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Außereheliche Beziehung – Detektivüberwachung – GPS-Sender

Oberlandesgericht Oldenburg

Az: 13 WF 93/08

Beschluss vom 20.05.2008


In der Familiensache hat der 13. Zivilsenat – 4. Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Oldenburg am 20. Mai 2008 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde des Klägers wird zurückgewiesen.

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Oldenburg vom 15. April 2008 geändert:

Die vom der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten werden auf 1.540,58 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19. Februar 2008 festgesetzt.

Der weitergehende Antrag wird abgewiesen

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Beschwerdewert: bis zu 4.000 Euro

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen

Gründe:

Der Kläger war durch Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 08. November 2008 verurteilt worden, der Beklagten monatlich 680 Euro Unterhalt zu zahlen. Mit seiner Abänderungsklage erstrebte der Kläger Wegfall seiner Unterhaltspflicht. Zur Vorbereitung dieser Klage hatte er ein Detektivbüro mit der Feststellung beauftragt, ob die Beklagte in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebe. Der eingeschaltete Detektiv überwachte die Fahrten der Beklagten mit ihrem PKW durch einen am Fahrzeug heimlich angebrachten GPS-Senders. Hierfür berechnete er dem Kläger insgesamt 3.710,42 Euro.

Nachdem die Beklagte in der vorprozessualen Korrespondenz noch die Voraussetzungen für einen Wegfall der Unterhaltspflicht verneint hatte, hat sie den Klageanspruch anerkannt.

Der Kläger begehrt im Wege der Kostenfestsetzung u.a. auch die Erstattung der ihm durch die Einschaltung eines Detektivs entstandenen Kosten in Höhe von 3.710,42 Euro. Hiervon hat die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 15. April 2008 lediglich 1.397,06 Euro festgesetzt. Zwar sei die Einschaltung eines Detektivbüros zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich. Diese gelte aber nicht für den Einsatz eines GPS-Systems, bei dem es sich um ein unzulässiges Beweismittel handele. Die Kosten für den Geräteeinsatz seien daher nicht zu erstatten.

Gegen diesen Beschluss wenden sich beide Parteien, mit ihren jeweils rechtzeitig eingelegten Rechtsmitteln.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 568 Abs. 1 Nr. 2 ZPO durch den Senat.

Die nach § 104 Abs. 3 ZPO zulässige sofortige des Klägers ist nicht begründet, während sich das Rechtsmittel der Beklagten als erfolgreich erweist.

Kosten für die Einschaltung eines Detektivs können dann als notwendige Verfahrenskosten festgesetzt werden, wenn die Feststellungen für eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung notwendig waren. Das Amtsgericht ist mit zutreffenden Erwägungen davon ausgegangen, dass solche Ermittlungen für das vorliegende Verfahren zweckmäßig waren. Die Beklagte hatte im Ausgangsverfahren geltend gemacht, ihre Beziehung zu Herrn X sei beendet. Später hatte sie diese Beziehung jedoch fortgesetzt. Aus Sicht des Klägers war es daher zweckmäßig, sich vor Erhebung einer neuen Klage Sicherheit über den Bestand dieser Beziehung zu verschaffen. Die Notwendigkeit zeigt sich auch in der vorprozessualen Reaktion der Beklagten, die eine verfestigte Beziehung weiterhin in Abrede genommen hat, so dass dieser Gesichtspunkt in einem gerichtlichen Verfahren streitig zu werden drohte.

Gleichwohl kann der Kläger eine Erstattung der durch die Rechnungen belegten Detektivkosten nicht beanspruchen. Denn zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung sind nur solche Maßnahmen zu rechnen, die auch zu gerichtlich verwertbaren Feststellungen führen. Daran fehlt es. Das von dem Kläger beauftragte Detektivbüro hat sich einer Überwachung der Beklagten mittels eines GPS-Systems und damit einer für das angestrebte Verfahren unzulässigen Ermittlungsmethode bedient.

Der Einsatz eines GPS-Systems dient dazu, den Standort eines Kraftfahrzeuges laufend zu orten: Das System ermöglicht damit die heimliche Erstellung eines umfassenden Bewegungsprofils einer Person. Dieses beschränkt sich nicht auf die Feststellung, wann und für wie lange die Anschrift des vermeintlichen Partners aufgesucht wird, sondern zeichnet unvermeidbar auch alle anderen Fahrten auf. Daraus ergibt sich zwangsläufig eine lückenlose Überwachung aller Fahrten aus privaten und beruflichen Zwecken – eine für das angestrebte Ermittlungsergebnis nicht erforderliche Kontrolle. Auch wenn die Betätigung im öffentlichen Raum nicht zum unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung gehört, stellt eine so weit gehende Beobachtung einen erheblichen Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht und das davon umfasste Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar (vgl. BVerfG NJW 2005, 1338. OLG Koblenz NJW 2007, 2863. OVG Hamburg NJW 2008, 96). Wenn auch die GPS gestützte Ermittlung eines Aufenthaltsortes im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen nicht generell unzulässig ist (BVerfG NJW 2005, 1338), ist bei dem Einsatz solcher Mittel der allgemeine Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Dies erschließt sich unmittelbar aus § 100h StPO (§ 100f StPO aF), der den Einsatz von besonderen, für Observationszwecke bestimmten technischen Mitteln außerhalb des Wohnraums nur zulässt, wenn Feststellungen auf andere Weise weniger erfolgversprechend sind und es sich um Straftaten von erheblicher Bedeutung handelt. Demnach ist der Einsatz moderner technischer Geräte zur heimlichen Personenüberwachung bereits im Strafverfahren nicht beliebig zulässig, sondern zum Schutz der Privatsphäre an konkrete Voraussetzungen gebunden. Ob unter diesen Voraussetzungen im privaten Bereich die heimliche, datengestützte Aufenthaltskontrolle durch eine Partei selbst oder einen von ihr beauftragten Unternehmer unter bestimmten Voraussetzungen überhaupt statthaft ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Zumindest dann, wenn Feststellungen auch auf andere Art und Weise möglich sind, gebietet es das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, auf solche weniger einschneidenden Maßnahmen zurückzugreifen.

Als eine solche Maßnahme kam vorliegend eine punktuelle persönliche Beobachtung in Betracht. Diese wäre für die Feststellung der Voraussetzungen einer verfestigten Lebensgemeinschaft auch deshalb geeignet, weil neben Häufigkeit und Dauer der Kontakte auch das Auftreten in der Öffentlichkeit weiteren Aufschluss geben kann.

Unter diesen Voraussetzungen beruhen die aus einer heimlichen GPS-Überwachung gewonnenen Erkenntnisse auf einem nicht gerechtfertigten Eingriff in die Privatsphäre und wären daher prozessual nicht verwertbar (Zöller/Greger, ZPO 26. Aufl. § 286 ZPO Rn. 15a).

Damit kann der Kläger die entstandenen Detektivkosten nicht erstattet verlangen. Dies betrifft nicht allein den Sachaufwand für den Einsatz des GPS-Gerätes, sondern auch die Personalkosten. Diese sind in den Rechnungen als „Wartung/Montage“ begründet, stehen also in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Einsatz des GPS-Systems. Da sich diese Kosten nicht gegenüber dem Aufwand für eine zulässige Ermittlungsarbeit trennen lassen, können die Detektivkosten nicht zu Lasten der Beklagten festgesetzt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO

Der Senat lässt die Rechtsbeschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zu.

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