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Zahnarzt – Vergütungsanspruch für nicht wahrgenommene Behandlungstermine

AG Fulda, Az.: 34 C 120/02 (D)

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 88,14 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des DÜG aus 76,69 Euro seit dem 30.10.2001 bis 31.12.2001 sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz des Bürgerlichen Gesetzbuches aus 76,69 Euro seit 01.01.2002 und aus weiteren 11,45 Euro seit 25.03.2002 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 495a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Zahnarzt - Vergütungsanspruch für nicht wahrgenommene Behandlungstermine
Symbolfoto: Gecko Studio/Bigstock

Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Schadensersatz in Höhe der Klageforderung von 88,14 Euro. Für einen Betrag in Höhe von 76,69 Euro folgt der Schadensersatzanspruch des Klägers aus der mit dem Beklagten getroffenen vertraglichen Vereinbarung. Der Beklagte hat mit dem Kläger einen Vertrag über die zahnärztliche Behandlung seines Sohnes durch den Kläger geschlossen, indem er das Anmeldeformular des Klägers unterzeichnet und für den 27.06.2001 einen Behandlungstermin vereinbart hat. Die vertragliche Vereinbarung verpflichtet den Beklagten, die vom Kläger für die Nichtwahrnehmung des Behandlungstermins am 27.06.2001 in Rechnung gestellte Vergütung zu zahlen. Eine solche Verpflichtung ist durch die Unterzeichnung des Anmeldeformulars durch den Beklagten Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien geworden. Der Anmeldebogen enthält unmittelbar über der für die Unterschrift vorgesehenen Fläche den Hinweis „Um Ihnen unnötige Wartezeiten zu ersparen und um Sie in Ruhe behandeln zu können, wird unsere Praxis nach dem Bestellsystem geführt. Deshalb bitten wir Sie, Ihren Termin pünktlich einzuhalten. Reservierte, aber nicht spätestens 24 Stunden vorher freigegebene Termine werden daher in Rechnung gestellt.“ Diese Allgemeine Geschäftsbedingung des Klägers ist Vertragsbestandteil geworden. Die Klausel hält einer Prüfung anhand der Vorschriften des AGB-Gesetzes stand. Insbesondere ist keine Unwirksamkeit wegen Verstoßes gegen § 10 Ziff. 7 AGB-Gesetz feststellbar. Nach § 10 Ziff. 7a ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam, wenn der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt, eine unangemessen hohe Vergütung für erbrachte Leistungen verlangt. Der Kläger verlangt für die Nichtwahrnehmung des anberaumten 45-minütigen Behandlungstermins eine Vergütung von 76,69 Euro (150,– DM) und bleibt damit nach dem unstreitig gebliebenen Vortrag des Klägers hinter dem ihm nach der Gebührenordnung für Zahnärzte zustehenden Vergütungsanspruch zurück. Der vom Kläger in Rechnung gestellte Betrag ist bereits deshalb nicht unangemessen hoch, weil er nicht über das hinausgeht, was ihm gem. §§ 615, 611 BGB bei Annahmevollzug des dienstberechtigten Patienten ohnehin zusteht. Bei Annahmeverzug des Dienstberechtigten, der im Falle des Beklagten dadurch eintrat, dass dessen Sohn den für den 27.06.2001 vereinbarten zahnärztlichen Behandlungstermin nicht wahrgenommen hat, ohne ihn zuvor abzusagen, hat der Dienstverpflichtete gem. § 615 BGB einen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vergütung unter Anrechnung der ersparten Aufwendungen bzw. desjenigen, dass der Dienstberechtigte anderweitig hätte erwerben können, jedoch böswillig nicht getan hat. Erspart hat der Kläger Materialkosten, so dass er zumindest einen Anspruch auf Zahlung des anhand der Gebührenordnung für Zahnärzte zu ermittelnden Honorars hat, welches sich nach seinem unbestritten gebliebenen Vortrag auf 263,38 DM beläuft.

Die Klausel ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 9 II Nr. 1 ABG-Gesetz unwirksam, da kein Verstoß gegen wesentliche Grundgedanken einer gesetzlichen Regel, von der abgewichen wird, feststellbar ist. Die vom Kläger in seinem Anmeldebogen verwendete Klausel, wonach seine Patienten zur Vermeidung einer Vergütungspflicht angehalten werden, einen vereinbarten Behandlungstermin spätestens 24 Stunden vor der Terminsstunde abzusagen, weicht von der Vorschrift des § 621 Nr. 5 BGB ab. Danach können Dienstverträge, bei denen es sich nicht um Arbeitsverhältnisse handelt, und bei denen die Vergütung nicht nach Zeitabschnitten bemessen ist, jederzeit gekündigt werden. Gleichwohl liegt in dieser Abweichung kein Verstoß gegen wesentliche Grundgedanken dieser Vorschrift vor, da diese zum einen nicht unabdingbar ist und zum anderen die Interessenlage der Beteiligten Berücksichtigung finden muss. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Kläger von seinen Patienten verlangt, die fest vereinbarten Termine im Falle der beabsichtigten Nichtwahrnehmung spätestens 24 Stunden vorher freizugeben, da er durch das in seiner Praxis praktizierte Bestellsystem in seiner Dispositionsfreiheit beschränkt ist. Da der Kläger nach seinem unbestritten gebliebenen Vortrag seine Zahnarztpraxis ausschließlich als sogenannte Bestellpraxis führt, kann er einen nicht wahrgenommenen Termin nicht durch Behandlung eines anderen Patienten sinnvoll nutzen. Eine anderweitige Belegung nicht wahrgenommener Termine ist dem Kläger nicht möglich, weil sich aufgrund der Tatsache, dass er außerhalb fest vereinbarter Termine keine Patienten behandelt, sich solche außerhalb der vereinbarten Terminszeit in seiner Praxis nicht einfinden. Der Kläger ist jedoch in der Lage, den Termin anderweitig zu belegen, wenn ihm die Nichtwahrnehmung zuvor, d.h. spätestens 24 Stunden vorher, angezeigt worden ist. Andernfalls bliebe ihm nur die Möglichkeit, als Dienstverpflichteter den Termin ungenutzt verstreichen zu lassen. Die Vereinbarung einer kurzen Kündigungsfrist – wie die vom Kläger gewählte – trägt deshalb in nicht zu beanstandender Weise der Interessensituation der Beteiligten Rechnung.

Auch die Höhe der vom Kläger verlangten Vergütung ist nicht zu beanstanden, da er – wie bereits ausgeführt – die vereinbarte Vergütung abzüglich der ersparten Aufwendungen und damit jedenfalls 76,69 Euro verlangen kann.

Schließlich hat der Kläger auch einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung eines Betrages von 11,45 Euro aus § 286 BGB. Es handelt sich dabei um Kosten, die dem Kläger dadurch entstanden sind, dass der Beklagte sich geweigert hat, die ihm von dem zahnärztlichen Rechenzentrum … durch Rechnung vom 28.06.2001 in Rechnung gestellte Vergütung zu zahlen und sich daher in Zahlungsverzug befand. Schließlich schuldet der Beklagte dem Kläger Ersatz von Zinsen in gesetzlicher Höhe als Verzugsschaden gem. §§ 286, 288 BGB.

Er hat gem. § 91 I ZPO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die übrigen Nebenentscheidungen haben ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711, 713, 511 ZPO.

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