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Wildschaden – Kraftfahrzeug – Kaskoversicherung – Beweislast

OLG Köln – Az.: I-9 U 4/16 – Urteil vom 28.06.2016

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das am 10.12.2015 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 24 O 157 / 15 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 6.657,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.07.2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 15 % und die Beklagte 85 %.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten seit dem 16.10.2014 eine Teil- und Vollkaskoversicherung. Es finden die AKB Stand 01.10.2014 Anwendung.

Der Kläger meldete bei der Beklagten einen Verkehrsunfall vom 03.03.2015: Er sei bei dem Versuch, einem Wildtier auszuweichen, gegen die rechte Leitplanke geraten, wobei die rechte Fahrzeugseite erheblich beschädigt worden sei. Im Unfallfragebogen gab er an:

„reparierte Schäden: mehrere (Es liegen keine Unterlagen dazu vor);

unreparierte Vorschäden: keine“.

Zu schriftlichen Aufforderungen der Beklagten vom 26.03.2014 und 16.04.2015, sich zu Art und Umfang von Vorschäden zu äußern, erklärte sich der Kläger nicht. Er überließ der Beklagten jedoch ein am 28.05.2015 vom Sachverständigen T erstelltes Gutachten. Dieser gibt als unreparierten Vorschaden an, dass die Motorhaube abgeknickt sei, und nennt unter reparierten Vorschäden, dass die rechte Seite sach- und fachgerecht instandgesetzt worden sei. Im Übrigen ermittelte er einen Wiederbeschaffungswert von 14.137,50 EUR und einen Restwert von 7.180,- EUR. Den Differenzbetrag von 6.957,50 EUR verlangt der Kläger neben den für den Sachverständigen T aufgewandten Kosten in Höhe von 819, 81 EUR.

Bereits am 07.04.2015 hatte der von der Beklagten beauftragte Sachverständige H das Fahrzeug besichtigt. In seinem Gutachten vom 07./08.05.2015 führte er aus, an dem Seitenteil rechts hinten sei eine Lackschichtdicke von 2.150 µm zu messen. Aus einem in Bezug genommenen Schadengutachten der L Sachverständigen GmbH ergäbe sich ein Wiederbeschaffungswert von 16.000,- EUR; in Höhe des angegebenen Restwertes liege ein Angebot über 7.630,- EUR vor. Auf den Inhalt der als Anlage … 2 und … 5 vorgelegten Gutachten wird Bezug genommen.

Der Kläger hat behauptet, er sei am 03.03.2015 bei dem Versuch einem Wildtier auszuweichen, gegen die Leitplanke geraten. Er habe den Unfall bei der Polizei angezeigt, die die beschädigte Leitplane noch in Augenschein genommen habe. Bei diesem Unfall sei der von dem Sachverständigen T ermittelte Schaden entstanden. Soweit der Sachverständige T eine abgeknickte Motorhaube als unreparierten Vorschaden festgestellt habe, handele es sich um einen Minimalschaden, der mit bloßem Auge nicht sichtbar und dem Kläger nicht bekannt gewesen sei. Wie dieser Schaden entstanden sei, wisse er nicht. Auch von einem Schaden an der rechten Seite wisse er nichts; denkbar sei, dass die Werkstatt Minimalschäden bei Wartungsarbeiten mitbeseitige oder der Schaden bereits vorhanden gewesen sei, bevor der Kläger das Auto erworben habe.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen an ihn 7.777,31 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen; die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von den ihm entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 729,23 EUR freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat den Unfallhergang und die polizeiliche Besichtigung der Unfallstelle mit Nichtwissen bestritten. Sie hat behauptet, die Unfallschilderung des Klägers erkläre die vom Sachverständigen T festgestellten Schäden nicht. Die vom Sachverständigen H festgestellten Schäden ließen sich teilweise nicht mit der geschilderten Berührung einer Leitplanke in Einklang bringen. Zudem scheine rotes Fremdmaterial in der Stoßfängerecke vorn rechts vorhanden zu sein. Daher habe der Kläger schon den Versicherungsfall nicht bewiesen. Sie sei auch gem. § 28 Abs. 3 VVG leistungsfrei, da der Kläger Falschangaben zu Vorschäden gemacht habe und wesentliche Informationen vorsätzlich zurückhalte.

Mit Urteil vom 10.12.2015 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe arglistig eine Aufklärungsobliegenheit gem. E 1.3 iVm 5.1 und 5.2 AKB verletzt, indem er Falschangaben zur Vorschäden gemacht habe. Der Kläger habe lediglich unsubstantiiert Vorschäden im Unfallfragebogen angegeben und auf weitere Aufforderungsschreiben nicht reagiert. Das erst nach dem Termin mit dem Sachverständigen der Beklagten vorgelegte Gutachten des Sachverständigen T enthalte zwar die Angabe „rechte Seite sach- und fachgerecht instandgesetzt“. Hieraus lasse sich jedoch nicht entnehmen, welches konkrete Aussehen der oder die Vorschäden gehabt hätten. Tatsächlich hätte der Kläger jedoch weitere Angaben zu Vorschäden machen können. Den Ausführungen des Sachverständigen H zu der Lackschichtdicke an der rechten Seite sei er jedenfalls nicht entgegengetreten. Hieraus ergebe sich ein Vorschaden, der weit über die vom Kläger genannten kleinen Gebrauchsschäden hinausgehe. Derartige Schäden ließen sich nicht ohne Aufpreis beseitigen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Zu Unrecht habe das Landgericht arglistiges Verhalten angenommen. Der Kläger habe Vorschäden nur mangels Kenntnis nicht weiter konkretisiert. Die Schlussfolgerung des Landgerichts, angesichts der festgestellten Lackschichtdicke rechts sei auf einen erheblichen Vorschaden zu schließen, sei spekulativ. Denkbar sei, dass es sich um eine Gebrauchsspur/Parkdelle handele, die durch die Werkstatt beigearbeitet worden sei.

Der Kläger beantragt,

1. unter Abänderung des am 10.12.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln, Az.: 24 O 157/15, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.777,31 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. die Beklagte zu verurteilen den Kläger von dem ihm entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 729,23 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt im Übrigen Bezug genommen.

II.

Wildschaden - Kraftfahrzeugkaskoversicherung - Beweislast
(Symbolfoto: Peteri/Shutterstock.com)

Die fristgerecht und formbedenkenfrei erhobene, zulässige Berufung hat überwiegend Erfolg. Soweit der Kläger eine Versicherungsleistung für die Beschädigung seines Fahrzeugs verlangt, ist die Klage — mit Ausnahme der vereinbarten Selbstbeteiligung von 300,- EUR — in Höhe von 6.657,50 EUR begründet; soweit er die Zahlung von Sachverständigenkosten in Höhe von 819,81 EUR und die Freistellung von außergerichtlichen Anwaltskosten verlangt, ist die Klage unbegründet.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von 6.657,50 EUR gemäß § 1 VVG in Verbindung mit A. 2.3.2 AKB.

a) Der Versicherungsfall im Sinne von Ziffer A. 2.3.2 AKB ist eingetreten. Unfall im Sinne dieser Regelung ist ein unmittelbar von außen, plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis. Dabei hat der Versicherungsnehmer für den Nachweis eines Unfalls grundsätzlich den Vollbeweis zu erbringen, ohne dass ihm Beweiserleichterungen zugute kämen, da er sich nicht in der für Diebstahlfälle typischen Beweisnot befindet (OLG Köln, Urteil v. 03.03.1998, 9 U 199/95; OLG Köln, Urteil v. 02.03.2010, 9 U 122/09). Steht aber fest, dass die Schäden an einem Fahrzeug nach Art und Beschaffenheit nur auf einem Verkehrsunfall beruhen können, reicht dies zur Begründung der Leistungspflicht des Kaskoversicherers selbst dann aus, wenn sich der Versicherungsfall nicht so wie vom Versicherungsnehmer geschildert ereignet haben kann (OLG Karlsruhe, VersR 2006, 919; OLG Köln, Urteil v. 02.03.2010, 9 U 122/09; OLG Sachsen Anhalt, Urteil v. 07.02.2013, 4 U 16/12; OLG Koblenz, Urteil v. 06.12.2013, 10 U 255/13). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt: Die Beklagte bestreitet ein Unfallgeschehen im dargelegten Sinne nicht. Auch sie führt die Schäden an dem Fahrzeug des Klägers auf mechanische Gewalteinwirkung zurück. Sie räumt nämlich ein, dass neben streitigen Vorschäden auch solche Schäden an dem Fahrzeug feststellbar seien, die auf eine Kollision mit einer Leitplanke zurückgeführt werden könnten. Dementsprechend ergibt sich aus dem von der Beklagten eingeholten Gutachten des Sachverständigen H, dass es sich bei dem Fahrzeug eindeutig um einen „Reparaturfall“ handele, der den Sachverständigen auch zu einer Reparaturkostenermittlung veranlasst hat.

Allerdings kann der Versicherungsfall, auch wenn die Schäden nur auf einem Verkehrsunfall beruhen können, ausnahmsweise dann verneint werden, wenn der Versicherungsnehmer einen Sachverhalt vorträgt, wonach sich der Unfall nicht in der behaupteten Weise ereignet haben kann (Halbach in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, AKB 2008 A. 2, Rz. 2). Dies ist vorliegend jedoch weder erkennbar, noch werden Plausibilität und Kompatibilität der festgestellten Schäden durch die Beklagte hinreichend in Abrede gestellt. Vielmehr trägt sie selbst vor, dass einzelne der geltend gemachten Schäden nach Lage, Form und Ausprägung grundsätzlich durch den Kontakt mit einer Leitplanke entstanden sein können (vgl. Bl. 65 d.A.).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Beklagten in Bezug genommenen Gutachten des Sachverständigen H vom 07./08.05.2015. Der Sachverständige H äußert in seinen Gutachten keine Bedenken gegen die Plausibilität der Unfallschilderung des Klägers. Eine fehlende Kompatibilität der geltend gemachten Schäden wird nicht festgestellt. Auch aus der erhöhten Lackschichtdicke an der rechten Fahrzeugseite leitet der Sachverständige keinerlei Bedenken an der Plausibilität des Unfallhergangs ab. Vielmehr sieht er „aufgrund der konkretisierten Aufgabenstellung und der bisherigen Informationslage [ … ] vorerst von weiterführenden Ausführungen ab“. Auch der Vortrag der Beklagten zu einem möglichen roten Farbeintrag widerlegt den vom Kläger geschilderten Unfallhergang nicht. Die Formulierung der Beklagten, es „scheine“ rotes Fremdmaterial vorhanden zu sein, lässt sich nicht als Behauptung, sondern allenfalls als Mutmaßung verstehen, die für den Senat nicht nachvollziehbar ist. Die in Bezug genommenen Fotografien des Gutachtens des Sachverständigen H lassen einen solchen Eintrag andersfarbigen Fremdmaterials jedenfalls nicht erkennen. Sämtliche Fotos sind nur in schwarz-weißen Kopien zur Akte gelangt, die Farbunterschiede nicht erkennen lassen. Trotz des entsprechenden Hinweises des Senats sind aussagekräftige Farbausdrucke nicht vorgelegt worden. In den Ausführungen des Sachverständigen H findet ein solcher Farbeintrag keine weitere Erwähnung. Der Sachverständige T hat keinerlei vergleichbare Feststellungen getroffen.

b) Die Beklagte ist nicht gemäß § 28 VVG in Verbindung mit Ziffer E. 1.3, 5.1 und 5.2 der Versicherungsbedingungen leistungsfrei geworden. Eine arglistige Verletzung seiner Aufklärungsobliegenheiten ist dem Kläger nicht vorzuwerfen.

Soweit das Fahrzeug einen Schaden in Form einer „abgeknickten Motorhaube“ aufweist, fehlt es sowohl an einer objektiven Verletzung der Aufklärungsobliegenheit als auch an jedem Anhaltspunkt für ein arglistiges Verhalten des Klägers. Zutreffend ist zwar, dass der Kläger in der Unfallmitteilung die Frage nach unreparierten Vorschäden verneint hat, obgleich nunmehr der Schaden der abgeknickten Motorhaube unstreitig ist. Zum objektiven Tatbestand der Aufklärungsobliegenheit gehört aber auch die Kenntnis des Versicherungsnehmers von der aufklärungsbedürftigen Tatsache. Diese Kenntnis ist vom Versicherer zu beweisen (Halbach in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, a.a.O., Rz. 17). Eine solche Kenntnis des Klägers von dem vorgenannten Schaden ist indes weder vorgetragen noch ersichtlich. Seinem Vortrag, diese Beschädigung sei mit bloßem Auge nicht zu erkennen, ist die Beklagte jedenfalls nicht weiter entgegengetreten. Selbst wenn man entgegen dieser Ausführungen von einer Kenntnis des Klägers und damit von einer objektiven Verletzung der Aufklärungsobliegenheit ausginge, wäre dies folgenlos. Der Kläger hat nämlich das von ihm beauftragte Gutachten des Sachverständigen T an die Beklagte weitergeleitet, in dem der Schaden ausdrücklich erwähnt wird. Berichtigt aber der Versicherungsnehmer aus eigenem Antrieb vollständig und unmissverständlich unzutreffende Angaben ohne etwas zurückzuhalten, entfällt die Obliegenheitsverletzung (BGH Urteil v. 05.12.2001 IV ZR 225/00). Durch die Weitergabe des Gutachtens T hat der Kläger die Beklagte vollständig und unmissverständlich über die in diesem Gutachten dargestellte Beschädigung der Motorhaube unterrichtet.

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Auch hinsichtlich der Beschädigung der rechten Fahrzeugseite hat der Kläger keine Aufklärungsobliegenheit verletzt. Der Kläger hat diesen Schaden nicht verschwiegen. Bereits in der Unfallmitteilung hat er reparierte Vorschäden eingeräumt. In dem vom Kläger vorgelegten Gutachten des Sachverständigen T heißt es ausdrücklich, die rechte Seite sei sach- und fachgerecht instand gesetzt. Diese Angabe korrespondiert mit den Feststellungen dickerer Lackschichten auf der rechten Fahrzeugseite durch den Sachverständigen H.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit auch nicht deswegen angenommen werden, weil der Kläger über Art und Umfang der Beschädigung nur unzureichend aufgeklärt hätte. Zwar wird der Umfang der Aufklärungsobliegenheit bestimmt durch die Fragen in den Formularen des Versicherers (Halbach in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, a.a.O. Rz. 13). Wie oben ausgeführt verlangt aber bereits der objektive Tatbestand einer Obliegenheitsverletzung entsprechende Kenntnis des Versicherungsnehmers. Die Annahme der Beklagten, der Kläger habe Kenntnis von einem größeren Schaden an dem Fahrzeug, scheitert aber bereits im Ausgangspunkt daran, dass solch ein Schaden größeren Umfangs, den der Kläger zwingend hätte zur Kenntnis nehmen müssen, weder hinreichend vorgetragen noch ersichtlich ist. Zutreffend ist lediglich, dass der Sachverständigen H auf der rechten Fahrzeugseite eine höhere Lackschichtdicke ermittelt hat. Dies allein besagt jedoch nichts. Es wird nicht näher eingegrenzt, welcher Art dieser Schaden ist, und wie groß die betroffene Fläche ist. Vor diesem Hintergrund kann ein begrenzter Bagatell- oder Parkschaden nicht ausgeschlossen werden, wie ihn die Werkstatt des Klägers gelegentlich beseitigt haben mag, ohne dass der Kläger hierüber noch eine konkrete Erinnerung im Zeitpunkt des Unfalles hätte haben müssen. Richtig ist zwar, dass die Lackschicht erheblich dicker erscheint. Sollte es sich insoweit aber nicht um eine großflächige, sondern nur eine punktuelle Erscheinung handeln, entspräche dies einem Schadensbild, wie es nach der Beseitigung marginaler Kratzer zu erwarten wäre, die der Kläger nicht zwingend hätte zur Kenntnis nehmen und in Erinnerung behalten müssen. Auch der Sachverständige T trifft keine näheren Feststellungen zu Art und Umfang des Schadens.

Weitere Anhaltspunkte für eine Kenntnis des Klägers von einem größeren Schaden bestehen nicht. Der Annahme eines größeren Schadens steht jedenfalls entgegen, dass es sich bei der Beschädigung nach dem Vortrag der Beklagten um einen reinen Lackschaden ohne jede Eindellung handeln soll. Reine Lackschäden ohne Eindellung sind häufiger auf Gebrauchs- oder Parkschäden zurückzuführen und gerade nicht auf schwerwiegende Unfallereignisse. Gegen eine Kenntnis des Klägers von einem umfangreicheren Schaden spricht zudem, dass die Abrechnung eines solchen Schadens über die Versicherung nicht erfolgt ist. Auch handelt es sich bei dem Fahrzeug um einen Firmenwagen, der nicht nur vom Kläger, sondern auch von anderen Mitarbeitern benutzt wurde. Nicht ausgeschlossen werden kann daher, dass eine Beschädigung, selbst eine solche größeren Umfangs, von einem Mitarbeiter ohne Kenntnis des Klägers verursacht und beseitigt wurde.

c) Auch der Höhe nach begegnet der geltend gemachte Anspruch keinen Bedenken.

Die Berechnung der Entschädigungsleistung durch den Kläger entspricht den vertraglichen Regelungen. Gemäß Ziffer A. 2.6.1 AKB hat der Versicherungsnehmer Anspruch auf die Differenz zwischen dem Restwert und dem Wiederbeschaffungswert des beschädigten Fahrzeugs. Ungenügend ist, dass die Beklagte vorsorglich Einwendungen gegen die von dem Kläger angesetzten Werte erhebt, weil der Sachverständige T keine verlässlichen Anknüpfungstatsachen für die Eingrenzung eines unfallkausalen Schadens gehabt habe, so dass seine Kalkulation bestritten werden müsse. Die Beklagte übersieht, dass nach ihrem eigenen Vorbringen sogar eine deutlich höhere Differenz zwischen Restwert und Wiederbeschaffungswert anzunehmen ist: Der Sachverständige H nimmt in seinem Gutachten vom 08.05.2015 Bezug auf ein Schadengutachten der L Sachverständigen-GmbH vom 10.03.2014. Dieses Gutachten hat die Beklagte zwar nicht vorgelegt. Der Sachverständige H übernimmt die sich aus diesem Gutachten ergebenden Werte jedoch, ohne weitere Bedenken an ihrer Richtigkeit zu äußern. Hiernach ist von einem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs i.H.v. 16.000 EUR auszugehen; in Höhe des Restwertes liege ein Angebot über 7.630 EUR vor (vgl. Seite 6 des Gutachtens H vom 08.05.2015). Die sich hiernach ergebende, bedingungsgemäß zu ersetzende Differenz von 8.370 EUR (= 16.000 EUR -7.630 EUR) liegt deutlich über dem vom Beklagten geltend gemachten Betrag i.H.v. 6.657,50 EUR. Insoweit steht das Bestreiten der vom Sachverständigen T angesetzten Werte in eindeutigem Widerspruch zu denjenigen Werten, die der von der Beklagten beauftragte Sachverständige ermittelt hat. Diesen Widerspruch erläutert die Beklagte nicht ansatzweise.

d) Von dem Betrag in Höhe von 6.957,50 EUR ist allerdings die unstreitig vereinbarte Selbstbeteiligung i.H.v. 300 EUR abzuziehen. Als Differenz ergibt sich der insgesamt zugesprochene Betrag.

e) Der Anspruch auf die Zinsen ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Sachverständigenkosten i.H.v. 819,81 EUR. Insoweit ist die Klage unschlüssig. Die Voraussetzungen des §§ 85 Abs. 2 VVG sind ersichtlich nicht erfüllt: Weder hat die Beklagte die Hinzuziehung eines Sachverständigen gefordert, noch war der Kläger hierzu verpflichtet. Die Sachverständigenkosten stellen sich auch nicht als Verzugsschaden dar. Da das Gutachten gerade dazu dienen sollte, der Beklagten weitere Feststellungen zu ermöglichen, waren Ansprüche des Klägers gem. § 14 Abs. 1 VVG noch nicht einmal fällig. Weitere Anspruchsgrundlagen, aufgrund derer der Kläger die Erstattung diese Kosten verlangen könnte, sind nicht ersichtlich. Seine Ausführungen, Sachverständigenkosten seien nach ständiger Rechtsprechung in Konstellationen wie der vorliegenden zu ersetzen, erschließen sich nicht.

3. Auch der Klageantrag zu 2) ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte, von den ihm entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten freigestellt zu werden. Die Voraussetzungen des Verzuges gemäß § 286 BGB, der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, liegen nicht vor. Die außergerichtlichen Anwaltskosten sind nicht verzugsbedingt entstanden. Der Kläger trägt selbst vor, dass er seine Prozessbevollmächtigten angesichts einer Urlaubsreise und anschließender diverser beruflicher Verpflichtungen beauftragt habe. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass zum Zeitpunkt der Beauftragung seiner Prozessbevollmächtigten bereits die für einen Verzug erforderliche Mahnung ausgebracht worden wäre. Das früheste Schreiben, das dem Gericht vorliegt, datiert auf den 26.03.2015. Auch nach der Auffassung des Klägers war zu diesem Zeitpunkt noch keinesfalls Verzug eingetreten. Da dieses Schreiben bereits an die Prozessbevollmächtigten des Klägers adressiert ist, müssen diese in jedem Fall vor Verzugseintritt beauftragt worden sein.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des §§ 543 Abs. 2 ZPO liegen erkennbar nicht vor. Die vorliegende Entscheidung beruht auf den Besonderheiten des Einzelfalls.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 7.777,31 EUR

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