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WEG – gutgläubiger Erwerb eines Sondernutzungsrechts

LG München I, Az.: 1 S 391/18 WEG, Urteil vom 19.12.2018

In dem Rechtsstreit wegen Schadensersatz erlässt das Landgericht München I – 1. Zivilkammer – aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.11.2018 folgendes Endurteil:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 30.11.2017, Az. 483 C 3475/17 WEG, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts München ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i. H. von 110 % des aus diesem und dem in Ziffer 1 genannten Urteil des Amtsgerichts München vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten bzw. die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren sowie, unter Abänderung des Beschlusses vom 30.11.2017, für das Verfahren erster Instanz, jeweils auf 20.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft macht gegen die Beklagte im Hauptantrag einen Anspruch auf Beseitigung von zwei unterhalb der Wohnung Nr. 1 der Streithelfer im Untergeschoss gelegenen Räumen, an denen zugunsten des jeweiligen Eigentümers der Wohnung Nr. 1 aufgrund Bewilligung des Notars, München, vom 27.10.2011, (4. Nachtrag zur Teilungserklärung vom 03.05.2007, vorgelegt als Anlage K 7) ein Sondernutzungsrecht im Grundbuch eingetragen wurde (vgl. Grundbuchauszug vom 16.03.2015, vorgelegt als Anlage B 2), geltend. Die streitgegenständlichen Räume sind in dem der Urkunde des Notars in München 27.10.2011, als Anlage 3 beigefügten „Sondernutzungsrechtsplan Keller“ mit „Raum 1“ bezeichnet.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 30.11.2017 abgewiesen.

Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, die streitgegenständlichen Räume im Untergeschoss seien nicht in den der Teilungserklärung beigefügten Aufteilungsplänen vorgesehen gewesen. Der 4. Nachtrag zur Teilungserklärung vom 27.10.2011 gebe der Streithelferin auch kein Recht auf erstmalige Herstellung von Räumen im Gemeinschaftseigentum, an denen ein Sondernutzungsrecht erst begründet werden solle. Wenn, wie das vorliegend der Fall gewesen sei, ein Bestandsgebäude aufgeteilt werde, würden Sondernutzungsrechte im Regelfall nämlich nur an bereits bestehenden im Gemeinschaftseigentum liegenden Räumlichkeiten eingeräumt. Auch die der teilenden Eigentümerin in den Erwerbsverträgen erteilten Vollmachten, aufgrund derer diese bei Beurkundung des 4. Nachtrags vom 27.10.2011 gehandelt habe, hätten ihr nicht das Recht dazu gegeben, Gemeinschaftseigentum in der Weise zu errichten, dass erstmals ein Kellerraum 1 geschaffen wird.

Abgesehen von den Streithelfern und der Beklagten hätten die übrigen Wohnungseigentümer einer Schaffung des Kellerraumes Nr. 1 auch nicht ausdrücklich zugestimmt, obwohl dies nach § 22 WEG notwendig gewesen wäre. Da die streitgegenständlichen Räume in den der Teilungserklärung beiliegenden Aufteilungsplänen nicht vorgesehen seien, hätten die Streithelfer das Sondernutzungsrecht an diesen Räumen auch nicht gutgläubig erwerben können. Es liege eine unzulässige Eintragung eines Sondernutzungsrechtes vor. Selbst wenn man einen gutgläubigen Erwerb eines Sondernutzungsrechts der Streithelfer annähme, so ließe sich daraus kein Recht zur erstmaligen Errichtung eines Raumes im Gemeinschaftseigentum herleiten. Die Beklagte habe durch die von ihr zu verantwortenden und veranlassten Umbauarbeiten des Gemeinschaftseigentums im Bereich der Wohnung Nr. 1 und den Ausbau des Kellergeschosses unterhalb der Wohnung Nr. 1 im Bereich des „Raumes 1“ wesentlich in die Substanz des Gebäudes, insbesondere die Statik des stehenden Gebäudes (Altbestand) eingegriffen und dadurch das Entstehen von Setzungsrissen am Gemeinschaftseigentum im Bereich der Wohnung Nr. 5 verursacht.

Deshalb würden den übrigen Eigentümern Schadensersatzansprüche gem. §§ 823 I, 249 I BGB gegen die Beklagte zustehen, für die eine geborene Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft bestehe. Dieser sei grundsätzlich auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands in Form der Naturalrestitution gerichtet.

Es könnte sich allerdings nach Durchführung einer Beweisaufnahme herausstellen, dass es zur Erreichung des Prozesszieles der Klägerin – der Beseitigung der Setzungsrisse als Schäden am Gemeinschaftseigentum – nicht notwendig sein sollte, einen Rückbau der Räume im Kellergeschoss vorzunehmen, sondern auch geringere Eingriffe geeignet wären, die Schäden zu beseitigen, z. B. der Einzug von Stahlträgern, der Einbau von Ankern oder Ähnliches. Da derzeit nicht bekannt sei, welche weniger gravierende Maßnahmen zur Beseitigung der Schäden in Betracht kämen, werde daher auch hilfsweise ein Feststellungsantrag gestellt. Hierbei handele es sich nicht um eine Klageerweiterung, sondern um ein Minus gegenüber dem bereits erstinstanzlich gestellten Hauptantrag. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Klagepartei wird auf die Berufungsbegründung vom 04.04.2018 und den Schriftsatz vom 31.10.2018 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils vom 30.11.2017 des Amtsgerichts München, Az: 483 C 27395/16 WEG, wird die Beklagte verurteilt, die Fußbodendecke des Erdgeschosses der Wohnung Nr. 1 im Anwesen.. München, deren tragenden Wände im Erdgeschoss und die darunter befindlichen, im nordwestlichen Bereich des Kellergeschosses gelegenen Kellerräume, welche als „Raum 1“ im Kellerplan zum 4. Nachtrag vom 27.10.2011, zur Teilungserklärung vom 03.05.2007 als solche bezeichnet sind, in den ursprünglichen Zustand zu versetzen, der zum Zeitpunkt der Begründung des Wohnungs- und Teileigentums am 03.05.2007 gemäß des Erdgeschossplanes und des Kellerplanes der genehmigten Aufteilungspläne laut Anlage II der Teilungserklärung, des Notars, München, bestanden hatte.

Hilfsweise:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, diejenigen baulichen Maßnahmen auf eigene Kosten durchzuführen, die geeignet sind, die Setzungsrisse im Gemeinschaftseigentum im Bereich der Wohnung Nr. 5, wie in Ziffer 1.6.4.1, Ziffer 1.6.4.2, Ziffer 1.6.4.3, Ziffer 1.6.4.4, Ziffer 1.6.4.5, Ziffer 1.6.4.6, Ziffer 1.6.4.7 der Klageschrift vom 30.12.2016 beschrieben sowie den Setzungsriss auf der Südseite bei der Glasschiebetüre im Bereich des Gemeinschaftseigentums der Wohnung Nr. 9/10 wie im Schriftsatz vom 30.08.2017, dort S.5 beschrieben, zu beseitigen, nämlich:

– „1.6.4.1 Kaminzimmer

Das Kaminzimmer befindet sich in der Nordseite des Gebäudes, im mittleren Zimmer der Wohnung Nr. 5. Die Verwerfung befindet sich oberhalb der Tür im Flur oben rechts und ist mindestens 20 cm lang und 1 cm breit.

– 1.6.4.2 Korridor Südost

Tritt man durch die Türe des Gaskaminzimmers in den Korridor und wendet sich nach links, befindet sich im Korridor in der Süd Ost Ecke ein Riss. Er liegt 50 cm unterhalb der Decke in ca. 2,10 m Höhe und weist eine Länge von mindestens 5 cm auf, er geht durch die Glasfasertapete hindurch.

– 1.6.4.3 Kaminzug Schlafzimmer

Die östliche Wand im Schlafzimmer (zum Wohnzimmer hin), weist oben im Deckenbereich einen durchgehenden Riss auf.

– 1.6.4.4 Wohnzimmertüre

Die Zimmertüre des Wohnzimmers weist oben in der Zarge einen durchgehen- den Setzungsriss auf.

– 1.6.4.5 Küchenfenster

Die obere Laibung des Küchenfensters weist innen einen durchgehenden Setzungsriss auf.

– 1.6.4.6 Fußboden im Gästebad

Der gesamte Boden im Bad hat sich gesenkt, die Fuge zur Zwischenwand war durchgehend gerissen.

Im Jahr 2014 wurde die gesamte Verfugung erneuert, um einen Feuchtigkeitseintritt in das darunterliegende Gemeinschaftseigentum (Zwischendecke) zu vermeiden.

– 1.6.4.7 Türschwelle zur Wohnungseingangstüre

Die Schwelle der Wohnungseingangstüre hat sich auf einer Länge von 40 cm um 7 mm im Laufe der Zeit gesenkt. Zwischen der Schwelle und dem Parkett sind Risse entstanden.“

sowie den Setzungsriss im Bereich des Gemeinschaftseigentums der Wohnung Nr. 9/10 wie im Schriftsatz vom 30.08.2017, dort Seite 5 im Verfahren vor dem Amtsgericht München, Az: 483 C 3475/17 WEG, beschrieben, zu beseitigen, nämlich:

– „Absenkungen in den Glasschiebetüren zur Dachterrasse auf der Südseite der Wohnung …um 1,5 cm“.

Die Beklagte und die Streithelfer der Beklagten beantragen jeweils: Die Berufung wird zurückgewiesen.

Sie sind der Auffassung, dass der gestellte Hauptantrag bereits zu unbestimmt sei und keinen vollstreckungsfähigen Inhalt habe, da der wiederherzustellende vorherige Zustand nicht hinreichend genau beschrieben werde. Ein Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes von Raum 1, der sich lediglich auf § 1004 BGB stützen ließe, scheide aus, weil die Beklagte nicht Handlungsstörerin sei.

Denn die Erstellung von Raum 1 sei in Übereinstimmung mit der Regelung in § 3 Nr. 6 und 7 des im Grundbuch eingetragenen 4. Nachtrags zur Teilungserklärung erfolgt. Der Geschäftsführer der Beklagten musste deshalb nicht davon ausgehen, dass die Erstellung von Raum 1 unzulässig wäre, sondern dürfte dies gerade als zulässig erachten. Die Eintragung des 4. Nachtrages zur Teilungserklärung, der das Erstellen von Raum 1 mit Begründung des Sondernutzungsrechts daran zugunsten der Streithelfer vorsehe, sei im Rahmen der der teilenden Eigentümerin in den Erwerbsverträgen der Wohnungseigentümer erteilten Vollmachten erfolgt und durch diese gedeckt. Die Existenz von Raum 1 entspreche daher den vorgaben der Nachtragsurkunde und stelle somit Gemeinschaftseigentum dar, welches der Teilungserklärung entspreche. Es erschließe sich auch nicht, warum der Bau von Raum 1 den übrigen Eigentümern nicht zumutbar sein soll. Bevor der Raum 1 seitens der Beklagten in der jetzigen Form errichtet wurde, sei der betreffende Bereich mit Kies verfüllt und unzugänglich gewesen, so dass nicht erkennbar sei, welche Rechte der anderen Eigentümer durch den errichteten Raum beeinträchtigt oder beschnitten worden wären. Zutreffend habe das Amtsgericht auch die Frage eines gutgläubigen Erwerbs des Sondernutzungsrechtes am Raum 1 durch die Streithelfer bejaht. Weil ihnen deshalb an diesem Raum ein Sondernutzungsrecht zustehe, bestünde auch kein Anspruch auf Rückbau. Denn dies würde rechtswidrig in das Sondernutzungsrecht der Streithelfer eingreifen. Selbst wenn das Erstellen von Raum 1 die behaupteten Setzungsrisse im Gemeinschaftseigentum verursacht hätte, ergebe sich daraus keineswegs zwingend ein Anspruch auf dessen Beseitigung, sondern möglicherweise ein Anspruch auf Beseitigung der Setzungsrisse. Die Beseitigung von Raum 1 führe aber gerade nicht dazu, dass die Setzungsrisse verschwinden würden, stelle damit keine Schadensbeseitigung dar. Es sei daher nicht ersichtlich, weshalb das Amtsgericht diesbezüglich eine Beweisaufnahme hätte durchführen müssen. Mit dem Hilfsantrag führe die Klägerin einen vollkommen neuen Streitgegenstand in den Prozess ein. Dem würden die Beklagten nicht zustimmen. Der Hilfsantrag könne auch nicht auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung ohnehin zugrunde zu legen hätte. Die Streithelfer hätten sich darüber hinaus nie dagegen verwehrt, dass die angeblichen Setzungsrisse im Bereich der Wohnung Nr. 5 sowie die behaupteten Absenkungen in den Glasschiebetüren zur Dachterrasse auf der Südseite der Wohnung .. beseitigt werden. Dem erhobenen Hilfsantrag fehle zudem das besondere Interesse i. S. des § 256 ZPO. Dieses ergebe sich insbesondere nicht aus einer drohenden Verjährung der Duldungsansprüche gegen die Beklagten, da ein etwaiger rechtswidriger Zustand auch nach Eintritt der Verjährung von Ansprüchen gegen den Handlungsstörer durch den Beeinträchtigten auf eigene Kosten beseitigt werden könne und der Zustandsstörer dies zu dulden habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderungen vom 04.05.2018 und 04.06.2018 verwiesen.

Die Kammer hat die Grundakten beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie alle sonstigen Aktenbestandteile Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Allerdings ist die Klage zulässig. Eine ordnungsgemäße Beauftragung und Bevollmächtigung des Klägervertreters mit der Vertretung der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit liegt aufgrund des in der Eigentümerversammlung vom 13.04.2017 zu TOP 5.1 gefassten Beschlusses (vgl. dazu das als Anlage K 31 vorgelegte Protokoll der Eigentümerversammlung vom 13.04.2017) vor. Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage wurde mit Urteil der hiesigen Kammer vom 10.10.2018, Az: 1 S 2806/18 WEG abgewiesen.

2. Die Beklagten sind nicht dazu verpflichtet, den unterhalb der Wohnung der Streithelfer befindlichen Raum, der in dem der Urkunde des Notars in München vom 27.10.2011, (im Folgenden: 4. Nachtrag) als Anlage 3 beigefügten „Sondernutzungsrechtsplan Keller“ als „Raum 1“ bezeichnet ist, gem. § 15 III WEG bzw. – soweit es um das Betreten und Benutzen ihres Sondereigentums geht – gem. § 14 Nr. 4 WEG zu beseitigen, da die Streithelfer jedenfalls im Wege des gutgläubigen Erwerbs Inhaber eines dinglichen Sondernutzungsrechts an diesem Raum geworden sind.

2.1. Der Schutz des guten Glaubens beim Erwerb eines Wohnungseigentums erstreckt sich auch auf Bestand und Umfang eines im Grundbuch eingetragenen Sondernutzungsrechts (vgl. BGH, Urteil vom 21.10.2016, Az: V ZR 78/16). Ist das Sondernutzungsrecht in dem Grundbuch eingetragen, nehmen Inhalt und Bestand des Rechts nach an dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs teil (vgl. Suilmann in Bärmann, 14. Aufl., Rn 109 zu § 13 WEG). Wie sich dem als Anlage vorgelegten Grundbuchauszug vom 16.03.2015 entnehmen lässt und zwischen den Parteien auch unstreitig ist, wurde gemäß Bewilligung des Notars in München vom 27.10.2011, am 05.12.2012 und damit vor notarieller Beurkundung des Kaufvertrages über die Wohnung Nr. 1 zwischen der Beklagten als Verkäuferin und den Streithelfern am 04.02.2013 im Grundbuch ein Sondernutzungsrecht zugunsten der Wohnung Nr. 1 an dem Raum 1 im Keller eingetragen.

2.2. Anders als die Klägerin meint, steht einem gutgläubigen Erwerb des Sondernutzungsrechtes an dem streitgegenständlichen Raum 1 im Keller auch nicht entgegen, dass dieser Raum in den der Teilungserklärung des Notars in München vom 03.05.2007, als Anlage II beigehefteten Aufteilungsplänen nicht vorgesehen ist, sondern, wie die Einsicht in die beigezogenen Grundakten ergeben hat, der Bereich des Keller- bzw. Untergeschosses, in dem sich der Raum 1 gemäß Anlage 3, „Sondernutzungsplan Keller“, zum 4. Nachtrag nunmehr befindet, in den Aufteilungsplänen mit einer schrägen Schraffur und der Bezeichnung „N.U.“ versehen ist, was nächstliegend „nicht unterkellert“ bedeutet.

Allerdings scheidet ein gutgläubiger Erwerb dann aus, wenn die Eintragung des Sondernutzungsrechtes aufgrund unterschiedlicher Angaben im Grundbuch und der ausdrücklich in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung widersprüchlich und deshalb unzulässig war (vgl. Suilmann in Bärmann, 14. Aufl., Rn 109 zu § 13 WEG BGH, Beschluss vom 04.12.2014, Az: V ZB 7/13; BGH, Urteil vom 30.06.1995, V ZR 118/94, NJW 1995, 2851). Einen solchen Widerspruch weisen die Angaben im Grundbuch und die ausdrücklich in Bezug genommene Eintragungsbewilligung vorliegend aber ungeachtet des Umstandes, dass die Aufteilungspläne in Bezug auf den streitgegenständlichen Bereich im Keller- bzw. Untergeschoss auch durch die später beurkundeten und im Grundbuch eingetragenen Nachträge zur Teilungserklärung nicht abgeändert bzw. ausgewechselt wurden, im vorliegenden Fall gerade nicht auf.

Das folgt aus der Funktion des Aufteilungsplanes. Dieser dient dazu, die in der Teilungserklärung niedergelegte wörtliche Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum anhand einer zeichnerischen Darstellung vornehmen zu können und tritt damit an die Stelle von deren Vermessung und katastermäßiger Erfassung (vgl. Armbrüster in Bärmann, 14. Aufl., Rn 78 zu § 7 WEG; BGH, Urteil vom 30.06.1995, Az: V ZR 118/94, NJW 1995, 2851 (2853)). Der Aufteilungsplan nimmt daher am öffentlichen Glauben des Grundbuchs nur insoweit Teil, als es um die Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum geht (vgl. Armbrüster a.a.O.). Der ordnungsgemäße Zustand des Gemeinschaftseigentums, insbesondere die genaue bauliche Ausführung des Gemeinschaftseigentums ergibt sich hingegen, soweit es nicht um dessen Abgrenzung vom Sondereigentum geht, nicht zwingend aus dem Aufteilungsplan. Denn dieser kann im Laufe der Zeit durchaus geändert werden, ohne dass es im Grundbuch, insbesondere in den in der Teilungserklärung in Bezug genommenen Aufteilungsplänen, vermerkt wird, wenn nämlich die Eigentümer bauliche Änderungen gem. § 22 I WEG beschließen. Im vorliegenden Fall wird man darüber hinaus den 4. Nachtrag nächstliegend dahingehend auslegen müssen, dass dieser auch eine zumindest konkludente Einigung über die Änderung des baulichen Zustandes der Kellerräume beinhaltet. Denn die Einräumung eines Sondernutzungsrechts an dem in der Anlage 3 zum 4. Nachtrag als „Raum 1“ bezeichneten Raum setzt voraus, dass ein solcher Raum auch tatsächlich existiert.

Daher können das Grundbuch und die dort in Bezug genommenen Aufteilungspläne kein Vertrauen auf einen bestimmten baulichen Zustand des Gemeinschaftseigentums begründen. Dass die Aufteilungspläne den streitgegenständlichen Kellerraum nicht vorsehen, lässt vielmehr nicht zwingend den Schluss zu, dass ein solcher nicht vorhanden sein darf.

2.3. Dafür, dass die Streithelfer der Beklagten eine etwaige Unrichtigkeit des Grundbuchs, d. h. eine etwaige Unwirksamkeit des 4. Nachtrags zur Teilungserklärung kannten, was gem. § 892 I Satz 1 BGB einen gutgläubigen Erwerb gleichfalls ausschließen würde, wäre die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig (vgl. Herrler in Palandt, 77. Aufl., Rn 26 zu § 892 BGB). Umstände, die auf eine solche positive Kenntnis schließen ließen, haben sie aber schon nicht dargelegt. Eine – auch grob – fahrlässige Unkenntnis, Zweifel, ein Fürmöglichhalten oder die billigende Inkaufnahme der Unrichtigkeit des Grundbuches würden demgegenüber einem gutgläubigen Erwerb nicht entgegenstehen (vgl. Herrler in Palandt, 77. Aufl., Rn 24 zu § 892 BGB).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Kenntnis ist die Vollendung des Rechtserwerbs. Der Zeitpunkt wird jedoch aufgrund einer gutgläubig erworbenen Vormerkung zur Sicherung des Rechtserwerbs vorverlegt. Für den Erwerb des vorgemerkten Rechts ist es daher unschädlich, wenn nach dem für den gutgläubigen Vormerkungserwerb maßgebenden Zeitpunkt der Erwerber bösgläubig geworden ist (vgl. Herrler in Palandt, 77. Aufl., Rn 13 zu § 885 BGB und Rn 25 zu § 892 BGB).

Ausweislich des als Anlage B 2 wurde zugunsten der Streithelfer der Beklagten am 25.03.2013 eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen. Dass die Streithelfer zu diesem Zeitpunkt – oder auch danach – positive Kenntnis von einer nicht wirksamen Einigung bezüglich des 4. Nachtrags und damit von einer etwaigen Unrichtigkeit des Grundbuchs in Bezug auf das zugunsten der Eigentümer der Wohnung Nr. 1 eingeräumte Sondernutzungsrecht am „Raum 1“ gehabt hätten, ist nicht ersichtlich. Insbesondere konnten die Streithelfer entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht der Anlage 3 des zwischen ihnen und der Beklagten geschlossenen Kaufvertrags vom 04.02.2013 über die Wohnung Nr. 1 (Anlage K33) entnehmen, dass eine Zustimmung der übrigen Eigentümer zur Errichtung des streitgegenständlichen Kellerraums nicht vorlag. Denn in § 1 Nr. 4 des Kaufvertrages wird auf die Anlage 3 zum Kaufvertrag nur wegen der durch die Eigentümer am 18.10.2010 beschlossenen Sanierungs- und Renovierungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum Bezug genommen. Dabei ergibt sich aus dem in den beigezogenen Grundbuchakten befindlichen Originalvertrag und den diesem beigefügten weiteren Anlagen, dass die Anlage 3 des Kaufvertrages die von der Beklagten nach dem Generalübernehmer-Werkvertrag, dem seitens der Eigentümer mit dem in der Eigentümerversammlung vom 18.10.2010 gefassten Beschluss zugestimmt wurde, geschuldeten Leistungen näher aufschlüsselte. Das schließt aber gerade nicht aus, dass seitens der Eigentümer davon unabhängig auch der Herstellung des streitgegenständlichen Kellerraums in einem separaten Beschluss oder durch Genehmigung des 4. Nachtrags zur Teilungserklärung zugestimmt wurde.

2.4. Der gutgläubige Erwerb bewirkt, dass der Erwerber das im Grundbuch eingetragene Recht so erwirbt, als entspräche die Eintragung der wahren Rechtslage. Das Grundbuch wird damit richtig (vgl. Herrler in Palandt, 77. Aufl., Rn 19 zu § 892 BGB) und zwar gegenüber jedermann (vgl. Eckert in BeckOK zum BGB, 48. Edition, Stand: 01.08.2008, Rn 28 zu § 892 BGB). Da das im Grundbuch zugunsten der Einheit 1 eingetragene Sondernutzungsrecht am Raum 1 im Keller gem. § 2 Nr. 7 des 4. Nachtrags dem jeweiligen Eigentümer des Wohnungseigentums Nr. 1 das ausschließliche Nutzungsrecht an den in dem als Anlage 3 beigefügten Kellerplan mit „Raum 1“ bezeichneten zwei Räumen einräumt, beinhaltet es als Voraussetzung für die Ermöglichung einer solchen Nutzung auch das Recht auf Herstellung und Beibehaltung der im beigefügten Kellerplan mit „Raum 1“ bezeichneten zwei Räume. Das steht einem Anspruch der anderen Eigentümer auf Beseitigung dieser Räume grundsätzlich entgegen. Auf die Frage, ob die teilende Eigentümerin aufgrund der ihr in den Erwerbsverträgen erteilten Vollmachten zur Zustimmung zum 4. Nachtrag auch im Namen der Erwerber berechtigt war, kommt es daher nicht mehr an.

2.5. Eine andere Entscheidung in der Sache wäre auch dann nicht gerechtfertigt, wenn, wie die Klägerin behauptet, infolge der Erstellung des Kellerraumes die Statik des Gebäudes beeinträchtigt wäre und im Bereich der Wohnungen Nr. 5 und 9/10 Setzungsrisse entstanden wären.

Einen Anspruch auf Beseitigung des Kellerraums könnte dies für die übrigen Eigentümer überhaupt nur dann begründen, wenn etwaige durch die Herstellung des streitgegenständlichen Raumes im Keller entstandene Mängel am übrigen Gemeinschaftseigentum oder dem Sondereigentum anderer Eigentümer als den Streithelfern, wie die Beeinträchtigung der Statik und vorhandene Setzungsrisse, nicht auch auf andere Weise als durch die vollständige Beseitigung dieses Raumes und die Wiederherstellung des vorherigen Zustandes behoben werden könnten. Dass dies der Fall wäre, ist nicht ersichtlich und wurde von der Klägerin erstinstanzlich auch gar nicht behauptet. Auch in der Berufung behauptet die Klägerin nicht bestimmt, dass etwaige Mängel durch die Herstellung des streitgegenständlichen Raumes im Keller entstandene Mängel am übrigen Gemeinschaftseigentum nur durch eine Beseitigung dieses Raumes und Wiederherstellung des vorherigen Zustandes behoben werden könnten, sondern hält dies lediglich für möglich.

Selbst wenn die Herstellung des streitgegenständlichen Raumes zu einem mangelhaften Zustand des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums andere Eigentümer geführt haben sollte, der nur durch Rückbau der vorgenommenen baulichen Änderungen behoben werden könnte, könnten die Eigentümer eine Beseitigung nicht ohne Weiteres verlangen. Denn diese würde zu einer faktischen dauerhaften Änderung bzw. Aufhebung des – gutgläubig erworbenen – Sondernutzungsrechtes der Beklagten führen. Die dauerhafte Änderung oder Aufhebung eines Sondernutzungsrechtes können die übrigen Wohnungseigentümer gegen den Willen des Sondernutzungsberechtigten aber nur nach Maßgabe von § 10 II Satz 3 WEG und auf dem darin geregelten Weg einer Anpassung oder Änderung der Gemeinschaftsordnung herbeiführen (vgl. BGH, Urteil vom 23.03.2018, Az: V ZR 65/17). Da eine solche Änderung – bislang – nicht erfolgt ist, scheidet auch ein Anspruch auf Duldung der Beseitigung des Raumes aus.

2.6. Der Klage konnte auch nicht bezüglich des am Ende der mündlichen Verhandlung erster Instanz hilfsweise gestellten Feststellungsantrags stattgegeben werden. Denn es handelt sich hierbei entgegen der Auffassung der Klagepartei um eine Klageänderung, für die die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 263 ZPO nicht gegeben sind. Insbesondere stellt der nunmehr gestellte Hilfsantrag kein Minus zum verfolgten Hauptantrag dar, sondern ein Aliud.

Die ursprünglich gestellten Anträge waren nach dem eindeutigen Wortlaut allein auf die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands des zur Wohneinheit Nr. 1 gehörenden Sondereigentums und des Raumes 1 im darunter befindlichen Untergeschoss durch die Beklagte gerichtet. Der nunmehr gestellte Hilfsantrag ist dagegen allgemein auf Durchführung Maßnahmen zur Beseitigung von Setzungsrissen im Gemeinschaftseigentum im Bereich der Wohnungen Nr. 5 und 9/10 gerichtet. Er umfasst daher auch andere zur Behebung etwaiger Mängel geeignete Maßnahmen als die Beseitigung des Kellerraums und betrifft insoweit, da es für die ursprünglich gestellten Anträge, wie dargelegt, nicht darauf ankam, ob Setzungsrisse überhaupt vorhanden sind und welche Ursachen sie haben, einen anderen Lebenssachverhalt und somit einen anderen prozessualen Anspruch.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Klageänderung gem. § 263 ZPO lagen nicht vor. Sie war bereits nicht sachdienlich. Sachdienlichkeit ist ein durch die objektive Prozesslage bedingter prozessualer Begriff, dessen Beurteilung dem nur beschränkt durch ein Rechtsmittelgericht nachprüfbaren pflichtgebundenen Ermessen des Gerichts unterliegt. Sie ist nur daraufhin überprüfbar, ob die Grenzen des Ermessens überschritten wurden (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 263 ZPO, Rn. 13, 15; BGH NJW 96, 2869, 2870). Für die Sachdienlichkeit spricht es, wenn mit der geänderten Klage die noch bestehenden Streitpunkte miterledigt werden können und dadurch ein neuer Prozess vermieden wird; nicht entscheidend ist zwar, dass der Beklagte eine Tatsacheninstanz verliert (BGHZ 1, 65, 72; BGH NJW 85, 1841, 1842), neue Parteierklärungen oder Beweiserhebungen nötig werden und sich dadurch das Verfahren verzögert (BGH NJW 2000, 800, 803). Sachdienlichkeit fehlt aber in der Regel, wenn mit dem neuen Anspruch ein völlig neuer Streitstoff eingeführt wird, bei dessen Beurteilung die bisherigen Prozessergebnisse nicht verwertet werden können (Greger a.a.O. Rn. 13). Das Erstgericht übte sein ihm eingeräumtes Ermessen gerade unter Berücksichtigung der oben genannten Erwägungen, dass es für die ursprünglich gestellten Anträge nicht darauf ankam, ob Setzungsrisse überhaupt vorhanden sind, dahingehend aus, die Sachdienlichkeit zu verneinen. Ob das Berufungsgericht diese Abwägung letztlich ebenso getroffen hätte, ist unerheblich; ein Fehlgebrauch des Ermessens des Erstgerichts ist jedenfalls nicht erkennbar.

III.

1. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 97 I, 101 ZPO.

2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

3. Die Revision war gemäß § 543 I Nr. 1, II ZPO nicht zuzulassen, da die vorliegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erforderlich ist. Es ging nur um die Anwendung anerkannter Rechtsgrundsätze auf einen reinen Einzelfall. Zudem steht die Entscheidung in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der gängigen Literaturmeinung zum gutgläubigen Erwerb.

4. Die Höhe des Streitwertes bestimmt sich nach § 49a GKG. Danach ist in Wohnungseigentumssachen der Streitwert auf 50 % des Interesses der Parteien und aller Beigeladenen an der Entscheidung festzusetzen, wobei er allerdings das Interesse des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen an der Entscheidung nicht unterschreiten und das Fünffache des Wertes ihres Interesses nicht überschreiten darf. Weiter sind die Grenzen des § 49a II GKG zu beachten, wonach der Streitwert, wenn sich eine Klage gegen einzelne Wohnungseigentümer richtet, das Fünffache des Wertes ihres Interesses sowie des Interesses der auf ihrer Seite Beigetretenen nicht übersteigen darf. Das Interesse der Beklagten an der Entscheidung über den im Berufungsverfahren gestellten Hauptantrag richtet sich nach den Rückbaukosten. Diese schätzt die Kammer auf Euro 30.000,00. Das Interesse der Klägerin richtet sich nach dem Interesse der übrigen Wohnungseigentümer an der Beseitigung des Raumes und wird von der Kammer, da die übrigen Eigentümer den Raum weder betreten können, noch dieser für sie sichtbar ist auf Euro 10.000,00 geschätzt. Das hälftige Gesamtinteresse i. S. des § 49a I Satz 1 GKG beziffert sich damit auf Euro 20.000,00 und liegt innerhalb der Grenzen des § 49a I Satz 2, 3 und II GKG. Durch den Hilfsantrag erhöht sich der Streitwert nicht, da mangels Zulässigkeit der Klageerweiterung eine Entscheidung über diesen nicht ergangen ist, § 45 I Satz 2 GKG (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 47. Aufl., Rn 30, 31 zu § 45 GKG). Im Ergebnis war daher der Streitwert für das Berufungsverfahren auf Euro 30.000,00 festzusetzen.

5. Der vom Amtsgericht festgesetzte Streitwert für das Verfahren in 1. Instanz war gemäß § 63 III Nr. 2 GKG von Amts wegen ebenfalls auf Euro 30.000,00 herabzusetzen. Erkennt nämlich das Gericht die Unrichtigkeit der erfolgten Streitwertfestsetzung, so muss es diese bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 63 III GKG abändern (Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl., Rn 10 zu § 63 GKG). Zwar lautet die Vorschrift des § 63 III GKG lediglich dahingehend, dass die Festsetzung von Amts wegen geändert werden „kann“. Damit wird die Änderung jedoch nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt, sondern lediglich dessen Zuständigkeit für die Änderung begründet (Peter Hartmann, Kostengesetze, 47. Aufl., Rn 38 zu § 63 GKG). Hinsichtlich des erstinstanzlich gestellten Hauptantrags, der mit dem im Berufungsverfahren gestellten Hauptantrag übereinstimmt, gilt das zuvor Gesagte entsprechend.

 

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