Bundesarbeitsgericht
Az: 2 AZR 126/05
Urteil vom 12.01.2006
In Sachen hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12. Januar 2006 für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. Februar 2005 – 8 Sa 1756/04 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.
Die 1957 geborene, geschiedene Klägerin, war zunächst ab 17. April 2001 bei der G gGmbH für die Zeit bis zum 31. Dezember 2001 als Dozentin tätig. Für das Arbeitsverhältnis galten laut Arbeitsvertrag vom 12. April 2001 die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags in der für die Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland jeweils geltenden Fassung (BAT-KF).
Laut Arbeitsvertrag vom 27. August 2002 wurde die Klägerin ab 1. September 2002 bei der Beklagten als Dozentin und Sozialbetreuerin eingestellt, und zwar zunächst befristet bis zum 31. August 2003. Hiernach sollte die Klägerin ein monatliches Bruttoentgelt von 2.660,00 Euro erhalten. Mit Folgevertrag vom 29. Juli 2003 wurde dieses Arbeitsverhältnis verlängert bis zum 31. August 2004. Das Arbeitsverhältnis sollte nach Ziff. 1 dieses Arbeitsvertrags enden, ohne dass es einer Kündigung bedurfte. Für die Kündigung ansonsten sollten die gesetzlichen Kündigungsfristen gelten. Die Gehaltsvereinbarung blieb mit 2.660,00 Euro brutto unverändert.
Die Beklagte betreibt mit der entsprechenden Erlaubnis gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung. Sie hat die Klägerin an ihre ursprüngliche Arbeitgeberin, die G gGmbH, ausgeliehen. Die Klägerin übt dieselbe Tätigkeit wie früher aus, jedoch zu dem geringeren Lohn von 2.660,00 Euro brutto. Früher hatte sie bei der G gGmbH 2.861,16 Euro brutto monatlich verdient.
Seit 1. Januar 2004 ist auf das Arbeitsverhältnis § 9 Nr. 2 AÜG in der Fassung vom 23. Dezember 2002 anzuwenden (BGBl. I 4607). Danach kann ein Tarifvertrag für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen. Die Beklagte ist Mitglied im Interessenverband deutscher Zeitarbeitsunternehmen (IGZ e.V.) geworden. Deshalb hat sie der Klägerin wie allen anderen Arbeitnehmern eine Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag vorgeschlagen. Danach sollten die verschiedenen Tarifverträge des IGZ ab 1. Januar 2004 Anwendung finden. Daraus hätte sich für die Klägerin eine monatliche Vergütung von 2.297,39 Euro brutto ergeben. Als Besitzstandswahrung sollte ein Ausgleichsbetrag in Höhe der Differenz zu der bisherigen Vergütung gezahlt werden, mit der auch künftige Tariflohnerhöhungen abgegolten sein würden, solange der Tariflohn den außertariflichen Lohn einschließlich der Ausgleichszahlung nicht überschreitet.
Die Unterzeichnung einer solchen Änderungsvereinbarung lehnte die Klägerin ebenso wie vier weitere Mitarbeiter ab. Daraufhin sprach die Beklagte mit Schreiben vom 21. Januar 2004 gegenüber der Klägerin eine Änderungskündigung mit demselben Inhalt zum 28. Februar 2004 aus. Die Klägerin hat das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen, mit der am 23. Januar 2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage jedoch geltend gemacht, die Änderungskündigung sei sozialwidrig.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, auf Grund der bei der G geltenden Arbeitsbedingungen habe die Beklagte ihr anstatt der vereinbarten 2.660,00 Euro nach dem BAT-KF eine um 412,59 Euro brutto (+ 1 % ab 1. Mai 2004) höhere Vergütung geschuldet. Ein dringendes betriebliches Erfordernis, diesen ihren gesetzlichen Entgeltanspruch abzusenken, sei nicht erkennbar. Der Wortlaut des Gesetzes bringe gerade nicht zum Ausdruck, dass der Arbeitgeber mit Hilfe einer Änderungskündigung den Arbeitnehmer zu einer Unterwerfung unter einen Tarifvertrag wie den des IGZ zwingen könne. Nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer könnten hiernach die Inbezugnahme des Tarifvertrags vereinbaren, was eine Einigung voraussetze. Da sich seit der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses auch nichts geändert habe, fehle es an einem Kündigungsgrund. Die Änderungskündigung sei angesichts des befristet abgeschlossenen Arbeitsverhältnisses auch völlig unangemessen. Im Übrigen müsse die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats bestritten werden.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, dass die Änderung ihrer Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung der Beklagten vom 21. Januar 2004 unwirksam sei.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, der Gesetzgeber habe in § 3 Abs. 1 Nr. 3 und § 9 Nr. 2 AÜG nF die gesetzlichen Grundlagen für die Änderung der Arbeitsbedingungen der Klägerin geschaffen. Die Änderungskündigung sei gesetzeskonform. Sie sei auch von der Klägerin billigerweise hinzunehmen. Denn sie – die Beklagte – habe der Klägerin im Wege der Besitzstandswahrung den Erhalt der bisherigen Arbeitsbedingungen zugesagt.
Inzwischen haben sich die Parteien im Rechtsstreit – 5 Ca – Arbeitsgericht Wuppertal mit Vergleich vom 14. Juli 2004 darauf geeinigt, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung zum 31. August 2004 geendet hat. Mit Erfüllung des Anspruchs auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 2.800,00 Euro brutto sollen alle wechselseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bis einschließlich Februar 2004 ausgeglichen sein, so dass nur noch die wechselseitigen Ansprüche für die Zeit von März bis August 2004 streitig sind.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen der Klägerin im Zusammenhang mit der Änderungskündigung der Beklagten vom 21. Januar 2004 unwirksam ist.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, es könne dahingestellt bleiben, ob der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden sei. Die Änderungskündigung der Beklagten sei jedenfalls sozialwidrig. Zwar hätten die Parteien mit dem Hinweis auf die gesetzlichen Kündigungsfristen auch die Zulässigkeit einer ordentlichen Kündigung vor Ablauf des befristeten Arbeitsverhältnisses vereinbart. Die Beklagte habe jedoch keine dringenden Erfordernisse für die Änderung der Arbeitsbedingungen der Klägerin darzulegen vermocht. Die Klägerin sei nicht tarifgebunden und die Anwendung des von der Beklagten herangezogenen Tarifvertrags sei auch nicht vereinbart. Allein die Absicht der Beklagten, die Arbeitsbedingungen an die zum 1. Januar 2004 in Kraft getretene Gesetzesänderung anzupassen, könne die Änderungskündigung nicht rechtfertigen. Warum die Durchsetzung der tarifvertraglichen Bestimmungen notwendig sei, habe die Beklagte weder gegenüber dem Betriebsrat noch im vorliegenden Rechtsstreit im Einzelnen begründet. Es stelle sich die Frage, welche betrieblichen, insbesondere finanziellen Auswirkungen es gehabt hätte, wenn die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die Klägerin ebenso wie die im Betrieb der G beschäftigten Arbeitnehmer zu entlohnen. Diese Frage stelle sich erst recht, weil der Klägerin nur noch bis 31. August 2004 in dieser Form hätte Vergütung gezahlt werden müssen. Selbst unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Besitzstandsregelung sehe das Änderungsangebot eine erhebliche Entgeltkürzung vor. Das bloße Ziel der Senkung der Lohnkosten könne eine solche Änderungskündigung nicht ohne Weiteres rechtfertigen. Auch das weitere Ziel der Beklagten, einheitliche Arbeitsbedingungen zu schaffen, reiche zur Begründung der Änderungskündigung nicht aus. Auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage könne die Beklagte sich nicht berufen.
II. Dem folgt der Senat im Ergebnis und auch in wesentlichen Teilen der Begründung. Die der Klägerin im Zusammenhang mit der Änderungskündigung angetragene und auf betriebliche Gründe gestützte Änderung der Arbeitsbedingungen ist sozial ungerechtfertigt (§ 2, § 1 Abs. 2 KSchG).
1. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist wirksam, wenn sich der Arbeitgeber bei einem an sich anerkennenswerten Anlass darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen der §§ 1, 2 KSchG ist dabei zu prüfen, ob das Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist (st. Rspr., zuletzt BAG 23. Juni 2005 – 2 AZR 642/04 – NZA 2006, 92, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 22. April 2004 – 2 AZR 385/03 – BAGE 110, 188). Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat (st. Rspr., 19. Mai 1993 – 2 AZR 584/92 – BAGE 73, 151).
a) Die die ordentliche Änderungskündigung sozial rechtfertigenden dringenden betrieblichen Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1, § 2 KSchG setzen voraus, dass das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb zu den bisherigen Bedingungen entfallen ist (BAG 22. April 2004 – 2 AZR 385/03 – BAGE 110, 188; 27. September 2001 – 2 AZR 246/00 – EzA KSchG § 2 Nr. 41). Dies kann auf einer unternehmerischen Entscheidung zur Umstrukturierung des gesamten oder von Teilen eines Betriebes oder einzelner Arbeitsplätze beruhen, von der auch das Anforderungsprofil der im Betrieb nach Umstrukturierung verbleibenden Arbeitsplätze erfasst werden kann.
b) Besteht die vom Arbeitgeber angebotene Vertragsänderung allein in einer Absenkung der bisherigen Vergütung, so gelten nach der Rechtsprechung des Senats folgende Grundsätze:
aa) Die Unrentabilität des Betriebes kann einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu unveränderten Bedingungen entgegenstehen und ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Änderung der Arbeitsbedingungen darstellen, wenn durch die Senkung der Personalkosten die Stillegung des Betriebes oder die Reduzierung der Belegschaft verhindert werden kann und die Kosten durch andere Maßnahmen nicht zu senken sind (vgl. zuletzt Senat 23. Juni 2005 – 2 AZR 642/04 – NZA 2006, 92, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; ebenso: KR-Rost 7. Aufl. § 2 KSchG Rn. 107a; HaKo-Gallner KSchG 2. Aufl. § 2 Rn. 44; APS-Künzl 2. Aufl. § 2 KSchG Rn. 257 ff.; v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 13. Aufl. § 2 Rn. 72 ff.; Spirolke/ Regh Die Änderungskündigung § 5 S. 142 ff.; ähnlich Dänzer-Vanotti DB 1986, 1390). Eine betriebsbedingte Änderungskündigung, die eine aus wirtschaftlichen Gründen sonst erforderlich werdende Beendigungskündigung vermeidet, ist danach grundsätzlich zulässig. Sie ist oft das einzige dem Arbeitgeber zur Verfügung stehende Mittel. Das bedeutet allerdings nicht, dass die dringenden betrieblichen Erfordernisse schon im Zeitpunkt der Kündigung einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb dergestalt entgegenstehen müssen, dass ohne den Ausspruch einer Änderungskündigung der Ruin unmittelbar bevorsteht. Prüfungsmaßstab ist, ob die betrieblichen Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu unveränderten Bedingungen entgegenstehen (Senat 1. Juli 1999 – 2 AZR 826/98 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 53 = EzA KSchG § 2 Nr. 35).
bb) Stets müssen die betrieblichen Erfordernisse dringend sein. Bei der betriebsbedingten Änderungskündigung zur Entgeltsenkung ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber nachhaltig in das arbeitsvertraglich vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung eingreift, wenn er die vereinbarte Vergütung reduziert (Senat 23. Juni 2005 – 2 AZR 642/04 – NZA 2006, 92, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 26. Januar 1995 – 2 AZR 371/94 – BAGE 79, 159 und 1. Juli 1999 – 2 AZR 826/98 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 53 = EzA KSchG § 2 Nr. 35). Grundsätzlich sind einmal geschlossene Verträge einzuhalten. Es ist allgemein anerkannt, dass Geldmangel den Schuldner nicht entlastet. Die Dringlichkeit eines schwerwiegenden Eingriffs in das Leistungs-/Lohngefüge, wie es die Änderungskündigung zur Durchsetzung einer erheblichen Lohnsenkung darstellt, ist deshalb nur dann begründet, wenn bei einer Aufrechterhaltung der bisherigen Personalkostenstruktur weitere, betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstehen, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließung des Betriebes führen. Regelmäßig setzt deshalb eine solche Situation einen umfassenden Sanierungsplan voraus, der alle gegenüber der beabsichtigten Änderungskündigung milderen Mittel ausschöpft (BAG 20. August 1998 – 2 AZR 84/98 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 50 = EzA KSchG § 2 Nr. 31 und 1. Juli 1999 – 2 AZR 826/98 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 53 = EzA KSchG § 2 Nr. 35). Vom Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang zu verlangen, dass er die Finanzlage des Betriebes, den Anteil der Personalkosten, die Auswirkung der erstrebten Kostensenkungen für den Betrieb und für die Arbeitnehmer darstellt und ferner darlegt, warum andere Maßnahmen nicht in Betracht kommen (KR-Rost 7. Aufl. § 2 KSchG Rn. 107c).
2. Mit zutreffender Begründung geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass die Beklagte betriebliche Gründe, die nach diesen Grundsätzen eine Änderungskündigung rechtfertigen könnten, auch nicht ansatzweise vorgetragen hat. Wie es sich auf die Rentabilität des Gesamtbetriebes oder auch nur die Möglichkeiten der Gewinnerzielung durch die Ausleihe der Klägerin an die G auswirkt, wenn die Beklagte zur Bezahlung der gesetzlichen Vergütung an die Klägerin verpflichtet bleibt, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Es fehlen jegliche Ausführungen zur Geschäftslage der Beklagten und zu etwaigen dringenden betrieblichen Erfordernissen, die Personalkosten zu senken.
3. Die Beklagte beruft sich lediglich darauf, nach der Änderung der Gesetzeslage und ihrem Beitritt zum Interessenverband deutscher Zeitarbeitsunternehmen sei es nunmehr zulässig, mit der Klägerin einen Arbeitsvertrag zu schlechteren Arbeitsbedingungen abzuschließen. Dies reicht, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend annimmt, zur sozialen Rechtfertigung einer ordentlichen Änderungskündigung nicht aus. Hat der Arbeitgeber beispielsweise in Zeiten eines Arbeitskräftemangels einen Arbeitnehmer zu einem verhältnismäßig hohen Gehalt eingestellt, so stellt allein die Änderung der Beschäftigungslage kein dringendes betriebliches Erfordernis dar, das eine Änderungskündigung rechtfertigen kann. Der Arbeitgeber bleibt grundsätzlich an den einmal geschlossenen Arbeitsvertrag gebunden, auch wenn er einige Jahre später Arbeitnehmer zu für ihn günstigeren Bedingungen einstellen könnte. Vergleichbare Grundsätze gelten bei einem Tarifwechsel des Arbeitgebers. Hat der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer ursprünglich nach dem BAT bezahlt und ist er seit geraumer Zeit dazu übergegangen, einen Tarifvertrag anzuwenden, der für die Arbeitnehmer ein geringeres Gehalt vorsieht, so rechtfertigt dies es allein noch nicht, den unter Vereinbarung des BAT eingestellten Arbeitnehmern nunmehr durch Änderungskündigung die schlechteren Arbeitsbedingungen anzubieten, mit denen sich die neu eingestellten Arbeitnehmer einverstanden erklärt haben (vgl. BAG 25. Oktober 2001 – 2 AZR 216/00 – EzA BGB § 626 Änderungskündigung Nr. 2).
4. Nichts anderes gilt für die Neufassung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4607, 4617). In der Neufassung von § 3 Abs. 1 Nr. 3, § 9 Nr. 2 und § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet der Gesetzgeber nunmehr die Verleihunternehmer, Leiharbeitnehmern für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher die im Betrieb des Entleihers für vergleichbare Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren. Hiervon kann durch vertragliche Bezugnahme auf einen beim Verleiher anwendbaren Tarifvertrag abgewichen werden. Die Möglichkeit, durch Bezugnahme auf einen einschlägigen Tarifvertrag von der „Equal-Pay“-Regelung abzuweichen, ist neu. Die Übernahme der im Entleihbetrieb geltenden Arbeitsbedingungen galt hingegen schon seit 1. Januar 2002 bei Überlassungen zwischen 12 und 24 Monaten (§ 10 Abs. 5 AÜG aF).
Die gesetzliche Neuregelung dient der Verbesserung der Stellung der Leiharbeitnehmer und damit dem Schutz ihrer Berufsfreiheit. Durch die Regelung der Arbeitsbedingungen soll für die Leiharbeitnehmer ein angemessenes Schutzniveau gewährleistet werden. Gesetzgeberisches Anliegen war es, die gesellschaftliche Akzeptanz und die Qualität von Leiharbeit zu steigern und dadurch die Stellung des Leiharbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt zu stärken (BVerfG 29. Dezember 2004 – 1 BvR 2283/03 -, – 1 BvR 2504/03 -, – 1 BvR 2582/03 – EzAÜG § 3 AÜG Nr. 1). Es kann danach keine Rede davon sein, allein die gesetzliche Neuregelung könne ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Situation des Verleihbetriebes als dringendes betriebliches Erfordernis zur Entgeltkürzung der betroffenen Leiharbeitnehmer angesehen werden. Geht man mit dem Bundesverfassungsgericht davon aus, dass die gesetzliche Neuregelung, soweit sie eine Unterschreitung der „Equal-Pay“-Regelung durch vertragliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag zulässt, insbesondere nicht gegen Grundrechte des Leiharbeitnehmers verstößt (BVerfGE 29. Dezember 2004 aaO; dagegen Bayreüther NZA 2005, 341 mwN), so rechtfertigt diese Regelung noch nicht im Fall des Verbandsbeitritts des Verleihers die Änderung des zuvor mit dem Leiharbeitnehmer vereinbarten Entgelts durch Änderungskündigung (Thüsing/Pelzner AÜG § 3 Rn. 54; Hamann BB 2005, 2185, 2187). Der durch die gesetzliche Neuregelung beabsichtigte Ausgleich zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen zielt allein auf die Möglichkeit, durch Vereinbarung, also eine Bezugnahme auf die seit 2003 zunehmend vereinbarten Tarifverträge für Zeitarbeitsunternehmen, ein entsprechendes Entgelt festzulegen. Wenn der Verleiher ohne einverständliche Regelung eine Anpassung des zuvor frei vereinbarten bzw. des gesetzlich festgelegten Entgelts an den neuen Tarifvertrag beabsichtigt, kann er dies nur unter den von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen für eine Änderungskündigung zur Entgeltkürzung.
Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte der Klägerin das vertraglich vereinbarte Gehalt von 2.660,00 Euro gezahlt hat und auch nach dem mit der Änderungskündigung verbundenen Änderungsangebot weiterzahlen möchte. Unabhängig von der Frage, ob die Beklagte nicht ohnehin schon nach der bisherigen Rechtslage zur Zahlung des höheren Tariflohns nach dem BAT-KF an die Klägerin verpflichtet war, stand jedenfalls nach § 9 Nr. 2 AÜG nF im Zeitpunkt der Kündigung zweifelsfrei fest, dass sich der gesetzliche Vergütungsanspruch der Klägerin nach den Arbeitsbedingungen bei der G und damit nach dem BAT-KF richtete und deshalb nach Berechnung der Klägerin bei Ausspruch der Kündigung um 412,59 Euro brutto über dem ursprünglich vereinbarten Gehalt von 2.660,00 Euro lag. Diesen gesetzlichen Vergütungsanspruch der Klägerin konnte die Beklagte nach § 2, § 1 Abs. 2 KSchG nur dann auf eine Vergütung von insgesamt 2.660,00 Euro (Tarifgehalt IGZ + Besitzstandszulage) reduzieren, wenn die Änderung der Arbeitsbedingungen der Klägerin sozial gerechtfertigt war. Hierzu hat die Beklagte keine hinreichenden Kündigungsgründe vorgetragen.
5. Die von der Revision geltend gemachten Interessen an einer Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen in ihrem Betrieb reichen jedenfalls nicht aus, ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Änderungskündigung darzulegen.
a) Das durch die „Equal-Pay“-Regelung gesetzlich festgelegte Gehalt der Klägerin bezeichnet die Beklagte lediglich als teuer, ohne auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der gesetzlichen Regelung in ihrem Betrieb und das Leistungsgefüge des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin näher einzugehen.
b) Soweit die Beklagte auf die allgemeinen Schwierigkeiten hinweist, den Lohn vergleichbarer Arbeitnehmer im Betrieb des Entleihers zu ermitteln (hierzu Hümmerich/ Holthausen/Welzlau NZA 2003, 7, 9; Rieble/Kleebeck NZA 2003, 23 ff.), ist dies unbehelflich. Die bei der G geltenden Arbeitsbedingungen (BAT-KF) waren der Beklagten bekannt, da die Klägerin zuvor unmittelbar bei der G beschäftigt war. Etwaige Änderungen waren unschwer zu ermitteln bzw. aus allgemein zugänglichen Gehaltstabellen abzulesen. Schwierigkeiten, die ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Änderungskündigung hätten rechtfertigen können, konnten hierbei nicht auftauchen.
c) Auch das Interesse der Beklagten an der Schaffung einheitlicher Vertragsbedingungen in ihrem Betrieb vermag die Änderungskündigung nicht sozial zu rechtfertigen. Dem Arbeitgeber, der mit einzelnen Arbeitnehmern einzelvertraglich eine höhere Vergütung vereinbart hat, als sie dem betrieblichen Niveau entspricht, ist es verwehrt, unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz diese Vergütung dem Lohn der übrigen Arbeitnehmer anzupassen, mit denen er eine solche höhere Lohnvereinbarung nicht getroffen bzw. mit denen er sie nachträglich einvernehmlich herabgesetzt hat (BAG 1. Juni 1999 – 2 AZR 826/98 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 53 = EzA KSchG § 2 Nr. 35). Zutreffend weist das Landesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zur Einschränkung von Rechten von Arbeitnehmern führt (BAG 20. Januar 2000 – 2 ABR 40/99 – AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 40 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 49).
d) Auch der Hinweis der Beklagten auf eine Störung der Geschäftsgrundlage kann, wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls zutreffend darlegt, schon deshalb nicht zu einem anderen Ergebnis führen, weil das Kündigungsrecht gegenüber einer Anpassung nach § 313 f. BGB lex specialis ist. Abgesehen davon ist, worauf das Landesarbeitsgericht zutreffend hinweist, nichts dafür vorgetragen, dass der Beklagten nach Treu und Glauben eine Einhaltung des mit der Klägerin geschlossenen Vertrags unzumutbar geworden wäre.