Fahrzeugkauf: Minderungsansprüche bei Gewährleistungs- und Garantieansprüchen
AG Stockach, Az.: 1 C 274/15, Urteil vom 18.12.2015
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Die Klägerin verfolgt mit ihrer Klage einen teilweisen Kaufpreisrückzahlungsanspruch aufgrund Minderung nach einem Gebrauchtwagenkauf.
Mit Vertrag vom 10.8.2013, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (AS 23), kaufte die Klägerin von der Beklagten einen gebrauchten Pkw für 10.385 €. Außerdem trafen die Parteien eine Garantievereinbarung, auf die wegen der Einzelheiten ebenfalls Bezug genommen wird (AS 299).
Bei der zuvor erfolgten Probefahrt waren Schleifgeräusche zu hören gewesen, welche beklagtenseits als „normal“ bezeichnet wurden. In der Folgezeit traten regelmäßig Gerüche nach Verbranntem auf, weshalb die Klägerin das Fahrzeug am 15.10.2013 auf einen vermuteten Defekt der Bremsen untersuchen ließ. Die Bremsen erwiesen sich allerdings als in Ordnung (AS 35). Im Juli 2014 ließ sich das Getriebe nicht mehr schalten. Die Klägerin begab sich deshalb in eine in ihrer Heimatstadt gelegene Kfz-Reparaturwerkstatt, welche einen Defekt des Getriebes feststellte und für einen Austausch Kosten von 3224,20 € netto veranschlagte (AS 43). Diesen Kostenvoranschlag übersandte die Klägerin Ende Juli/Anfang August 2014 an die Beklagte, verbunden mit der Aufforderung zur Regulierung (AS 101). Mit (dem Gericht allerdings nicht Vorgelegen) Schreiben vom 11.8.2014 verwies die Beklagte die Klägerin wohl auf die Garantie. Mit Schreiben vom 1.9.2014 (AS 103) setze der klägerische Prozessbevollmächtigte der Beklagten sodann eine Frist zur Mangelbeseitigung bis zum 19.9.2014. Nach erfolglosem Fristablauf ließ die Klägerin das Getriebe austauschen und das defekte Getriebe von einem Privatsachverständigen untersuchen. Dieser kam in seinem Gutachten vom 24.2.2015 (AS 45) zu dem Ergebnis, dass ein Fahrerverschulden auszuschließen ist und dass das Getriebe einen bereits zum Zeitpunkt des Verkaufs und der Übergabe des Fahrzeuges vorhandenen, allerdings im Fahrbetrieb noch nicht bemerkbaren Schaden am Wellenlager der unteren Hauptwelle hatte. Der Sachverständige kam, ausgehend von der Klägerin offensichtlich (diese Rechnung wurde dem Gericht ebenfalls nicht vorgelegt) für den Austausch des Getriebes in Rechnung gestellten 3923,18 €, einer Wertverbesserung von 500 € und eines Abzuges von durch die Garantieversicherung bezahlter 1200 € zu einer rechnerischen Wertminderung von 2223,18 € (AS 57). Diesen Betrag machte der klägerische Prozessbevollmächtigte mit seinem an den Beklagtenvertreter gerichteten Schriftsatz vom 01.04.15 (AS 105) als Minderungsbetrag geltend. Die Beklagte regulierte, ausgehend vom Nettorechnungsbetrag (3923,18 € brutto abzüglich Mehrwertsteuer = 3296,79 €) und unter Abzug einer Wertverbesserung von 500 € sowie der Garantieleistung von 1200 € zunächst einen Betrag von 1596,70 € (AS 107). Am 18.5.2015 bezahlte sie sodann noch die Mehrwertsteuer aus der Reparaturkostenrechnung, nämlich 626,39 € (AS 121). Am 4.9.2015 beglich sie die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Klägerin i. H. v. 334,75 €.
Mit ihrer beim Amtsgericht Fürth am 27.7.2015 eingegangenen Klage vom 23.07.2015 machte die Klägerin gegen die Beklagte sodann die Mehrwertsteuer aus der Reparaturkostenrechnung (626,39 €) nebst Zinsen sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten i. H. v. 334,75 € geltend. Mit Schriftsatz vom 24.8.2015 (AS 131) erklärte der Klägervertreter den Rechtsstreit hinsichtlich der Hauptforderung für (626,39 €) für erledigt. Dem schloss sich der Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 10.9.2015 (AS 143) nicht an, weil die Beklagte diesen Betrag mehr als zwei Monate vor Klageerhebung bezahlt hatte. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten erklärten die Parteivertreter den Rechtsstreit mit Schriftsätzen vom 10.09.2015 (AS 147) bzw. vom 22.9.2015 (AS 159) übereinstimmend für erledigt. Mit Schriftsatz vom 9.10.2015 (AS 185) widerrief der Klägervertreter die Erledigungserklärung bezüglich der Hauptforderung weil die Zahlung „nach wie vor nicht eingegangen“ sei. Mit seinem fünf Tage vordem auf den 10.11.2015 anberaumten Termin eingegangenen Schriftsatz vom 27.10.2015 (AS 211) erweiterte der Klägervertreter die Klage auf 1200 € unter Berücksichtigung einer nunmehr doch erfolgten Zahlung der Beklagten von 626,39 €.
Die Klägerin meint, die ihr aus der Garantieversicherung zugeflossenen 1200 € seien nicht zu Gunsten der Beklagten zu berücksichtigen, da schadensrechtliche Grundsätze keine Anwendung fänden.
Die Klägerin beantragt nunmehr noch, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1200 € nebst Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.04.2015 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint, die von der Garantieversicherung geleistete Zahlung von 1200 € sei zu berücksichtigen, da es sich um eine Eigengarantie der Beklagten handele, für welche die Klägerin nichts aufzuwenden gehabt habe. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten seien die Kosten der Klägerin aufzuerlegen, weil diesbezüglich keine vorgerichtliche Zahlungsaufforderung, sondern eine Geltendmachung erst mit der Klage erfolgt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin kann von der Beklagten unter keinem erdenklichen rechtlichen Gesichtspunkt Zahlung weiterer 1200 € verlangen.
I.
Denn mit Erfolg macht die Beklagte geltend, dass die vorgenannte Garantieleistung bei der Berechnung des der Klägerin zustehenden Minderungsanspruches zu berücksichtigen ist. Ausweislich der beklagtenseits endlich mit Schriftsatz vom 8.12.2015 vorgelegten Garantievereinbarung ist Garantiegeberin die Beklagte. Kosten für die Garantie hatte die Klägerin nach Aktenlage nicht aufzuwenden.
Wenn schon nicht dem Klägervertreter, dann jedenfalls der Klägerin selbst wird auf der Grundlage einer Parallelwertung in der Laiensphäre einleuchten, dass die Beklagte nicht in Personalunion als Gewährleistungspflichtige und Garantiegeberin zu einer kumulativen, doppelten Regulierung etwaiger klägerischer Ansprüche verpflichtet ist, auch nicht zum Teil. Insoweit modifiziert die Garantievereinbarung lediglich die gesetzliche Gewährleistung. Diesbezüglich findet sich in § 8 Ziff. 3 der Garantiebedingung eine Klarstellung dahingehend, dass „die gesetzlichen Verbraucherrechte … durch die Garantie nicht eingeschränkt werden“. Davon, dass sie von diesen unabhängig sein sollte, ist in den Garantiebedingungen keine Rede!
II.
Die Kostenentscheidung beruht, soweit die Klage abgewiesen worden ist, auf § 91 Abs. 1 ZPO. Hinsichtlich der am 18.5.2015 bezahlten Mehrwertsteuer von 626,39 € beruht die Kostenentscheidung auf § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Denn in der mit Schriftsatz vom 27.10.2015 erfolgten Neuberechnung des vermeintlichen klägerischen Anspruches ist insoweit eine Klagerücknahme, verbunden mit einer Klageerweiterung um 1200 €, zu sehen.
Soweit die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der vorgerichtlichen Anwaltskosten übereinstimmend für erledigt erklärt haben, beruht die Kostenentscheidung auf § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO. Insoweit war zu berücksichtigen, dass vorgerichtlich eine Geltendmachung dieser Kosten nicht erfolgt ist und die Klägerin auch nicht ohne weiteres damit rechnen musste, ohne gerichtliche Geltendmachung nicht zu ihrem Recht zu kommen. Denn immerhin hat die Beklagte, wenn auch zögerlich und im Wege der Salamitaktik, die berechtigten klägerischen Ansprüche vorprozessual erfüllt.