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Voraussetzungen einer Parteivernehmung der beweisbelasteten Partei

LG Kiel, Az.: 10 S 90/14, Beschluss vom 08.05.2015

Die Berufungsführerin wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO auf Folgendes hingewiesen:

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung vom 26. November 2014 nach § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Nach § 529 ZPO sind dabei die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.

Die Voraussetzungen des § 513 ZPO sind hier nicht erfüllt.

Die Beklagte greift mit ihrer Berufung im Wesentlichen die erstinstanzliche Beweiswürdigung an. Es sind aber keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung des Amtsgerichts im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ersichtlich: die Parteivernehmung des Klägers gemäß § 448 ZPO war zulässig und auch die Berücksichtigung des Ergebnisses dieser Parteivernehmung bei der Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO ist nicht zu beanstanden.

Voraussetzung für eine Parteivernehmung der beweisbelasteten Partei ist, dass bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der bestrittenen Behauptungen erbracht ist und das Gericht durch die Parteivernehmung die Ausräumung seiner restlichen Zweifel erwartet (BGH, Az. VI ZR 443/13, Urteil vom 30.09.2014; Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Auflage 2014, § 448 ZPO Rn. 2 ff.).

Es ist nicht ersichtlich, dass das Amtsgericht gegen diese Grundsätze verstoßen hat. Vielmehr hat es die Parteivernehmung des Klägers im Anschluss an die Vernehmung des Zeugen ZZZ beschlossen. Nach dessen Aussage war das Amtsgericht aber jedenfalls davon überzeugt, dass am Unfalltag Wildwechsel im Bereich der Unfallstelle geherrscht hatte und der Kläger unmittelbar nach dem von ihm geschilderten Vorgang den Zeugen ZZZ in Kenntnis gesetzt und diesem gegenüber den Wildwechsel angezeigt hatte. Dies ergibt sich aus der Beweiswürdigung des Amtsgerichts auf S. 5 des Urteils.

Diese Beweiswürdigung des Amtsgerichts ist vom Berufungsgericht lediglich auf ihre Nachvollziehbarkeit anhand allgemeiner Denkgesetze, auf innere Schlüssigkeit und Widerspruchsfreiheit sowie auf Vollständigkeit und Überzeugungskraft zu überprüfen (Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 546 Rn. 13). Das Berufungsgericht ist dabei grundsätzlich auf eine Fehlerkontrolle beschränkt. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll eine vertretbare Entscheidung der ersten Instanz Bestand haben. Es reicht daher nicht – entsprechend der Argumentation in der Berufung – die eigene Beweiswürdigung anstelle der des Amtsgerichts zu setzen.

Das Amtsgericht hat sich auch ausführlich mit der Frage der objektiven Gebotenheit der Rettungshandlung im Sinne von § 83 Abs. 1 VVG auseinandergesetzt. Hierzu hat es ausgeführt, dass der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keine ausreichende Zeit gehabt habe, die ihm zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen unter Berücksichtigung des Zustands der Fahrbahndecke abzuwägen und die von der Beklagten vorgetragene Weg-Zeit-Berechnung durchzuführen. Auch diese Würdigung des Amtsgerichts unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung ist aus den oben genannten Gründen nicht zu beanstanden. Das Amtsgericht hat sich auch mit der Frage der groben Fahrlässigkeit beschäftigt, die im Rahmen von § 83 Abs. 2 VVG zu einer etwaigen Kürzung der Ansprüche des Klägers hätte führen können. So hat es in den Entscheidungsgründen seines Urteils nachvollziehbar konstatiert, dass der Kläger glaubhaft angegeben habe, dass sein Fahrzeug über ein so genanntes Anti-Blockier-System (ABS) verfüge und ihm jedenfalls in der Gesamtschau nicht Vorwurf grober Fahrlässigkeit gemacht werden könne.

Zur Frage der Berücksichtigung des Selbstbehalts folgt die Kammer den zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts. Ein in allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Selbstbehalt reduziert den Aufwendungsersatzanspruch nur dann, wenn dies ausdrücklich vereinbart ist. Dies folgt bereits aus dem Grundsatz der Auslegung unklarer Regelungen zu Lasten des Verwenders (Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 29. Auflage, § 83 VVG Rn. 21; OLG Hamm, Urteil vom 07.05.2004 – 20 U 48/04).

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