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Ausschluss aus einer Genossenschaft – Wirksamkeit

LG Potsdam, Az.: 51 O 61/16

Urteil vom 01.03.2018

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Folgen eines

Ausschluss aus einer Genossenschaft - Wirksamkeit
Symbolfoto: World Image/Bigstock

Der Kläger ist Gründungsmitglied der Beklagten und war ab November 1979 zunächst bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der LPG Tierproduktion Th. M. KRAHNE Mitglied und Arbeitnehmer. Die Beklagte hat die Mitgliedschaft und das Arbeitsverhältnis des Klägers im Dezember 1990 übernommen. Der Kläger war als technischer Leiter und Leiter Pflanzenproduktion tätig.

Die Satzung der Beklagten in der Fassung vom 22.9.2009 enthält folgende, für den Rechtsstreit wesentliche Bestimmungen:

§ 3 Erwerb der Mitgliedschaft

(1) Die Mitgliedschaft können natürliche Personen erwerben, die in einem Dienst-, Arbeits- oder Auftragsverhältnis mit der Genossenschaft stehen.

(…)

§ 4 Beendigung der Mitgliedschaft

Die Mitgliedschaft endet durch

a) Kündigung (§ 5 Abs. 1)

b) Tod eines Mitglieds (§ 7)

c) Ausschluss (§ 8)

§ 5 Kündigung

(1) Jedes Mitglied kann seine Mitgliedschaft zum Schluss eines Geschäftsjahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten schriftlich kündigen.

(…)

§ 8 Ausschluss

(1) Ein Mitglied kann aus der Genossenschaft zum Schluss eines Geschäftsjahres ausgeschlossen werden wenn

(…)

c) es durch Nichterfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber der Genossenschaft diese schädigt oder geschädigt hat oder wegen Nichterfüllung einer Verbindlichkeit gerichtliche Maßnahmen notwendig sind,

(…)

h) sich sein Verhalten oder sonstige von ihm zu vertretende Umstände mit den Belangen der Genossenschaft nicht vereinbaren lässt.

(2) Für den Ausschluss ist die Generalversammlung zuständig.

(3) Vor der Beschlussfassung ist dem Auszuschließenden Gelegenheit zu geben, sich zu dem beabsichtigten Ausschluss zu äußern. (…)

§ 9 Auseinandersetzung

(1) Für die Auseinandersetzung zwischen dem ausgeschiedenen Mitglied und der Genossenschaft ist der festgestellte Jahresabschluss maßgebend; Verlustvorträge sind nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile zu berücksichtigen.

(2) Das ausgeschiedene Mitglied hat Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens. Mit Ausnahme des Beteiligungsfonds hat das Mitglied keine Ansprüche auf die Rücklagen und das sonstige Vermögen der Genossenschaft.(…)

(…)

§ 11 Pflichten der Mitglieder

Jedes Mitglied hat die Pflicht, das Interesse der Genossenschaft zu wahren und das der Erhaltung seiner wirtschaftlichen Selbständigkeit dienende genossenschaftliche Unternehmen nach Kräften zu unterstützen. Es hat insbesondere

(…)

j) seine Mitgliedschaft aufzugeben, wenn die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 nicht mehr gegeben sind und sein Verbleiben als Mitglied der Genossenschaft unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen unzumutbar ist.

(…)

§ 39b Beteiligungsfonds

(1) Die Genossenschaft bildet einen Beteiligungsfonds gemäß § 73 Abs. 3 GenG, der bei der Auseinandersetzung mit ausscheidenden Mitgliedern entsprechend den nachfolgend dargestellten Regelungen zur Auszahlung gelangt.

(2) Die Auffüllung des Beteiligungsfonds erfolgt im Rahmen des Beschlusses der Generalversammlung über die Gewinnverwendung.

(3) Die Generalversammlung kann die Heranziehung auch des genossenschaftlichen Beteiligungsfonds zur Deckung von Verlusten ganz oder zum Teil beschließen. Der Gesamtbetrag des genossenschaftlichen Beteiligungsfonds ergibt sich aus der von der Genossenschaft jeweils festgestellten Bilanz der Genossenschaft.

(4) Am Beteiligungsfonds sind nur die am 31.12.2002 verbleibenden Mitglieder sowie die danach beitretenden Mitglieder beteiligt. Anspruchsberechtigt ist ein ausgeschiedenes Mitglied, soweit eine Auseinandersetzung zwischen Genossenschaft und Mitglied erfolgt, unter folgenden Voraussetzungen:

a) Das Mitgliedschaftsverhältnis zur Genossenschaft muss mindestens fünf Jahre ununterbrochen bestanden haben.

b) Der Ausgeschiedene muss die Pflichtanteile mindestens 12 Monate vor seinem Ausscheiden voll eingezahlt haben.

c) Das Mitglied darf nicht durch eigenes, grob fahrlässiges Verschulden aus der Genossenschaft ausgeschlossen worden sein.

(5) Der Anspruch bemisst sich nach dem rechnerischen Anteil am Zuwachs des Fonds, der während der Mitgliedschaft entstanden ist. Dieser Anteil wird nach folgenden Richtlinien errechnet: (…)

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Satzung wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage K 1, Bl. 12 ff. d.A.).

Der § 39b war dabei der Satzung erstmals durch Beschluss vom 13.6.2002 hinzugefügt worden (Anlage B5, Bl. 111 d.A.), allerdings in etwas anderer Fassung. Dort hieß es in § 39b Abs. 9 am Ende: „Der Anspruch auf Auszahlung von Beträgen des Beteiligungsfonds entfällt, wenn das Mitglied von der Genossenschaft ausgeschlossen wurde.“ (Bl. 113 d.A.)

Der Kläger war „Bonusbevollmächtigter“ der Beklagten und betreute in dieser Eigenschaft die betrieblichen Bonusprogramme BayDir Premeo und Syngenta Agro Bonusland. Seine Aufgabe war die Erfassung der Aufkleber mit dem Bonuscode und deren Eingabe im Internet. Er hatte zudem die Vollmacht zum Abruf von Waren für rein betriebliche Zwecke. Im Zeitraum von 2008 bis 2015 bezog der Kläger unberechtigt Waren aus den Bonusprogrammen der Beklagten für sich privat und Dritte, ohne die Beklagte darüber zu informieren. Die Beklagte ging dabei ausweislich des Schreibens vom 18.2.2015 (Anlage B2, Bl. 103 ff.) von einem Missbrauch vom 23.11.2008 bis zum 13.1.2015 und einem dadurch entstandenen Schaden in Höhe von rund 12.000 € aus. Der Kläger räumte in einer Stellungnahme vom 13.7.2015 einen Missbrauch des Bonusprogramms vom 23.11.2008 bis 13.1.2014 und einen Schaden in Höhe von 1.731 € ein (Anlage B11, Bl. 132 d.A.).

Bereits am 13.2.2015 entschied der Vorstand, einen Ausschluss des Klägers anzustreben (Anlage B1, Bl. 102 d.A.). Mit Schreiben vom 18.2.2015 wurde der Kläger von der Beklagten über die Einleitung des Ausschlussverfahrens informiert (Anlage B2, Bl. 103 d.A.). Dabei wurden als Ausschlussgründe die § 8 Abs. 1 Bucht. c) und h) in Bezug genommen. Der Kläger habe das Vertrauen der Beklagten missbraucht, indem er Bonusgutschriften zur Anschaffung persönlicher Dinge verwendet habe.

Mit Schreiben vom 30.6.2015 lud die Beklagte zur außerordentlichen Generalversammlung für den 16.7.2015 ein. Auf der Tagesordnung stand dabei unter anderem der Ausschluss des Klägers gemäß § 8 der Satzung (Anlage B3, Bl. 105 d.A.). Ein weiteres Schreiben der Beklagten datiert vom 1.7.2015 (Anlage B4, Bl. 107 d.A.).

Der Kläger nahm u.a. am 13.7.15 zum Ausschlussverfahren gegenüber der Beklagten ausführlich Stellung (Anlage B11, Bl. 74 122 ff.). In diesem Schreiben erklärte er gemäß § 5 der Satzung die fristlose Kündigung seiner Mitgliedschaft zum 31.12.2015.

Am 16.7.2015 beschloss die Beklagte den Ausschluss des Klägers nach § 8 Abs. 1 c) und h). Dieser Beschluss wurde dem Kläger mit Einschreiben vom 22.7.2015 mitgeteilt (Anlage K4, Bl. 34 d.A.).

Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete zum 14.2.2015; darauf hatte man sich vor dem Arbeitsgericht am 16.6.2015 im Vergleichswege verständigt (Az. 1 Ca 191/15, Anlage B10, Bl. 120 d.A.)..

In einem weiteren arbeitsrechtlichen Rechtsstreit, in der die hiesige Beklagte als Klägerin 7.745 € Schadensersatz vom hiesigen Kläger verlangte, schlossen die Parteien am 28.4.2016 einen Vergleich, wonach die hiesige Beklagte von den zum 30.6.2016 fällig werdenden Genossenschaftsanteilen 5.000 € einbehalten dürfe und der Restbetrag von 1.300 € ausbezahlt werde. Ferner wurde ein allgemeiner Ausgleich finanzieller Ansprüche erklärt. Ausgenommen wurden etwaige Ansprüche des hiesigen Klägers aus dem Beteiligungsfonds (Anlage B9, Bl. 119 d.A.).

Mit Anwaltsschreiben vom 17.8.2015 bat der Kläger die Beklagte um Mitteilung, was mit seinem Anteil am Beteiligungsfonds geschehe (Anlage K2, Bl. 30/31 d.A.). Die Beklagte antwortete mit Anwaltsschreiben vom 26.8.2015, wonach eine Auszahlung gemäß § 39b Abs. 4 lit. c) der Satzung ausgeschlossen sei.

Die Höhe des Anteils des Klägers am Beteiligungsfonds beträgt nach Berechnung der Beklagten 72.975,04 € (Bl. 93 d.A.).

Der Kläger hält die Satzungsbestimmung in § 39 zum Ausschluss vom Beteiligungsfond für unwirksam und ihre Anwendung für treuwidrig.

Es sei bereits der Ausschließungsgrund nicht hinreichend bestimmt. § 39b Abs. 4 lit. c) statuiere dafür ein „eigenes, grob fahrlässiges Verhalten“, das weder im abschließenden Katalog des § 8 der Satzung genannt noch im Sinne des § 68 Abs. 1 Satz 1 GenG bestimmt sei. Auch fehle eine ausdrückliche Bezugnahme auf § 8 der Satzung.

Im Übrigen sei ein kompletter Ausschluss des Anspruchs auf Beteiligung am Beteiligungsfonds contra legem und deshalb unzulässig. Es handele sich im Prinzip um eine kapitalistische Unternehmensbeteiligung, zu der der Kläger jahrzehntelang wertschöpfend beigetragen habe. Es bestehe eine deutliche Parallele zu anderen Beteiligungsformen, beispielsweise bei einer GmbH. Auch dort sei es unstreitig unzulässig, einen GmbH-Anteil unentgeltlich einzuziehen.

Das komplette Abschneiden des klägerischen Anspruchs sei auch treuwidrig. So sei der Ausschluss nur beschlossen worden, um der vom Kläger bereits erklärten Kündigung zuvor zukommen und allein um so die Voraussetzung für den Anspruchsausschluss zu schaffen. Dies sei treuwidriges „Nachkarten“.

Zudem sei es treuwidrig, wenn dem Kläger ein Anspruch in Höhe von rund 70.000 € aberkannt werde, obwohl der Kläger sich im Vergleich bereits zum Schadensersatz in Höhe von 5.000 € verpflichtet habe; es handele sich insoweit um einen unzulässige „Strafschadensersatz“.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, das Guthaben des Klägers am Beteiligungsfonds der Beklagten unter Berücksichtigung der in § 39d Abs. 5 der Satzung der Beklagten in der Fassung vom 22.9.2009 enthaltenen Richtlinien per Stichtag 31.12.2015 abzurechnen,

2. die Beklagte zu verurteilen, das sich aus der Abrechnung gemäß vorstehend Ziffer I ergebende Guthaben zu Gunsten des Klägers zuzüglich Zinsen auf dieses Guthaben in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.6.2016 auszuzahlen.

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Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die Regelung und den Anspruchsausschluss.

Bei § 39b Abs. 4 der Satzung handele es sich um geregelte Anspruchsvoraussetzungen. Die Formulierung „ausgeschlossen“ nehme dabei offensichtlich Bezug auf die Ausschlussgründe unter § 8 der Satzung. Es müsse sich dann nur zusätzlich um grob fahrlässiges Verhalten handeln. Auch sei ein gänzlicher Anspruchsausschluss zulässig und nicht gesetzeswidrig. Es handele sich lediglich um eine Beteiligungsmöglichkeit, die schon nach dem Gesetzeswortlaut per Satzung beschränkt werden darf. Das jahrelange vorsätzliche Verhalten des Klägers widerspräche dem Sinn und Zweck des Beteiligungsfonds als Anerkennungsgedanke.

Der Ausschluss des Klägers sei nach § 8 der Satzung zu Recht erfolgt. Die Eigenkündigung habe dem nicht entgegen gestanden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Auch wenn es sich offenbar um eine (zulässige) Stufenklage handelt, konnte die Klage insgesamt abgewiesen werden, da dem Kläger der in der Leistungsstufe angekündigte Auszahlungsanspruch nicht zusteht.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auszahlung seines Anteils am Beteiligungsfonds, da die Anspruchsvoraussetzungen hierfür nach § 39b der Satzung nicht gegeben sind. Diese Satzungsbestimmung ist auch wirksam und ihre Anwendung nicht treuwidrig.

1.

In § 39b der Satzung ist geregelt, wann dem Mitglied ein Anspruch am Beteiligungsfonds zusteht. Dies wird in Abs. 4 lit. (c) lediglich negativ umschrieben. Indem dort auf einen „Ausschluss“ Bezug genommen wird, kann dies nur ein Ausschluss nach § 8 der Satzung sein, da es andere Möglichkeiten zum Ausschluss nicht gibt. Soweit der Kläger also eine ausdrückliche Bezugnahme auf § 8 vermisst, erfolgt diese klare und unmissverständliche Bezugnahme allein schon durch das Wort „ausgeschlossen“.

2.

Durch die Formulierung „durch eigenes, grob fahrlässiges Verschulden“ wird entgegen der Meinung des Klägers kein satzungsrechtlich nicht geregelter Ausschlussgrund formuliert; diese Ausschlussgründe sind abschließend in § 8 geregelt. Vielmehr wird durch diese Regelung zum Ausdruck gebracht, dass für einen Anspruchsverlust es eben nicht ausreicht, dass man nach § 8 ausgeschlossen wurde. Es muss etwas hinzukommen, nämlich (mindestens) grobe Fahrlässigkeit des Mitglieds. Erst ein solches Verhalten soll sanktioniert werden. Damit wird letztlich die Anspruchsentstehung für Mitglieder erleichtert, da demnach selbst ein Mitglied, das wirksam nach § 8 ausgeschlossen wurde, ein Anspruch am Beteiligungsfonds zustünde, wenn dessen Verhalten nur (einfach) fahrlässig war. In der ursprünglichen Satzung aus 2002 war dies noch anders geregelt: dort hätte jeglicher Ausschluss auch zu einem Anspruchsverlust am Beteiligungsfonds geführt.

3.

Die Satzungsbestimmung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil sie in den genannten Fällen einen vollständigen Anspruchsausschluss vorsieht. So ergibt sich bereits aus § 73 Abs. 3 Satz 1 GenG, dass die Einräumung eines Beteiligungsrechts im Ermessen der Genossenschaft liegt. Auch kann das Bestehen des Anspruchs und damit ein vollständiger Ausschluss von diesem Anspruch anhand der Dauer der Mitgliedschaft festgemacht werden. Bereits dies zeigt, dass ein vollständiger Ausschluss nach dem Gesetz möglich ist. Nach § 73 Abs. 2 Satz 2 GenG können darüber hinaus „weitere Erfordernisse“ aufgestellt werden. Aus der Formulierung ergibt sich, dass also die Satzung weitere Voraussetzungen für das Bestehen eines Anspruchs formulieren darf. Konkrete Vorgaben oder Beschränkungen sieht das Genossenschaftsgesetz nicht vor. Allenfalls ließe sich aus der gesetzlichen Systematik und dem Sinn des Beteiligungsfonds ableiten, dass eine in der Satzung vorgesehene Beschränkung oder Ausschließung einen sachlichen Bezug zu diesem Sinn aufweisen muss (so u.a. Müller in GenG zu § 73 Rn. 4b). Dies ist aber in den Fällen, in denen auf die Ausschlussgründe Bezug genommen wird, regelmäßig der Fall und erst recht, wenn wie vorliegend ein grob fahrlässiges Verhalten sanktioniert wird, da in diesen Fällen eine starke Beeinträchtigung der genossenschaftlichen Belange anzunehmen ist, die sich regelmäßig auch wirtschaftlich auswirkt und dies eine Beschränkung der wirtschaftlichen Teilhabe am Gewinn zu rechtfertigen vermag (für Zulässigkeit eines vollständigen Ausschlusses auch Beuthien u.a., GenG, 15.A., § 73 Rn. 17; Müller, GenG 2.A., § 73 Rn. 4b).

Soweit der Kläger meint, ein vollständiger Ausschluss sei ebenso wie bei einer GmbH wegen der Kapitalisierung der Beteiligung unzulässig, vermag die Kammer diese Ansicht nicht zu teilen. Grundsätzlich steht dem Mitglied einer Genossenschaft lediglich das Auseinandersetzungsguthaben zu; dies kann dem Mitglied auch nicht entzogen werden und ist auch vorliegend dem Kläger unstreitig ausgezahlt worden. Am sonstigen Vermögen wird das Mitglied einer Genossenschaft nur in dem Umfang beteiligt, wie die Satzung einen Beteiligungsfonds vorsieht und welche Voraussetzungen es dabei statuiert (vgl. auch BGH v. 26.5.2003, II ZR 169/02). Der Anspruch am Beteiligungsfonds ist damit – anders als der Abfindungsanspruch bei einer GmbH – von Anfang an nicht unbeschränkt gegeben, sondern – wenn überhaupt – an bestimmte Voraussetzungen verknüpft. Anders als bei dem Entzug der Abfindung bei einer GmbH ist der Ausschluss vom Beteiligungsfonds auch nicht für das Mitglied existenzgefährdend, so dass es auch nicht sittenwidrig ist, den Anspruch am Beteiligungsfonds in bestimmten Fällen gar nicht erst entstehen zu lassen (zur anderweitigen Regelung bei einer GmbH BGH v. 29.4.2014, II ZR 216/13 Rn. 11 ff.).

Der vollständige Entzug ist auch nicht treuwidrig. Dem Mitglied wird hier nicht eine Strafe auferlegt. Vielmehr bestimmt die Satzung, dass ein Mitglied, das grob fahrlässig einen Ausschlussgrund verwirklicht, die weitergehende Beteiligung am Gewinn der Genossenschaft in Form des Beteiligungsfonds nicht „verdient“ hat. Nach der Satzung sollen demnach nur langjährige Mitglieder, die ihren Pflichtanteil eingezahlt haben und die sich gegenüber der Genossenschaft satzungskonform und nicht etwa grob fahrlässig pflichtwidrig verhalten haben, einen Anteil am Beteiligungsfonds erhalten. Eine solche Regelung bewegt sich im Ermessen der genossenschaftsrechtlichen Satzungsfreiheit und verstößt nicht gegen § 242 BGB. Dass der Kläger den Schaden dabei im Rahmen eines Vergleichs eingestanden und reguliert hat, ändert daran nichts. Entscheidend ist nicht die Höhe des Schadens, sondern das jahrelange (vertrauens-) missbräuchliche Verhalten des Klägers gegenüber der beklagten Genossenschaft.

4.

Dass Ausschlussgründe vorlagen, ist unstreitig. Insoweit kann auf den entsprechenden Vortrag der Beklagten in der Klageerwiderung Bezug genommen werden. Der Ausschluss war auch möglich, da die Mitgliedschaft des Klägers noch nicht beendet war. Durch den arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 16.6.2015 wurde zwar das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 14.2.2015 beendet. Die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten endete aber dadurch nicht automatisch. Es besteht dann ggf. nur die Pflicht des Mitglieds, die Mitgliedschaft nach § 11 j) „aufzugeben“, da dann die Voraussetzung der Mitgliedschaft nach § 3 der Satzung (Bestehen eines Arbeitsverhältnisses) nicht mehr gegeben ist.

Der Ausschluss nach § 8 war auch nicht treuwidrig. Angesichts der unstreitigen Darstellung des zeitlichen Ablaufs von Ausschluss und Kündigung erfolgte der Ausschluss gerade nicht als „Nachkarten“ auf eine Kündigung des Klägers, sondern wurde der Ausschluss schon viel früher eingeleitet. Es erscheint eher umgekehrt, dass der Kläger mit seiner Kündigung einem Ausschluss zuvorkommen wollte.

Dass ein Ausschluss nur zulässig sei, wenn dies zu einer „früheren“ Beendigung der ohnehin gekündigten Mitgliedschaft führt, lässt sich weder dem Gesetz noch der Satzung entnehmen und dürfte auch nicht zutreffend sein. Die Genossenschaft hat die Möglichkeit, bei Vorliegen von Ausschlussgründen darauf entsprechend zu reagieren.

5.

Da das Verhalten des Klägers, das zum Ausschluss führte, nicht nur grob fahrlässig, sondern vorsätzlich erfolgte, hat er die Voraussetzungen für das Entstehen eines Anspruchs am Beteiligungsfonds nach § 39b der Satzung nicht erfüllt. Die Klage war daher abzuweisen.

6.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.

Der Streitwert für den Rechtsstreit wird auf 75.000 € festgesetzt.

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