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Nutzungsuntersagung eines Kachelofens wegen Glanzruß

VG Saarland

Az: 5 L 705/11

Beschluss vom 25.08.2011


Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller wendet sich gegen eine für sofort vollziehbar erklärte baurechtliche Verfügung vom 21.07.2011, mit der ihm die Nutzung eines Kachelofens vorläufig untersagt und für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 500 Euro angedroht wurde.

I.

Der Antragsteller nutzt in seinem Anwesen, das bis zum ihrem Ableben am 02.08.2010 im Eigentum seiner Mutter gestanden hatte, einen Kachelofen. Aufgrund der überwiegenden Befeuerung des Kachelofens mit Holz, hat sich im Kamin sogenannter Glanzruß festgesetzt.

Bereits im Jahre 2004 hatte Bezirksschornsteinfegermeister …. eine Sonderreinigung des Kamins durchführen lassen und dafür Gebühren und Auslagen in Höhe von 250,71 € von der Mutter des Antragstellers verlangt. Der Betrag hatte sich zusammengesetzt aus 118,80 € für jeweils 2 Personen à 90 Minuten, 90,00 € Leihgebühr für das Spezialgerät, 7,33 € für eine zusätzliche Begehung und 34,58 € Mehrwertsteuer. Die Mutter erkannte von dem Betrag nur 167,04 € an. Auf Antrag des Bezirksschornsteinfegermeisters forderte die Antragsgegnerin die Differenz von 87,50 € per Feststellungs- und Leistungsbescheid an. Die Mutter erhob dagegen Widerspruch und beantragte beim Verwaltungsgericht einstweiligen Rechtsschutz. Das Verwaltungsgericht wies den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs mit Beschluss vom 28.04.2005 – 6 F 20/05 – zurück. Die Beschwerde wurde vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes mit Beschluss vom 20.05.2005 – 3 W 9/05 – zurückgewiesen. Ein weiterer Antrag vom 23.11.2005, der sich nur noch auf den Leistungsbescheid bezog, wurde vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 19.12.2005 – 6 F 73/05 – zurückgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes wies diese Beschwerde mit Beschluss vom 20.02.2006 – 1 W 4/06 – zurück. Der Stadtrechtsausschuss wies die Widersprüche mit Bescheid aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2007 zurück. Die am 10.12.2007 erhobene Klage wurde mit Urteil vom 29.05.2009 – 6 K 2070/07 – bei einem verbliebenen Streitwert von 22,97 € zurückgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes wies den Antrag auf Zulassung der Berufung mit Beschluss vom 30.09.2010 – 3 A 400/09 – zurück.

Mit der Mängel-Meldung vom 27.07.2010 wies der Bezirksschornsteinfegermeister die Mutter des Antragstellers auf die teerartigen Ablagerungen auf den Schornsteininnenflächen hin, die sich mit den normalen Kehrgeräten nicht mehr entfernen ließen und ordnete eine Entfernung derselben am 02.08.2010 an.

Der Antragsteller möchte den Glanzruß aus Kostengründen von dem französischen Schornsteinfegerunternehmen „…………“ beseitigen lassen. Der Bezirksschornsteinfegermeister hat indes die vom französischen Unternehmen geforderte Zustimmungserklärung nicht abgegeben. Deshalb beantragte der Antragsteller am 29.11.2010 beim Verwaltungsgericht einstweiligen Rechtsschutz.

Dieser Antrag gegen den Bezirksschornsteinfegermeister auf Verpflichtung zur Erteilung eines gebührenpflichtigen Feuerstättenbescheides wurde mit Beschluss vom 05.01.2011 – 6 L 2346/10 – zurückgewiesen: Zwar dürften nach dem am 29.11.2008 in Kraft getretenen § 2 Abs. 2 Schornsteinfeger-Handwerksgesetz (SCHfHwG) bestimmte Arbeiten auch von Staatsangehörigen anderer Staaten der EU durchgeführt werden. Aus der Übergangsbestimmung des § 17 Abs. 2 SCHfHwG sei voraussichtlich der Schluss zu ziehen, dass erst bis zum Ende der Übergangsphase am 21.12.2012 alle Eigentümer einen Feuerstättenbescheid erhalten sollten und der Antragsteller wohl erst die im Jahre 2012 anstehende Feuerstättenschau abwarten müsse. Der Antragsteller habe auch keine Gründe vorgetragen, aus denen sich auf für ihn unzumutbare Nachteile ergeben könnten, wenn er derzeit keinen Feuerstättenbescheid erhalte. Die Beseitigung der von dem Glanzruß ausgehenden Gefahr für die Feuersicherheit könne der Bezirksschornsteinfegermeister mit seinen Mitarbeitern beseitigen. Welcher finanzielle Vorteil sich aus einer Beauftragung eines französischen Unternehmens ergebe, sei nicht vorgetragen und auch nicht erkennbar.

Am 07.04.2011 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Untätigkeitsklage gegen den Bezirksschornsteinfegermeister mit dem Ziel erhoben, seine Zustimmung zur Beseitigung des Glanzrußes durch das französische Unternehmen zu erteilen. Die Klage ist bei Gericht unter Geschäftszeichen 6 K 306/11 anhängig.

Mit dem vorliegend in Streit stehenden Bescheid vom 21.07.2011 untersagte die Antragsgegnerin dem Antragsteller vorläufig die Nutzung des Kachelofens bis der Bezirksschornsteinfegermeister die sichere Benutzung der Feuerungsanlage gegenüber der Bauaufsicht bescheinigt und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Verfügung wird gemäß § 80 Abs. 2 Ziffer 4 VwGO an.

Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, die Nutzungsuntersagung beruhe auf § 82 Abs. 2 in Verbindung mit § 57 und § 3 und § 15 LBO. Nach § 15 LBO seien bauliche Anlagen so instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes vorgebeugt werde. Dieser Instandhaltungspflicht komme der Antragsteller nicht nach. Die teerartigen Ablagerungen (Glanzruß) im Schornstein führten aufgrund der Querschnittsminderung dazu, dass die Rauchgase nicht ungehindert abziehen könnten. Deshalb bestehe die Gefahr, dass sich der Rauch durch die Feuerstätte in die Wohnung drücke und die Hausbewohner durch CO2 erstickten oder durch CO vergiftet würden. Zudem sei Glanzruß reiner Kohlenstoff, bei dessen Verbrennung Temperaturen von über 1.000°C im Kamin aufträten. Durch eine Befeuerung könne sich der Glanzruß jederzeit entzünden. Das führe zu einer Brandgefahr für den Schornstein und auch für das gesamte Wohnhaus. Die vorläufige Untersagung der Benutzung des Kachelofens außerhalb der Heizperiode sei das geringere Mittel gegenüber der zwangsweisen Durchführung der Schornsteinreinigung im Wege der Ersatzvornahme nach § 1 Abs. 3 SCHfHwG. Letzteres würde auch zu einer großen zeitlichen Verzögerung führen, die aufgrund der Brand- und Erstickungsgefahr nicht hingenommen werden könne. Aufgrund der aufgezeigten Gefahr und Dringlichkeit sei der Sofortvollzug (nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) anzuordnen. Für die Anordnung werde eine Gebühr nach Nr. 11 des Besonderen Gebührenverzeichnisses für die Bauaufsichtsbehörden in Höhe von 121,25 Euro festgesetzt und mit gesondertem Bescheid erhoben.

Gegen diesen Bescheid vom 21.07.2011 sowie den Gebührenbescheid vom selben Tage, zugestellt am 28.07.2011, erhob der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 11.08.2011 bei der Antragsgegnerin Widerspruch und beantragte die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Kostenerhebung.

Am 11.08.2011 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht einstweiligen Rechtsschutz gegen die Nutzungsuntersagung beantragt. Zur Begründung macht er geltend, er sei nicht bereit, die Beseitigung des Glanzrußes vom Bezirksschornsteinfegermeister T. ausführen zu lassen, weil dieser „völlig überhöhte Kosten in Rechnung stellen“ werde und er die Arbeiten auch aus tatsächlichen Gründen nicht werde ausführen können. Denn für die erforderlichen Geräte werde elektrischer Strom benötigt, den er – der Antragsteller – dem Bezirksschornsteinfegermeister nicht zur Verfügung stellen werde. Die Begründung des angegriffenen Bescheides gehe fehl, weil er – der Antragsteller – der einzige Bewohner des Anwesens sei und ihm ein mögliches Auftreten von CO2 oder CO gleichgültig sei.

Der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 11.08.2011 gegen die Verfügung vom 21.07.2011 wieder herzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

II.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Nutzungsuntersagungsverfügung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 21.07.2011 ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Antragsgegnerin hat das aus ihrer Sicht bestehende besondere öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung in einer den formalen Erfordernissen des § 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise ausreichend dargelegt, indem sie auf die konkreten Gefahren bei einem Betrieb des Kachelofens abgestellt hat.

Damit erfüllt die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs die formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Bei Vorliegen einer den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO entsprechenden Begründung der Vollzugsanordnung hat das Gericht keine inhaltliche, gegebenenfalls am Maßstab von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO oder § 114 VwGO ausgerichtete Rechtmäßigkeitsprüfung der Vollzugsanordnung, sondern allein eine an dem Ergebnis einer summarischen Vorausbeurteilung der Hauptsache ausgerichtete eigene Interessenabwägung vorzunehmen.

2. Auch in der Sache hat der Antrag keinen Erfolg.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen einen für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakt ganz oder teilweise anordnen. Im Rahmen der vom Gericht dabei zu treffenden Abwägung, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzung der Nutzungsuntersagung das entgegenstehende private Interesse des Antragstellers, unter Berücksichtigung von § 80 b VwGO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seinen Rechtsbehelf von Vollzugsmaßnahmen der Einstellungsverfügung verschont zu bleiben, überwiegt, sind die Erfolgsaussichten des Widerspruchs zu berücksichtigen. Dabei ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs in der Regel abzulehnen, wenn das Rechtsmittel nach dem derzeitigen Erkenntnisstand offensichtlich aussichtslos ist; umgekehrt überwiegt bei einer offensichtlichen Erfolgsaussicht des Widerspruchs das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.

Die Nutzungsuntersagung ist allein auf die vom Glanzruß im Kamin ausgehende Brand- und Lebensgefahr gestützt, an deren Bestehen keine ernsthaften Zweifel aufkommen können. Worauf diese Gefahr beruht, spielt im Polizeirecht, zu dem das Bauordnungsrecht im weiteren Sinne gehört, grundsätzlich keine Rolle.

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Zutreffend ist die Antragsgegnerin auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 Nr. 1 LBO

Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass sie die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit nicht gefährden,

von § 15 LBO

Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch … vorgebeugt wird, …

von § 57 Abs. 2 LBO

Die Bauaufsichtsbehörden haben bei der Errichtung, der Änderung, der Nutzungsänderung, der Beseitigung sowie der Instandhaltung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden. Sie haben in Wahrnehmung diese Aufgaben die nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlichen Maßnahmen zu treffen,

sowie von § 82 Abs. 2 LBO

Werden … Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt, so kann diese Nutzung untersagt werden,

tätig geworden, weil von dem Glanzruß im Kamin eine Brandgefahr ausgeht.

Dieser Gefahr kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass das Gebäude allein vom Antragsteller bewohnt werde und er diese Gefahr in Kauf nehme. Das öffentliche Baurecht, zu dem alle zuvor genannten Bestimmungen gehören, ist nicht personenbezogen, sondern allein grundstücks- bzw. anlagen- bzw. objektsbezogen. Von einem Kamin mit Glanzruß geht zum einen eine Brandgefahr für das Gebäude und seine Nachbarschaft zum anderen eine konkrete Gefahr für Leib und Leben für alle Personen aus, die sich in dem Gebäude aufhalten. Im Übrigen kann die Behörde erkennbar nicht überprüfen, wer sich außer dem Antragsteller in dem Gebäude aufhält. Dass der Antragsteller für diesen baurechtswidrigen Zustand verantwortlich ist, steht außer Frage.

Tragen indes die Rechtsnormen die Nutzungsuntersagung, ist der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs zurückzuweisen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 25 Abs. 2 Satz 1, 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Dabei geht die Kammer davon aus, dass das den Streitwert in der Hauptsache bestimmende Interesse an der Nutzungsuntersagung mit dem Auffangstreitwert von 5.000 Euro zu veranschlagen ist. Der Betrag ist bei Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.

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