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Verkehrssicherungspflicht Bauunternehmer für Baustelle im öffentlichen Verkehrsraum

OLG Brandenburg: Bauunternehmen haftet für unzureichende Baustellenabsicherung

In einem Rechtsstreit um Schadensersatzforderungen wegen eines Motorradunfalls hat das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg entschieden, dass ein Bauunternehmen für unzureichende Absicherung und Beschilderung der Baustelle haftet. Der Motorradfahrer hatte aufgrund mangelnder Absicherung und unzureichender Beschilderung die Baustelle betreten und war zu Schaden gekommen.

Direkt zum Urteil: Az.: 12 U 254/20 springen.

Verkehrssicherungspflicht verletzt

Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte zu 1 (Bauunternehmen) ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat. Die Baustelle war nicht ausreichend abgesichert und beschildert, was zur deliktischen Haftung des Unternehmens führte.

Keine vollständige Delegierung möglich

Obwohl die Verkehrssicherungspflicht in erster Linie der Straßenverkehrsbehörde obliegt, besteht neben der Haftung der öffentlichen Hand auch eine Haftung des Bauunternehmens. Eine vollständige Delegierung der Verkehrssicherungspflicht ist nicht möglich. In diesem Fall wurde die Verpflichtung zur Verkehrssicherung nicht durch die Beauftragung der Beklagten zu 2 erfüllt.

Schadensersatzforderung

Das Gericht sprach der Klägerin (Versicherung des Motorradfahrers) einen Schadensersatz in Höhe von 5.000,33 € zu. Die Beklagte zu 1 wurde zur Zahlung verurteilt.

Keine Verjährung der Forderung

Die Forderung der Beklagten zu 1. ist nicht verjährt. Die Klägerin hat den Umstand, dass die Beklagte zu 1. ebenfalls als Schädiger in Betracht kommt, rechtzeitig erfahren und angemeldet. Die Verjährung wäre grundsätzlich zum 31.12.2017 eingetreten. Aufgrund von Verjährungsverzichtserklärungen kann sich die Beklagte zu 1. jedoch nicht auf Verjährung berufen. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

Kein Schadensersatzanspruch gegen Beklagte zu 2.

Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2. ist hingegen nicht gegeben. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte zu 1. die Verkehrssicherung betreffend die Baustelle auf die Beklagte zu 2. übertragen hat. Eine Übertragung der Verkehrssicherungspflicht ergibt sich nicht aus dem Nachunternehmervertrag. Auch das Fehlen weiterer Verkehrsschilder im Bereich vor der Baustelle ist nicht ausreichend zur Begründung einer Haftung der Beklagten zu 2. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 100 Abs. 1, Abs. 2, 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

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Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 12 U 254/20 – Urteil vom 24.02.2022

Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten zu 2. wird das am 6. November 2020 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer – Einzelrichter – des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 11 O 173/19, abgeändert.

Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an die Klägerin 5.000,33 € nebst Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.08.2019 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1. gegenüber der Klägerin zum Ausgleich sämtlicher weiterer Schadenersatzansprüche anlässlich des Unfallereignisses vom 10.10.2010 zu Lasten ihres Versicherten, Herrn B…, geboren am …., verpflichtet ist, soweit diese gemäß §§ 116, 119 SGB X auf die Klägerin übergegangen sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Klägerin und die Beklagte zu 1. jeweils zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 trägt diese selbst. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Verkehrssicherungspflicht Bauunternehmer für Baustelle im öffentlichen Verkehrsraum
(Symbolfoto: NikolayPonomarev/Shutterstock.com)

1. Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten zu 2. sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Die Klägerin stützt ihr Rechtsmittel unter anderem darauf, das Landgericht habe zu Unrecht eine Verletzung ihrer Kontroll- und Überwachungspflichten durch die Beklagte zu 1. verneint, obwohl die von der Beklagten zu 2. vorgenommene unzureichende Beschilderung seitens der Beklagten zu 1. offensichtlich nicht einmal nach der Ersteinrichtung der Baustelle festgestellt worden sei. Die Beklagte zu 2. stützt ihre Berufung unter anderem darauf, das Landgericht habe bereits verkannt, dass Ersatzansprüche allein gegen den Träger der Straßenbaulast bestünden, da dieser die ihn treffende Verkehrssicherungspflicht nicht auf die Beklagten habe übertragen können. Die Klägerin und die Beklagte zu 2. machen damit Rechtsfehler geltend, auf denen das angefochtene Urteil beruhen kann, §§ 513, 546 ZPO.

2. In der Sache haben beide Berufungen Erfolg.

a) Die Klägerin kann wegen des Unfalls ihres Versicherungsnehmers B… vom ……2010 auf Höhe des Hauses ….von der Beklagten zu 1. aus § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. §§ 116, 119 SGB X Schadensersatz i. H. v. 5.000,33 € verlangen.

Die Beklagte zu 1. hat ihre Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der Baustelle, in der der Versicherungsnehmer der Klägerin mit seinem Motorrad zu Fall gekommen ist, verletzt. Wie der Senat bereits in der Terminsverfügung ausgeführt hat, ist der eine Baustelle im Bereich des öffentlichen Verkehrsraums betreibende Bauunternehmer für diese in der Weise verkehrssicherungspflichtig, dass er die Baustelle deutlich zu kennzeichnen und abzusichern hat, wobei diese Pflicht aus dem allgemeinen deliktsrechtlichen Grundsatz folgt, dass jeder, der eine Gefahrenquelle für den Verkehr schafft, alles ihm Zumutbare zu tun hat, um eine Verwirklichung der Gefahr zu verhindern; daneben besteht die Verkehrssicherungspflicht des Trägers der Straßenbaulast, die dieser – wenn auch in eingeschränkter Weise – auf den Bauunternehmer übertragen kann (BGH VersR 1989, S. 730; OLG Karlsruhe VersR 2006, S. 855; Hager in Staudinger, BGB, Kommentar, Neubearbeitung 2009, § 823, Rn. E 56, 95; Wagner in Münchener Kommentar, 8. Aufl., § 823 BGB, Rn. 697). Der Verkehrssicherungspflichtige hat die Verkehrsteilnehmer insbesondere vor unvermuteten, von der Straße ausgehenden bzw. sich aus ihrer Beschaffenheit ergebenden und bei zweckgerechter und nicht ganz fernliegender, bestimmungswidriger Benutzung drohenden Gefahren in geeigneter Weise zu schützen (OLG Düsseldorf VersR 1998, S. 1021; Hager, a. a. O., Rn. E 74). Dazu ist im Regelfall eine Absperrung und Beschilderung von Straßenbaustellen erforderlich (BGH VersR 2014, S. 642; OLG Karlsruhe, a. a. O.; Wagner, a. a. O.). Auch bei Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf einen Dritten verbleibt bei dem Übertragenden die Pflicht, die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht durch den Dritten zu überwachen und erforderlichenfalls durchzusetzen; eine vollständige Delegierung ist nicht möglich (BGH VersR 2006, S. 326; VersR 2005, S. 1397; OLG Zweibrücken NJW-RR 2012, S. 94; Hager, a. a. O., Rn. E 95; Wagner, a. a. O., Rn. 628). Nach diesen Grundsätzen war die Aufstellung der Verkehrsschilder im Baustellenbereich in erster Linie der hoheitlichen Tätigkeit der Straßenverkehrsbehörde mit der Folge zuzurechnen, dass eine fehlerhafte Ausschilderung zu einer deliktischen Haftung der öffentlichen Hand nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG führte (vgl. BGH VersR 2019, S. 1145, vgl. auch BGH VersR 2015, S. 123). Daneben besteht indes eine Haftung der Beklagten zu 1. als Betreiberin der Straßenbaustelle, weil es an einer Kennzeichnung und Absicherung des Beginns der Baustelle fehlte, jedenfalls in Form einer Absperrung der Straße spätestens im Bereich des Beginns der abgefrästen Asphaltdecke. Auch wenn diesbezüglich von der Straßenverkehrsbehörde unter anderem eine Absperrung mittels Verkehrszeichen 600 (Absperrschranke) mit gelben Warnleuchten vorgesehen war, die im Zeitpunkt des Unfalls jedenfalls nicht vor der Gefahrenstelle aufgestellt war, bestand daneben eine Verpflichtung der Beklagten zu 1. als Betreiberin der Baustelle, deren unbefugtes Betreten zu verhindern. Dieser Verpflichtung ist die Beklagte zu 1. nicht nachgekommen, wobei es – wie ebenfalls bereits in der Terminsverfügung ausgeführt – ausreichend gewesen wäre, wenn die Beklagte zu 1. die von der Straßenverkehrsbehörde vorgesehene verkehrsrechtliche Absicherung aufgestellt und in der Folge das Verbleiben der Absicherung im Baustellenbereich überwacht hätte.

Die Beklagte zu 1. ist von ihrer Verpflichtung zur Verkehrssicherung dabei nicht bereits durch die Beauftragung der Beklagten zu 2. entsprechend dem Vertrag vom 20.08.2009 frei geworden. Der Senat vermag weiterhin den Inhalt des von den Beklagten geschlossenen Vertrages nicht vollständig nachzuvollziehen. Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass das im „Sonderband Vertragsunterlagen“ der vom Senat beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) zum Az. 201 Js 3024/11 enthaltene Nachtragsangebot der Beklagten zu 2. vom 23.11.2009, das als Position N 1.4 tägliche Kontrollfahrten zu den Baustellenzufahrten vorsieht und damit eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten zu 2. zur Kontrolle der Unfallstelle eindeutig begründen würde, von der Beklagten zu 1. angenommen worden ist. Weitergehender Vortrag der Beklagten zur Annahme oder Ablehnung des Nachtragsangebotes ist trotz des Hinweises in der Terminsverfügung nicht erfolgt. Zugleich war damit für die Beklagte zu 1. erkennbar, dass die Beklagte zu 2. sich aufgrund des ursprünglichen Vertrages nicht verpflichtet sah, die ordnungsgemäße Absicherung der Baustellenzufahrten zu kontrollieren und sicherzustellen. Die Beklagte zu 1. hat auch nicht dargelegt, dass sie aufgrund anderer Umstände von der Übernahme der erforderlichen Kontrollmaßnahmen hinsichtlich der Absicherung der Baustelle durch die Beklagte zu 2. ausgegangen ist bzw. ausgehen durfte oder welche Maßnahmen sie überhaupt ergriffen hat, um die Einhaltung der aus ihrer Sicht auf die Beklagte zu 2. übertragene Kontrolle der Verkehrssicherungspflicht zu gewährleisten, etwa durch eine stichprobenartige Kontrolle der Tätigkeit der Beklagten zu 2.

Die Beklagte zu 1., die insoweit eine erhöhte Darlegungslast trifft, hat auch nicht substantiiert vorgetragen, dass sie selbst die erforderliche Kontrolle der ordnungsgemäßen Baustellenabsicherung am Unfalltage durchgeführt hat. Zwar folgt aus den bereits in der Terminsverfügung zitierten und in den Akten der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) enthaltenen Aussagen der damaligen Mitarbeiter der Beklagten zu 1. E… und G…, dass die Beklagte zu 1. grundsätzlich solche Kontrollen durchgeführt hat. Für den Unfalltag ergibt sich eine Kontrolle der ordnungsgemäßen Absicherung der Baustelle aus den Aussagen jedoch nicht. Der Zeuge E… hat für arbeitsfreie Tage – der Unfall ereignete sich an einem Sonntag – vielmehr generell die Durchführung von Kontrollen verneint, während der Zeuge G… angegeben hat, Kontrollen seien grundsätzlich auch an arbeitsfreien Tagen erfolgt, er selbst habe aber jedenfalls am Unfalltag eine Kontrolle nicht durchgeführt. Schließlich hat die Beklagte auch keinerlei weitergehende Unterlagen zur Durchführung von Kontrollen der Baustelle – insbesondere am Unfalltag – vorgelegt oder sonst zu den von ihr selbst durchgeführten Maßnahmen vorgetragen, wobei nach den Angaben des Zeugen G… Absperrungen im Bereich der Baustelle öfter entfernt worden sein sollen, was die Anforderungen an die Häufigkeit der durchzuführenden Kontrollen zusätzlich erhöhen würde.

Ein Mitverschulden des Versicherungsnehmers der Klägerin bei der Entstehung des Unfalls ist nicht gegeben. Ein Verkehrsverstoß des Zeugen B… – etwa eine Fahrt mit überhöhter Geschwindigkeit – ist nicht nachgewiesen, zumal unstreitig das die Geschwindigkeit auf 30 km/h herabsetzende Verkehrsschild im Bereich der Unfallstelle gefehlt hat. Auch ein Fahrfehler des Zeugen B… steht nicht fest. Der Vortrag der Klägerin, der Unfall sei dadurch verursacht worden, dass der Zeuge B… bei Erkennen der Situation gebremst habe und dabei zu Fall gekommen sei, reicht für die Annahme eines Fahrfehlers nicht aus. Der Zeuge B… hat bei seiner Vernehmung durch das Landgericht angegeben, die Unfallstelle habe unmittelbar hinter einer Linkskurve gelegen. Danach kann nicht festgestellt werden, dass die Baustelle und die Entfernung des Straßenbelages für den Zeugen bereits über eine weitere Strecke erkennbar gewesen ist und er deshalb sein Fahrverhalten hierauf hätte einrichten müssen. Zudem hat der Zeuge ausgeführt, dass sich auf dem abgefrästen Bereich Sand befunden habe. Auch vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Zeuge die Gefahrensituation ohne weiteres hätte überschauen und den Sturz hätte vermeiden können. Weiterhin stellt sich der Sorgfaltspflichtverstoß der Beklagten zu 1. als so gravierend dar, dass er die Betriebsgefahr des Motorrades vollständig verdrängt.

Zutreffend hat das Landgericht einen Schaden der Klägerin i. H. v. 5.000,33 € als nachgewiesen angesehen und darauf verwiesen, dass sich der Umstand, dass der Zeuge B…t bei der Klägerin versichert ist, bereits aus dem an die Klägerin übersandten Entlassungsbericht der Rehaklinik … vom 20.12.2010 ergibt. Auch die Beklagte zu 1. erhebt insoweit in der Berufungsinstanz keine Einwendungen mehr. Wie vom Landgericht ausgeführt, ist der nach § 119 SGB X zu ersetzende Rentenbeitragsschaden (vgl. insoweit Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 13. Aufl., Rn. 763) i. H. v. 308,52 € bereits unstreitig. Auch die Erbringung von Leistungen zur Rehabilitation in Höhe von insgesamt 4.691,81 € ist durch die Kostenaufstellung der Klägerin vom 20.06.2011 sowie die Kontierungsübersicht vom 09.03.2012 hinreichend dargelegt, § 287 ZPO. Beanstandungen werden von der Beklagten zu 1. in der Berufungsinstanz wiederum nicht erhoben.

Schließlich ist die Forderung der Beklagten zu 1. nicht verjährt. Die Verjährungsfrist des § 195 BGB ist am 01.01.2015 in Lauf gesetzt worden. Die Klägerin hat auf die Hinweise des Senats in der Terminsverfügung nunmehr dargelegt, die Regressabteilung in ihrem Haus – auf deren Kenntnis es insoweit ankommt (vgl. BGH VersR 2012, S. 1005 u. S. 587) – von dem Umstand, dass die Beklagte zu 1. ebenfalls als Schädiger in Betracht komme, erstmals aufgrund des Schreibens der Allianz Versicherung vom 07.11.2014 und dem beiliegenden Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 20.06.2014, Az. 12 O 123/12, erfahren und die Forderung am 19.11.2014 bei der Beklagten zu 1. angemeldet hat. Die Beklagte zu 1. hat eine frühere Kenntnis des den Regress bearbeitenden Mitarbeiters der Klägerin nicht dargetan. Eine Verjährung der Ansprüche wäre damit grundsätzlich mit Ablauf des 31.12.2017 eingetreten. Wegen der Verjährungsverzichtserklärungen des Haftpflichtversicherers der Beklagten zu 1. vom 15.12.2015 mit Wirkung bis zum 31.12.2017 und vom 08.08.2017 mit Wirkung bis zum 31.12.2020 kann sich die Beklagte zu 1. indes nicht auf Verjährung berufen, da die Klage am 05.08.2019 und damit vor Ablauf der Frist des Verjährungsverzichts zugestellt worden ist (vgl. hierzu Grothe in Münchener Kommentar, 9. Aufl., § 202 BGB, Rn. 14).

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

Die gegen die Beklagte zu 1. erhobene Feststellungsklage ist ebenfalls zulässig und begründet. Ein Rechtsschutzbedürfnis für den Feststellungsantrag ist trotz des seit dem Verkehrsunfall verstrichenen Zeitraums zu bejahen. Aus dem ärztlichen Entlassungsbericht der Rehaklinik … vom 20.12.2010 sowie aus der Epikrise des … Klinikum … vom 22.10.2010 geht hervor, dass der Zeuge B… durch den Unfall erhebliche Verletzungen im Bereich der rechten Schulter und des Daumens an der linken Hand erlitten hat, die sowohl die Knochen als auch die Bänder bzw. Sehnen betreffen. Damit besteht die Möglichkeit, dass auch nunmehr noch eine weitere Behandlung des Zeugen erforderlich wird und weitere Kosten für die Klägerin entstehen. Wegen der Begründetheit des Anspruchs wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

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b) Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2. aus § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. §§ 116, 119 SGB X oder aus einer anderen Anspruchsgrundlage ist hingegen nicht gegeben. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte zu 1. die ihr obliegende Verkehrssicherung betreffend die Baustelle auf die Beklagte zu 2. ganz oder teilweise übertragen hat. Eine Übertragung der Verkehrssicherungspflicht dahingehend, dass die Beklagte zu 2. das Vorhandensein der aufgestellten Verkehrsschilder einschließlich der Absperrungen regelmäßig zu kontrollieren hatte, ergibt sich aus dem von den Beklagten geschlossenen Nachunternehmervertrag vom 20.08.2009 nicht, insbesondere ist – wie ausgeführt – nicht davon auszugehen, dass das Nachtragsangebot der Beklagten zu 2. vom 23.11.2009 von der Beklagten zu 1. angenommen worden ist. Aus § 1 des Vertrages folgt lediglich, dass die fachgerechte Ausführung von Verkehrssicherungsarbeiten Vertragsgegenstand ist, im Übrigen wird an dieser Stelle des Vertrages auf das Leistungsverzeichnis verwiesen, das den Umfang der Verkehrssicherungspflichten und Vertragspflichten im Einzelnen definiert. Dabei trifft der Einwand der Beklagten zu 2. zu, dass das Landgericht Ziffer 1.4.10 des Leistungsverzeichnisses schon deshalb nicht habe heranziehen dürfen, weil dort lediglich die Unterhaltung und Säuberung des Baustelleninformationsschildes geregelt ist. Die Verkehrssicherung durch Verkehrsschilder und Absperrungen ist vielmehr Gegenstand des Abschnitts 1.5 des Leistungsverzeichnisses. Maßgeblich ist insoweit insbesondere die Leistungsposition 1.5.90, die festlegt, dass Verkehrszeichen, Baken u. ä. während der Zeit der Vollsperrung und Umleitung von der Beklagten zu 2. zu liefern, aufzubauen, ständig zu unterhalten, zu betreiben und abzubauen sind, wobei ausdrücklich festgehalten ist, dass auch die Aufwendungen für die Verkehrssicherungsunterhaltung der Beschilderung der Verkehrsflächen während der gesamten Sperrzeit einzurechnen sind. Ferner sind beschädigte oder abhandengekommene Schilder u. ä. vom Auftragnehmer zu ersetzen und insoweit ein 24-stündiger Bereitschaftsdienst für die Unterhaltung einzukalkulieren. Aus diesen Formulierungen ergibt sich nicht, dass die Beklagte zu 2. zugleich auch Kontrollfahrten in bestimmtem Umfang schuldete, bei denen festzustellen war, ob die Verkehrsschilder noch vorhanden und unbeschädigt waren oder wegen des Baufortschrittes versetzt werden mussten. Vielmehr spricht die Einrichtung eines 24-stündigen Bereitschaftsdienstes dafür, dass die Beklagte zu 2. erst nach entsprechender Information über das Fehlen oder die Beschädigung eines Verkehrsschildes oder einer Absperrung unverzüglich tätig werden musste. Ferner ist als Indiz gegen eine Übertragung entsprechender Aufgaben zu berücksichtigen, dass eine aufwändige Tätigkeit wie die ständige Kontrolle der Beschilderungen und Absperrungen mit gegebenenfalls täglichen Kontrollfahrten nicht gesondert in dem im Übrigen detaillierten Leistungsverzeichnis erwähnt wird, zumal damit zugleich keine Festlegungen hinsichtlich der zeitlichen Intervalle für erforderliche Kontrollen vorgegeben werden, etwa tägliche Kontrollfahrten, wie sie im Nachtragsangebot der Beklagten zu 2. vom 23.11.2009 angeboten worden sind. Ebenfalls gegen die Annahme der Übertragung von (täglichen) Kontrollfahrten spricht der Umstand, dass die Leistungsposition lediglich pauschal vergütet werden sollte, während die aufwändigen täglichen Kontrollfahrten abhängig von der Länge der Bauzeit ständig Kosten verursachten und sich schon deshalb eine gesonderte Abrechnung in einer eigenen Leistungsposition aufdrängen würde. Auch der pauschale Ansatz von 1.700,00 € erscheint angesichts der geplanten Bauarbeiten für einen Zeitraum von mehreren Monaten vergleichsweise niedrig, wenn tägliche Kontrollfahrten einzurechnen waren, hinsichtlich derer im Angebot der Beklagten zu 2. ein Einheitspreis von 10,00 Euro angesetzt worden ist. Dieser Umstand spricht ebenfalls dagegen, dass solche Leistungen von der Beklagten zu 2. übernommen werden sollten. Dies gilt umso mehr für den durchaus in Betracht kommenden und auch hier eingetretenen Fall einer Verlängerung der Bauzeit – ursprünglich war der Zeitraum vom 23.08. bis 27.11.2010 für die Bauarbeiten vorgesehen -, da auch die weitere Tätigkeit der Beklagten zu 2. durch die vereinbarte Pauschale abgegolten gewesen wäre. Auch das Nachtragsangebot vom 23.11.2009 belegt, dass Kontrollfahrten nicht bereits aufgrund des Ursprungsvertrages geschuldet waren. Jedenfalls ergibt sich aus dem Nachtragsangebot, dass die Beklagte zu 2. die Durchführung von Kontrollfahrten nicht als Vertragsbestandteil angesehen hat, ohne dass sich feststellen lässt, dass die Beklagten zu 1. im damaligen Zeitpunkt den Vertrag anders verstanden hat. Auch aus den von der Beklagten zu 2. angeführten Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA), Ausgabe 1995, ergibt sich für den vorliegenden Fall kein Hinweis einer Übertragung der Verkehrssicherungspflicht im Verhältnis zwischen den Beklagten. Zwar ist in Teil A Nr. 1.6.2 RSA eine Überprüfung und Überwachung der Arbeitsstellen und der aufgestellten Beschilderung durch die Behörden vorgesehen, zugleich wird in Teil A Nr. 1.3.3 RSA ausdrücklich festgehalten, dass verkehrssicherungspflichtig neben der Behörde auch der beauftragte Unternehmer ist, was die Verpflichtung umfasst, die Straße in einem ungefährlichen Zustand zu erhalten und/oder die zur Abwehr von Gefahren nötigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Dies belegt indes lediglich, dass im Verhältnis zur Straßenverkehrsbehörde auch die Beklagte zu 1. verkehrssicherungspflichtig war. Hinweise dazu, dass die Beklagte zu 1. ihre Verpflichtungen an einen Subunternehmer übertragen konnte oder gar musste, folgen aus den Bestimmungen jedoch nicht.

Ebenfalls nicht ausreichend zur Begründung einer Haftung der Beklagten zu 2. ist das Fehlen weiterer Verkehrsschilder im Bereich vor der Baustelle. Es ist bereits nicht nachgewiesen, dass entsprechende Schilder von der Beklagten zu 2. bei Einrichtung der Baustelle nicht aufgestellt worden sind. Auch umfasst der Auftrag, Verkehrsschilder an bestimmter Stelle aufzustellen, nicht eine Übernahme einer entsprechenden Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich des Verbleibens der Schilder am Aufstellungsort. Zudem vermag der Senat eine Kausalität des Fehlens von Verkehrsschildern, die auf die Durchführung von Bauarbeiten hinweisen oder eine Geschwindigkeitsbegrenzung anordnen, für das Unfallgeschehen nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen.

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 100 Abs. 1, Abs. 2, 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 713 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf bis zu 10.000,00 € festgesetzt, §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO (Zahlungsantrag: 5.000,33 €, Feststellungsantrag: 4.000,00 €).


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant:

  1. Deliktisches Haftungsrecht: Das Gericht hat festgestellt, dass das Bauunternehmen (Beklagte zu 1) seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, indem es die Baustelle nicht ausreichend abgesichert und beschildert hat. Die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht führt zu einer deliktischen Haftung des Bauunternehmens gemäß § 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). In diesem Fall hat das Bauunternehmen Schadensersatz in Höhe von 5.000,33 € an die Klägerin (Versicherung des Motorradfahrers) zu zahlen.
  2. Öffentlich-rechtliche Verkehrssicherungspflicht: Grundsätzlich obliegt die Verkehrssicherungspflicht der Straßenverkehrsbehörde. In diesem Fall hat das Gericht jedoch entschieden, dass eine vollständige Delegierung der Verkehrssicherungspflicht nicht möglich ist. Das bedeutet, dass das Bauunternehmen neben der Haftung der öffentlichen Hand ebenfalls haftet. Die Verpflichtung zur Verkehrssicherung wurde nicht durch die Beauftragung der Beklagten zu 2 erfüllt.
  3. Verjährungsrecht: Das Gericht hat entschieden, dass die Forderung der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 nicht verjährt ist. Die Verjährung wäre grundsätzlich zum 31.12.2017 eingetreten. Aufgrund von Verjährungsverzichtserklärungen kann sich die Beklagte zu 1 jedoch nicht auf Verjährung berufen. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

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