BAG
Az: 9 AZR 278/05
Urteil vom 09.05.2006
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 25. Januar 2005 – 6 Sa 514/04 – aufgehoben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Teilzeitbeschäftigung während ihrer Elternzeit.
Die Klägerin ist bei der Beklagten, die ein Möbelhaus mit mehr als 1000 Arbeitnehmern betreibt, seit 18. Dezember 2001 als Verkäuferin angestellt. Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag können der Klägerin im Bedarfsfall auch andere zumutbare Tätigkeiten zugewiesen werden, die nicht unbedingt dem Berufsbild zu entsprechen brauchen. Zur Arbeitszeit heißt es: „Die Arbeitszeit richtet sich nach der üblichen im Einzelhandel. Für die gearbeiteten Samstage wird wöchentlich 1 freier Tag gewährt, mit der Einschränkung bzw. Ausgleich über die Jahresarbeitszeitberechnung (38,5 Stunden-Woche)“. Das monatliche Bruttogehalt der Klägerin belief sich zuletzt auf rund 1.400,00 Euro brutto.
Die Klägerin wurde zunächst in der Schlafzimmerabteilung eingesetzt. Mit Beginn ihrer Schwangerschaft wechselte sie in die Abteilung „Sparkauf“. Voraussichtlicher Entbindungstermin war der 15. November 2002. Mit Schreiben vom 16. Juli 2002 beantragte die Klägerin Resturlaub für die Zeit vom 19. September bis zum 2. Oktober 2002 sowie anschließend an die Geburt des Kindes drei Jahre „Erziehungsurlaub“. Tatsächlich wurde das Kind am 25. Oktober 2002 geboren. Unter dem 7. November 2002 füllte die Klägerin das von der Beklagten vorgesehene Formular „Antrag auf Elternzeit gemäß §§ 15, 16 BErzGG“ aus; die Dauer der Elternzeit gab sie mit der Zeit vom 10. Januar 2003 bis 24. Oktober 2005 an.
Mit Schreiben vom 21. Dezember 2002 teilte die Klägerin der Beklagten ua. mit:
„…
hiermit beantrage ich die Verringerung meiner Arbeitszeit von Vollzeit auf eine vormittags-Teilzeitstelle, ab Ende der Mutterschutzfrist, aber in der Elternzeit ab dem 10. Januar 2003.
Da ich eine Tagesmutter gefunden habe, die mir meine Tochter vormittags betreut, bitte ich um die Teilzeitstelle in der Elternzeit, da ich alleinerziehend bin.
Meine Erklärung zur Teilzeit und der Elternzeit:
Diese Erklärung beinhaltet meine Teilzeitbeschäftigung bei Ihnen, als auch meine Elternzeit.
Meine Teilzeitbeschäftigung in ihrem Hause, trifft zeitgleich in die Elternzeit nach meiner Mutterschutzfrist, somit ist das der 10. Januar 2003.
Denkbare Arbeitszeit wäre Montag bis Samstag von 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr. Die wöchentliche Arbeitszeit sollte auf 30 Wochenstunden reduziert werden.
Die Dauer der Teilzeitbeschäftigung (Arbeitszeiten siehe oben) soll ab Beginn der Elternzeit vom 10. Januar 2003 und drei Jahre betragen.“
Mit Schreiben vom 2. Januar 2003 lehnte die Beklagte den Teilzeitwunsch der Klägerin ab. Bei der von ihr gewünschten Zeit sei eine wirtschaftlich vernünftige Verwertung ihrer Arbeitskraft nicht möglich. Ein neuerlicher im Juni 2003 gestellter Antrag der Klägerin auf Verringerung der Arbeitszeit ab 1. September 2003 bis 24. Oktober 2005 blieb gleichfalls ohne Erfolg.
Die Klägerin hat mit ihrer im Januar 2003 erhobenen Klage zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dem Antrag der Klägerin auf Reduzierung ihrer vertraglichen Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden ab 11. Januar 2003 zuzustimmen und die Verteilung der Arbeitszeit ohne Pausen Montag bis Samstag jeweils von 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr festzulegen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, nach der uneingeschränkten Inanspruchnahme der Elternzeit könne die Verringerung der Arbeitszeit nicht mehr beansprucht werden. Der Verringerung der Arbeitszeit stünden dringende betriebliche Gründe entgegen. Die Abteilung, in der die Klägerin zuletzt eingesetzt gewesen sei, sei vormittags personell überbesetzt gewesen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Es hat die Beklagte verurteilt, dem Antrag der Klägerin mit Wirkung zum 17. Februar 2003 zuzustimmen und die Arbeitszeit entsprechend dem Klageantrag festzulegen. Im Übrigen hat es die Klage rechtskräftig abgewiesen. Die Berufung der Beklagten hatte Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Für eine abschließende Sachentscheidung des Senats fehlt es an den erforderlichen Feststellungen.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Der Klageantrag genügt dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Beklagte soll ihre Zustimmung zu der von der Klägerin gewünschten Verringerung der Arbeitszeit auf 30 Stunden/Woche erteilen und die Arbeitszeit nach Maßgabe des Klageantrags verteilen. Entgegen dem Wortlaut des Klageantrags erstrebt die Klägerin allerdings keine unbefristete Änderung der Arbeitsbedingungen. Das Klagebegehren bezieht sich vielmehr ausschließlich auf die Dauer der Elternzeit. Hiervon gehen die Parteien übereinstimmend aus.
2. Dem Klageantrag fehlt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Elternzeit inzwischen beendet ist und die Klägerin ihre Arbeit wieder aufgenommen hat. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Zulässigkeit einer vergangenheitsbezogenen Feststellungsklage (vgl. 6. November 2002 – 5 AZR 364/01 – AP ZPO 1977 § 256 Nr. 78 = EzA ZPO § 256 Nr. 68) ist auf eine Leistungsklage, wie sie hier vorliegt, nicht anzuwenden.
Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage ergibt sich aus der Nichterfüllung des materiell-rechtlichen Anspruchs (BAG 14. September 1994 – 5 AZR 632/93 – BAGE 77, 378; 15. April 1999 – 7 AZR 716/97 – AP BGB § 611 Abmahnung Nr. 22 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 41) . Dafür genügt regelmäßig die Behauptung des Klägers, dass der von ihm verfolgte Anspruch besteht. Ob ein solcher Anspruch gegeben ist, ist eine Frage seiner materiell-rechtlichen Begründetheit. Nur besondere Umstände können das Verlangen, in die materiell-rechtliche Prüfung des Anspruchs einzutreten, als nicht schutzwürdig erscheinen lassen (BAG 15. Januar 1992 – 5 AZR 15/91 – BAGE 69, 204; BGH 4. März 1993 – I ZR 65/91 – DB 1993, 1276) . Das wird ua. bei objektiv sinnlosen Klagen angenommen, dh. wenn der Kläger kein schutzwürdiges Interesse an der begehrten Entscheidung haben kann (Zöller/Greger ZPO 25. Aufl. vor § 253 Rn. 18) . Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor. Im Fall des Obsiegens der Klägerin kommen Ansprüche aus Annahmeverzug (§ 611 Abs. 1, § 615 BGB) in Betracht.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits. Die Klägerin hat ihren Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit und deren Verteilung rechtswirksam geltend gemacht. Der Senat kann nicht beurteilen, ob die Beklagte das Arbeitszeitverlangen der Klägerin zu Recht aus dringenden betrieblichen Gründen abgelehnt hat. Hierfür fehlen die erforderlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts.
1. Nach dem Vorbringen der Klägerin rechtfertigt sich der Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit aus § 15 Abs. 6 iVm. § 15 Abs. 7 BErzGG.
a) Die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen des § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BErzGG liegen vor. Die Beklagte beschäftigt in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer (§ 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BErzGG). Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand ohne Unterbrechung länger als sechs Monate (§ 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 BErzGG). Das beantragte wöchentliche Arbeitsvolumen übersteigt nicht die höchstzulässige Arbeitszeit des § 15 Abs. 4 Satz 1 BErzGG von 30 Stunden (§ 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 BErzGG).
b) Die Klägerin hat Elternzeit verlangt und erklärt, sie bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres ihres Kindes, das war hier der 24. Oktober 2005, in Anspruch zu nehmen.
aa) Ob die Inanspruchnahme schon mit dem vor der Geburt des Kindes liegenden Schreiben vom 16. Juli 2002 erfolgt ist oder erst mit dem „Formularantrag“ vom 7. November 2002, ist für den Streitfall unerheblich. Anders als der Eindruck, den das von der Beklagten betriebsüblich verwendete Formular erweckt, bedarf es allerdings keines Vertragsantrags des Arbeitnehmers iSv. § 145 BGB, den der Arbeitgeber annehmen oder ablehnen könnte. Der Arbeitnehmer übt vielmehr ein Gestaltungsrecht aus. Dazu bedarf es nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BErzGG lediglich einer schriftlichen Mitteilung, die dem Arbeitgeber zugeht (Senat 19. April 2005 – 9 AZR 233/04 – AP BErzGG § 15 Nr. 44 = EzA BErzGG § 15 Nr. 15, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 3 a aa der Gründe; 27. April 2004 – 9 AZR 21/04 – BAGE 110, 224).
bb) Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BErzGG hat der Arbeitnehmer mit der erstmaligen Inanspruchnahme der Elternzeit zugleich zu erklären, für welche Zeiten er „innerhalb von zwei Jahren“ Elternzeit nehmen wird. Dabei handelt es sich um einen im Dispositionsinteresse des Arbeitgebers bestimmten gesetzlichen Mindestzeitraum. Der Arbeitnehmer ist nicht gehindert, von vornherein den gesamten in Betracht kommenden Zeitraum ab Geburt bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes abzudecken (Senat 19. April 2005 – 9 AZR 233/04 – AP BErzGG § 15 Nr. 44 = EzA BErzGG § 15 Nr. 15, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) . Rechtsfolge der form- und fristgerechten Mitteilung ist die Befreiung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht für den von ihm bestimmten Zeitraum sowie gegenläufig das Erlöschen der Entgeltpflicht des Arbeitgebers. Das Arbeitsverhältnis kommt zum Ruhen (vgl. nur BAG 22. Juni 1988 – 5 AZR 526/87 – BAGE 59, 62) .
c) Die Klägerin war nicht gehindert, für eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit nachträglich, nämlich mit ihrem Schreiben vom 21. Dezember 2002, geltend zu machen.
aa) Der Senat hat bereits entschieden, dass der Arbeitnehmer die Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit beantragen kann (Senat 19. April 2005 – 9 AZR 233/04 – AP BErzGG § 15 Nr. 44 = EzA BErzGG § 15 Nr. 15, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) . Die Entscheidung ist im Schrifttum im Wesentlichen auf Zustimmung gestoßen (Göhle-Sander jurPR-ArbR 10/2006 Anm. 2; Lambrich BB 2006, 558; Roßbruch PflR 2005, 556; Bartz/Schelling EWiR 2006, 37; wie der Senat auch Lambrich in Annuß/Thüsing TzBfG § 23 Rn. 17 f.; Ebener Mutterschutz, Erziehungsgeld, Elternzeit 3. Aufl. S. 167 f.; Joussen NZA 2005, 336; Meinel/Heyn/Herms TzBfG 2. Aufl. § 23 Rn. 9; Rolfs TzBfG § 23 Rn. 5; wohl auch Buchner/Becker MuSchG und BErzGG § 15 BErzGG Rn. 50; ErfK/Dörner 6. Aufl. § 15 BErzGG Rn. 19; aA Sowka SAE 2006, 125; offengelassen Arnold/Gräfl/Imping TzBfG § 23 Rn. 16 ff.) . An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Die im Schrifttum und von der Beklagten erhobenen Bedenken greifen nicht durch.
(1) Die von der Beklagten vermisste Anspruchsgrundlage ergibt sich unmittelbar aus § 15 Abs. 6 BErzGG. Der Arbeitnehmer kann nicht frei wählen, ob er während der Elternzeit mit verringerter Arbeitszeit beim Arbeitgeber arbeitet. Er bedarf des Einverständnisses des Arbeitgebers. Kommt es nicht zu dem vom Gesetz nach § 15 Abs. 5 Satz 1 BErzGG gewünschten Einvernehmen der Arbeitsvertragsparten („sollen“), kann der Arbeitnehmer nach § 15 Abs. 6 BErzGG unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 7 BErzGG während der Gesamtdauer der Elternzeit zweimal eine Verringerung seiner Arbeitszeit beanspruchen. Anspruch ist nach der gesetzlichen Definition des § 194 BGB das Recht, die im Einzelnen bestimmte Leistung zu verlangen.
(2) Der nach § 15 Abs. 7 Satz 5 BErzGG durch Klage vor den Gerichten für Arbeitssachen zu verfolgende Anspruch ist auf Verringerung der Arbeitszeit gerichtet. Darunter ist die Änderung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zu verstehen. Dagegen meint die Beklagte, maßgeblich sei die während der Elternzeit aktuell zu erfüllende Arbeitszeit. Mit Inanspruchnahme der Elternzeit betrage diese „Null“; eine solche Arbeitszeit könne nicht verringert werden. Dieses eher naturwissenschaftliche Verständnis verkennt, dass die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit von der Inanspruchnahme der Elternzeit nach § 16 Abs. 1 BErzGG unberührt bleibt. Der Arbeitnehmer wird nur von der Pflicht befreit, in der vereinbarten Zeit Arbeit zu leisten. Eine Änderung des Vertrages einschließlich der Arbeitszeit ist auch während der Elternzeit möglich. Das stellt § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 BErzGG klar, der ausdrücklich von einer Verringerung der vertraglich vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit zu Gunsten einer Teilzeitbeschäftigung ausgeht. Eine „vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit“ liegt im Übrigen entgegen der Auffassung der Beklagten auch dann vor, wenn die Parteien sie nicht einzelvertraglich festgelegt haben, sondern sie sich aus einem anzuwendenden Tarifvertrag ergibt. Die Arbeitszeit „Null“ während des ruhenden Arbeitsverhältnisses beruht nicht auf einer vertraglichen Festlegung, sondern ist Rechtsfolge der Inanspruchnahme der Elternzeit, die – soweit die Arbeitszeit nicht nach § 15 Abs. 5, 7 BErzGG verringert wird – eine vollständige Befreiung von der Arbeitspflicht bewirkt.
(3) Die Regelung in § 15 Abs. 6 BErzGG bestätigt die Auslegung des Senats. Der dem Arbeitnehmer eingeräumte Anspruch, die Arbeitszeit während der Gesamtdauer der Elternzeit zweimal zu Gunsten einer Teilzeitbeschäftigung zu verringern, beruht ersichtlich auf der Erfahrung, dass mit steigendem Alter des Kindes zwar (noch) nicht der Betreuungsbedarf sinkt, wohl aber zunehmend eine Fremdbetreuung in Betracht kommt, so dass dem Arbeitnehmer mehr Zeit für seine Arbeit verbleibt. Er kann mithin beispielhaft zunächst eine Wochenarbeitszeit von 15 Stunden und sodann eine solche von 30 Stunden beanspruchen. Andernfalls müsste bei der zweiten Verringerung die Arbeitszeit gegenüber der ersten Verringerung wiederum herabgesetzt werden. Eine solche Regelung macht keinen Sinn.
(4) Soweit der Senat in der Entscheidung vom 19. April 2005 (- 9 AZR 233/04 – AP BErzGG § 15 Nr. 44 = EzA BErzGG § 15 Nr. 15, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 3 b ff der Gründe) ausgeführt hat, der Arbeitnehmer sei nicht an sein Verlangen auf eine bestimmte Verringerung der Arbeitszeit für die gesamte Dauer seiner Elternzeit gebunden, bedarf das allerdings der Klarstellung. Bereits im Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit hat der Arbeitnehmer die Dauer der verlangten Elternteilzeit und den Umfang der Beschäftigung anzugeben. An diese Erklärungen ist er gebunden. Das ergibt sich aus allgemeinem Vertragsrecht (vgl. Senat 19. April 2005 – 9 AZR 233/04 – aaO, zu II 1 der Gründe; vgl. auch 18. Februar 2003 – 9 AZR 164/02 – BAGE 105, 107) . Dem Arbeitnehmer, der zunächst nur für die ersten beiden Jahre Elternzeit in Anspruch nimmt und während dieses Zeitraums ganz oder teilweise mit verringerter Arbeitszeit arbeitet, wird ermöglicht, auch im dritten Jahr der Elternzeit mit verringerter Arbeitszeit zu arbeiten. Diese Möglichkeit hat der Arbeitnehmer, der Elternzeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres nimmt, nur dann, wenn seine Elternteilzeit nicht den gesamten Zeitraum abdeckt.
(5) Das „Grundprinzip der Bindungswirkung des Elternzeitverlangens“ spricht nicht gegen die Senatsrechtsprechung (so aber Sowka SAE 2006, 125). Von der Bindungswirkung geht auch der Senat aus. Sie beruht auf der Ausgestaltung der Elternzeit, die es dem Arbeitnehmer nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 BErzGG ermöglicht, einseitig die beiderseitigen Hauptpflichten vorübergehend für die von ihm bestimmte Zeit zum Erlöschen zu bringen (vgl. Senat 19. April 2005 – 9 AZR 233/04 – AP BErzGG § 15 Nr. 44 = EzA BErzGG § 15 Nr. 15, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 3 a bb 2 der Gründe) . Diese Bindung erstreckt sich jedoch ausschließlich auf das vollständige Aussetzen mit der Arbeit, das der Arbeitnehmer autonom bestimmen kann.
Das ergibt sich bereits aus allgemeinem Recht. Denn auf Grund der rechtsgestaltenden Erklärung des Arbeitnehmers erlöschen lediglich die wechselseitigen Hauptpflichten. Die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Nebenpflichten bleiben dagegen grundsätzlich bestehen, soweit sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. Die Verpflichtung des Arbeitgebers, einem Antrag des Arbeitnehmers auf Arbeitszeitverringerung zuzustimmen, soweit keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen, ist eine Nebenpflicht. Ziel des Arbeitnehmers ist zwar das – teilweise – Wiederaufleben des Arbeitsverhältnisses. Der verlangte Vertragsabschluss ist aber keine Hauptpflicht, sondern soll erst Beschäftigungs- und Entgeltpflichten begründen.
Die Vorschriften der Elternzeit enthalten keine hiervon abweichende Regelung. Das Gegenteil ist der Fall. Sie bestätigen die Selbstständigkeit des Verringerungsanspruchs vom Elternzeitverlangen. So endet die nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BErzGG in Anspruch genommene Elternzeit vorzeitig nur in den im Gesetz genannten Ausnahmen des § 16 Abs. 3 und Abs. 4 BErzGG. Dagegen endet eine beanspruchte Elternzeit durch die Aufnahme einer zulässigen Teilzeittätigkeit nicht. Das ruhende Arbeitsverhältnis wird lediglich mit einer neuen Arbeitszeitregelung wieder in Vollzug gesetzt. Unter welchen Voraussetzungen der Arbeitnehmer eine solche Teilzeitbeschäftigung verlangen kann, ist jedoch nicht in § 16 BErzGG, sondern in § 15 BErzGG geregelt. Das vollständige Aussetzen mit der Arbeit ist nach dem Katalog des § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 bis 5 BErzGG keine negative Anspruchsvoraussetzung.
bb) Der Senat hält auch daran fest, dass Sinn und Zweck des zum 1. Januar 2001 eingeführten Anspruchs auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit gegen das Auslegungsergebnis der Beklagten sprechen. Eltern sollte ermöglicht werden, in den ersten Lebensjahren ihres Kindes Beruf und Familie besser zu vereinbaren. Es hieße Eltern schlicht zu überfordern, bei einer ab Geburt geplanten Elternzeit für den Zeitraum von zwei Jahren sich abschließend festzulegen, ob und wann die Betreuung des Kindes Zeit und Raum für eine Teilzeittätigkeit lässt. Ihnen sollte eine familiengerechte flexible Handhabung ermöglicht werden.
d) Der Antrag der Klägerin auf Verringerung der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit vom 21. Dezember 2002 ist nicht wegen Fristversäumnis unbeachtlich.
aa) Nach § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BErzGG hat der Arbeitnehmer den Anspruch auf Verringerung seiner Arbeitszeit dem Arbeitgeber acht Wochen vorher schriftlich mitzuteilen. Diese Frist hat die Klägerin nicht gewahrt. Zwischen dem Zugang ihres Schreibens bei der Beklagten und dem dort mitgeteilten Beginn ab 10. Januar 2003 liegen keine acht Wochen.
bb) Ob die Nichteinhaltung der Achtwochenfrist zur Unwirksamkeit eines verspätet gestellten Teilzeitantrags führt, kann offen bleiben. Die Beklagte hat sich auf das Verringerungsverlangen der Klägerin vorbehaltlos eingelassen (vgl. BAG 14. Oktober 2003 – 9 AZR 636/02 – BAGE 108, 103).
e) Die Klägerin hat geltend gemacht, einer Verringerung der Arbeitszeit stünden keine dringenden betrieblichen Gründe entgegen. Damit hat sie ihrer Behauptungslast nach § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BErzGG genügt. Nach dieser Vorschrift besteht der Verringerungsanspruch nicht, wenn ihm dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Dem Arbeitgeber wird damit gesetzlich ein Ablehnungsrecht eingeräumt. Dabei handelt es sich um eine negative Anspruchsvoraussetzung, deren tatsächlichen Voraussetzungen vom Arbeitgeber darzulegen und ggf. zu beweisen sind (allgemeine Meinung, vgl. nur ErfK/Dörner 6. Aufl. § 15 BErzGG Rn. 24) .
2. Die Beklagte beruft sich auf solche dringende betriebliche entgegenstehende Gründe. Ob ihr Sachvortrag diese Beurteilung rechtfertigt, hat das Landesarbeitsgericht nicht geprüft. Es hat hierzu auch keine Feststellungen getroffen. Dem Senat ist daher eine eigene Sachentscheidung nicht möglich.
III. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
Dem Klageantrag steht nicht entgegen, dass die Beklagte zu einer rückwirkenden Vertragsänderung verurteilt werden soll. Spätestens seit dem In-Kraft-Treten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) am 1. Januar 2002 steht der Wirksamkeit eines Vertrags nicht (mehr) entgegen, dass der Schuldner nach § 275 Abs. 1 BGB nF nicht zu leisten braucht, auch wenn das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorliegt. Der rückwirkende Vertragsabschluss ist nicht deshalb nichtig, weil er auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist (Senat 27. April 2004 – 9 AZR 522/03 – BAGE 110, 232) .
Aus § 894 ZPO ergibt sich nichts anderes. Danach gilt die Willenserklärung erst mit Rechtskraft des Urteil als abgegeben. Zu welchem Zeitpunkt die fingierte Abgabe wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht. Das ist beim Verlangen nach Elternteilzeit der Zeitraum, für den das Arbeitsverhältnis mit verringerter Arbeitszeit geführt werden soll. Hat der Arbeitgeber keinen Ablehnungsgrund iSv. § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BErzGG, so wird der Anspruch des Arbeitnehmers daher nur erfüllt, wenn der Verringerungsantrag uneingeschränkt angenommen wird.
IV. Das Landesarbeitsgericht wird bei seiner neuen Verhandlung und Entscheidung Folgendes zu berücksichtigen haben.
1. Das Landesarbeitsgericht wird davon auszugehen haben, dass der von der Klägerin gestellte Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit auf 30 Stunden mit dem Verteilungswunsch auf die Vormittage Montag bis Samstag mit je fünf Stunden verbunden war. Das Arbeitszeitverlangen konnte nur einheitlich angenommen oder abgelehnt werden. Das ergeben die hierüber zwischen den Parteien gewechselten Schreiben (§ 133 BGB). Für die Klägerin kam es auf die Lage der Arbeitszeit entscheidend an, weil die Tagesmutter nur zu den von ihr genannten Stunden für die Kindesbetreuung zur Verfügung stand. Das hat die Beklagte nicht anders verstanden. Sie hat deshalb auch keine Vorbehalte gegen die Verringerung der Arbeitszeit als solche geäußert, sondern sich lediglich gegen die ausschließliche Vormittagsarbeit gewandt.
2. Dem Leistungsantrag, die Arbeitszeit auf die Tage Montag bis Samstag von jeweils 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr zu verteilen, kann nicht stattgegeben werden.
a) § 15 Abs. 7 BErzGG begründet nach seinem Wortlaut keinen Anspruch auf eine bestimmte vertragliche Festlegung der verringerten Arbeitszeit. Das steht einer auf entsprechende Verteilung gerichteten Klage nicht entgegen. Soweit die Zeit der Arbeitsleistung nicht durch eine arbeitsrechtliche Regelung bestimmt ist, wird sie durch den Arbeitgeber in Wahrnehmung seines Weisungsrechts nach billigem Ermessen festgelegt (§ 106 GewO iVm. § 315 Abs. 3 BGB). Ob dem genügt ist, ist von den Gerichten überprüfbar. Soll der Arbeitgeber das Weisungsrecht mit einem bestimmten Inhalt ausüben, so steht dem Arbeitnehmer zur Durchsetzung seines behaupteten Anspruchs die Leistungsklage zur Verfügung. Eine unbillige oder fehlende Leistungsbestimmung des Arbeitgebers wird nach § 315 Abs. 3 BGB durch das Gericht ersetzt.
b) Ist der vom Arbeitnehmer gewünschte Zeitraum verstrichen, kann das Klagebegehren nur noch mit der Feststellungsklage iSv. § 256 ZPO verfolgt werden. Eine entsprechende Antragsänderung ist unbedenklich zulässig. Das erforderliche besondere Interesse ergibt sich daraus, dass die gerichtlich festgestellte Verpflichtung des Arbeitgebers zur Festlegung der Arbeitszeit zu Ansprüchen des Arbeitnehmers aus Annahmeverzug (§ 615 Satz 1 BGB) führt.
3. Es wird bei der Ermessensprüfung zu klären sein, ob die Interessen der Beklagten durch eine ausschließlich vormittägliche Beschäftigung erheblich beeinträchtigt werden. Ihre Ablehnung muss auf dringenden betrieblichen Gründen beruhen.
a) § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BErzGG bindet das Ablehnungsrecht des Arbeitgebers an das Vorliegen dringender betrieblicher Gründe, die der Verringerung der Arbeitszeit entgegenstehen. Dagegen enthält die Vorschrift keine Regelungen, welche Gründe zur Abwehr des Verteilungswunsches geltend gemacht werden können. Dass es sich um betriebliche Gründe handeln muss, liegt auf der Hand. Es ergibt sich schon aus dem Regelungsgegenstand „Arbeitszeit im Betrieb“. Dass diese auch gewichtig sein müssen, ergibt sich aus der andernfalls in der Praxis oft gefährdeten Durchsetzung des Anspruchs auf Elternteilzeit. Ist der Arbeitnehmer wegen seiner familiären Einbindung auf eine bestimmte Lage seiner Arbeitszeit angewiesen, so gebührt seinen Interessen regelmäßig der Vorrang. Billig ist eine Ermessensentscheidung iSv. § 315 Abs. 3 BGB nur, wenn dem Arbeitgeber dringende betriebliche Gründe zur Seite stehen.
aa) Jede Arbeitszeitverringerung führt zwangsläufig zu einer Änderung der Arbeitszeit, sei es, dass die Arbeitsstunden an einzelnen oder allen Arbeitstagen verkürzt oder auf einen Arbeitstag oder mehrere Arbeitstage/Woche konzentriert werden. Erfahrungsgemäß bereitet es oft keine Probleme, den Arbeitnehmer auch bei verringerter Arbeitszeit zu beschäftigen. Das gilt insbesondere im Einzelhandel, in dem die Ladenöffnungszeiten die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit des Einzelnen überschreiten und in dem deshalb ohnehin mit wechselnder Belegschaft und unterschiedlicher Belegschaftsstärke gearbeitet wird. Ob der einzelne Arbeitnehmer mit der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit beschäftigt wird oder mit einer geringeren Wochenstundenzahl, ist dagegen regelmäßig ohne Bedeutung. Sein Stundendeputat kann bei den zu erstellenden Schicht- oder Einsatzplänen berücksichtigt werden.
bb) Dem gesetzlich anerkannten Interesse des Arbeitnehmers an Elternteilzeit würde nicht hinreichend Rechnung getragen werden, wenn der Arbeitgeber verlangen könnte, dass er sich wie jeder andere Arbeitnehmer in ein vorgegebenes Arbeitszeitmodell einfügen müsste. Aus seiner Sicht sind Dauer und Lage der Arbeitszeit regelmäßig aufs Engste verknüpft. Das gilt insbesondere für Eltern, die auf eine Teilerwerbstätigkeit während der Elternzeit finanziell angewiesen sind oder die im Interesse ihrer weiteren beruflichen Entwicklung den Kontakt zum Beruf nicht verlieren wollen und während ihrer berufsbedingten Abwesenheit das Kind durch Dritte (Kinderfrau, Tagesmutter, Familienangehörige) betreuen lassen. Sie sind insoweit von deren Verfügbarkeit und bei einer Betreuung in Kindertagesstätte oder Hort von den Öffnungszeiten abhängig.
cc) Diesen Prüfmaßstab gebietet auch die gesetzliche Ausgangslage. Die gesetzlichen Regelungen zur Elternzeit und Elternteilzeit dienen dem Schutz der Familie (Art. 6 GG). Es war erklärtes Ziel des Gesetzgebers, mit Hilfe des Teilzeitanspruchs während der Elternzeit und seiner Ausweitung der zulässigen Teilzeit auf 30 Wochenstunden Väter zu motivieren, sich durch teilweise berufliche Entlastung verstärkt der Betreuung und Erziehung ihres Kindes zu widmen (BT-Drucks. 14/3553 S. 2, 22).
b) Der Beklagten ist Gelegenheit zu geben, die behauptete fehlende wirtschaftliche Verwertbarkeit der Arbeitskraft der Klägerin zu konkretisieren. Dabei ist vorsorglich darauf hinzuweisen, dass es nicht allein auf die personelle Besetzung in der Abteilung ankommt, in der die Klägerin zuletzt gearbeitet hat. Nach dem Arbeitsvertrag ist die Klägerin im gesamten Möbelhaus einsetzbar. Ihr hätten auch andere zumutbare Tätigkeiten übertragen werden können als die einer Verkäuferin.