholungsgefahr indiziert.

Die Geltendmachung dieses Anspruch ist nicht rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB). Es ist schon nicht dargetan, dass die Kläger so lange, wie die Kameras angebracht sind (wobei dies im Einzelnen auch streitig ist, ohne dass die Beklagten für ihre Darstellung tauglichen Beweis angeboten hätten), auch Kenntnis davon hatten, was diese genau filmen. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Beklagten erst nach Übersendung der Bilder entsprechend der Anlage K 1 an den LDI, also im Jahre 2017, konkrete Kenntnis vom Rechtsverstoß erlangt haben. Allein der Umstand, dass der Unterlassungsanspruch – unstreitig – im zeitlichen Zusammenhang mit anderweitigen nachbarlichen Streitigkeiten geltend gemacht worden ist, reicht nicht aus für die Annahme von Rechtsmissbrauch, auch unter Berücksichtigung der zeitlichen Abläufe (und auch selbst wenn man den Vortrag der Beklagten als richtig unterstellen würde).

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die Beklagten nochmals den Vergleichsvorschlag des Gerichts überdenken sollten, eine einvernehmliche Besichtigung der Kameramonitore zusammen mit den Klägern durchzuführen (oder ihrem Prozessbevollmächtigten, falls die Beklagten nur den Klägern persönlich keinen Zutritt zu ihrem Haus erlauben wollen) und sodann beidseitig Lichtbilder von den Kamerapositionen zu fertigen, damit der Streit, was die Kameras aktuell filmen, nicht ins Vollstreckungsverfahren verlagert wird und dort kostenträchtig im Kern von einem Sachverständigen entschieden werden müsste (mit den praktischen oben angesprochenen Schwierigkeiten) – nach dem zu erwartenden Antrag nach § 890 ZPO (Androhung von Ordnungsgeld/Ordnungshaft) im Falle einer Rechtskraft des Urteils.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 ZPO. Angesichts dessen, dass der Hauptantrag und der erste Hilfsantrag zurückgewiesen worden sind, aber immerhin der zweite Hilfsantrag, der Unterlassungsanspruch, der wirtschaftlich/ideell betrachtet weitgehend dem mit der Klage verfolgten Interesse der Kläger entspricht, zugesprochen worden ist, erschien eine Kostenaufhebung gegeneinander für angemessen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Streitwert: 3.000,00 EUR (§ 3 ZPO, § 48 GKG).

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