Bayerisches Landessozialgericht – Az.: L 15 SB 158/10 – Urteil vom 27.01.2011
I. Es wird festgestellt, dass das Berufungsverfahren L 15 SB 83/08 durch Berufungsrücknahme am 28. September 2010 erledigt ist.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Das Berufungsverfahren betrifft eine Angelegenheit aus dem Schwerbehindertenrecht. Die Parteien streiten nunmehr in erster Linie darüber, ob die Berufung L 15 SB 83/08 des Klägers gegen den Beklagten durch Berufungsrücknahme erledigt worden ist.
Der Kläger begehrt in der Sache die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 80 sowie die Zuerkennung des Merkzeichens G. Diesbezüglich kam es zu einem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Bayreuth, das mit einem Klage abweisenden Gerichtsbescheid endete. Mit der dagegen am 16.07.2008 eingelegten Berufung (L 15 SB 83/08) verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Am 28.09.2010 fand in den Räumen des Sozialgerichts Nürnberg ein Erörterungstermin durch den Senatsvorsitzenden statt, zu dem der Kläger mit seinem Prozessbevollmächtigten erschienen war. Im Rahmen dessen erklärte der Prozessbevollmächtigte im Einvernehmen mit dem Kläger die Rücknahme der Berufung.
In einem an die Präsidentin des Bayerischen Landessozialgerichts adressierten Schreiben mit Datum 03.10.2010 hat sich der Kläger beschwert, der Senatsvorsitzende habe ihn zur Berufungsrücknahme genötigt, indem er mit negativen Konsequenzen in Bezug auf seine Erwerbsminderungsrente gedroht habe. Dieses Vorbringen ist als Antrag gewertet worden, das Verfahren wieder aufzunehmen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das ursprüngliche Berufungsverfahren in der Sache fortzusetzen und den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts sowie unter Abänderung der entsprechenden Bescheide zu verurteilen, einen GdB von 80 sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G festzustellen.
Der Beklagte beantragt festzustellen, dass das Berufungsverfahren L 15 SB 83/08 durch Berufungsrücknahme am 28.09.2010 erledigt ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten des Beklagten, des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese haben allesamt vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers mit dem Aktenzeichen L 15 SB 83/08 ist im Rahmen des Erörterungstermins am 28.09.2010 wirksam zurückgenommen worden. Sie ist nicht mehr anhängig. Der Senat hat sich daher nicht mit der Sache befassen dürfen, sondern die Erledigung durch Urteil feststellen müssen.
Der Senat war nicht gehindert, trotz Ausbleibens des Klägers mündlich zu verhandeln und durch Urteil zu entscheiden. In der ordnungsgemäßen Ladung war ein korrekter Hinweis auf die Folgen dessen Fernbleibens enthalten.
Die Berufung ist im Rahmen des Erörterungstermins am 28.09.2010 wirksam zurückgenommen worden. Die Rücknahme des Rechtsmittels ist in der Sitzungsniederschrift ordnungsgemäß protokolliert worden. Auf Vorspielen der Protokollierung hat der Kläger verzichtet und diese genehmigt; auch dieser Umstand ist ordnungsgemäß in der Niederschrift vermerkt.
Gründe, welche die Berufungsrücknahme von vornherein unwirksam gemacht haben könnten, liegen nicht vor. Sie ist auch nicht nachträglich durch die auf den 03.10.2010 datierte Erklärung des Klägers vernichtet worden. Gründe, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß §§ 179, 180 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) rechtfertigen könnten, fehlen. Auch vor dem Hintergrund des im sozialgerichtlichen Verfahrens geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die ausnahmsweise ein Festhalten des Klägers an seiner Rücknahmeerklärung unbillig erscheinen lassen könnten. Vor allem ist der Kläger in dem Erörterungstermin nicht vom Senatsvorsitzenden zu der Berufungsrücknahme „genötigt“ worden. Diese Behauptung erscheint schon deshalb abwegig, weil er im Termin anwaltlich vertreten war. Zudem haben sich die Einlassungen des Vorsitzenden im Rahmen der üblichen Verhandlungsführung bewegt. Dabei kann es wie hier durchaus angemessen und sogar geboten sein, einen Kläger auf eventuelle nachteilige Konsequenzen einer weiteren Rechtsverfolgung hinzuweisen. Bei alldem hat der Vorsitzende klargestellt, dass das Bayerische Landessozialgericht keinesfalls diese negativen Folgen herbeiführen oder auch nur anstoßen würde; wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers diesem im Rahmen des Erörterungstermins zutreffend hat vermitteln wollen, handelte es sich um eine Warnung, nicht um eine Drohung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.