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Anscheinsbeweises für Zugang einer einfachen E-Mail

Oberlandesgericht legt strenge Regeln für E-Mail-Zugang fest

Bei geschäftlichen oder privaten Kommunikationsvorgängen per E-Mail stellt sich oft die Frage, ob und wann die elektronische Nachricht beim Empfänger tatsächlich zugegangen ist. In der Regel wird – anders als bei einem Einwurf-Einschreiben oder einer Sendung mit Empfangsbestätigung – kein Nachweis über den Zugang einer einfachen E-Mail erbracht. Die Rechtsprechung hat daher Kriterien entwickelt, nach denen sich der Zugang einer E-Mail indizieren lässt.

Eine zentrale Rolle spielt dabei die Frage, ob bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ein Anscheinsbeweis für den Zugang angenommen werden kann. Hierzu hat sich in der Rechtsprechung eine überwiegende Auffassung herausgebildet. Im nachfolgenden Urteilsfall musste das Oberlandesgericht Rostock über diesen Aspekt entscheiden und nimmt dazu eingehend Stellung.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 7 U 2/24 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Zurückweisung der Berufung: Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts zurückzuweisen, da keine Aussicht auf Erfolg besteht.
  2. Keine grundsätzliche Bedeutung: Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung für die Rechtsfortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
  3. Keine mündliche Verhandlung notwendig: Eine mündliche Verhandlung ist für die Entscheidungsfindung nicht erforderlich.
  4. Einschätzung des Landgerichts bestätigt: Das Landgericht hat die Beweislage korrekt beurteilt; es bestehen keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit der Beweiswürdigung.
  5. Kein Anscheinsbeweis für E-Mail-Zugang: Der Senat lehnt einen Anscheinsbeweis für den Zugang einer einfach übermittelten E-Mail ab.
  6. Beweislast für E-Mail-Zugang: Die Beweislast für den Zugang eines Bestätigungsschreibens liegt bei der Klägerin.
  7. Keine umfassende Prüfung von E-Mail-Eingängen: Die Klägerin kann nicht verlangen, dass der E-Mail-Account der Beklagten umfassend geprüft wird, um den Zugang zu beweisen.

➜ Der Fall im Detail


Rechtliche Auseinandersetzung um den Zugang einer E-Mail

Im Kern des Falles am Oberlandesgericht Rostock ging es um die rechtliche Klärung, ob eine einfache, ohne Empfangs- oder Lesebestätigung versandte E-Mail als zugestellt gelten kann, wenn vom Empfänger kein Zugang bestätigt wird.

Zugang eMail Anscheinsbeweis
(Symbolfoto: Redhatz69 /Shutterstock.com)

Die Klägerin behauptete, einen fernmündlich geschlossenen Vertrag per E-Mail bestätigt zu haben, während die Beklagte den Erhalt dieser E-Mail bestritt. Die rechtliche Herausforderung bestand darin, ob für die Annahme des Zugangs einer solchen E-Mail ein Anscheinsbeweis spricht, der es der Klägerin erlauben würde, von einem erfolgten Zugang auszugehen.

Urteilsfindung des Landgerichts

Das Landgericht Schwerin hatte in der ersten Instanz entschieden, dass keine ausreichenden Beweise für den Zugang der E-Mail vorliegen, was die Klägerin dazu veranlasste, Berufung einzulegen. Das Gericht stützte sich auf die allgemeinen Grundsätze des Beweisrechts und die Beweislast, die in solchen Fällen bei dem Absender der E-Mail liegt.

Entscheidung des Oberlandesgerichts Rostock

Das OLG Rostock wies die Berufung der Klägerin zurück, da sie nicht die notwendigen Beweise erbringen konnte, die den Zugang der E-Mail bestätigten. In seiner Begründung folgte das Gericht der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung und Literatur, die einen Anscheinsbeweis für den Zugang einfacher E-Mails verneint. Die Entscheidung unterstrich, dass der bloße Versand einer E-Mail ohne den Erhalt einer Fehlermeldung nicht ausreicht, um deren Zugang zu beweisen.

Bewertung der Beweislage und rechtliche Würdigung

Das Gericht erörterte ausführlich die Schwächen der Argumentation der Klägerin, insbesondere den fehlenden Nachweis eines tatsächlichen Zugangs. Es betonte, dass ein Zugangsnachweis nicht allein durch den Versand der E-Mail geführt werden kann und wies darauf hin, dass auch die technischen Bedingungen der E-Mail-Kommunikation keinen sicheren Schluss auf den Zugang zulassen.

Rechtliche Bedeutung des Urteils

Das Urteil des OLG Rostock hat klargestellt, dass für den Zugangsnachweis von einfachen E-Mails strenge Maßstäbe anzulegen sind. Diese Entscheidung hat bedeutende Implikationen für die Praxis der elektronischen Kommunikation im Geschäftsverkehr, da sie die Anforderungen an den Nachweis des E-Mail-Zugangs konkretisiert und festlegt, dass ein Absender beweispflichtig ist und nicht von einem Zugang ausgehen kann, ohne dass dieser eindeutig nachgewiesen ist.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was ist ein Anscheinsbeweis und wie wird er im Zusammenhang mit dem E-Mail-Zugang angewendet?

Ein Anscheinsbeweis ist ein rechtliches Konzept, das in Situationen angewendet wird, in denen eine bestimmte Tatsachenkonstellation typischerweise auf eine bestimmte Ursache oder ein bestimmtes Ergebnis hinweist. Dies ermöglicht es, von einem typischen Geschehensablauf auszugehen, ohne dass jede Einzelheit bewiesen werden muss. Im Kontext des E-Mail-Zugangs bedeutet dies, dass unter bestimmten Umständen der bloße Versand einer E-Mail ohne Empfang einer Fehlermeldung als hinreichender Beweis für den Zugang der E-Mail beim Empfänger angesehen werden könnte.

Im deutschen Recht wird der Anscheinsbeweis jedoch im Zusammenhang mit dem Zugang von E-Mails nicht generell anerkannt. Die Rechtsprechung und die herrschende Meinung in der Literatur verlangen, dass der Absender den Zugang der E-Mail beim Empfänger konkret nachweist. Das Versenden einer E-Mail und das Fehlen einer Fehlermeldung stellen keinen ausreichenden Beweis für den tatsächlichen Zugang der E-Mail beim Empfänger dar.

Das Landesarbeitsgericht Köln hat beispielsweise entschieden, dass der Absender die volle Beweislast dafür trägt, dass die E-Mail dem Empfänger zugegangen ist. Es besteht kein Anscheinsbeweis dafür, dass eine abgesendete E-Mail auch beim Empfänger zugegangen sei. Dies bedeutet, dass der Absender nicht nur den Versand, sondern auch den Zugang der E-Mail beim Empfänger nachweisen muss. Technische Möglichkeiten wie Serverprotokolle oder die Anforderung einer Lesebestätigung können dabei helfen, sind aber nicht immer ausreichend oder verlässlich, da beispielsweise Lesebestätigungen vom Empfänger abgelehnt werden können.

Zusammengefasst erfordert der Nachweis des Zugangs einer E-Mail im deutschen Recht eine konkrete Beweisführung durch den Absender, und der bloße Versand der E-Mail ohne Fehlermeldung reicht nicht aus, um den Zugang zu beweisen. Der Anscheinsbeweis findet in diesem Kontext keine Anwendung.

Wie unterscheidet sich die Beweislast beim Zugang von E-Mails im Vergleich zu herkömmlichen Briefen?

Die Beweislast beim Zugang von E-Mails unterscheidet sich von der bei herkömmlichen Briefen vor allem durch die Art und Weise des Nachweises. Während bei physischen Briefen der Zugang durch die Übergabe an den Empfänger oder den Einwurf in den Briefkasten nachgewiesen werden kann, ist der Zugang einer E-Mail technisch schwerer zu belegen.

Bei herkömmlichen Briefen kann der Absender durch Einschreiben oder ähnliche nachverfolgbare Versandmethoden einen Beleg für den Versand und oft auch für den Zugang beim Empfänger erhalten. Bei E-Mails hingegen ist der Nachweis des Zugangs komplexer. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom 06. Oktober 2022 (Az. VII ZR 895/21) klargestellt, dass im unternehmerischen Geschäftsverkehr eine E-Mail dann als zugegangen gilt, wenn sie auf dem Mailserver des Empfängers abrufbereit zur Verfügung steht. Die tatsächliche Kenntnisnahme durch den Empfänger ist für den Zugang nicht erforderlich.

Allerdings bleibt die Beweislast beim Absender, der nachweisen muss, dass die E-Mail den Server des Empfängers erreicht hat. Dies kann technisch schwierig sein, da nicht jeder Server das automatische Senden einer Übermittlungsbestätigung unterstützt und eine Lesebestätigung vom Empfänger unterdrückt werden kann.

Im Vergleich dazu ist bei herkömmlichen Briefen die Beweisführung durch die Postdienstleister institutionalisiert und durch die Möglichkeit von Einschreiben oder ähnlichen Diensten, die eine Empfangsbestätigung bieten, erleichtert. Bei E-Mails hingegen muss der Absender technische Nachweise erbringen, die zeigen, dass die E-Mail den Server des Empfängers erreicht hat, was durch Protokolle des Postausgangsservers des Absenders erfolgen kann. Diese Protokolle werden jedoch häufig nach einer gewissen Zeit automatisch gelöscht, was die Beweisführung erschwert.

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Zusammengefasst liegt die Beweislast für den Zugang einer E-Mail beim Absender, und der Nachweis ist technisch anspruchsvoller als bei physischen Briefen. Der Absender muss technische Beweise erbringen, die zeigen, dass die E-Mail den Mailserver des Empfängers erreicht hat, während bei herkömmlichen Briefen der Zugang durch die Postdienstleister und deren Versandmethoden nachgewiesen werden kann.

Welche rechtlichen Folgen hat die Nichtanerkennung des Anscheinsbeweises für E-Mail-Zugänge?

Die Nichtanerkennung des Anscheinsbeweises für den Zugang von E-Mails hat bedeutende rechtliche Folgen, insbesondere in Bezug auf die Beweislastverteilung. Wenn ein Anscheinsbeweis nicht anerkannt wird, bedeutet dies, dass der Absender einer E-Mail nicht allein durch den Versand der E-Mail davon ausgehen kann, dass diese auch beim Empfänger angekommen ist. Stattdessen muss der Absender den Zugang der E-Mail beim Empfänger konkret nachweisen.

Rechtliche Herausforderungen für den Absender

  • Erhöhte Beweislast: Der Absender trägt die volle Beweislast dafür, dass die E-Mail den Empfänger erreicht hat. Dies erfordert oft den Einsatz technischer Mittel wie Serverprotokolle oder die Anforderung einer Lesebestätigung, obwohl auch diese Methoden ihre Grenzen haben, da Lesebestätigungen vom Empfänger abgelehnt werden können.
  • Risiko bei Fristwahrung: In rechtlichen Kontexten, wo Fristen eine Rolle spielen, wie bei Vertragsangeboten oder Kündigungen, kann die Nichtanerkennung des Anscheinsbeweises zu erheblichen Problemen führen. Wenn der Zugang einer E-Mail nicht nachgewiesen werden kann, könnte eine fristgebundene Handlung als ungültig angesehen werden, weil sie nicht rechtzeitig zugestellt wurde.
  • Technische und organisatorische Maßnahmen: Absender müssen möglicherweise in bessere technische Lösungen investieren, um den Zugang ihrer E-Mails zuverlässig nachweisen zu können. Dies könnte zusätzliche Kosten und Aufwand bedeuten, insbesondere für Unternehmen, die regelmäßig rechtlich relevante Kommunikation per E-Mail führen.

Rechtliche Sicherheit für den Empfänger

  • Schutz vor unbegründeten Ansprüchen: Empfänger sind besser vor unbegründeten Ansprüchen geschützt, da der Absender den Zugang der E-Mail nachweisen muss. Dies verhindert Situationen, in denen Empfänger für den Erhalt von Nachrichten verantwortlich gemacht werden könnten, die sie tatsächlich nie erhalten haben.
  • Klarheit und Fairness im Rechtsverkehr: Die klare Regelung der Beweislast trägt zu mehr Fairness und Vorhersehbarkeit im rechtlichen Umgang mit E-Mail-Kommunikation bei. Beide Parteien wissen, dass der Zugang einer E-Mail eindeutig nachgewiesen werden muss, was zu einer transparenteren und gerechteren Handhabung von Rechtsstreitigkeiten führt.

Zusammengefasst führt die Nichtanerkennung des Anscheinsbeweises für den Zugang von E-Mails dazu, dass der Absender in der Pflicht steht, den Zugang konkret nachzuweisen. Dies erhöht die Anforderungen an die Beweisführung und kann sowohl technische als auch organisatorische Anpassungen erfordern, bietet jedoch auch einen besseren rechtlichen Schutz für den Empfänger.

Warum ist der Nachweis des Zugangs einer E-Mail ohne Lesebestätigung problematisch?

Der Nachweis des Zugangs einer E-Mail ohne Lese- oder Empfangsbestätigung ist problematisch, da technische und rechtliche Unsicherheiten bestehen. E-Mails können auf dem Übertragungsweg verloren gehen, von Spam-Filtern blockiert oder fälschlicherweise als Spam klassifiziert werden, ohne dass der Absender hiervon Kenntnis erhält. Dies führt zu Schwierigkeiten, insbesondere wenn die E-Mail rechtlich relevante Informationen enthält oder für vertragliche Zwecke verwendet wird.

  • Technische Herausforderungen:
  • Verlust auf dem Übertragungsweg: E-Mails können während der Übertragung zwischen verschiedenen Servern verloren gehen. Dies kann durch technische Fehler oder Konfigurationsprobleme auf den beteiligten Servern verursacht werden.
  • Spam-Filter: E-Mails, die von Spam-Filtern erfasst werden, erreichen das Postfach des Empfängers nicht. Der Absender erhält in der Regel keine Benachrichtigung darüber, dass seine Nachricht als Spam eingestuft und nicht zugestellt wurde.
  • Rechtliche Herausforderungen:
  • Beweislast: Im deutschen Recht trägt der Absender die Beweislast für den Zugang der E-Mail beim Empfänger. Ohne Lese- oder Empfangsbestätigung fehlt ein einfacher und überzeugender Beweis dafür, dass die E-Mail den Empfänger erreicht hat.
  • Rechtliche Konsequenzen: Fehlt der Nachweis des Zugangs, können rechtlich bedeutsame Fristen als nicht eingehalten gelten, was zu Nachteilen in rechtlichen oder vertraglichen Angelegenheiten führen kann.

Insgesamt erfordert der Nachweis des Zugangs einer E-Mail ohne Lese- oder Empfangsbestätigung zusätzliche technische und organisatorische Maßnahmen, wie die Verwendung von Serverprotokollen oder die Einrichtung von Systemen, die den Zugang verlässlicher dokumentieren können. Dies kann jedoch komplex und nicht immer zuverlässig sein, was die rechtliche Sicherheit in der elektronischen Kommunikation beeinträchtigt.

Welche Maßnahmen können getroffen werden, um den Zugang von wichtigen E-Mails zu sichern?

Um den Zugang von wichtigen E-Mails zu sichern und die rechtliche Sicherheit zu gewährleisten, können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. Diese umfassen sowohl technische Lösungen als auch organisatorische Praktiken:

Technische Maßnahmen

  • Verwendung von Lese- und Empfangsbestätigungen: Obwohl diese nicht immer zuverlässig sind, bieten sie eine erste Indikation, dass die E-Mail den Empfänger erreicht hat. Es ist jedoch zu beachten, dass Empfänger die Sendung von Bestätigungen deaktivieren können.
  • Verschlüsselung der E-Mail-Kommunikation: Durch die Verschlüsselung von E-Mails kann sichergestellt werden, dass die Inhalte während der Übertragung geschützt sind. Dies ist besonders wichtig, wenn vertrauliche Informationen gesendet werden. Verschiedene Tools wie PGP (Pretty Good Privacy) oder S/MIME (Secure/Multipurpose Internet Mail Extensions) können hierfür eingesetzt werden.
  • Einsatz von sicheren E-Mail-Servern: Die Verwendung von Servern, die hohe Sicherheitsstandards erfüllen und regelmäßig gewartet werden, kann das Risiko von Datenverlusten und unautorisiertem Zugriff minimieren. Zudem sollten SMTP-Verbindungen durch Transport Layer Security (TLS) gesichert werden, um die Daten während der Übertragung zu schützen.
  • Portalbasierte Verschlüsselung: Für besonders sensible Kommunikation kann die Nutzung eines Verschlüsselungsportals sinnvoll sein. Hierbei werden E-Mails nicht direkt an den Empfänger gesendet, sondern auf einem sicheren Server abgelegt. Der Empfänger erhält lediglich eine Benachrichtigung mit einem Link zum Portal, wo die E-Mail nach erfolgter Authentifizierung eingesehen werden kann.

Organisatorische Maßnahmen

  • Klare Kommunikationsrichtlinien: Unternehmen sollten klare Richtlinien darüber haben, welche Informationen über E-Mail ausgetauscht werden dürfen und welche alternativen Kommunikationswege für sensible Daten zu verwenden sind.
  • Schulung der Mitarbeiter: Regelmäßige Schulungen zum sicheren Umgang mit E-Mails und zur Sensibilisierung für Phishing und andere Sicherheitsrisiken sind essenziell, um das Bewusstsein und die Kompetenz der Mitarbeiter im Umgang mit E-Mail-Sicherheit zu stärken.
  • Regelmäßige Überprüfung der Sicherheitsmaßnahmen: Die Überprüfung und Anpassung der Sicherheitsmaßnahmen sollte regelmäßig erfolgen, um auf neue Bedrohungen und technische Entwicklungen reagieren zu können.

Durch die Kombination dieser technischen und organisatorischen Maßnahmen kann die Sicherheit und der zuverlässige Zugang von wichtigen E-Mails verbessert werden, was insbesondere in rechtlichen und geschäftlichen Kontexten von großer Bedeutung ist.

Inwiefern beeinflusst die technische Entwicklung der E-Mail-Kommunikation die rechtlichen Rahmenbedingungen?

Die technische Entwicklung der E-Mail-Kommunikation beeinflusst die rechtlichen Rahmenbedingungen in mehreren Aspekten. Zum einen erfordert die zunehmende Digitalisierung der Kommunikation eine Anpassung bestehender Gesetze und Vorschriften, um die Authentizität, Integrität und Vertraulichkeit elektronischer Nachrichten zu gewährleisten und rechtlich abzusichern.

  • Anpassung an digitale Kommunikationskanäle: Die rechtlichen Rahmenbedingungen müssen sich an die neuen Formen der digitalen Kommunikation anpassen, um deren Besonderheiten und potenzielle Fehlerquellen zu berücksichtigen. Digitale Kommunikation ist grundsätzlich bidirektional, und auch ein Nicht-Antworten ist eine Form der Kommunikation, die im digitalen Raum leichter missinterpretiert werden kann als in der analogen Welt.
  • Sicherheit und Vertrauen: Mit der Digitalisierung steigen die Anforderungen an die Sicherheit und das Vertrauen in digitale Kommunikationswege. Es müssen rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die ein hohes Maß an Sicherheit gewährleisten und das Vertrauen der Nutzer in die digitale Kommunikation stärken.
  • Beweisführung im Rechtsverkehr: Die Beweisführung im Rechtsverkehr, insbesondere im gerichtlichen Prozess, muss sich den technischen Entwicklungen anpassen. Digitale Beweismittel wie E-Mails erfordern spezifische Methoden und Standards, um ihre Integrität sicherzustellen und sie als Beweismittel zuzulassen.
  • Datenschutz und Archivierung: Die Archivierung von E-Mails und die Einhaltung des Datenschutzes sind weitere rechtliche Herausforderungen, die durch die technische Entwicklung beeinflusst werden. Die DSGVO-konforme Archivierung von E-Mails ist ein wichtiger Aspekt des Risikomanagements für Unternehmen und muss rechtlich abgesichert sein.
  • Elektronische Signatur und Identitätsnachweis: Die technische Entwicklung ermöglicht den Einsatz von elektronischen Signaturen und Identitätsnachweisen, die die Schriftform ersetzen können. Dies erfordert rechtliche Anpassungen, um die Gleichwertigkeit der elektronischen Form mit der Schriftform zu gewährleisten und rechtliche Anforderungen wie die der qualifizierten elektronischen Signatur zu definieren.
  • Anpassung an neue Technologien: Mit der Einführung neuer Technologien wie De-Mail oder anderen sicheren Kommunikationsplattformen müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen angepasst werden, um die spezifischen Eigenschaften und Sicherheitsanforderungen dieser Technologien zu berücksichtigen.

Insgesamt zeigt sich, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen kontinuierlich an die technische Entwicklung der E-Mail-Kommunikation angepasst werden müssen, um die Rechtssicherheit und Funktionalität in der digitalen Welt zu gewährleisten.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO (Zivilprozessordnung): Dieser Paragraph ermöglicht es Gerichten, eine Berufung ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn sie einstimmig der Meinung sind, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Im vorliegenden Fall wird dieser Paragraph angewendet, um die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Schwerin zurückzuweisen, was die gerichtliche Effizienz fördert und unnötige Verfahren vermeidet.
  • § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO: Dieser legt die Grundsätze für die Überprüfung von Tatsachen in der Berufungsinstanz fest. Hier wird betont, dass das Berufungsgericht in der Regel an die vom Erstgericht festgestellten Tatsachen gebunden ist, es sei denn, es bestehen konkrete Anhaltspunkte, die eine erneute Tatsachenfeststellung rechtfertigen. Dies trägt zur Stabilität des Verfahrens bei, indem nicht jede Tatsache in der Berufung neu verhandelt wird.
  • § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Er regelt den Zugang von Willenserklärungen, die in Abwesenheit des Empfängers abgegeben werden, wie es bei einer E-Mail der Fall ist. Im Kontext des Urteils spielt dieser Paragraph eine zentrale Rolle, da es um den Beweis des Zugangs einer E-Mail geht, was essentiell für die Wirksamkeit der Willenserklärung ist.
  • Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens: Diese Grundsätze, die sich aus den Handelsbräuchen entwickelt haben, dienen dazu, den Handelsverkehr zu erleichtern und Rechtssicherheit zu schaffen, indem sie unter bestimmten Voraussetzungen von einer Zustimmung zu zuvor mündlich getroffenen Abreden ausgehen. Im vorliegenden Fall wurde erörtert, dass diese Grundsätze nicht anwendbar sind, da der Zugang des Bestätigungsschreibens bestritten wird.
  • Beweislastregelung und Anscheinsbeweis: Im Urteil wird der Anscheinsbeweis für den E-Mail-Zugang thematisiert. Es wird klargestellt, dass für den Zugang von E-Mails kein Anscheinsbeweis besteht, solange keine ausreichenden Beweise vorliegen. Dies ist entscheidend für die Klärung der Beweislast in elektronischer Kommunikation und beeinflusst direkt die Anforderungen an den Nachweis des Zugangs.
  • § 371 ff. ZPO und §§ 142 ff. ZPO: Diese Paragraphen regeln die Vorlage von Urkunden und die Beweiserhebung durch Augenschein, was im Urteil im Kontext der Beweisführung für den E-Mail-Zugang erwähnt wird. Hier wird klargestellt, dass die gesetzlichen Bestimmungen keine Grundlage bieten, um von der Gegenseite eine umfassende Offenlegung elektronischer Posteingänge zu fordern, was die Privatsphäre und das Recht auf ein faires Verfahren schützt.


Das vorliegende Urteil

OLG Rostock – Az.: 7 U 2/24 – Beschluss vom 03.04.2024

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 14.12.2023, Az.: 3 O 133/21, gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Den Streitwert für den Berufungsrechtszug beabsichtigt der Senat auf … € festzusetzen.

3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses. Die Rücknahme der Berufung wird nahegelegt.

Gründe

Die statthafte und auch sonst zulässige Berufung weist in der Sache keine Erfolgsaussicht auf. Weder ist das Beweisaufnahmeergebnis erster Instanz abweichend vom Landgericht dahingehend zu würdigen, dass die Parteien doch den von der Klägerin behaupteten (fern-) mündlichen Vertrag geschlossen hätten, bzw. bestehen Zweifel an der Richtigkeit der Beweiswürdigung des Landgerichts, noch würde ein entsprechender Vertrag mit dem behaupteten Inhalt nach den Grundsätzen über das kaufmännische Bestätigungsschreiben als geschlossen gelten.

1. Die Beweiswürdigung des Landgerichts begegnet keinen Bedenken. Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der vom Landgericht getroffenen Feststellungen i.S.d. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bestehen, auch bei Zugrundelegung eines grundsätzlich gebotenen großzügigen Maßstabes, wonach es für die Bejahung von Zweifeln ausreicht, dass eine gewisse – nicht notwendigerweise überwiegende – Wahrscheinlichkeit für eine Unvollständigkeit bzw. Unrichtigkeit streitet (Zöller/Heßler, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 529 Rn. 8; BeckOK ZPO/Wulf, 51. Edition – 01.12.2023, § 529 Rn. 8 f., m.w.N.), nicht. Die Einschätzung des Landgerichts (UA Seiten 5 f.), es könne in Anbetracht des Fehlens einer Erinnerung an das konkrete (Fern-) Gespräch jedenfalls nicht mit der notwendigen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die Fertigung und Versendung des vermeintlichen Vertrags- bzw. Bestätigungsschreibens durch den Zeugen … im Nachgang zu dem streitbegriffenen Telefonat schlicht auf einem Missverständnis des Gesprächsinhalts beruhen, die Beklagte also ggf. tatsächlich – jedenfalls nicht ausschließbar – nur eine Preisanfrage formuliert haben und damit belastbare Rückschlüsse auf den Gesprächsinhalt nicht gezogen werden könnten, erscheint mindestens nachvollziehbar und wird auch durch die Ausführungen in der Berufungsbegründung nicht erschüttert. Letztlich hat der Zeuge … die Frage, ob er ein Missverständnis ausschließen könne, auch nicht bzw. nur ausweichend beantwortet (…).

2. Auch auf die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens kann die Klägerin sich nicht mit Erfolg stützten. Dieser hilfsweise Argumentationsstrang der Klägerin scheitert jedenfalls daran, dass nach Beweislastgrundsätzen nicht von dem beklagtenseits bestrittenen Zugang (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB) des vermeintlichen Bestätigungsschreibens ausgegangen werden kann. Die Beweislast für den Zugang liegt – darüber besteht im Ausgangspunkt auch zwischen den Parteien Konsens – bei der Klägerin. Dabei kommt der Klägerin die von ihr reklamierte Beweiserleichterung eines Anscheinsbeweises nicht zu Gute. Taugliche Beweisantritte liegen nicht vor.

a) Für die Annahme eines Anscheinsbeweises für den Zugang einer feststehendermaßen abgesandten (einfachen, insbesondere ohne Empfangs- oder Lesebestätigung übermittelten) E-Mail sieht der Senat keine Grundlage. Die von der Klägerin für ihren gegenteiligen Standpunkt zuletzt in der Berufungsbegründung zitierte instanzgerichtliche Entscheidung (AG Frankfurt a. M., Urteil vom 23.10.2008 – 30 C 730/08, BeckRS 2009, 5792), die einen Anscheinsbeweis bejaht hat, ist vereinzelt geblieben und hat sich nicht durchgesetzt. Hierauf hat bereits die Beklagte in der Berufungserwiderung unter Fundstellenangabe zutreffend hingewiesen. Es entspricht in der (insbesondere auch obergerichtlichen) Rechtsprechung sowie im Kommentarschrifttum nahezu einhelliger Auffassung, dass für den Zugang einer (im vorbezeichneten Sinne einfachen) E-Mail allein aufgrund des Feststehenden Absendens, auch in Verbindung mit dem feststehenden Nichterhalt einer Unzustellbarkeitsnachricht auf Seiten des Absenders, kein Anscheinsbeweis streitet (etwa: OLG Hamm, Beschluss vom 10.08.2023 – I-26 W 13/23 [Juris; Tz. 5 ff.]; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.08.2018 – 2 Sa 403/18 [Juris; Tz. 39]; LAG Köln, Urteil vom 11.01.2022 – 4 Sa 315/21, MDR 2022, 392 [Juris; Tz. 58 f.]; LG Hagen, Beschluss vom 31.03.2023 – 10 O 328/22 [Juris; Tz. 9]; Erman/Arnold, BGB, 17. Aufl. 2023, § 130 Rn. 33; jurisPK-BGB/Reichold, 10. Aufl. 2023 [Stand: 15.05.2023], § 130 Rn. 65; Staudinger/Singer/Benedict, BGB, Neubearbeitung 2021, § 130 Rn. 110; BeckOK IT-Recht/Borges, 13. Edition – 01.05.2021, BGB § 130 Rn. 58; Grüneberg/Ellenberger, BGB, 83. Aufl. 2024, § 130 Rn. 21; BeckOGK BGB/Gomille, Stand: 01.09.2022, § 130 Rn. 135, m.w.N.). Diese Auffassung teilt auch der Senat. Der Zugang mag unter den genannten Voraussetzungen – sofern sie ihrerseits unbestritten oder erwiesen sind und damit prozessual feststehen – „die Regel“ darstellen, ist aber letztlich jedenfalls unter den gegenwärtigen technischen Bedingungen (noch) nicht in einem Maße typisch, dass die Bejahung einer prima-facie-Beweiserleichterung gerechtfertigt wäre.

b) Soweit die Klägerin zum Beweis des E-Mail-Zugangs bei der Beklagten auf eine Vorlage bzw. Offenlegung der gesamten elektronischen Posteingänge der Beklagten im hier interessierenden Zeitraum durch die Beklagte verweist, war und ist diesem Beweisantritt nicht nachzugehen. Nicht anders als in der „analogen“ Welt, in der ein Zugangsnachweis in einem Zivilprozess unstreitig nicht dadurch geführt werden könnte, dass die Briefkästen oder gar Wohn- und Geschäftsräume des vermeintlichen Empfängers umfassend auf den in Rede stehenden Brief „durchforstet“ werden und der Prozessgegner diese Maßnahme zu dulden bzw. an ihr gar aktiv mitzuwirken hätte, kann der Beweis des Zugangs einer E-Mail nicht dadurch erbracht werden, dass der vermeintliche Adressat selbst seinen E-Mail-Account mit dem virtuellen Posteingangskorb und ggf. weiteren Ablageordnern („Gelöschte Elemente“ o.ä.) zu Beweiszwecken gleichsam zur Verfügung stellen müsste (auch nicht indirekt im Rahmen einer sachverständigen Begutachtung; LG Duisburg, Beschluss vom 28.06.2010 – 12 S 67/10, RRa 2011, 25 [Juris; Tz. 10]). Ob für die Beklagte hinsichtlich des in Rede stehenden (E-Mail-) Schreibens eine steuer- oder handelsrechtliche Aufbewahrungspflicht bestanden hätte, spielt insoweit keine Rolle. Unabhängig hiervon bieten für eine entsprechende Beweisführung weder die §§ 371 ff. ZPO noch die §§ 142 ff. ZPO eine Grundlage. Die Klägerin selbst hat auch keine rechtliche Grundlage für ihren Beweisantritt benannt (…).

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