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Anspruch auf Herausgabe zweier Sparbücher bei Pfand für Darlehen

LG Saarbrücken – Az.: 2 O 97/10 – Urteil vom 24.03.2011

I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger das Sparbuch zu dem S-Geldmarktkonto bei der Sparkasse S., Konto-Nr. … (Konto-Nr. alt: …) herauszugeben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger das Sparbuch zu dem S-Rendite-Sparen bei der Sparkasse S., Konto-Nr. … (Konto-Nr. alt: …) herauszugeben.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000,– Euro vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Anspruch auf Herausgabe zweier Sparbücher bei Pfand für Darlehen
Symbolfoto: Von Titipong Chumsung/Shutterstock.com

Der Kläger macht mit der Klage die Herausgabe zweier Sparbücher geltend. Diese lauteten ursprünglich auf den verstorbenen Vater des Klägers, Herrn … Der Kläger ist Erbe seines verstorbenen Vaters geworden. Die Beklagte ist die Mutter des verstorbenen … und Großmutter des Klägers. Sie ist im Besitz der zum Nachlass gehörenden Sparbücher.

Auf dem Sparbuch bei der Sparkasse S., Konto-Nr. … war zum Todestag des Erblassers ein Sparguthaben in Höhe von 31.985,– Euro angespart. Auf dem Sparbuch mit der Konto-Nr. … befand sich am Todestag ein Sparguthaben in Höhe von 14.676,– Euro. Mit Schreiben vom 27.07.2010 an die Beklagte forderte der Kläger diese auf, bis zum 10.08.2010 die von ihr innegehaltenen Sparbücher/Sparurkunden an den Kläger herauszugeben.

Eine Herausgabe durch die Beklagte erfolgte nicht. In einem Gerichtsverfahren umgekehrten Rubrums (Landgericht Saarbrücken, Az.: 9 O 101/09) nahm die hiesige Beklagte den hiesigen Kläger zunächst auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 89.436,26 Euro und nach teilweiser Rücknahme auf Zahlung eines Betrages von 80.511,48 Euro in Anspruch.

Zur Begründung ihres Zahlungsanspruchs trug sie in diesem Verfahren umgekehrten Rubrums vor, sie habe dem verstorbenen Erblasser, Herrn …, einen Geldbetrag mindestens in Höhe dieses Betrages als Darlehen gegeben. Zur Absicherung dieses Darlehens habe ihr der Erblasser sodann die hier streitgegenständlichen Sparbücher übergeben.

Das Landgericht hat in seinem Urteil vom 23.09.2009 (Az.: 9 O 101/09) die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es sei nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass die Klägerin (= hiesige Beklagte) dem Erblasser ein Darlehen in dieser Höhe gewährt habe. Die hiergegen gerichtete Berufung wurde durch Beschluss des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 31. Mai 2010 (AZ.: 4 U 523/09-150) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger das Sparbuch zu dem S-Geldmarktkonto bei der Sparkasse S., Konto-Nr. … (Konto-Nr. alt: …) herauszugeben;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger das Sparbuch zu dem S-Rendite-Sparen bei der Sparkasse S., Konto-Nr. … (Kto-Nr. alt: …) herauszugeben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, sie habe dem Erblasser … Geld gegeben, damit dieser ein Haus erwerbe, in welchem sie mit dem Erblasser hätte wohnen sollen. Das Geld sei eine zweckgerichtete Zuwendung in Form einer Zweckschenkung oder einer Zuwendung sui generis erfolgt. Der Erblasser habe der Beklagten die Sparbücher gegeben, um sich von seinen Schulden aus den vorher an ihn seitens der Beklagten erfolgten Zweckzuwendungen zu befreien.

Das klageabweisende Urteil im Rechtsstreit 9 O 101/09 vor dem Landgericht Saarbrücken hindere die Beklagte nicht, sich auf die Geldzuwendungen, die sie an den Erblasser geleistet habe, zu berufen. Denn es handele sich im vorliegenden Verfahren um einen anderen Streitgegenstand, der von der Rechtskraftwirkung des Urteils in dem Verfahren 9 O 101/09 nicht erfasst werde.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass der Kläger darlegungs- und beweisbelastet dafür sei, dass die Beklagte nur schlichten Besitz an den streitgegenständlichen Sparbüchern habe. Der Kläger sei beweisbelastet dafür, dass der Erblasser auch nach Weitergabe der Sparbücher an die Beklagte Inhaber der in den Sparbüchern ausgewiesenen Forderungen geblieben sei. Er müsse den negativen Beweis führen, dass der Erblasser die Sparbücher nicht zum Zwecke der endgültigen Befriedigung der Beklagten übergeben habe.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Herausgabe der streitgegenständlichen, in ihrem Besitz befindlichen Sparbücher zu, § 985 BGB.

I.

Der Kläger ist Eigentümer dieser Sparbücher. Unstreitig war der Erblasser, Herr …, Eigentümer der Sparbücher und Inhaber der diesen zu Grunde liegenden Sparguthaben gewesen. Er ist bis zu seinem Tod Eigentümer der Sparbücher und Inhaber der Sparguthaben geblieben. Da der Kläger Erbe des Klägers geworden ist, ist er gemäß § 1922 BGB nunmehr alleiniger Inhaber der Sparguthaben und Eigentümer der Sparbücher.

Auf § 1006 BGB kann sich die Beklagte hinsichtlich der Sparbücher nicht berufen (vgl. BGH, Urteil vom 08.05.1972 – Az.: VIII ZR 259/68 -, zitiert nach juris).

Der Erblasser hat die Inhaberschaft an den Sparguthaben nicht durch Abtretung verloren. Die Beklagte, die für eine solche Abtretung darlegungs- und beweisbelastet ist (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 22.09.2003, Az.: 12 U 823/02, abgedruckt in NJW-Spezial 2004, 62 – zitiert nach juris), hat hierzu keinen konkreten, substantiierten Vortrag gehalten.

Ihr pauschaler Vortrag, der Erblasser habe im Jahre 2008 der Beklagten die Sparbücher zur Sicherheit übergeben bzw. er habe diese an die Beklagte übergeben, um sich von seinen Schulden aus den vorher seitens der Beklagten an ihn erfolgten Zweckzuwendungen zu befreien, ist zu unsubstantiiert, um einen konkreten Abtretungsvorgang darzulegen. Es fehlen jegliche Angaben zu Zeit, Ort und insbesondere Inhalt der konkreten Vereinbarung, die der Übergabe der Sparbücher an die Beklagte zu Grunde gelegen haben soll.

Selbst wenn jedoch zu Gunsten der Beklagten unterstellt würde, dass der Erblasser ihr im Jahre 2008 die den streitgegenständlichen Sparbüchern zu Grunde liegenden Sparguthaben abgetreten und ihr zu diesem Zweck auch die Sparbücher übergeben hat, würde daraus kein Recht zum Besitz im Sinne des § 985 BGB gegenüber dem Kläger folgen.

Die Beklagte trägt selbst vor, dass die Übergabe der Sparbücher durch den Erblasser … erfolgt sein soll, um sich von seinen Schulden gegenüber der Beklagten aus den an ihn erfolgten Zweckzuwendungen zu befreien, womit die Beklagte den dem Erblasser zur Verfügung gestellten Geldbetrag meint, den sie dem verstorbenen … im Zuge der Finanzierung des Hauserwerbs zur Verfügung gestellt hatte.

Rechtsgrund der Übergabe der Sparbücher bzw. der Abtretung der Sparguthaben soll also die Erfüllung der dem Erblasser gegenüber der Beklagten geschuldeten, aus der vorherigen Geldzuwendung folgenden Rückzahlungsverpflichtung gewesen sein.

Diese Geldzuwendung durch die Beklagte an den Erblasser war bereits Streitgegenstand des Verfahrens vor dem Landgericht Saarbrücken, Az.: 9 O 101/09. In diesem Verfahren hatte die Beklagte vorgetragen, bei dem dem Erblasser zur Verfügung gestellten Geldbetrag in Höhe von 95.286,26 Euro habe es sich um ein Darlehen gehandelt.

Im vorliegenden Verfahren nimmt die Beklagte nunmehr Abstand von ihrer früheren Rechtsauffassung, dass sie ihrem Sohn ein Darlehen gewährt habe, und erklärt, bei der Geldzuwendung an den Erblasser habe es sich um eine Zweckschenkung / Schenkung unter Auflage / zweckgerichtete Zuwendung / Zuwendung sui generis gehandelt.

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Durch das klageabweisende Urteil im Verfahren vor dem Landgericht Saarbrücken, Az.: 9 O 101/09, welches rechtskräftig geworden ist, steht jedoch fest, dass der Beklagten ein Zahlungsanspruch gegen den Erblasser aus diesem Lebenssachverhalt, nämlich der zur Verfügungstellung dieses Geldbetrages, nicht zusteht. Dies steht mit bindender Wirkung fest. Denn ein Urteil, das eine Leistungsklage abweist, stellt grundsätzlich fest, dass die begehrte Rechtsfolge aus dem Lebenssachverhalt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt hergeleitet werden kann. Das gilt auch dann, wenn das Gericht nicht alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen ins Auge gefasst hat und im ersten Rechtsstreit eine Anspruchsgrundlage übersehen hat (BGH, Urteil vom 13.12.1989, Az.: IV b ZR 19/89; herrschende Meinung: vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Auflage, vor § 322, Rdnr. 41).

Auf einen anderen Lebenssachverhalt bzw. Streitgegenstand als Rechtsgrund für die behauptete Abtretung der Sparguthaben beruft sich die Beklagte im vorliegenden Fall jedoch gerade nicht. Ausdrücklich soll gerade die Geldzuwendung der Beklagten an den Erblasser …, die schon Streitgegenstand des klageabweisenden Urteils im Verfahren vor dem Landgericht Saarbrücken (Az.: 9 O 101/09) war, Rechtsgrund für die im streitgegenständlichen Verfahren behauptete Abtretung der den streitgegenständlichen Sparbüchern zu Grunde liegenden Sparguthaben sein.

Da durch das klageabweisende Urteil im Verfahren 9 O 101/09 Landgericht Saarbrücken mit bindender Wirkung feststeht, dass der Beklagten ein Zahlungsanspruch wegen des dem Erblassers zugewendeten Geldbetrages nicht zusteht, steht somit auch fest, dass ein Rechtsgrund für die – zu Gunsten der Beklagten unterstellte – Abtretung der Sparguthaben nicht besteht. Selbst wenn daher zugunsten der Beklagten von einer Abtretung der Sparguthaben durch den Erblasser im Jahre 2008 ausgegangen würde, stünde in diesem Fall dem Erblasser ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 BGB auf Rückabtretung der Sparguthaben zu, der auf den Kläger als Rechtsnachfolger des Erblassers übergegangen wäre, § 1922 BGB.

Auch bei unterstellter Abtretung der Sparguthaben im Jahre 2008 stünde der Beklagten daher aufgrund ihrer Pflicht zur alsbaldigen Rückgewähr des Erlangten (§ 242 BGB, dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est), weder ein Recht zum Besitz an den Sparbüchern – welche als Rechte am Papier dem Recht aus dem Papier folgen, § 952 BGB -, noch ein Zurückbehaltungsrecht zu.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

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