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Zwangsvollstreckung einer Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistung

Das Gericht stellte fest, dass das Vorgehen der Antragsgegner, den Annahmeverzug durch notarielle Urkunde nachzuweisen, rechtmäßig ist und keine Verletzung der Rechte des Schuldners darstellt. Die Antragsgegnerin ist berechtigt, alle rechtlichen Mittel zur Herbeiführung und zum Nachweis des Annahmeverzugs zu nutzen.

→ Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 4 W 31/23

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Die Zwangsvollstreckung einer Zug-um-Zug-Leistung durch Angebot der Gegenleistung und Dokumentation des Annahmeverzugs ist zulässig.
  • Der Gläubiger darf den Annahmeverzug des Schuldners bei Zug-um-Zug-Leistungen durch öffentliche Urkunde nachweisen.
  • Das Vorgehen des Notars bei der Errichtung der Urkunde über den Annahmeverzug ist rechtmäßig und keine unzulässige Parteinahme.
  • Der Schuldner kann die Verwendung der Urkunde nicht verhindern, solange der Vollstreckungstitel besteht.
  • Der Erlass einer einstweiligen Verfügung zum Verbot der Urkundennutzung ist nicht gerechtfertigt.
  • Die Vorschriften zur Geschäftsführung ohne Auftrag finden keine Anwendung im Zwangsvollstreckungsrecht.
  • Ein Schaden des Schuldners liegt nicht allein in der Schaffung der Annahmeverzugsvoraussetzungen.
  • Das Tatsachenprotokoll des Notars über das Ausbleiben der Genehmigung ist rechtmäßig.

Zwangsvollstreckung von Zug-um-Zug-Leistungen: Gericht klärt Annahmeverzug-Nachweis

Die Zwangsvollstreckung ist ein komplexer juristischer Bereich, der für viele Menschen eine große Herausforderung darstellt. Hierbei geht es um die rechtlich zulässige Durchsetzung von Forderungen gegen einen säumigen Schuldner. Ein besonderes Thema ist die Zwangsvollstreckung einer Zug-um-Zug-Leistung, bei der der Gläubiger und Schuldner gegenseitige Ansprüche erfüllen müssen.

In solchen Fällen ist es für den Gläubiger oft schwierig, die rechtlich erforderlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen. Dabei spielt insbesondere der Nachweis eines Annahmeverzugs des Schuldners eine entscheidende Rolle. Die Gerichte haben hierzu in der Vergangenheit unterschiedliche Anforderungen und Lösungsansätze entwickelt, die in der Praxis immer wieder zu Unsicherheiten führen können.

Im Folgenden wird ein aktuelles Gerichtsurteil vorgestellt, das die Zulässigkeit bestimmter Vorgehensweisen bei der Zwangsvollstreckung einer Zug-um-Zug-Leistung klärt und wichtige Hinweise für die Praxis gibt.

Der Fall vor dem Landgericht Köln und Oberlandesgericht Köln im Detail

Zug-um-Zug-Leistung: Nachweis des Annahmeverzugs im Fokus

Im vorliegenden Fall geht es um die Zwangsvollstreckung eines Urteils, das eine Zug-um-Zug-Leistung beinhaltet. Zug-um-Zug bedeutet, dass der Gläubiger und der Schuldner ihre Leistungen gleichzeitig erbringen müssen. Der Gläubiger kann seine Leistung also erst fordern, wenn er seine eigene Verpflichtung erfüllt hat.

In dem Fall hatte der Antragsteller (Schuldner) seine Gesellschafts- und Geschäftsanteile an die Antragsgegnerin verkauft. Diese warf ihm jedoch arglistige Täuschung vor und verlangte die Rückabwicklung des Geschäfts. Das Landgericht Köln verurteilte den Antragsteller im Jahr 2022 zur Zahlung von Schadensersatz, Zug um Zug gegen Rückübertragung der Anteile. Das Urteil wurde vorläufig vollstreckbar erklärt, jedoch unter der Bedingung einer Sicherheitsleistung der Antragsgegnerin.

Das rechtliche Problem dieses Falls liegt in der Herbeiführung des Annahmeverzugs des Schuldners. Dies ist erforderlich, damit der Gläubiger aus dem Urteil vollstrecken kann. Der Gläubiger muss nachweisen, dass er dem Schuldner die Gegenleistung (hier: die Rückübertragung der Anteile) angeboten hat und dieser sie nicht angenommen hat.

Nachweis des Annahmeverzugs durch notarielle Urkunde

Die Antragsgegnerin ließ vor einem Notar eine Urkunde errichten, in der sie dem Antragsteller die Anteile Zug um Zug gegen Zahlung des Schadensersatzes anbot. Der Geschäftsführer der Antragsgegnerinnen nahm das Angebot für den Antragsteller als Vertreter ohne Vertretungsmacht an, vorbehaltlich dessen Genehmigung. Der Notar wurde angewiesen, nach Ablauf einer Frist zu bestätigen, dass der Antragsteller die Genehmigung nicht erteilt hat.

Der Antragsteller fühlte sich durch dieses Vorgehen in seinen Rechten verletzt und beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegner, um die Verwendung der notariellen Urkunde zu untersagen. Er argumentierte, dass der Geschäftsführer ohne Auftrag für ihn gehandelt habe und die Urkunde nichtig sei.

Gericht: Vorgehen der Antragsgegner ist rechtmäßig

Das Landgericht Köln und das Oberlandesgericht Köln wiesen den Antrag des Antragstellers ab. Die Gerichte sahen kein rechtswidriges Handeln der Antragsgegner und keinen Schaden des Antragstellers. Zwar sei der Antragsteller durch das Vorgehen der Antragsgegner in Annahmeverzug geraten, dies sei jedoch im Rahmen der Zwangsvollstreckung zulässig.

Das Gericht führte folgende Argumente an:

  • Die Antragsgegnerin ist berechtigt, alle rechtlichen Mittel zur Herbeiführung und zum Nachweis des Annahmeverzugs zu nutzen.
  • Der Antragsteller drohte zu keiner Zeit, mit einer ungewollten Verbindlichkeit belastet zu werden, da er die Annahme der Anteile genehmigen musste.
  • Die von den Antragsgegnern gewählte Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden, da sie sicherstellte, dass dem Antragsteller kein Nachteil entstand.
  • Der Antragsteller konnte seine Einwände gegen die Zwangsvollstreckung im Zwangsvollstreckungsverfahren geltend machen.

Keine Verletzung der Rechte des Schuldners

Das Gericht betonte, dass der Gesetzgeber keine spezielle Regelung für die Herbeiführung des Annahmeverzugs bei Zug-um-Zug-Leistungen vorgesehen hat. Daher sei das Vorgehen der Antragsgegner, die Gegenleistung anzubieten und den Annahmeverzug durch notarielle Urkunde nachzuweisen, rechtmäßig.

Das Gericht stellte klar, dass der Antragsteller durch die Schaffung des Annahmeverzugs keinen Schaden erlitten hat. Er verlor keine Vermögensposition und die Zwangsvollstreckung selbst durfte erst nach Erbringung der Sicherheitsleistung erfolgen.

✔ FAQ zum Thema: Zwangsvollstreckung einer Zug-um-Zug-Leistung


Was ist eine Zug-um-Zug-Leistung?

Eine Zug-um-Zug-Leistung bedeutet, dass die Vertragsparteien eines Schuldverhältnisses jeweils nur dann zur Leistungserbringung verpflichtet sind, wenn auch die Gegenseite ihre Leistung anbietet. Es handelt sich um ein Grundprinzip des Vertragsrechts, bei dem die Beteiligten eines Schuldverhältnisses gleichzeitig zur Leistungserbringung verpflichtet sind.

Die Zug-um-Zug-Leistung findet Anwendung bei gegenseitigen Verträgen, im Rahmen eines Zurückbehaltungsrechts und beim Rücktritt. Sie ist im Bürgerlichen Recht verankert und besagt, dass eine Leistung gleichzeitig gegen eine Leistung des anderen Teils zu bewirken ist. Dies ist insbesondere bei der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts und bei gegenseitigen Verträgen der Fall.

Eine Ausnahme von der Zug-um-Zug-Leistung besteht, wenn eine der Vertragsparteien nach den getroffenen Vereinbarungen vorleistungspflichtig ist. In diesem Fall ist keine gleichzeitige Erfüllung erforderlich.

Bei der Zwangsvollstreckung einer Zug-um-Zug-Leistung darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nicht beginnen, bevor der Gläubiger die Gegenleistung anbietet. Dabei muss das Angebot der Gegenleistung so erfolgen, dass der Schuldner in Annahmeverzug gerät, wenn er die Leistung nicht annimmt.


Wie wird der Annahmeverzug bei einer Zug-um-Zug-Leistung nachgewiesen?

Der Annahmeverzug bei einer Zug-um-Zug-Leistung kann auf zwei Arten nachgewiesen werden:

  • Durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden: Gemäß § 756 Abs. 1 ZPO darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung beginnen, wenn der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Annahmeverzug ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist.
  • Durch tatsächliches Angebot der Gegenleistung: Liegt keine öffentliche Urkunde vor, muss der Gerichtsvollzieher gemäß § 756 Abs. 1 ZPO dem Schuldner die Gegenleistung in einer den Annahmeverzug begründenden Weise anbieten, bevor er die Zwangsvollstreckung beginnen darf. Das Angebot muss so erfolgen, dass der Schuldner in Annahmeverzug gemäß § 293 BGB gerät, wenn er die Leistung nicht annimmt. Der Gerichtsvollzieher muss die Gegenleistung genau so anbieten, wie sie im Vollstreckungstitel beschrieben ist.

Entscheidend ist, dass das Angebot der Gegenleistung durch den Gläubiger eindeutig und bestimmt aus dem Vollstreckungstitel hervorgeht. Verweise auf externe Unterlagen außerhalb des Titels sind nicht ausreichend. Bei einer unbestimmten Gegenleistung muss der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung ablehnen.


Welche Rolle spielt eine Sicherheitsleistung bei der Zwangsvollstreckung?

Eine Sicherheitsleistung spielt eine wichtige Rolle bei der Zwangsvollstreckung, insbesondere wenn ein Urteil nur vorläufig vollstreckbar ist. Ihre Hauptfunktionen sind:

  • Schutz des Schuldners: Die Sicherheitsleistung dient dem Schutz des Schuldners vor möglichen Schäden, die durch eine vorläufige Vollstreckung entstehen können. Sollte sich das Urteil in einer höheren Instanz als falsch herausstellen, kann der Schuldner aus der Sicherheitsleistung entschädigt werden (§ 717 Abs. 2 ZPO).
  • Voraussetzung für vorläufige Vollstreckbarkeit: In der Regel ordnen Gerichte die vorläufige Vollstreckbarkeit nur gegen Sicherheitsleistung an (§§ 708, 709 ZPO). Die Sicherheitsleistung ist also häufig Voraussetzung dafür, dass der Gläubiger vor der Rechtskraft vollstrecken darf.
  • Sicherungsvollstreckung: Kann der Gläubiger keine Sicherheit leisten, erlaubt § 720a ZPO ihm unter bestimmten Voraussetzungen eine sogenannte Sicherungsvollstreckung. Dabei darf er beispielsweise bewegliche Sachen pfänden oder eine Sicherungshypothek eintragen lassen.

Die Höhe und Art der Sicherheitsleistung, meist eine Bankbürgschaft, bestimmt das Gericht nach freiem Ermessen (§ 108 ZPO). Sie soll die möglichen Schäden des Schuldners aus der vorläufigen Vollstreckung abdecken.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 929 Satz 1 BGB (Eigentumsübertragung): Besitzt Relevanz bei der Übergabe von Gesellschaftsanteilen, da die Übertragung des Eigentums an beweglichen Sachen durch Einigung und Übergabe erfolgt. Im vorliegenden Fall betrifft dies die Rückübertragung der Gesellschaftsanteile als Teil der Zug-um-Zug-Verpflichtung, die nach einem Urteil des Landgerichts Köln erfüllt werden soll.
  • § 894 ZPO (Berichtigung des Grundbuchs): Wichtig im Kontext der vollstreckbaren Urteilserklärung und erforderlich, um die Eigentumsverhältnisse im Grundbuch korrekt widerzuspiegeln, falls es Immobilienanteile betrifft, die im zugrundeliegenden Rechtsstreit involviert wären.
  • § 765a ZPO (Schutzvorschrift bei Vollstreckungsmaßnahmen): Könnte relevant werden, wenn die Vollstreckung unbillig hart wäre, was zu einer einstweiligen Anordnung des Gerichts führen könnte, um die Interessen des Schuldners zu schützen.
  • § 711 ZPO (Sicherheitsleistung bei vorläufiger Vollstreckbarkeit): Spezifiziert, dass eine Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung erfolgen darf. Im vorgegebenen Fall wurde die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils gegen eine Sicherheitsleistung von 110% des zu vollstreckenden Betrags gestattet, um die Risiken für den Schuldner bei einer möglichen Aufhebung des Urteils zu mindern.
  • § 339 BGB (Vertragsstrafe): Diese Regelung ist relevant, wenn durch die Gerichtsentscheidung eine Vertragsstrafe bei Nichterfüllung der Zug-um-Zug-Leistung festgelegt wurde. So würde eine finanzielle Sanktion greifen, falls die festgelegten Handlungen nicht wie vereinbart durchgeführt werden.
  • § 242 BGB (Treu und Glauben): Kann Anwendung finden in der Bewertung der Durchführung der gerichtlich angeordneten Handlungen sowie bei der Interpretation von Vertragsbestimmungen im Kontext der Fairness und dem gerechten Ausgleich der Interessen der Parteien.
  • Art. 103 GG (Rechtliches Gehör): Wichtig, um sicherzustellen, dass alle Parteien im Gerichtsverfahren gehört wurden, insbesondere im Kontext der sofortigen Beschwerde gegen einen Gerichtsbeschluss.
  • § 91 ZPO (Kostentragungspflicht): Werden Anwendungen finden in der Entscheidung über die Kosten des gerichtlichen Verfahrens, was bedeutet, dass die unterlegene Partei die Verfahrenskosten zu tragen hat, was im vorliegenden Fall explizit erwähnt wurde.
  • Art. 6 EMRK (Recht auf ein faires Verfahren): Elementar für die Gewährleistung der Justizgrundrechte der Parteien, insbesondere in Bezug auf den Anspruch auf ein faires Verfahren innerhalb der EU.
  • § 308 Abs. 1 ZPO (Bindung des Gerichts an die Anträge der Parteien): Relevanz im Rahmen der richterlichen Entscheidungsbefugnisse, sicherstellend, dass die gerichtliche Entscheidung nicht über die gestellten Anträge hinausgeht.


➜ Das vorliegende Urteil vom Oberlandesgericht Köln

OLG Köln – Az.: 4 W 31/23 – Beschluss vom 13.10.2023

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 24. August 2023 – 12 O 215/23 sowie der geänderte Verfügungsantrag vom 22. September 2023 werden auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 65.000 Euro.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt – nach Antragsänderung im Beschwerderechtszug – von den Antragsgegnern im Wege des Erlasses einer einstweiligen Verfügung nunmehr Unterlassung der Verwendung einer notariellen Niederschrift über die Nichterteilung seiner Genehmigung zur Annahme von Abtretungsangeboten der Antragsgegnerinnen zu 1 und 3 über Gesellschafts- und Geschäftsanteile sowie eine Forderung.

Der Antragsteller veräußerte seine Gesellschafts- und Geschäftsanteile an der … KG und deren persönlich haftender Gesellschafterin an die Antragsgegnerin zu 3. Die Antragstellerin zu 1 ist die Muttergesellschaft der Erwerberin; die Antragstellerinnen zu 2 und 4 sind deren persönlich haftende Gesellschafterinnen, deren Geschäftsführer der Antragsteller zu 5 ist.

Die Antragsgegnerin zu 1 wirft dem Antragsteller arglistige Täuschung im Rahmen des Unternehmenskaufs vor; sie verlangt eine Rückabwicklung des Veräußerungsgeschäfts und berühmt sich Schadensersatzansprüchen gegen den Antragsteller. Der Antragsteller wurde durch Urteil des Landgerichts Köln vom 13. Juli 2022 (Az. 26 O 151/19) unter anderem zur Zahlung von … Euro nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückübertragung der Gesellschaftsanteile an der … KG (HRA …) und der … (HRB …) an die Antragstellerin zu 1 verurteilt; er wurde weiter verurteilt, an diese weitere … Euro nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Abtretung von Darlehensansprüchen der Antragstellerin zu 1 gegenüber der veräußerten Kommanditgesellschaft zu leisten. Das für vorläufig vollstreckbar erklärte Urteil wurde im Tenor dahingehend berichtigt, dass es nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar ist. Die hiergegen gerichteten Berufungen sind beim Senat anhängig (Az. 4 U 163/22).

Die Antragsgegnerin zu 1 betreibt aus dem vorgenannten Urteil die (Sicherungs-)Zwangsvollstreckung gegen den Antragsteller. Die Antragsgegnerinnen zu 1 und 3, vertreten durch ihre persönlich haftenden Gesellschafterinnen, diese vertreten durch ihren Geschäftsführer, den Antragsgegner zu 5, ließen im Hinblick auf die von ihnen Zug-um-Zug zu erbringenden Gegenleistungen am 6. Juni 2023 vor dem Notar … in … eine Urkunde errichten (UR-Nr. …). In dieser Urkunde boten sie erstens dem Antragsteller die von ihm erworbenen Gesellschafts- und Geschäftsanteile sowie die Darlehensforderung jeweils Zug um Zug gegen Zahlung des zu ihren Gunsten ausgeurteilten Betrages zur Abtretung an. Zweitens nahm der Antragsgegner zu 5, insoweit handelnd für den Antragsteller als dessen Vertreter ohne Vertretungsmacht und sich dessen Genehmigung innerhalb eines Zeitraums von drei Wochen ab Zustellung der Urkunde an den Antragsteller vorbehaltend, das Abtretungsangebot an (§ 3 Abs. 1 NotU, Bl. 1469 d.LG-A.). Die Abtretung wurde weiter aufschiebend bedingt durch eine auflagenfreie Zahlung von … Euro nebst Zinsen sowie … Euro nebst Zinsen auf das Anderkonto des Notars, der zugleich zur Auszahlung an die Antragsgegnerseite angewiesen wurde. Schließlich wurde der Urkundsnotar angewiesen, nach Ablauf einer Frist von drei Wochen und drei Tagen nach Zustellung der Urkunde an den Antragsteller zu bestätigen, dass dieser seine Genehmigung nicht erteilt habe (§ 3 Abs. 4 NotU, Bl. 1470 d.LG-A.). Die notarielle Urkunde wurde dem Antragsteller am 7. Juli 2023 zugestellt.

Der Antragsteller hat mit seinem am 10. August 2023 beim Landgericht Köln anhängig gemachten Verfügungsantrag (Bl. 2 ff d.LG-A.) ursprünglich im Wesentlichen begehrt, den Antragsgegnerinnen aufzugeben, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Erkenntnisverfahrens oder bis zur Erbringung der Sicherheitsleistung auf den Urkundsnotar in der Weise einzuwirken, dass er kein Tatsachenprotokoll über ein Ausbleiben der Genehmigung des Antragstellers errichte. Wegen der erstinstanzlichen Anträge wird auf deren Wiedergabe im angefochtenen Beschluss des Landgerichts, auf die Antragsschrift und den Schriftsatz vom 23. August 2023 Bezug genommen.

Das Landgericht – Einzelrichter – hat den Verfügungsantrag mit Beschluss vom 24. August 2023 (Bl. 2076 ff d.LG-A.), welcher dem Antragsteller am 28. August 2023 zugestellt worden ist (Bl. 2097 d.LG-A.), abgelehnt. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Es fehle nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers sowohl an einem Rechtschutzbedürfnis als auch an einem Verfügungsanspruch. Soweit der Antragsteller zwar nicht zum Urkundsnotar, infolge des Anteils-Kaufvertrags jedoch zu den Antragstellern in einer rechtlichen Beziehung stehe, folge hieraus kein Verfügungsanspruch. Eine Pflichtverletzung der Antragsgegner i.S.d. § 280 Abs. 1 BGB sei ebenso wenig dargelegt oder ersichtlich wie eine rechtswidrige Beeinträchtigung seiner Rechtsposition i.S.d. § 1004 BGB. Die – nicht rechtskräftige – landgerichtliche Verurteilung sei vorläufig vollstreckbar; die Antragsgegnerin zu 1 müsse hierzu den Annahmeverzug des Antragstellers hinsichtlich der jeweils Zug-um-Zug zu erbringenden Gegenleistungen gemäß § 756 Abs. 1 ZPO durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachweisen. Die Errichtung der notariellen Urkunde und das begehrte Tatsachenprotokoll des Urkundsnotars über die Verweigerung der Genehmigung dieses Rechtsgeschäfts durch den Antragsteller diene der Herbeiführung dieser Voraussetzungen. Soweit der Antragsteller vortrage, dass die Sicherheitsleistung seitens der Antragsgegnerin zu 1 möglicherweise nicht erbracht worden sei, stünden ihm insoweit die Rechtsbehelfe des Zwangsvollstreckungsrechts zur Verfügung. Er könne nicht durch Vereitelung der Schaffung anderer Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung – hier: des Nachweises des Annahmeverzuges des Vollstreckungsschuldners – diese aushebeln.

Soweit er vorbringe, die Darlehensbeträge nicht zu schulden und auch keine arglistige Täuschung begangen zu haben, handele es sich um Einwendungen, die vor Entstehung des Vollstreckungstitels entstanden und daher dem Erkenntnisverfahren vorbehalten seien.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 8. September 2023 (Bl. 2104 ff d.LG-A.), mit der er zunächst an seinem erstinstanzlichen Rechtschutzziel unter Vertiefung und Wiederholung seines dortigen Vorbringens festgehalten hat. Er führt aus, er habe im ersten Rechtszug bereits klargestellt, dass es sich nicht um eine Beschwerde gemäß § 15 BNotO handele – diese war beim Landgericht Köln unter dem Aktenzeichen 2 T 23/23 anhängig (vgl. Bl. 138 d.OLG-A.) – und es ihm auch nicht um eine Untersagung der Zwangsvollstreckung der Antragsgegner gehe. Er wolle lediglich im Wege einer Regelungs- bzw. Sicherungsverfügung den Eintritt eines Schadens aus dem rechtswidrigen und unzulässigen Handeln insbesondere des Antragsgegners zu 5 als Geschäftsführers ohne Auftrag verhindern. Insoweit bestehe sowohl ein Rechtschutzbedürfnis als auch ein Verfügungsanspruch. Das Landgericht habe sich mit seinen erstinstanzlichen Schriftsätzen nicht in der gebotenen Tiefe auseinandergesetzt. Er führt aus, dass der Antragsgegner zu 5 das Geschäft mit Wissen der übrigen Antragsgegner und des Urkundsnotars unter Verstoß gegen § 677 BGB entgegen seinem erklärten Willen als Geschäftsherrn geführt habe. Der Urkundenentwurf beruhe auf früheren Äußerungen des Urkundsnotars im wissenschaftlichen Schrifttum über die Herbeiführung des Annahmeverzugs bei nicht-mitwirkenden Schuldnern. Der Notar nutze den konkreten Vorgang zur Eigenwerbung, indem er sich in einer weiteren Veröffentlichung gegen die vom Bundesgerichtshof allein als zulässig angesehene Vorgehensweise wende und für seine eigene Handlungsweise werbe, wodurch er sich zum Parteivertreter der Antragsgegner degradiere. Das Handeln der Antragsgegner habe ein gesetzliches Schuldverhältnis zu ihm begründet, auf welches die Vorschriften der § 280 Abs. 1, § 249, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB jedenfalls entsprechend anwendbar seien. Ein Fall des § 679 BGB, in dem der Geschäftsführer ausnahmsweise gegen den Willen des Geschäftsherrn handeln dürfe, liege nicht vor. Ihm stehe gemäß § 678 i.V.m. § 280 Abs. 1, § 249, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB daher ein Schadensersatzanspruch zu, welcher vorliegend auf Verhinderung des Eintritts weiteren Schadens gerichtet sei. Die Antragsgegner seien zu einer Weisung an den Urkundsnotar verpflichtet, ein Tatsachenprotokoll i.S.d. § 36 BeurkG nicht zu errichten. Insoweit bestehe ein Verfügungsgrund, weil eine entsprechende Anordnung in einem Hauptsacheverfahren nicht rechtzeitig erreicht werden könne. Den Notar treffe der Vorwurf einer groben und absichtlichen Verletzung seiner Amtspflichten. Den Antragsgegnern stehe es frei, seinen Annahmeverzug auf einem rechtskonformen Wege herbeizuführen, nicht aber auf einem hinterhältigen und arglistigen Weg unter Einschaltung des Urkundsnotars als „spiritus rector“. Seinem Begehren fehle auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis, weil dies ausschließlich bei objektiv sinnlosen Klagen angenommen werden könne.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 8. September 2023 (Bl. 2110 f d.LG-A.) der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Soweit der Antragsteller nunmehr ein Handeln des Antragsgegners zu 5 als Geschäftsführer ohne Auftrag hervorhebe, sei weder ein rechtswidriges Handeln der Antragsgegnerseite noch die Entstehung eines von der Rechtsordnung missbilligten Schadens dargetan.

Zwar gerate der Antragsteller möglicherweise hierdurch in Annahmeverzug, was nicht in seinem Interesse sei und daher eine seinem Willen widersprechende Geschäftsführung darstelle. Dies genüge für die Begründung eines Unterlassungsanspruchs gemäß §§ 678, 249 BGB aber nicht. Ein entgegenstehender Wille des Geschäftsherrn sei unbeachtlich, wenn die Rechtsordnung eine Entscheidung über das „Ob“ der Geschäftsführung getroffen habe, was vorliegend der Fall sei. Der Vorgang trage sich im Kontext der Zwangsvollstreckung zu. Sei die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistung des Vollstreckungsschuldners an den Vollstreckungsschuldner abhängig, billige die Rechtsordnung dem Vollstreckungsgläubiger zu, den Annahmeverzug des Vollstreckungsschuldners hinsichtlich der Gegenleistung herbeizuführen. Bei formbedürftigen Rechtsgeschäften stelle die beanstandete Vorgehensweise nichts anderes als ein Angebot auf Rückübertragung dar; die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag könnten nicht gegen Normen der Zwangsvollstreckung in Stellung gebracht werden. Weiterhin sei kein Schaden erkennbar, weil dieser nicht alleine in der Schaffung der Voraussetzungen des Annahmeverzugs liege. Der Antragsteller verliere hierdurch keine Vermögensposition; die Vollstreckung selbst dürfe erst nach Erbringung von Sicherheitsleistungen erfolgen. Ein etwaiger Eintritt des Annahmeverzuges beruhe auch nicht auf der Geschäftsführung des Antragsgegners zu 5, sondern allein auf der Ablehnung der Genehmigung seitens des Antragstellers.

Der Urkundsnotar errichtete am 11. September 2023 (Bl. 141 d.OLG-A.) und am 19. September 2023 (Bl. 128 d.OLG-A.) jeweils ein Tatsachenprotokoll, in dem er bestätigte, dass eine Genehmigung des Antragstellers nicht bei ihm eingegangen sei. In der letztgenannten Urkunde bestätigte er zudem, dass auf seinem Anderkonto keine Zahlungen eingegangen seien.

Der Antragsteller hat daraufhin am 22. September 2023 (Bl. 135 ff d.OLG-A.) einen geänderten Verfügungsantrag eingereicht, zu dessen Begründung er ausführt: Der Urkundsnotar habe das Tatsachenprotokoll nicht errichten dürfen, weil es mangels Erteilung seiner Genehmigung an dem Zustandekommen des beurkundeten Vertrags fehle. Die in der Bezugsurkunde erteilten Weisungen an den Notar seien daher von Anfang an unwirksam bzw. nichtig, so dass der Notar der Weisung keine Folge habe leisten dürfen. Die Richtigkeit dessen bestätige der Notar selbst in seinem Tatsachenprotokoll. Nachdem es errichtet sei, bedürfe es des von ihm ursprünglich begehrten Verbots nicht mehr; den Antragsgegnern sei jedoch zu untersagen, vorerst hiervon Gebrauch zu machen, indem es für Zwangsvollstreckungsmaßahmen gegen ihn verwendet bzw. im Zwangsvollstreckungsverfahren gegen ihn vorgelegt werde.

Der Antragsteller beantragt nunmehr, den Antragsgegnern bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens vor dem Landgericht Köln mit dem Aktenzeichen 26 O 151/19 oder bis zur Erbringung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der vom Antragsteller nach dem Urteil des Landgerichts Köln vom 13. Juli 2022 zum Aktenzeichen 26 O 151/19 zu zahlenden Beträge zu verbieten, das von Herrn Notar … errichtete Tatsachenprotokoll vom … zu verwenden, insbesondere in gegen den Antragsteller gerichteten Zwangsvollstreckungsverfahren / Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zum Nachweis eines vermeintlichen Annahmeverzuges des Antragstellers als öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde vorzulegen.

Die Antragsgegner treten dem Verfügungsantrag, auch in der nunmehr geänderten Form, entgegen (Bl. 157 ff, Bl. 164 d.OLG-A.) und führen hierzu aus: Die Beschwerde werde lediglich auf ein Handeln des Antragsgegners zu 5 als Geschäftsführer ohne Auftrag und darauf gestützt, dass sämtliche für den Antragsteller abgegebenen Erklärungen mangels Genehmigung unwirksam seien. Der Antragsteller verkenne, dass die Weisungen an den Urkundsnotar in der Bezugsurkunde durch den Antragsgegner zu 5 allein in dessen Eigenschaft als Geschäftsführer der Antragsgegnerinnen zu 2 und 4 und damit für die Antragsgegnerinnen zu 1 und 3 als die Abtretung Anbietende erteilt worden seien, weil allein diese ein Interesse an der Weisung zur Erstellung eines notariellen Tatsachenprotokolls über eine ausbleibende Genehmigung des Antragstellers gehabt hätten. Es diene dem Nachweis des Annahmeverzugs i.S.d. § 756 Abs. 1 ZPO. Diese Feststellung könne nicht erreicht werden, wenn die Weisung vom Antragsteller stammte. Es fehle an einer Pflichtverletzung des Antragsgegners zu 5 gegenüber dem Antragsteller, weil mit der Bezugsurkunde lediglich das vorläufig vollstreckbare Urteil umgesetzt werde. Ihm drohe auch kein Schaden, weil er die am 6. Juni 2023 beurkundeten Abtretungsangebote, wie frühere Angebote, nicht angenommen habe. Er könne ebenso wenig verlangen, die Nutzung des Tatsachenprotokolls durch sie, die Antragsgegner, zu unterlassen, weil unstreitig sei, dass der Antragsteller sich mit der Annahme der ihm Zug-um-Zug zur Abtretung angebotenen Gesellschafts- und Geschäftsanteile sowie der Forderung in Gläubigerverzug befinde; dies habe der Notar in dem Tatsachenprotokoll festgehalten. Es handele sich um eine ihre Zwangsvollstreckung lediglich vorbereitende Maßnahme, welche weder von der Leistung von Sicherheiten noch von der Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils abhängig sei. Der Antragsteller strebe lediglich die Verhinderung von Vollstreckungsmaßnahmen an. Es liege kein zu beanstandendes Verhalten vor, weil der Gesetzgeber keine ausdrückliche Regelung für die hier streitgegenständlichen Fragen getroffen habe. Der Bundesgerichtshof habe in seinem Urteil vom 6. Dezember 1991 (Az. V ZR 229/90) für den Fall der Auflassungsvormerkung einen Weg skizziert, bei dem es sich allerdings nicht um den einzigen oder einem gesetzgeberischen Konzept folgenden Weg handele, so dass dieser habe vorliegend weiterentwickelt werden dürfen.

II.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Für die Entscheidung ist der Senat als Beschwerdegericht in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung zuständig, nachdem der Einzelrichter die Sache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 1 Fall 1 ZPO übertragen hat.

Die Beschwerde hat aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidungen des Landgerichts vom 24. August 2023 (Bl. 2076 ff d.LG-A.) und vom 8. September 2023 (Bl. 2110 f d.LG-A.), auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, auch in der nach Errichtung des Tatsachenprotokolls am 11. September 2023 (Bl. 141 d.OLG-A.) und vom 19. September 2023 (Bl. 128 d.OLG-A.) geänderten Antragsfassung vom 22. September 2023 (Bl. 135 ff d.OLG-A.,) keinen Erfolg, weil es an einem Verfügungsanspruch des Antragsstellers fehlt. Dem Antragsteller steht gegen die Antragsgegner aus keinem denkbaren Rechtsgrund ein Anspruch darauf zu, bis zur Rechtskraft des im Erkenntnisverfahrens ergangenen Urteils oder bis zur Erbringung der Sicherheitsleistung seitens der Antragsgegnerin zu 1 keinen Gebrauch von den Tatsachenprotokollen vom 11. und vom 19. September 2023 zum Nachweis des Gläubigerverzuges hinsichtlich der Annahme der Abtretungsangebote der Antragsgegnerinnen zu machen. Insoweit kann dahinstehen, ob der Antragsgegner zu 5 im Rahmen seiner – offengelegten – Vertretung des Antragstellers als dessen Vertreter ohne Vertretungsmacht im Rahmen der notariellen Urkunde vom 6. Juni 2022 als dessen Geschäftsführer ohne Auftrag i.S.d. §§ 677 ff BGB handelte und insoweit eine Pflichtverletzung eines gesetzlichen Schuldverhältnisses anzunehmen ist. Es fehlt jedenfalls an einem Eingriff in schutzwürdige Rechte des Antragstellers in Gestalt einer Vermögenseinbuße oder deren Gefährdung, welcher den behaupteten Unterlassungsanspruch gemäß §§ 677 ff i.V.m. § 249, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB oder aus einem anderen Rechtsgrund zu begründen geeignet wäre.

1. Die Errichtung der notariellen Urkunde über das Angebot der Antragsgegnerinnen zu 1 und 3 auf Abtretung der von ihnen Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistungen an den Antragsteller begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Einwendungen hiergegen sind vom Antragsteller in beiden Rechtszügen nicht erhoben worden.

2. Ein Eingriff in schutzwürdige Rechtspositionen des Antragstellers liegt auch nicht darin, dass der Antragsgegner zu 5 im Rahmen der Beurkundung am 6. Juni 2023 – unter Offenlegung dieses Umstandes – für diesen zugleich als Vertreter ohne Vertretungsmacht die Abtretungsangebote annahm, weil sich hierdurch die rechtliche Lage des Antragstellers nicht in einer zu missbilligenden Weise veränderte.

a) Dem Antragsteller drohte ohne eigenes ausdrückliches Tätigwerden zu keinem Zeitpunkt die Gefahr, mit einer ungewollten Verbindlichkeit belastet zu werden.

Die für ihn erklärte Annahme der Abtretungsangebote konnte, nachdem sich der Antragsgegner zu 5 im Rahmen seines Handelns als Vertreter ohne Vertretungsmacht die Genehmigung des Rechtsgeschäfts durch den Antragsteller ausdrücklich vorbehalten hatte (vgl. Eingang der Urkunde, Bl. 1464 d.LG-A.), nur durch ausdrückliche Erteilung der Zustimmung seitens des Antragstellers rechtliche Wirksamkeit erlangen (§ 182 Abs. 1 BGB). Einer ausdrücklichen Verweigerung der Zustimmung bedurfte es nach dem Inhalt der Willenserklärungen nicht. Der Zustand rechtlicher Unsicherheit über die Erteilung oder Verweigerung der Zustimmung war mit drei Wochen nach der Zustellung der notariellen Urkunde beim Antragsteller zudem kurz bemessen (§ 3 Abs. 1 NotU, § 148 BGB, Bl. 1469 d.LG-A.). Blieb der Antragsteller – wie hier – innerhalb der Frist schlicht untätig, kam kein Abtretungsvertrag zustande; eine Kostenbelastung des Antragstellers entstand nicht (§ 3 Abs. 2 NotU, Bl. 1470 d.LG-A.).

b) Ein Schaden im Rechtssinne drohte dem Antragsteller auch nicht dadurch, dass sein Schweigen seinen Annahmeverzug begründete, oder dadurch, dass der Notar angewiesen worden war, über einen Nichteingang der Genehmigung des Antragstellers ein Tatsachenprotokoll gemäß §§ 36 ff BeurkG zu erstellen. Die auf diese Weise durch öffentliche Urkunde bewiesene Nichtannahme des Angebots der Antragsgegnerinnen zu 1 und 3 ist rechtlich nicht zu missbilligen; dies folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Antragsgegnerin zu 1 andere Wege zur Herbeiführung dieser Sachlage zur Verfügung gestanden hätten.

aa) Die Antragsgegnerin zu 1 ist zur Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil berechtigt, alle von der Rechtsordnung gebilligten Handlungen zur Herbeiführung und zum Nachweis eines Eintritts des Annahmeverzugs des Antragstellers erforderlichen Handlungen vorzunehmen. Ihre Zwangsvollstreckung aus dem vorläufig vollstreckbaren Titel setzt – unabhängig von den allgemeinen (§ 750 ZPO) und den besonderen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung – vorliegend den Nachweis des Annahmeverzugs des Antragstellers hinsichtlich der Gegenleistung voraus, welcher durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden zu führen ist (vgl. §§ 756, 765 ZPO). Der Umstand, dass eine Feststellung des Annahmeverzugs im Erkenntnisverfahren weder betragt noch seitens des Gerichts ausgesprochen wurde, eröffnet der Antraggegnerin zu 1 mehrere Möglichkeiten. Die im ersten Rechtszug vertretene Rechtsauffassung des Antragstellers, der urkundliche Nachweis des Annahmeverzuges könne allein durch eine auf dessen Feststellung oder auf seine uneingeschränkte Verurteilung zur Leistung an die Antragsgegnerseite gerichtete (erneute) Klage geführt werden, bedarf keiner Erörterung. Die von den Antragsgegnern gewählte Vorgehensweise, im Rahmen einer einheitlichen notariellen Urkunde nicht nur ihre Vertragsangebote, sondern zugleich die Erklärung des Prozessgegners und möglichen Vertragspartners durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht aufzunehmen, ist jedenfalls dann nicht zu missbilligen, wenn – wie hier – sichergestellt ist, dass ein über den Eintritt des Annahmeverzugs und dessen urkundlichen Nachweis hinausgehender Nachteil nicht zu besorgen ist.

bb) Etwas anderes ergibt sich nicht aus der vom Antragsteller in Bezug genommenen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Soweit sich die Beschwerde erneut auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 6. Dezember 1991 – V ZR 229/90, BGHZ 116, 244) beruft, lag ihr ein abweichender Sachverhalt zugrunde. Der Entscheidung sind auch keine abstrakten Rechtssätze zu entnehmen, von denen das Landgericht in entscheidungserheblicher und zugleich rechtsfehlerhafter Weise abgewichen wäre oder die dem Senat Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung des geänderten Verfügungsantrags gäben.

(1) Die Auflassung erfordert, dass Angebot und Annahme bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Vertragsparteien vor dem Notar erklärt werden. Das Angebot ist in der Weise zu bewirken, dass der Schuldner den Termin zur Auflassung dem Gläubiger unter Wahrung einer angemessenen Frist mitteilt (§ 299 BGB entsprechend) und zu diesem Termin bei dem bereiten Notar erscheint, um die Auflassung in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO in Gegenwart des Gläubigers zu erklären. Annahmeverzug tritt ein, wenn der Gläubiger entweder dem Termin fernbleibt (§ 299 BGB entsprechend) oder wenn er zwar anwesend ist, aber nicht die Angebotserklärung annimmt oder nicht vor Annahme die ihm abverlangte Gegenleistung tatsächlich anbietet (§ 298 BGB).

(2) Diese Ausführungen geben für den vorliegenden Fall nichts her; insbesondere wird dem Vollstreckungsgläubiger keine bestimmte Vorgehensweise vorgeschrieben, wenn seine Leistung nicht in einer Auflassung i.S.d. § 925 Abs. 1 Satz 1 BGB – also in der zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück nach § 873 BGB erforderlichen Einigung – besteht. Die Abtretung von Gesellschafts- und Geschäftsanteilen und sonstiger Forderungen erfordert keine gleichzeitige Anwesenheit der Vertragsparteien vor dem Notar. Soweit vorliegend allein die Abtretung der GmbH-Geschäftsanteile an der persönlich haftenden Gesellschafterin der veräußerten Kommanditgesellschaft gemäß § 15 GmbHG formbedürftig ist, müssen zwar die auf Übertragung gerichteten Willenserklärungen beider Vertragsparteien, also Angebot und Annahme, öffentlich beurkundet werden, ohne dass eine gleichzeitige Anwesenheit der Vertragsschließenden vor dem Notar erforderlich wäre. Für die weiteren Abtretungen gelten keine gesetzlichen Formvorgaben.

cc) Aus dem Umstand, dass den Antragsgegnerinnen ein Nachweis der – hier unstreitig – fehlenden Annahmebereitschaft des Antragstellers hinsichtlich der Vertragsangebote in der von §§ 756, 765 ZPO geforderten Form auch auf anderem Wege, also ohne ein Tätigwerden des Antragsgegners zu 5 oder eines anderen Dritten, etwa eines Notariatsmitarbeiters, als Vertreter des Antragstellers ohne Vertretungsmacht möglich gewesen sein mag, folgt ebenfalls kein Schaden des Antragstellers im Rechtssinne. Es hätte vorliegend allerdings nahegelegen, lediglich das Angebot der Antragsgegnerseite auf Abtretung notariell beurkunden zu lassen und den Gerichtsvollzieher damit zu beauftragen, ein Protokoll über die – zu erwartende – Ablehnung seitens des Antragsteller errichten zu lassen (vgl. § 756 Abs. 2, § 762 Abs. 1 ZPO). Der Urkundsnotar hat im Rahmen seines Vorbescheides vom 28. Juli 2023 (S. 6 f, Bl. 1456 f d.LG-A.) auf die höchstrichterliche Rechtsprechung hingewiesen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juni 2016 – I ZB 58/15, WM 2016, 1699 Rn. 14), wonach es für die Herbeiführung des Annahmeverzugs hinsichtlich der (Rück-)Abtretung von Investmentfondsanteilen genügt, wenn der Gläubiger dem Schuldner die Schließung eines entsprechenden Vertrages anträgt (§ 145 BGB), der Gerichtsvollzieher dem Schuldner im Namen und mit Vollmacht des Gläubigers (§§ 164, 167 BGB) ein solches Angebot macht und der Schuldner dieses Angebot ablehnt. Da vorliegend lediglich die (erfolgreiche Abtretung der GmbH-Geschäftsanteile gemäß § 15 Abs. 3, Abs. 4 Satz 1 GmbHG, nicht aber die Ablehnung eines auf Übertragung gerichteten Angebots durch den Erklärungsempfänger der notariellen Beurkundung bedurft hätte, war die Vorgehensweise der Antragsgegner nicht erforderlich.

dd) Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Vortrag des Antragstellers, es fehle an (weiteren) Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung, insbesondere sei die Erbringung der im – insoweit berichtigten – erstinstanzlichen Urteil angeordneten Sicherheitsleistung seitens der Antragsgegnerin zu 1 noch nicht erfolgt. Es handelt sich, worauf das Landgericht zutreffend hinweist, um einen im Zwangsvollstreckungsverfahren geltend zu machenden Einwand. Ein Verfügungsanspruch folgt angesichts der vorläufigen Vollstreckbarkeit auch nicht aus der fehlenden Rechtskraft des Vollstreckungstitels. Soweit die Notarurkunde vom 6. Juni 2023 schließlich eine Weisung an den Notar zur Auskehrung der vom Antragsteller – infolge seiner erstinstanzlichen Verurteilung – zu zahlenden Geldleistungen im Fall eines Eingangs auf dem Anderkonto enthielt, wurde hierdurch ebenfalls keine Gefahr des Eingriffs in schützenswerte Rechtspositionen des Antragstellers begründet, weil die Auskehrung seine Genehmigung und die Erbringung der Leistung vorausgesetzt hätte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahren beträgt – entsprechend der Festsetzung des Landgerichts für das Verfahren des ersten Rechtszuges – ….

Dieser Beschluss unterliegt gemäß § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO keiner Anfechtung.

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