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Ankaufsuntersuchung bei Hengst fehlerhaft – SE-Ansprüche

Oberlandesgericht Köln

Az: 5 U 86/02

Urteil vom 05.03.2003

Vorinstanz: Landgericht Bonn – Az.: 1 O 465/00


Auf die Berufung der Beklagten wird das am 8. April 2002 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn – 1 O 465/00 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz wegen einer behaupteten fehlerhaften Befundung des Hengstes „L.“ im Rahmen einer Ankaufsuntersuchung.

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 8. April 2002, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der Beklagte zu 2) habe seine Beratungs- und Aufklärungspflicht verletzt, indem er in dem Protokoll über die Untersuchung des Pferdes die Frage nach „Anzeichen für Hauptmängel“ verneint habe, obwohl Anzeichen für eine periodischen Augenentzündung vorgelegen hätten. Dass er in einer mündlichen Erläuterung auf die Möglichkeit hingewiesen habe, es könne eine periodische Augenentzündung bestehen, sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eher nicht anzunehmen; das Gericht neige dazu, den Zeuginnen S. und A., die dies verneint hätten, Glauben zu schenken. Hierauf komme es aber nicht an, denn selbst wenn die Beweisfrage ungeklärt geblieben sei, liege bestenfalls ein non-liquet vor. Das gehe zu Lasten der Beklagten, weil ihnen die Darlegungs- und Beweislast für mündliche Erläuterungen außerhalb der Eintragungen im Untersuchungsprotokoll obliege.

Dagegen richtet sich die form- und fristgerechte eingelegte und begründete Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgen. Sie tragen vor, der Beklagte zu 2) habe die Ankaufsuntersuchung fehlerfrei durchgeführt. Der Befund sei zutreffend erhoben worden; Diagnosefehler lägen nicht vor; insbesondere habe aufgrund der Befunde die Diagnose einer periodischen Augenentzündung nicht sicher gestellt werden können. Zwar habe das Vorliegen einer periodischen Augenentzündung nicht völlig ausgeschlossen werden können; darauf habe er den Kläger jedoch mündlich im Rahmen der Untersuchung hingewiesen. Der Auffassung des Landgerichts, ihnen sei die Beweislast für das Erteilen eines solchen mündlichen Hinweises aufzuerlegen, sei rechtlich unzutreffend. Es liege nach den Feststellungen des Landgerichts allenfalls ein non-liquet vor, was zu Lasten des Klägers gehe.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil mit Sach- und Rechtsausführungen.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.

Der Kläger kann von den Beklagten Schadensersatz wegen behaupteter Mängel bei der Ankaufsuntersuchung des Pferdes „L.“ nicht verlangen. Dahin stehen kann, ob die vertraglichen Beziehungen der Parteien als Dienst- oder Werkvertrag einzuordnen sind. Fehler bei der Begutachtung durch den Beklagten zu 2) sind jedenfalls nicht bewiesen; dies geht – entgegen der Ansicht des Landgerichts – zu Lasten des Klägers.

Dass die tierärztliche Untersuchung als solche nicht mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt worden ist, steht nach dem – vom Kläger insoweit auch nicht weiter angegriffenen – Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht fest. Der Sachverständige Dr. B. hat ausgeführt, dass die vom Beklagten zu 2) festgestellten Auflagerungen auf der Linse zwar ein Anzeichen für eine periodische Augenentzündung sein könne; diese kann positiv aber nur dann festgestellt werden, wenn ein akuter Schub vorliegt. Bei dieser Sachlage kann ein Diagnosefehler nicht angenommen werden, der im übrigen ohnehin nur dann zu einer Haftung des Arztes führen würde, wenn die von ihm erhobenen Befunde nicht zweifelhaft sind, sondern bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt nur den Schluss auf eine bestimmte Diagnose zulassen würden (OLG Köln, OLGR 2003, 6, 7). Das war hier gerade nicht der Fall.

Allerdings war es Sache des Beklagten zu 2), den Kläger auf die Möglichkeit, dass die festgestellten Auflagerungen auf der Linse auch auf eine periodische Augenentzündung hindeuten könnten, hinzuweisen. Dieser Beweis ist durch die erstinstanzlich erfolgte Beweiserhebung nicht geführt. Die Zeuginnen S. und A. haben letztlich nur recht unscharfe Erinnerungen an den genauen Gesprächsablauf und haben eher rückgeschlossen, dass von einer Entzündung nicht die Rede gewesen sei, weil sie sonst sofort hellhörig geworden wären. Dem stehen jedoch die Bekundungen der Zeugen von der T. und P. gegenüber, die recht klar bekundet haben, dass der Beklagte zu 2) auf die Möglichkeit einer Augenentzündung sehr wohl hingewiesen hat. Deswegen ist insoweit allenfalls von einem non-liquet auszugehen. Das entspricht letztlich auch den der Entscheidung zugrunde liegenden Feststellungen des Landgerichts. Das Landgericht hat zwar zu erkennen gegeben, dass es dazu „neige“, den Aussagen der Zeuginnen S. und A. „eher“ Glauben zu schenken, hat insoweit aber eine abschließende Würdigung unterlassen, sondern darauf abgestellt, dass „bestenfalls“ von einem non-liquet auszugehen sei. Von dieser entscheidungserheblichen Feststellung geht auch der Senat aus. Einer Wiederholung der Beweisaufnahme bedarf es damit nicht. Denn nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sind die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründet sind. Solche Zweifel sind weder aufgezeigt noch ersichtlich. Sie lassen sich auch nicht aus den Ausführungen in den Entscheidungsgründen entnehmen, wonach die Kammer etwas stärker dazu neige, den Zeuginnen des Klägers Glauben zu schenken. Begründet wurde dies nicht etwa mit einem besonderen von der Persönlichkeit der Zeugen gewonnenen Eindruck, sondern mit der Erwägung, die Zeuginnen des Klägers seien besonders sachkundig. Da dies aber in gleicher Weise für die Zeugen der Beklagtenseite gilt, erscheint diese Begründung als nicht hinreichend stichhaltig und nicht geeignet, Zweifel am Ergebnis „non liquet“ zu begründen.

Die Kammer hat allerdings die Auffassung vertreten, zu Lasten der Beklagten sei von einer Umkehr der Beweislast auszugehen. Zugunsten des Klägers spreche das Untersuchungsprotokoll, in dem in der Rubrik „Anzeichen für Hauptmängel“ das Kästchen „nein“ angekreuzt sei; deshalb obliege es den Beklagten zu beweisen, dass außerhalb der Protokollurkunde Hinweise und Erläuterungen zu der Befundung des Auges gegeben worden seien. Diese Rechtsansicht teilt der Senat nicht. Zwar spricht bei einer Urkunde über ein Rechtsgeschäft eine Vermutung dafür, dass die schriftlichen Erklärungen das Vereinbarte vollständig und richtig wiedergeben mit der Folge, dass eine Partei, die ein ihr günstiges Auslegungsergebnis auf bestimmte Umstände außerhalb der Urkunde stützen will, diese zu beweisen hat (BGH, NJW 1999, 1702). Vorliegend geht es indes nicht um rechtsgeschäftliche Abreden, sondern um Tatsachenfeststellungen im Rahmen einer tierärztlichen Untersuchung. Unabhängig davon ist das Protokoll über die Untersuchung selbst in sich widersprüchlich und kann nicht dahin ausgelegt werden, der Beklagte zu 2) habe einen Hauptmangel (periodische Augenentzündung) verneint, ohne zugleich darauf hinzuweisen, dass am Auge ein unklarer Befund vorliege. Zwar hat der Beklagte bei der Bewertung des Untersuchungsergebnisses „Anzeichen für Hauptmängel“ verneint. Entscheidend ist allerdings, dass unmittelbar unter dieser Feststellung handschriftlich vermerkt ist: „Der Befund am rechten Auge wurde erläutert und auf mögliche Konsequenzen hingewiesen“. Bei dieser Sachlage kann dem Untersuchungsprotokoll nicht die positive Feststellung entnommen werden, der Beklagte zu 2) habe einen Hauptmangel, nämlich hier die periodische Augenentzündung, nicht als gegeben angesehen. Dann wäre nicht nachvollziehbar, weshalb es eines erklärenden Zusatzes bedurft hätte. Fehlt es mithin in dem Protokoll an einem eindeutigen Erklärungsinhalt hinsichtlich des am rechten Auge erhobenen Befundes, so kann der Kläger aus den protokollierten Feststellungen zu seinen Gunsten jedenfalls nicht herleiten, dass über das Protokollierte hinaus keinerlei Hinweise oder Erläuterungen des Beklagten zu 2) zu dem Befund am rechten Auge erteilt worden sind. Darzulegen und zu beweisen, dass derartige Hinweise nicht erfolgt sind, hat somit trotz der Ausführungen im Untersuchungsprotokoll der Kläger. Dieser Beweis ist – wie dargelegt – nicht geführt, so dass die Klage keinen Erfolg haben kann.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Berufungsstreitwert: 7.567,20 EUR

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