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Aussagepflicht eines zu Sache nichts beitragen könnenden Zeugen

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 12 W 37/18 – Beschluss vom 13.12.2018

Die sofortige Beschwerde der Zeugin N… W… gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 7.11.2018, 2 O 381/16 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 250 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin wurde mit prozessleitender Verfügung vom 14.2.2018 von der zuständigen Einzelrichterin zu einem auf den 7.11.2018 anberaumten Termin zur Beweisaufnahme als Zeugin formlos geladen. Die Ladung ist der Zeugin zugegangen. Da sie im Termin am 7.11.2018 nicht erschienen war, erfolgte eine telefonische Nachfrage durch das Gericht. Danach habe sie erklärt, sie habe ihre Sekretärin beauftragt, dem Landgericht anzuzeigen, dass sie über diese Sache keine Aussage treffen könne und davon ausgegangen sei, dass sich die Sache erledigt habe.

Mit Beschluss vom gleichen Tage, der Zeugin zugestellt am 15.11.2018, verhängte die Einzelrichterin gegen die Zeugin wegen des Nichterscheinens im Termin vom 7.11.2018 ein Ordnungsgeld i.H.v. 100 €, ersatzweise zwei Tage Ordnungshaft und legte ihr zugleich die durch das Ausbleiben im Termin verursachten Kosten auf.

Hiergegen legte die Zeugin mit bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 20.11.2018 sofortige Beschwerde ein. Sie trägt vor, der Termin sei aufgrund der häufigen Terminverschiebungen komplett untergegangen. Zudem könne sie zur Sache nichts sagen, da gar nicht sie, sondern der Nachunternehmer vor Ort gewesen sei. Insoweit wären auch keine zusätzlichen Kosten entstanden, da es ohnehin eines weiteren Termins zur Zeugenvernehmung des Nachunternehmers bedürfe.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die gemäß § 380 Abs. 3 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht gemäß § 380 Abs. 1 ZPO gegen die ordnungsgemäß geladene und im Termin zur Beweisaufnahme nicht erschienene Zeugin von Amts wegen ein Ordnungsgeld verhängt und ihr die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt. Der ordnungsgemäßen Ladung steht nicht entgegen, dass hier mehrfache Terminverlegungen stattgefunden haben. Denn, dies ergibt sich auch aus der Einlassung der Zeugin, es ist ihr der Verhandlungstermin ausreichend deutlich und rechtzeitig bekannt gegeben worden. Die Zeugin hat sich auch vor dem Verhandlungstermin nicht entschuldigt.

Auch die Voraussetzungen, unter denen ein Ordnungsmittel gemäß § 381 Abs. 1 Satz 3 ZPO aufzuheben ist, liegen nicht vor. Erfolgt die Entschuldigung wie hier nicht rechtzeitig, so entfällt die Festsetzung eines Ordnungsmittels nur dann, wenn nachträglich glaubhaft gemacht wird, dass der Betroffenen an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft und die Entschuldigung hinreichend ist. Was als Entschuldigung gilt, entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen und unter Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls. Für die genügende Entschuldigung müssen Umstände vorliegen, die das Ausbleiben nicht als pflichtwidrig erscheinen lassen. Soweit die Zeugin mit Schreiben vom 20.11.2018 darauf abstellt, der Termin sei „leider komplett untergegangen“, liegt darin keine Entschuldigung. Ein schlichtes Vergessen des Termins ist zumindest als Fahrlässigkeit zu werten und entschuldigt nicht (vgl. nur Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 30. September 2015 – 2 W 17/15 – m.w.N., juris). Auch die weitere Ausführung, sie hätte ihre Sekretärin beauftragt mitzuteilen, dass nicht sie selbst, sondern ihre Nachunternehmerin vor Ort gewesen sei und sie deshalb keine Aussage zur Sache machen könne, führt nicht zur Entlastung. Denn die Vorschrift des § 380 ZPO dient dem Zweck der Achtung und Durchsetzbarkeit der den Zeugen treffenden staatsbürgerlichen Pflichten, denen der Zeuge unabhängig von seiner subjektiven Auffassung zu folgen hat. Die Frage, ob Aussagen zur Sache möglich sind oder nicht, liegt nicht in der Entscheidungsbefugnis der Zeugin, sondern obliegt allein dem Gericht, das die zu treffende Aussage zu würdigen hat. Mithin hat die Zeugin auch dann vor Gericht zu erscheinen, wenn sie in der Sache selbst nichts beitragen kann. Zudem handelt es sich um eine ureigenste persönliche Aufgabe der Zeugin, also dass sie sich, soweit sie sich für eine etwaige Entschuldigung dritter Personen bedient, jedenfalls darüber zu vergewissern hat, ob sie von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen durch das Gericht entbunden wurde. Hierfür hätte im vorliegenden Fall schon deshalb Anlass bestanden, weil sie aufgrund der mehrfachen Terminverlegungen in jedem Fall erneut geladen wurde. Es ist in jedem Fall als fahrlässig zu bewerten, wenn sie in dieser Situation von einer entsprechenden Vergewisserung gegenüber dem Gericht Abstand nimmt und im Termin zur Beweisaufnahme nicht erscheint.

Ebenfalls nicht entlastend wirkt die Auffassung der Zeugin, das Verfahren müsse ohnehin fortgeführt werden, weil die Nachunternehmerin noch vernommen werden müsste. Auch diese Frage obliegt nicht der Entscheidung der Zeugin, sondern dem Gericht und stellt sich im Übrigen auch nur dann, wenn ein entsprechender prozessualer Vortrag vorliegt.

Die Höhe des Ordnungsgeldes bewegt sich im durch Art. 6 ff. EGStGB eröffneten Rahmen. Die Beschwerde gibt keinen Anlass, von der Festsetzung des Landgerichtes abzuweichen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde ist mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zuzulassen.

 

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