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Anlageberatung – Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter

 Landgericht Heilbronn

Az.: 6 O 265/03 Ha

Urteil vom 27.11.2003


In dem Rechtsstreit wegen Schadensersatz u. a. hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn auf die mündliche Verhandlung vom 30. Oktober 2003 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Streitwerte:

Zahlung: 40.634,68 €

Freistellung: 24.520,32 €

Annahmeverzug: 600,00 €

Gesamtsumme: 65.755,00 €

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte, eine Finanzdienstleisterin, auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch. Dem liegt folgendes zu Grunde.

Ende 1994 wurde der Kläger von seinem Arbeitskollegen B… darauf angesprochen, ob er sich nicht zur Steuerersparnis und als Altersvorsorge am Dreiländerfonds DLF 94/17 – Walter Fink KG – beteiligen wolle. Ähnliche Gespräche führte B… auch mit anderen Arbeitskollegen.

Dem nicht abgeneigten Kläger teilte B… mit, er könne ihn zu einem Bekannten bringen, der Kapitalanleger, die Interesse am Erwerb eines solchen Fonds hätten, berate und ihnen den Fonds verkaufe. Nach einem weiteren Gespräch mit dem Kläger an seinem Arbeitsplatz im Januar 1995 kam es sodann am 2. Februar 1995 durch Vermittlung des Herrn B… zu einem Beratungsgespräch bei dem erwähnten Bekannten, einem Herrn F… aus K…. Der Kläger war nach der Arbeit zu F… nach K… gefahren. An diesem Gespräch nahm auch Herr B… teil.

Noch am 2. Februar 1995 unterzeichnete der Kläger in K… ein als „Beteiligungsangebot“ bezeichnetes Dokument, in welchem er die in München ansässige ATC Allgemeine Treuhand und Steuerberatungsgesellschaft mbH beauftragte, seinen Beitritt in die „Dreiländer Beteiligung Objekt DLF 94/17 – Walter Fink – KG“ (künftig auch nur mit DLF bezeichnet) mit einer Summe von 100.000,00 DM zuzüglich 5 % Agio zu bewirken. Einzelheiten hierzu (u. a. die Erklärung des Klägers, die Teile A und B des Prospekts erhalten zu haben und den Treuhandvertrag sowie den im Fondsprospekt Teil B abgedruckten Gesellschaftsvertrag als verbindlich anzuerkennen) ergeben sich aus der Anlage K 1, auf die verwiesen wird.

Unstreitig gelangte diese Urkunde an einen Herrn M…, der sie bei der Beklagten zur Weitergabe an die Firma Kapital Consult GmbH Stuttgart (KC), die für den Prospekt DLF 94/17 als Herausgeberin verantwortlich zeichnete, einreichte. Auf dem Dokument findet sich oben rechts ein Eingangsstempel der Beklagten mit dem Datum 13. Februar 1995.

Die Beteiligung wurde von der ATC angenommen, dem Kläger wurde hierüber mit Datum 2.2.1995 ein Beteiligungszertifikat (K 2) erstellt. Zur Finanzierung der Beteiligung nahm der Kläger bei der L… Bank ein Darlehen über 100.000,00 DM abzüglich 10 % Disagio auf; hierzu wird auf die Kreditzusage vom 20. Februar 1995 (K 5) nebst Anlagen verwiesen.

Im Mai 2000 versuchte der Kläger gegenüber der KC, sich aus der Beteiligung zu lösen. Diese lehnte das unter Hinweis auf die mittel- bis langfristige Bindung und die im Vertrag festgeschriebene Kündigungsfrist erst zum Jahresende 2010 ab (K 4).

Der Kläger behauptet:

Sein Arbeitskollege B… habe bereits beim ersten Gespräch erläutert, wie der Kläger eine Fondsbeteiligung kaufen, diese finanzieren und dadurch Steuern sparen könne. B… habe auf Rückfrage auch erklärt, der Fonds sei legal und aufgrund seiner besonderen Zusammensetzung der Anlageobjekte absolut sicher. Einzelheiten zur Möglichkeit, den Fonds nach einer beabsichtigten Bindung von nicht mehr als 5 Jahren wieder verkaufen zu können, habe B… letztlich nur dem Grunde nach erklärt und im übrigen auf den Bekannten (= Herrn F…) verwiesen. Unterlagen oder Prospekte habe B… weder beim ersten noch beim zweiten Gespräch dabeigehabt und dem Kläger vorgelegt.

Ausführlicher als Herr B… habe dann Herr F… die Vorzüge der streitgegenständlichen Kapitalanlage wie Steuervorteile, Rendite, Anlagesicherheit und Ausschüttungen erläutert und dazu handschriftliche Skizzen gefertigt (K 3), Fragen des Klägers nach der Sicherheit der Anlage habe F… durch Hinweis auf Immobilienvermögen des Fonds in Deutschland und den USA sowie auf Geldanlagen in der Schweiz beantwortet. Für ein wesentliches Objekt des Fonds, nämlich die Musical Hall in Stuttgart, habe er auch auf eine Landesbürgschaft Baden-Württemberg verwiesen und erklärt, der Kläger könne die Fondsbeteiligung jederzeit ohne Verlust wieder verkaufen.

Schließlich habe F… dem Kläger noch die Fremdfinanzierung nahe gelegt (auch hierzu schildert der Kläger weitere Einzelheiten). Den Prospekt habe er erst bei einem zweiten Besuch bei Herrn F… erhalten, wo er auch eine Kopie des von der ATC angenommenen Beteiligungsangebotes vom 2. Februar 1995 (K 1) erhielt.

Der Prospekt sei mit ihm weder am 2. Februar 1995 noch später erörtert worden. Der Prospekt sei auch unzureichend, da unvollständig: die wesentlichen Risiken seien an keiner Stelle geballt zusammengefasst und in leicht nachvollziehbarer Form dargestellt, was zwischenzeitlich bereits Gegenstand mehrerer Gerichtsentscheidungen vor allem des LG Hannover beziehungsweise des OLG Celle (nach Kenntnis der Kammer wegen des in Hannover ansässigen Finanzdienstleisters AWD) geworden sei.

In dem Brancheninformationsdienst „kapital markt intern“ (kmi) sei bereits im September 1994 negativ über die streitgegenständliche Kapitalanlage berichtet worden; inzwischen werde durch die Staatsanwaltschaft Stuttgart auch gegen den Initiator Walter Fink strafrechtlich ermittelt.

Wegen weiterer Einzelheiten der (ausführlichen) Schilderung des Klägers wird insbesondere auf die Seiten 3-19 der Klagschrift verwiesen.

Der Kläger sieht (erstmals auf Seite 19 Mitte der Klage) die Beklagte als Partnerin eines mit ihm geschlossenen Anlageberatungsvertrages an und wirft ihr diesbezüglich Pflichtverletzungen vor. F. sei als Untervermittler für die Beklagte tätig gewesen, die sich deshalb dessen Beratungsfehler, insbesondere die unzureichende Erörterung des Prospektes und den fehlenden Hinweis auf kritische Presseberichte, zurechnen lassen müsse.

Im Wege des Schadensersatzes müsse er so gestellt werden, wie wenn er der Gesellschaft nicht beigetreten wäre. Unter Berücksichtigung seiner erhaltenen Vorteile (Fondsausschüttungen, nicht jedoch Steuervorteile) beziffert er seinen Schaden insgesamt auf etwas mehr als 65.000,00 €.

Da auch die Beklagte nach Fristsetzung eine Rücknahme der Beteiligung abgelehnt habe, befinde sie sich in Annahmeverzug.

Der Kläger beantragt:

„1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 40.634,68 € nebst seit Rechtshängigkeit hieraus Zinsen von für das Jahr 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu bezahlen und ihn darüber hinaus von allen Verbindlichkeiten aus dem ursprünglichen Darlehensvertrag Nr. 3… vom 20. Februar 1995 in Höhe von nominal 100.000,00 DM bei der L… Bank, jetzt Darlehen

Nr. 5… bei der X Bank L…, das per 30. Dezember 2002 noch mit 24.520,32 € valutierte, frei zu stellen Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte an der Beteiligung des Klägers an der Dreiländer Beteiligung Objekt DLF 94/17 – Walter Fink – KG in Höhe von 100.000,00 DM zuzüglich 5% Agio mit der Beteiligungsnummer 9………vom 2./13. Februar 1995.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der Rechte des Klägers an der Dreiländer Beteiligung (weiter wie oben Ziffer 1) in Verzug befindet.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie trägt dazu vor:

Die nach Darstellung des Klägers handelnden Herren B… und F… seien zu keiner Zeit Geschäftspartner der Beklagten gewesen, Kooperationsverträge mit diesen hätten nicht bestanden, die Herren seien der Beklagten gänzlich unbekannt.

Eine Zusammenarbeit der Beklagten bestehe mit dem selbständigen Handelsvertreter M…, der aber ausschließlich im eigenen Namen tätig werde. Dieser habe – unstreitig – das Beteiligungsangebot des Klägers vom 2.2.1995 am 13. Februar 1995 zur Weitergabe an die KC Stuttgart eingereicht; dort verbleibe der Durchschlag. Bei der in Kopie vorgelegten Anlage K 1 handele es sich deshalb seinerseits um eine Kopie, die sich der Kläger im nachhinein von der KC als Initiatorin besorgt habe.

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Ein Vertragsverhältnis zwischen den jetzigen Prozessparteien sei unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt begründet worden. Die Handelnden hätten nicht als zurechenbare Vertreter der Beklagten Verträge geschlossen. Auch der Handelsvertreter M. könne der Beklagten nicht zugerechnet werden, er verwende zum Beispiel keine in irgendeiner Form auf die Beklagten hinweisenden Formulare, Visitenkarten o. ä.

Zum Inhalt der Beratungsgespräche müsse sich die Beklagte zulässigerweise mit Nichtwissen erklären, da die vom Kläger behaupteten Vorgänge nicht Gegenstand einer (ihr zurechenbaren) eigenen Wahrnehmung gewesen seien.

Wegen weiterer Einzelheiten des wechselseitigen Parteivorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Die Sach- und Rechtslage ist (zeitlich zusammenhängend mit anderen bei der Kammer anhängigen, gegen die Beklagte gerichteten Verfahren) am 30. Oktober 2003 ausführlich erörtert worden. Insofern wird auf die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung (einschließlich des Berichtigungsvermerkes vom 19. November 2003) verwiesen.

Enscheidungsgründe:

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Beklagten können – zu Gunsten des Klägers insoweit unterstellte – Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung vom Februar 1995 nicht zugerechnet werden.

1.

Die Klage ist zulässig.

Dies gilt im Hinblick auf § 256 ZPO zunächst, soweit der Kläger die Feststellung des Annahmeverzuges begehrt und – verbunden mit dem Rückzahlungsverlangen -erreichen will, dass die Beklagte ihn von den restlichen Darlehensverbindlichkeiten freistellt. Auch soweit darin letztlich ebenfalls ein Feststellungsbegehren liegt, welches sich erst zu einem späteren Zeitpunkt in einen Zahlungsanspruch umwandelt (vgl. § 257 BGB), wäre das Feststellungsinteresse zu bejahen.

2.

Mit der Frage der Zurechnung des Verhaltens von „Vermittlern“ hat sich die Rechtsprechung – gerade auch bezogen auf Ansprüche aus fehlgeschlagenen Kapitalanlagen – immer wieder zu befassen gehabt. Im Vordergrund stand und steht bis heute eine Auseinandersetzung mit Grundzügen des Vertretungsrechts der §§ 164 ff. BGB, damit also der Stellung als Erfüllungsgehilfe gemäß § 278 BGB, sowie – in jüngster Zeit wieder verstärkt – die Zurechnung über eine Anwendung der zu § 123 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätze. Dabei geht auch die Kammer in ihrer Entscheidungspraxis von folgenden Grundlagen aus, wie sie sich insbesondere in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs finden:

a)

Problemlos gestalten sich Sachverhalte, in denen der konkret Handelnde ein Vertretungsverhältnis zum künftigen Vertragspartner der Person, mit welcher er Verhandlungen führt, offen legt. Besteht im Innenverhältnis die Vollmacht, wird der Vertretene verpflichtet, der dann auch für ein Fehlverhalten des Vertreters als seines Erfüllungsgehilfen unmittelbar verantwortlich ist, §§ 164 Abs. 1 und § 278 BGB (BGH XI ZR 206/88 vom 3.4.1990 = NJW 1990, 1907).

Erfüllungsgehilfe im Sinne von § 278 BGB ist damit jeder, der nach den tatsächlichen Verhältnissen des konkret gegebenen Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung der diesem obliegenden Verbindlichkeiten als dessen Hilfsperson tätig wird (BGH I ZR 138/83 = NJW 1987, 1223; BGH XI ZR 336/99 vom 14.11.2000 = NJW 2001, 358 – Bausparkassenfall II – m.w.N.).

Bestand zwischen dem Handelnden und der angeblich hinter ihm stehenden (meist juristischen) Person kein Rechtsverhältnis mit ausdrücklicher Bevollmächtigung, fehlte es dem „Vermittler“ somit an einer ihm eingeräumten Vertretungsmacht, bestimmt sich die Zurechnung seines Verhaltens nach den allgemeinen Grundsätzen der Anscheinsbzw. Duldungsvollmacht, deren Voraussetzungen im einzelnen darzustellen und gegebenenfalls vom Anspruchsteller auch zu beweisen wären.

b) Entscheidungen anderer Senate des BGH aus neuerer Zeit stehen dieser dargestellten Linie der Rechtssprechung vornehmlich des BGH-Banksenats nicht entgegen und können eine Haftung der Beklagten nicht begründen:

(1) Ein Urteil des III. ZS (III ZR 158/97 vom 9. Juli 1998 = NJW 1998, 2898) behandelte einen Sachverhalt, in welchem der Kapitalanleger gegen die Versicherungsgesellschaft als Anbieterin der Anlage vorging, die ihrerseits in ständiger Beziehung zu einer Anlagevermittlungsgesellschaft stand; der Anlagevermittler selbst war seinerseits in die Hierarchie dieser Vermittlungsgesellschaft eingebunden.

Wenn der BGH (a.a.O. zu II 2 der Entscheidungsgründe) den konkret tätigen Vermittler als Erfüllungsgehilfen der Versicherungsgesellschaft, also der Vertragspartnerin des Anlegers, ansieht und ausführt, diese könne sich ihrer damit gemäß § 278 BGB gegebenen Verantwortung für die Vertragsverhandlungen nicht durch die Einschaltung der Anlagegesellschaft als selbständiger Vermittlerin entziehen, steht dies mit der oben dargestellten Rechtsauffassung im Einklang.

Ebenso entschieden hat unlängst nun auch der V. ZS des BGH (V ZR 308/02 vom 14.3.2003 = NJW 2003, 1811 = BKR 2003, 372) bei einem sehr ähnlichen Fall zur Haftung des Verkäufers einer Immobilie für Erklärungen des von ihm beauftragten Vermittlungsunternehmens einschließlich weiterer Untervermittler.

Der III. ZS des BGH hat sich im übrigen im Urteil vom 9.7.1998 ausdrücklich auf eine vorangehende Entscheidung wiederum des XI. Zivilsenats vom 24. September 1996 = WM 1996, 2105 – Bausparkassenfall I – bezogen, die einen vergleichbaren Sachverhalt zum Gegenstand hatte und ebenfalls die Zurechnung des Vermittler-Fehlverhaltens (nur) gegenüber dem Vertragspartner des Anlegers (= der Bausparkasse) bejahte.

Der XI. ZS wies dabei (zu II 1 der Entscheidungsgründe) seinerseits zur Begründung auf Parallelen zum Maklerrecht hin und knüpfte insofern an die Grundsatzentscheidung des V. Zivilsenats vom 24. November 1995 (V ZR 40/94 = NJW 1996, 451) an, in welcher der Grundstücks-Senat des BGH an den Ausgangspunkt der oben aufgezeigten Erwägungen – auch denen der Kammer – zurückkehrt, indem er ausführt, dass auch der Makler nur dann als Hilfsperson angesehen werden kann, wenn er mit Wissen und Wollen einer der späteren Vertragsparteien Aufgaben übernimmt, die typischerweise dieser obliegen, und damit in deren Pflichtenkreis tätig wird.

(2) Übertragen auf den vorliegenden Fall heißt dies alles aber nichts anderes, als dass sich die KC Kapital Consult als „Produktanbieterin“ des DLF, gegebenenfalls daneben auch die ATC als Treuhänderin (dazu BGH II ZR 40/00 vom 14.01.2002 = NJW 2002, 1711= BKR 2002, 372 [zu II. der Gründe]; II! ZR 390/02 vom 24. Juli 2003 = BKR 2003, 713) ihrer Haftung nicht einfach durch Einschaltung der Beklagten (F… mit weiteren Untervertretern bzw. Untervermittlern wie M…, ggf. auch F…) entledigen und haftungsrechtliche Verantwortlichkeit dadurch auf diese überleiten kann. Für eine Haftung auch der Beklagten selbst als „Vermittlerin“ gibt aber keines der genannten Urteile der Senate des BGH also etwas her.

Insofern hält die Kammer in Ansehung des letzten Schriftsatzes der Klägervertreter vom 11. November 2003, in welchem auf 2 der genannten Entscheidungen des BGH nochmals abgestellt wird, an ihrer in der mündlichen Verhandlung vom 30. Oktober 2003 vertretenen und ausführlich erörterten Rechtsauffassung fest.

3.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Urteils des OLG Celle vom 15. August 2002 (BKR 2002, 841), in welchem der Senat (zu I 1 der Entscheidungsgründe) ohne vertiefte Erörterung von einem „durch den Handelsvertreter zu ihm (dem Anleger) begründeten Beratungsvertrag“ mit dem Vermittler AWD ausgeht. Dies erscheint der Kammer mit dem vorliegenden Sachverhalt aus folgenden Erwägungen heraus nicht vergleichbar:

a) Die Zurechnung derartigen vorvertraglichen Verschuldens durch Verletzung von Aufklärungs- oder Beratungspflichten ist dogmatisch eine Haftung für in Anspruch genommenes Vertrauen nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo – cic (Palandt/Heinrichs, BGB 62. Auflage, § 311 Rn 11 ff., 22 mit Nachweisen). Diese Rechtsfigur setzt voraus, dass im Zuge der durch einen Vermittler geführten Vertragsverhandlungen die später haftungsrechtlich in Anspruch genommene Partei des angebahnten Geschäftes in einer auch nach außen erkennbaren Weise Funktionen oder Rollen etwa des Veräußerers oder zumindest des Vertreibers der Kapitalanlage wahrgenommen und damit einen konkret auf diese (übernommenen) Funktionen bezogenen Vertrauenstatbestand geschaffen hat.

Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des BGH vor allem im Bezug auf die Zurechnung von Erklärungen des Vermittlers gegenüber etwa dem die Kapitalanlage bloß finanzierenden Kreditinstitut (BGH XI ZR 188/02 vom 18. März 2003 = BKR 2003, 417 ff., zu II 4 der Entscheidungsgründe; BGH XI ZR 289/02 vom 3. Juni 2003 = WM 2003, 1710 ff. = BKR 2003, 623 ff., ebenfalls zu II 4 der Gründe mit zahlreichen Hinweisen auf jüngere Rechtsprechung vor allem vom November 2002). Sie kann nach Überzeugung der Kammer auf andere, ebenfalls außerhalb der eigentlichen, durch die Kapitalanlage begründeten Rechtsbeziehung stehende Personen/Institutionen übertragen werden, insbesondere zwischengeschaltete Vermittlungsgesellschaften. Deren Haftung kommt danach nur – aber eben auch immer dann – in Betracht, wenn diese im Rahmen der durch den Vermittler geführten Vertragsverhandlungen dem Anleger gegenüber irgendwie in vetrauensbegründender Weise in Erscheinung treten.

Dies kann entweder durch direkte Hinweise auf die Vermittlungsgesellschaft mit deren Wissen und Wollen geschehen. Ebenso käme – insofern wiederum parallel zu den schon angesprochenen Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht (grundlegend dazu, bezogen auf Finanzbetreuungsunternehmen: BGH III ZR 183/96 vom 5.3.1998 = NJW 1998, 1854) – auch in Betracht, dass derartige bei der Anlagevermittlung zwischengeschaltete Finanzdienstleister ihre Erwähnung durch handelnde Vermittler zwar nicht durch ausdrückliche Beauftragung bzw. Bevollmächtigung geschehen lassen, ein solches Verhalten der Vermittler aber entweder hinnehmen oder trotz vorhandener Indizien in vorwerfbarer Weise nicht zur Kenntnis nehmen wollen (BGH V ZR 308/02 vom 14.3.2003 = NJW 2003, 1811 = BKR2003, 372).

b) Genau von derartigem Sachverhalt erhält die vom Kläger vorliegend in besonderer Weise in Bezug genommene Entscheidung des BGH vom 24. September 1996 = WM 1996, 2105 (und letztlich auch die des III. ZS in NJW 1998, 1854) ihr Gepräge: Wie sich aus den Bemerkungen unter II 2 der Entscheidungsgründe ersehen lässt, konnten die dortigen Kläger sich für ihre im Prozess aufgestellte Behauptung, der handelnde Vermittler sei aufgrund von Vereinbarungen mit einer zwischengeschalteten Vermittlungsgesellschaft für die (letztlich verklagte) Bausparkasse tätig geworden, auf greifbare Anhaltspunkte stützen: Der Vermittler solle von Anfang an erklärt haben, er arbeite für die Bausparkasse; außerdem hatte er Formulare der dort Beklagten zur Unterschrift vorgelegt und gab den für die Bausparkasse bestimmten Antrag auf Abschluss eines Vertrages zunächst an die zwischengeschaltete Vermittlungsfirma, die ihn aufgrund der ebenfalls im Sachverhalt mitgeteilten ständigen Beziehung schließlich an die letztlich in Anspruch genommene Beklagte weiterleitete.

Parallelen dieser Entscheidung zum vorliegenden Sachverhalt sind jedoch nur bei oberflächlicher erster Betrachtung gegeben, weil im Fall des BGH gerade nicht die zwischengeschaltete Vermittlungsgesellschaft, sondern der endgültige Vertragspartner in Anspruch genommen wurde. Insofern kann auf die oben bereits gemachten Ausführungen verwiesen werden.

Denn der Kläger trägt hier nicht einmal ansatzweise vor, die Vermittler B… und vor allem F… hätten ihm gegenüber je den Namen der Beklagten auch nur erwähnt. Insofern unterscheidet sich dieser Fall von weiteren bei der Kammer gegen die Beklagte anhängigen, mit Beschlüssen vom 27. November 2003 nunmehr einer Beweisaufnahme zugeführten Prozessen. Die dort jeweils tätigen Vermittler bedienten sich – zumindest nach Behauptung der Klagpartei – Visitenkarten der Beklagten, führten Verhandlungen zum Teil auch in örtlichen Repräsentanzen der F…. Solche Indizien können – vor allem in einer Gesamtwürdigung – geeignet sein, haftungsrechtliche Zurechnung zu begründen. An derartigen Sachverhaltsmerkmalen fehlt es im vorliegenden Fall aber schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers völlig.

Deshalb bestand für die Kammer – anders als in den Parallelverfahren – hier kein Anlass, die Beziehungen zwischen den Vermittlern B… und F… einerseits, dem mit der Beklagten unstreitig in Verbindung stehenden selbständigen Handelsvertreter M… andererseits durch Vernehmung von Zeugen weiter aufzuklären. Angesichts des spärlichen beziehungsweise unzureichenden Sachvortrags des Klägers, der nach den Bekundungen seines Prozessbevollmächtigten auf Frage der Kammer zu weiterer Ergänzung auch nicht im Stande ist, wäre dies weitgehend auf eine – prozessual unzulässige – Ausforschung des Sachverhaltes durch Zeugenbefragung hinausgelaufen.

4.

Schließlich kann der Kläger auch aus den Erwägungen nichts herleiten, die der Bundesgerichtshof in letzter Zeit zur Zurechnung von Vermittlerverhalten im Hinblick auf § 123 Abs. 2 BGB angestellt hat (insbesondere: XI ZR 3/01 vom 12. November 2002 = NJW 2003, 424 = BKR 2003, 108; XI ZR 125/02 vom 21. Januar 2003 = NJW 2003, 1390 = BKR 2003, 290; XI ZR 162/00 vom 15. Juli 2003 = BKR 2003, 747). Mit seinen -in den konkreten Entscheidungen auf die Zurechnung einer Haustürsituation projizierten – Erwägungen hat der Bundesgerichtshof dabei allerdings kein völliges Neuland betreten, sondern an eine Dogmatik angeknüpft, die sich schon in den (z.T. bereits erwähnten) Entscheidungen des V. Zivilsenats vom 2. Juni 1995 (V ZR 52/94 = NJW 1995, 2550) und vom 24. November 1995 (VZR 40/94 = NJW 1996, 451) finden.

Auch im Lichte von § 123 Abs. 2 BGB wäre aber die Beklagte, auf die insbesondere der konkret mit der Zeichnung der Anlage in Kontakt zum Kläger getretene Vermittler F. nach eigenen Darstellung des Klägers nicht hingewiesen hat, haftungsrechtlich nicht in die Pflicht zu nehmen. Der einzige auf eine „Einbindung“ (auch) der Beklagten in die streitgegenständliche Kapitalanlage hindeutende Hinweis ist jener Eingangsstempel auf dem Beteiligungsangebot vom 2. Februar 1995 (K 1). Dieser ist jedoch erst im Verlauf der nicht weiter aufklärungsbedürftigen weil rechtlich unerheblichen „Kette“ zwischen F…, M… und der KC als Initiatorin beziehungsweise der ATC als Treuhänderin auf das Dokument gekommen. Einen Vertrauenstatbestand im Sinne einer cic-Haftung oder sonstigen Zurechnung kann der Kläger, der von der Existenz dieses Stempels und damit überhaupt von der Beklagten erst viel später Kenntnis erhalten hat, nicht gründen.

5.

Damit erweist sich die Klage in vollem Umfang als unbegründet. Auf Einzelheiten der -bestrittenen – Erklärungen insbesondere des Anlagevermittlers F… gegenüber dem Kläger kommt es mangels Zurechnung gegenüber der Beklagten nicht an.

Die Klage ist mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

 

 

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