AG Gießen – Az.: 383/1 E – 28/18 – Beschluss vom 30.10.2018
In der Urkundssache wird der Antrag der Antragstellerin „…“ auf Einschränkung der Vollstreckungsklausel vom 01.03.1988 zurückgewiesen.
Gründe
Mit Schreiben vom 25.04.2018 beantragte die „…“ als Gläubigerin in der Urkunde des Notars „…“ vom 17.02.1988 (UR-Nr. 95/1988) die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung dergestalt, dass diese lediglich die nicht verjährten Zinsansprüche ausweist.
Mit Schreiben vom 04.05.2018 wurde die Antragstellerin aufgefordert, den Anspruch zeitlich zu konkretisieren. Gleichzeitig erhielt die Antragsgegnerseite Gelegenheit zur Stellungnahme.
Mit Schreiben vom 24.05.2018 widersprach der Antragsgegner der Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung. Zur Begründung führte er mit Schreiben vom 07.06.2018 aus, dass es der Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung nicht bedürfe, da die Antragstellerin gar kein Interesse an der Erteilung habe.
Mit Schreiben vom 07.06.2018 änderte die Antragstellerin ihren Antrag nunmehr dahingehend ab, dass die am 01.03.1988 erteilte Vollstreckungsklausel eingezogen und dahingehend eingeschränkt neu erteilt werden solle, dass neben dem Grundschuldkapital lediglich die unverjährten Zinsansprüche für vollstreckbar erklärt werden sollen.
Mit Schreiben vom 04.07.2018 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass eine derartige Klausel nach hiesiger Auffassung nicht erteilt werden könne. Es wurde erneut um Konkretisierung des Antrags gebeten oder um Mitteilung, ob eine förmliche (ablehnende) Entscheidung ergehen soll. Mit Schreiben vom 09.10.2018 teilt die „…“ nunmehr mit, dass sie an ihrer Rechtsauffassung festhalte und bat um antragsgemäße Entscheidung.
Der Antrag der Antragstellerin war jedoch zurückzuweisen.
Grundlage des Antrags der Antragstellerin ist die Rechtsprechung des BGH zur Frage des Rechtschutzbedürfnisses des Schuldners im Versteigerungsverfahren im Hinblick auf die Vollstreckung (nicht) verjährter Zinsansprüche des Gläubigers (BGH, Beschluss vom 21.10.2016, V ZR 230/15). Um dieser Rechtsprechung gerecht zu werden, hat die Antragstellerin die Einschränkung des (dinglichen) Zinsanspruches dergestalt beantragt, dass sich aus der Vollstreckungsklausel ergeben soll, dass lediglich wegen nicht verjährter Grundschuldzinsen vollstreckt werden dürfe. Nach hiesiger Auffassung ist eine derart pauschale Formulierung der Vollstreckungsklausel unzulässig.
Die Antragstellerin trägt vor, die Unterwerfungsklausel in der Grundschuldbestellungsurkunde sei hinreichend konkret und entspreche den Anforderungen, die seitens der Rechtsprechung im Hinblick auf das Konkretisierungsgebot gestellt werden. Dem ist nicht zu widersprechen. Die Unterwerfungserklärungen in Grundschuldbestellungsurkunden sind seit vielen Jahren einheitlich formuliert und unstreitig hinreichend konkret und bestimmt genug. Die insoweit von der Antragstellerin ins Feld geführte Entscheidung des BGH vom 19.12.2014, V ZR 82/13 geht daher völlig ins Leere, da die Wirksamkeit der Unterwerfungserklärung überhaupt nicht in Zweifel steht.
Vielmehr läuft jedoch der Antrag der Antragstellerin darauf hinaus, eben diese hinreichend konkrete und bestimmte Unterwerfungserklärung durch eine unbestimmte Vollstreckungsklausel ad absurdum zu führen. Dazu führt die Antragstellerin aus, dass sich die Verjährung dinglicher Grundschuldzinsen aus dem Gesetz ergebe. Der BGH habe unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass die Verjährung nicht bis zum Eintritt des Sicherungsfalls gehemmt sei. Die Anmeldung rückständiger Zinsen in der Versteigerung führe nicht zu einem Neubeginn er Verjährung. Letztlich könne aus einer notariellen Urkunde vollstreckt werden, wenn sich die Berechnungsgrundlage unmittelbar aus der Urkunde ergebe. Dieser Aussage ist grundsätzlich zuzustimmen, führt aber nach hiesiger Auffassung zu einem anderen Ergebnis. In seinem Beschluss vom 15.12.1994, IX ZR 255/93 hat der BGH festgestellt, dass ein Zahlungsanspruch aus einer vollstreckbaren Urkunde hinreichend bestimmt ist, wenn die Berechnung mit Hilfe offenkundiger Daten möglich ist. Der vorliegende Fall ist vergleichbar. Sofern man die Klausel entsprechend dem Antrag der Antragstellerin einschränken würde, wäre aus Sicht des Antragsgegners keine einfache Berechnung des Zinsanspruchs mehr möglich. Es kann weder aus der Urkunde selbst die Berechnung dieses eingeschränkten Zinsanspruchs erfolgen, noch liegen außerhalb der Urkunde offenkundige Tatsachen vor, die die Berechnung ermöglichen. Es ist dem Antragsteller nicht zuzumuten gesetzliche Verjährungsvorschriften sowie (dem Wandel unterliegende) höchstrichterliche Rechtsprechung zu kennen, um ermitteln zu können, ob die Vollstreckung des Antragstellers aus der Grundschuldbestellungsurkunde zulässig ist. Vielmehr ist die Antragstellerin gehalten den Zinsanspruch in dinglicher Hinsicht konkret zeitlich einzuschränken, um die Zwangsversteigerung entsprechend den Erfordernissen des BGH betreiben zu können.
Aus den vorgenannten Gründen war der Antrag auf Einschränkung der Vollstreckungsklausel wie von der „…“ beantragt daher zurückzuweisen.