LG Kleve – Az.: 5 S 88/15 – Urteil vom 06.05.2016
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Moers vom 09.07.2015 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Dieses sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
– Ohne Tatbestand gem. § 313a Abs. 1 ZPO –
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
I.
Das Amtsgericht hat die Klage zu S überwiegend abgewiesen mit der Begründung, dass die Beklagten lediglich für 30 % des dem Kläger entstandenen Schadens haften. Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Zunächst wird auf die eingehenden Ausführungen des Amtsgerichts in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Das Amtsgericht hat insbesondere festgestellt, dass sich – auf Grundlage der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen … – die Kollision ereignet hat, als die Fahrertür des klägerischen Fahrzeugs nahezu vollständig geöffnet war. Die Öffnungsweite betrug zu Beginn der Kollision laut Sachverständigem ca. 108 cm (S. 13 des Gutachtens vom 02.04.2015, Bl. 118, vgl. auch Anl. 1 zum Gutachten, Bl. 127 GA), was der Türöffnungsweite bei vollständig geöffneter Türe entspricht (S. 9 des Gutachtens, Bl. 114 GA).
Diese Feststellung wird ebenso wie die übrigen Ausführungen des Amtsgerichts hinsichtlich der Beweiswürdigung von dem Kläger in der Berufungsbegründung nicht angegriffen. Betont wird in der Begründung lediglich, dass nicht feststehe, dass der Kläger die Tür unmittelbar vor der Vorbeifahrt der Beklagten zu 1) weiter geöffnet habe, vielmehr sei davon auszugehen, dass die Beklagte zu 1) gegen die (bereits) geöffnete Tür gefahren sei (S. 2 der Berufungsbegründung, Bl. 194 GA). Hieraus sowie aus dem Umstand, dass die Beklagte zu 1) den gesamten vorherigen Aus- und Einsteigevorgang des Klägers beobachtet habe, folge, dass kein Raum sei für die Haftungsverteilung von 70/30 zu Lasten des Klägers.
Nach Auffassung der Kammer ist die von dem Amtsgericht vorgenommene Haftungsverteilung jedoch zutreffend. Die Formulierung des § 14 Abs. 1 StVO, wonach der Ein- oder Aussteigende eine Gefährdung anderer am Verkehr Teilnehmenden ausschließen muss, macht deutlich, dass von dem Betroffenen das höchste Maß an Sorgfalt abverlangt wird. Dies gilt vorliegend umso mehr, als der Kläger – unabhängig von der streitigen Frage, ob er teilweise auch auf dem seitlichen S-Weg stand – auf der Fahrbahn vor einer roten Ampel angehalten hatte, um auszusteigen und den Kofferraum richtig zu verschließen. Damit schuf er auf dem für den fließenden Verkehr vorgesehenen Fahrstreifen eine erhebliche Gefahrenquelle.
Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, liegt demgegenüber ein schwerwiegender Verstoß der Beklagten zu 1) gegen das Gebot, bei der Vorbeifahrt einen ausreichenden Seitenabstand einzuhalten, nicht vor. Der hier gewählte seitliche Abstand von ca. 1 m ist grundsätzlich ausreichend. Dass nicht feststeht, wie lange die Tür des klägerischen Fahrzeugs bereits geöffnet war, geht dabei zu Lasten des Klägers. Gegen ihn spricht der Beweis des ersten Anscheins (Heß in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Auflage 2016, § 14 StVO Rn. 2 m.w.N.), den er vorliegend nicht zu erschüttern vermocht hat. Der Kläger müsste daher beweisen, dass die Beklagte zu 1) gegen die bereits zuvor deutlich erkennbar vollständig geöffnete Fahrzeugtür gefahren sei. Dies ist ihm vorliegend aber nicht gelungen, da sich insoweit die Angaben der persönlich angehörten Unfallbeteiligten widersprechen, die Aussage des Zeugen K unergiebig ist und auch der Sachverständige … hierzu keine sicheren Angaben machen konnte. Die Sachverhaltsvariante, dass der Kläger im letzten Moment die Türe noch weiter öffnete, erscheint auch keineswegs abwegig, da dies nicht zwingend eine bewusste Handlung gewesen sein muss. Vielmehr kann sich die Tür durch den Einsteigevorgang des Klägers aus Versehen weiter geöffnet haben, als dieser sein noch außerhalb des Fahrzeugs befindliches linkes Bein nachzog.
Es verbleibt daher zu Lasten der Beklagten zu 1) lediglich der Umstand zu berücksichtigen, dass diese den Kläger zuvor bereits am Kofferraum hatte stehen sehen und ebenfalls wahrgenommen hatte, dass dieser zu seiner Fahrertür zurückging und sie aufmachte. Ein aufmerksamer Fahrzeugführer hätte dies auf Grundlage des allgemeinen Rücksichtnahmegebots (§ 1 StVO) zum Anlass nehmen müssen, den – an sich ausreichenden – Seitenabstand noch einmal zu vergrößern oder mit der Vorbeifahrt abzuwarten. Dieser Umstand wurde jedoch im Rahmen der Abwägung mit dem erheblichen Sorgfaltspflichtverstoß des Klägers gegen § 14 Abs. 1 StVO bei der von dem Amtsgericht vorgenommenen Haftungsverteilung durch die Mithaftung von 30 % ausreichend berücksichtigt.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 2.790,52 €.