AG Schleswig, Az.: 4 XVII B 11924, Beschluss vom 05.07.2013
Eine vorläufige Betreuung für den Betroffenen wird nicht eingerichtet.
Gründe
Der Betroffene hat am 11.05.1996 seiner Ehefrau zu Protokoll des Notars X in Hanerau-Hademarschen (UR-Nr. 181/96) eine als solche bezeichnete Generalvollmacht erteilt. In der Urkunde heißt es, dass die Bevollmächtigte ermächtigt sei, jede Rechtshandlung, welche der Betroffene selbst vornehmen könnte und bei welcher Stellvertretung gesetzlich zugelassen ist, für ihn und in seinem Namen mit rechtsverbindlicher Kraft vorzunehmen. Im Übrigen enthält die Urkunde eine Befreiung von § 181 BGB und soll über den Tod hinaus gelten.
Im Juni 2013 erlitt der Betroffene einen Herzinfarkt und befindet sich derzeit zur Behandlung auf der Intensivstation der Inneren Abteilung des H-Klinikums in Schleswig. Er wird bei Analgo-Sedierung künstlich beatmet, ist nicht bei Bewusstsein, kann keine Entscheidungen selbst treffen. Die Klinik beabsichtigt ärztliche Eingriffe und hat deswegen die Einrichtung einer vorläufigen Betreuung angeregt.
Das Gericht hat sich von dem Betroffenen einen Eindruck verschafft. Dieser war nicht ansprechbar.
Eine Betreuung war nicht einzurichten. Nach § 1896 Abs. 2 BGB darf ein Betreuer nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen eine Betreuung erforderlich ist. Sie ist nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Das ist hier der Fall. Die Ehefrau ist auf Grund der Generalvollmacht bevollmächtigt, alle Rechtsgeschäfte für den Betroffenen, bei denen Stellvertretung zulässig ist, vorzunehmen. Das umfasst nicht nur den Rechtsverkehr im Bereich der Vermögenssorge, sondern darüber hinaus auch in personenrechtlichen Angelegenheiten. Es ist nicht erforderlich, dass die erfassten Angelegenheiten im Einzelnen aufgeführt werden.
Allerdings werden in den inzwischen verwendeten Formularen für Vorsorgevollmachten alle möglichen denkbaren Bereiche aufgeführt, auf die sich eine Vorsorgevollmacht erstrecken soll. Mit wenigen Ausnahmen wie z.B. der Entscheidungsbefugnis über eine geschlossene Unterbringung oder freiheitsentziehende Maßnahmen (§ 1906 BGB) ist aber vom Gesetz nicht verlangt. Die Gründe für die umfangreichen Aufgabenkataloge in Vorsorgevollmachtsformularen, mögen vor allem darin liegen, dass den Beteiligten deutlich werden soll, worauf sich die Bevollmächtigung eigentlich erstreckt. Diese Bewusstwerdung ist aber bei Erteilung einer „Generalvollmacht“ in gleicher Weise gegeben, insbesondere wenn diese vor einem Notar errichtet wird. Einem Urkundsnotar ist bekannt, dass eine Generalvollmacht sich nicht nur auf den vermögensrechtlichen, sondern auch auf den personenrechtlichen Bereich erstreckt. Er hat darüber bei Beurkundung die Vollmachtgeber auch zu belehren. Zwar mag das Bewusstsein vom Umfang einer Generalvollmacht in der Bevölkerung im Laufe der Jahre auf Grund der zunehmenden Klauselfreude nicht mehr so weit verbreitet sein wie früher. Hier bestehen aber keine Anhaltspunkte dafür, dass seinerzeit die Generalvollmacht nicht auch als solche von den Beteiligten verstanden worden ist. Gerade aufgrund der notariellen Beurkundung mit der Belehrungspflicht des Notars ist anzunehmen, dass sowohl dem Vollmachtgeber als auch der Bevollmächtigten bewusst war, dass sich die Vollmacht nicht nur auf den vermögensrechtlichen Bereich bezieht. Das zeigte auch die Reaktion der Bevollmächtigten am Telefon, als sie sich darüber verwundert zeigte, dass überhaupt die Einrichtung einer Betreuung geprüft wird und in diesem Zusammenhang darauf hinwies, dass doch eine Generalvollmacht bestehe.
Eine freiheitsentziehende Maßnahme oder Unterbringung, die von der Vollmacht nicht gedeckt wäre, steht zurzeit nicht an. Sollte insoweit zu einem späteren Zeitpunkt es notwendig werden, Entscheidungen für den Betroffenen zu treffen, wäre erneut über die Einrichtung einer Betreuung, beschränkt auf die erforderlichen Aufgabenkreise, zu entscheiden.