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Verkauf Eigentumswohnung – Beratungspflichten des Verkäufers gegenüber Käufer

LG Leipzig, Az.: 4 O 3270/11, Urteil vom 13.06.2013

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: bis 150.000,00 €

Tatbestand

Der Kläger macht aus eigenem und abgetretenem Recht Ansprüche auf Rückabwicklung eines Kaufvertrages sowie Schadensersatzansprüche wegen Falschberatung über die Höhe der monatlichen Zuzahlungen sowie Rückabwicklung des Kaufvertrages aufgrund behaupteter Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages geltend. Unter dem 10.09.2011 hat die Ehefrau des Klägers … ihre Ansprüche gegen die Beklagte aufgrund des o.g. Kaufvertrages abgetreten (vgl. Anlage K 1).

Der Kläger und seine Ehefrau erwarben mit notariellem Kaufvertrag vom 06.08.2007 von der Firma … die Eigentumswohnung Nr. … im 3. Obergeschoss des Hauses … .

Die … hat sich ausweislich des Handelsregisterauszuges als Anlage B 8 in die … (Beklagte) umbenannt.

Verkauf Eigentumswohnung - Beratungspflichten des Verkäufers gegenüber Käufer
Symbolfoto: poungsaed/Bigstock

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückabwicklung des notariellen Wohnungskaufvertrages wegen falscher und unvollständiger Beratung als Schadensersatz bzw. wegen Nichtigkeit des Vertrages wegen sittenwidriger Überhöhung des Kaufpreises. Ferner begehrt er Schadensersatz sowie die weitere Feststellung der Einstandspflicht hinsichtlich weiterer etwaiger Vermögensschäden im Zusammenhang mit dem Erwerb der streitgegenständlichen Wohnung sowie Schadensersatz hinsichtlich der Anwaltskosten.

Zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits fand vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages ein Verkaufsgespräch im direkten Kontakt nicht statt. Der Verlauf des Beratungsgespräches ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte hat im Termin am 26.06.12 den Beratungsbericht vom 06.08.2007, vorgelegt in Kopie mit der Anlage B 1, im Original vorgelegt.

Der Kläger behauptet, dass die Kontaktaufnahme folgendermaßen vonstatten ging:

Zunächst seien sie in einem Anruf (sog. cold-call) von der … GmbH in … kontaktiert worden. In dem Telefongespräch sei ihnen mitgeteilt worden, dass es im Rahmen einer Umfrage um das Thema Steuern sparen ginge. Nachdem der Kläger und seine Ehefrau Interesse gezeigt hätten, sei am 24.07.2007 ein Besuch einer Frau … bei den Klägern zu Hause erfolgt. Frau … habe die bei Kläger aufgefordert, verschiedene Unterlagen zwecks Vorbereitung eines Besprechungstermins in … auszuhändigen, was durch die Kläger erfolgt sei. Von dem geplanten Kauf einer Eigentumswohnung sei bei diesem Gespräch nicht die Rede gewesen. Daraufhin habe Frau … den Klägern ein Schriftstück, welches mit „Bestätigung über den Erhalt der Unterlagen“ überschrieben gewesen sei, übergeben und mit den Klägern sogleich einen Beratungstermin für den 30.07.2007 bei der … in … vereinbart.

In dem nun folgenden Beratungsgespräch am 30.07.2007 habe ein Herr … als Geschäftsführer der … den Klägern erklärt, dass die Kläger durch den Kauf einer Wohnung Steuern sparen könnten, indem sie eine Wohnung für zehn Jahre kaufen würden. Nach zehn Jahren wurde die Wohnung durch die … wieder verkauft und die Kläger würden dadurch einen Gewinn von 15.000,00 bis 17.000,00 € erzielen. Dieser Kauf einer Wohnung sei für die Kläger unter Aufbringung von lediglich 100,00 € pro Monat aus Eigenmitteln möglich.

Im Anschluss sei mit den Klägern von der … ein weiterer Termin in … bei der … auf den 06.08.2007 vereinbart worden.

In diesem Termin sei Herr … nicht anwesend gewesen. Die Kläger seien gegen 18.00 Uhr zum Notariat … in … gefahren worden, wo sie das Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages vom 06.08.2007, UR-Nr. 2474/2007, über die streitgegenständliche Wohnung unterzeichnet hätten (vgl. insoweit die Anlage K 2). Unter dem 14.08.2007 hat die Beklagte mit notarieller UR-Nr. 2132/2007 dieses Angebot angenommen (vgl. insoweit die Anlage K 3). Unter dem 17.09.2007 hat der Kläger und seine Ehefrau mit der … einen Darlehensvertrag über die Darlehensvaluta 118.008,00 € unterschrieben.

Der Kläger lässt vortragen, sich nicht erinnern zu können, jemals den Beratungsbericht, vorgelegt mit der Anlage B 1, unterschrieben zu haben. Es werde daher bestritten, dass dieser am 06.08.2007 erstellte Beratungsbericht an diesem Tag vom Kläger und seiner Ehefrau unterzeichnet worden sei. Im Übrigen befänden sich die Zahlen und Daten in dem Beratungsbericht im Widerspruch zu dem von ihnen behaupteten Gesprächsverlauf.

Der Kläger vertritt die Rechtsauffassung, dass die vorliegende Abtretung rechtswirksam sei.

Er vertritt darüber hinaus die Rechtsauffassung, dass die … als Erfüllungsgehilfe der Beklagten beim Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrages gehandelt habe. Dies ergebe sich bereits daraus, dass sie gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau den Erwerb der Immobilie angeboten habe. Die Vollmacht ergebe sich aus der Vertriebsstruktur. So stelle die individuelle Beratung des Kaufinteressenten eine wesentliche Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss der Verkaufsbemühungen dar und sei diese vom Verkäufer, einem Makler und Repräsentanten überlassen worden, so könne den Umständen nach in der Regel eine stillschweigende Bevollmächtigung zum Abschluss eines Beratungsvertrages entnommen werden. Im Übrigen spreche auch der Anscheinsbeweis für eine derartige Vollmacht. Die Beklagte habe die Verhandlung nicht selbst durchgeführt und damit zwingend Dritten überlassen. Auch würden die Grundsätze der Rechtsscheinsvollmacht eingreifen. Die Beratung über die Steuervorteile, die Mieteinnahmen sowie die monatliche Zuzahlung aus Eigenmitteln sei Voraussetzung dafür, dass der Kaufvertrag unterzeichnet worden sei. Diese notwendige Beratung habe nicht die Beklagte vorgenommen, sondern die … GmbH.

Mit Schriftsatz vom 13.05.2013 (Schluss der mündlichen Verhandlung am 16.05.2013) lässt der Kläger erstmalig vortragen, dass weder Herr … von der … noch die Beklagte ihn und seine Ehefrau darüber aufgeklärt habe, dass bereits vor Juli 2007 bzw. vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages mit den Bauarbeiten in dem streitgegenständlichen Objekt begonnen worden sei und sich dadurch die steuerlichen Abschreibungen minimieren könnten. Dabei hätten die steuerlich anerkannten Sanierungskosten in Höhe von 45.513,56 € tatsächlich fast um die Hälfte unter den von den Beklagten versprochenen Sanierungsleistungen in Höhe von 86.258,00 € gelegen. Dies stelle einen Beratungsfehler dar.

Der Kläger behauptet ferner, dass der Kaufpreis sittenwidrig überteuert gewesen sei. Er vertritt die Rechtsauffassung, dass die Ertragswertmethode die vorrangige Berechnungsmethode zur Ermittlung des Kaufpreises sei. Die Kaltmiete betrage 303,00 €/Monat. Daraus errechne sich aus der Grundlage der Jahresmiete von 3.636,00 € unter Zugrundelegung eines Vervielfältigens von 12 gemäß § 16 Abs. 3 Wertermittlungsverordnung ein Verkehrswert in Höhe von 43.600,00 €. Der Kläger hätte für die Wohnung tatsächlich 105.706,00 € gezahlt, so dass der Kaufpreis mehr als das Doppelte des tatsächlichen Verkehrswertes betragen habe.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu Händen eines von dem Kläger zu beauftragenden Notars 105.706,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.10.2010 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe folgender notariell beurkundeter Erklärung des Klägers und seiner Ehefrau … vor dem beauftragten Notar:

„Wir sind eingetragene Eigentümer der in der … belegenen und im Grundbuch des Amtsgerichts …Wohnungsgrundbuch von …, Blatt … Nr. … verzeichneten Eigentumswohnung Nr. … nebst Abstellraum (Miteigentumsanteil von 403/10.000stel).

Wir verpflichten uns hiermit, das vorbezeichnete Wohnungseigentum auf die … in … zu übertragen, frei von der in Abteilung III Grundbuchs eingetragenen Grundschuld der … in Höhe von 119.200,00 €.

Wir erteilen hiermit der … die unwiderrufliche Vollmacht, in unserem Namen und unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB die Auflassung zu erklären.

Wir erklären unser unwiderrufliches Einverständnis mit einer Weisung der … an den unterzeichnenden Notar, den eingehenden Zahlungsbetrag zur Ablösung der in Abteilung III des Grundbuchs eingetragenen Grundschuld der … in Höhe von 119.200,00 € zu verwenden.

Wir bewilligen die Eintragung der … als Eigentümerin. Der Notar darf von dieser Erklärung nur Gebrauch machen, wenn die Verurteilungssumme auf seinem Notaranderkonto eingegangen ist.

Ein etwaig überschießender Betrag ist an uns auszuzahlen.“

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 31.048,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.10.2010 zu bezahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeglichen weiteren Schaden aus dem Verkauf der im Antrag Ziffer 1. näher bezeichneten Eigentumswohnung und der Finanzierung des Kaufpreises bei der zu ersetzen.

4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rückübertragung der unter Ziffer 1. genannten Eigentumswohnung in Annahmeverzug befindet.

5. Die Beklagte wurde verurteilt, weitere 4.866,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Klage zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie vertritt die Rechtsauffassung, dass die Abtretung aus der Anlage K 1 als Scheingeschäft gem. § 117 BGB nichtig sei.

Die Beklagte vertritt die weitere Rechtsauffassung, dass etwaiges Beraterhandeln der ihr nicht zurechenbar sei. Ausweislich der Klageschrift habe die Klägerseite selbst Interesse an einer Finanzberatung gehabt. Der Vortrag hinsichtlich des sog. cold-call sei nicht substantiiert genug und werde darüber hinaus mit Nichtwissen bestritten. Auch wenn man die Ausführungen der Klägerseite als wahr unterstelle, sei nach ihrem eigenen Vortrag kein Beratungsvertrag zustande gekommen, da die Immobilie nicht am Telefon verkauft worden sei. Am Telefon sei lediglich ein Gesprächstermin in den Privaträumen der Klägerseite vereinbart worden. Der Gesprächsverlauf belege, dass sich die Beklagte nicht aufgedrängt habe, sondern die Klägerseite von Anfang an Interesse an einer weiteren Beratung gezeigt habe und deshalb um einen weiteren Termin gebeten habe. Vielmehr sei seitens der bei der … Beklagten angefragt worden, ob für den Kläger und seine Ehefrau eine Immobilie in … verfügbar sei. Die … sei kein Alleinvertrieb der Beklagten. Sie biete Wirtschaftsberatung an und könne in diesem Zusammenhang Immobilien von vielen Bauträgern vermitteln. Ein konkreter Immobilienerwerb mit Nachweis einer spezifizierten Eigentumswohnung, basierend auf den Angaben der Klägerseite zu ihren persönlichen Verhältnissen sei dann erst im Verlauf des ebenfalls ausdrücklich auf Wunsch der Klägerseite in den Geschäftsräumen der Fa. … geführten Gesprächs am 06.08.2007 angeboten worden.

Insoweit habe die Klägerseite an diesem Tage (mündlich) mit der … einen eigenständigen beauftragenden Maklervertrag geschlossen. Auch führe das Zahlen der Provision nicht dazu, dass aus der … eine Erfüllungsgehilfin der Beklagten würde. Es sei vorliegend gerade nicht zweifelsfrei, dass die … keinen Auftrag von dem Kläger und seiner Ehefrau erhalten habe. Vielmehr lasse der Vortrag des Klägers darauf schließen, dass er der … einen Beratungsauftrag erteilt habe.

Ferner scheidet das Vorliegen einer Beratungspflichtverletzung aus. Herr … habe die Klägerseite über die monatlichen Belastungen konkret aufgeklärt und hierzu auch ein Beratungsprotokoll angefertigt. Dieses sei von dem Kläger und seiner Ehefrau unterzeichnet worden. Aus dem Beratungsprotokoll, vorgelegt im Original mit der Anlage B 1, ergeben sich monatliche Aufwendungen ohne steuerliche Berücksichtigung von insgesamt 504,52 €. D.h. die prognostizierte Zuzahlung von Steuern habe bei 504,52 € monatlich gelegen. Die Klägerseite berechnet demgegenüber eine monatliche Belastung vor Steuern von 442,99 €. Damit liege die prognostizierte Belastung deutlich über den von der Klägerseite berechneten. Auch werde der Vortrag zu den angeblichen Zusicherungen über die Möglichkeit eines Weiterverkaufs und des dabei erzielten Gewinns bestritten. Diese Zusagen seien vollkommen unüblich und würden niemals getätigt. Ferner bestreitet die Beklagte eine sittenwidrige Überhöhung des Kaufpreises.

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Sie erhebt die Einrede der Verjährung, macht ein Mitverschulden geltend, bestreitet eine schlüssige Darstellung des Schadens und macht ein Zurückbehaltungsrecht geltend.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Insoweit wird auf das Sachverständigengutachten … vom 27.01.2013, Bl. 188 ff. d.A, verwiesen.

Hinsichtlich des weiteren Tatbestandes wird auf sämtliche gewechselten Anwaltsschriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegenüber der Beklagten auf Rückabwicklung des Kaufvertrages in Form eines Schadensersatzanspruches gemäß § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 675 BGB. Eine Beratung im Rahmen des Kaufvertrages zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau und der Beklagten direkt hat unstreitig nicht stattgefunden. Statt der Nebenpflicht ist ein (verbundener) selbständiger Beratungsvertrag möglich, wenn der Verkäufer mit dem Käufer nicht nur über die Vertragsbedingungen verhandelt, sondern dem Käufer unabhängig davon einen Rat erteilt (vgl. hierzu Palandt-Weidenkaff, BGB, 70. Aufl. 211, § 433 Rn. 28 m.w.N.). Unstreitig hat jedoch die Beklagte selbst den Kläger und seine Ehefrau nicht beraten.

Die Beklagte muss sich in schadensrechtlicher Hinsicht auch nicht die vom Kläger behauptete fehlerhafte Beratung der Fa. … zurechnen lassen.

Allerdings wird eine Beratung zur Hauptpflicht des Verkäufers aus einem selbständigen Beratungsvertrag, wenn er mit dem Käufer nicht nur die Bedingungen des angestrebten Kaufvertrages verhandelt, sondern diesem unabhängig davon einen Rat erteilt. Dabei steht es einem auf Befragen des Käufers erteilten Rat gleich, wenn der Käufer – oder sein Vermittler – dem Käufer Berechnungsbeispiele über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs vorlegt, die diesen zum Vertragsabschluss bewegen sollen (vgl. hierzu BGH, Urteil v. 13.10.2006, Az.: V ZR 66/06, NJW 2007, S. 1874-1876).

Stellt sich bei der Vermittlung des Kaufvertrages die Aufgabe einer Beratung des Kaufinteressenten und ist sie von dem Verkäufer dem Vermittler überlassen, so kann sich dessen stillschweigende Bevollmächtigung zum Abschluss des Beratungsvertrages aus den Umständen ergeben (§ 176 BGB). In einem solchen Fall sind an die Kundgabe des Willens, die Beratung für den Verkäufer zu übernehmen und auszuführen (§ 164 BGB) keine strengen Anforderungen zu stellen; dies gilt jedenfalls dann, wenn der Vermittler zweifelsfrei keinen Auftrag von dem Käufer erhalten hat (BGHZ 140, S. 111, 116 f.; vgl. hierzu BGH, Urteil v. 13.10.2006, Az.: V ZR 66/06, Rz. 16).

Im vorliegenden Fall ist das Kriterium, dass zweifelfrei kein Auftrag von dem Käufer an den Vermittler vorlag, jedoch nicht gegeben. Auch liegen die Voraussetzungen des § 164 Abs. 1 BGB nicht vor. Voraussetzung hierfür wäre, dass die Willenserklärung erkennbar im Namen des Vertretenen abgegeben wird, wobei der Wille, im fremden Namen zu handeln, sich aus einer ausdrücklichen Erklärung oder den Umständen ergeben kann (vgl. Palandt-Ellenberger, 71. Aufl., § 164, Rn. 1), sog. Offenheitsgrundsatz.

Der darlegungs- und beweisbelastete Kläger (vgl. hierzu Palandt-Ellenberer, § 164, Rn. 18) hat keine konkreten Tatsachen dazu vorgetragen, wonach die … nicht für sich selbst, sondern für die Beklagte tätig werden wollte. Dagegen spricht bereits der äußere Verlauf des Beratungsgesprächs. Das Beratungsgespräch begann mit einem cold-call irgendwann vor dem 24.07.2007 von einer … mit dem Ziel, Kunden durch Steuernsparen zu werben. Nachdem der Kläger und seine Ehefrau hieran Interesse gezeigt hatten, erfolgte am 24.07.2007 ein Hausbesuch beim Kläger und seiner Ehefrau mit einer Frau …, wobei nach Angaben des Klägers von dem geplanten Kauf einer Wohnung keine Rede war. Nach Übergabe diverser Unterlagen wurde ein weiterer Beratungstermin bei der … am 30.07.2007 vereinbart, der auch stattfand. Dort wurde nach Angaben des Klägers ganz allgemein über den Kauf einer Eigentumswohnung, um Steuern zu sparen, gesprochen, nicht jedoch über den Kauf der streitgegenständlichen Eigentumswohnung. Erst nachdem ein weiterer Termin auf den 06.08.2007 stattgefunden hatte, wurde in diesem Termin der konkrete Erwerb dieser Eigentumswohnung angesprochen und sogleich auch das Angebot notariell beurkundet. In diesem Zusammenhang wurde auch das Verkaufsprospekt übergeben.

Allan der Beratungsverlauf mit insgesamt zuvor drei vorangegangenen Kontaktaufnahmen, in welchen es nicht um Belange ging, die in Vertretung der Beklagten hätten erfolgen müssen, ist davon auszugehen, dass der Kläger bereits vorab mit der … einen Beratungsvertrag abgeschlossen hatte. Erst beim vierten Termin kam der Kauf einer Eigentumswohnung von der Beklagten als Verkäuferin ins Gespräch und wurde dann auch sofort in die Tat umgesetzt. Damit ist schon allein aufgrund des zeitlichen Ablaufs davon auszugehen, dass der Kläger einen Beratungsvertrag mit der … mit dem Ziel, Steuern zu sparen, abgeschlossen hatte. Zumindest lag jedenfalls nicht zweifelsfrei kein Beratungsauftrag der Käufer mit dem Vermittler vor.

Soweit im Rahmen der Beratung der Beratungsbericht der Anlage B 1 nach Angaben der Beklagten gefertigt und unterschrieben worden sein soll, so stellt dies zwar einen konkreten Rat dar. Dieser erfolgte seitens der … . Nicht nachgewiesen ist jedoch, dass dieser gem. § 164 BGB in Vertretung der Beklagten erfolgt ist.

Dass neben dem Beratungsvertrag mit der … ebenfalls ein Beratungsvertrag mit der Beklagten abgeschlossen worden sein sollte, ergibt sich auch nicht aus den sonstigen Umständen. Das Recht der Stellvertretung wird beherrscht vom Offenkundigkeitsprinzip. Der Wille, für einen anderen das Rechtsgeschäft abschließen zu wollen, muss für den Empfänger erkennbar sein und kann sich aus den Umständen ergeben, wie zum Beispiel der organisatorischen Einordnung des Handelnden in ein Unternehmen (vgl. hierzu MüKo-Schramm, BGB, 6. Aufl., Band 1, § 164, Rn. 22). Hieran fehlt es jedoch. Es liegen keine Umstände vor, wonach die Handlungsbevollmächtigten für die … erkennbar für den Rechtsverkehr und für den Kläger und seine Ehefrau eine geschäftliche Erklärung zum Zustandekommen eines Beratungsvertrages für die Beklagte haben abgeben wollen. Dies ergibt sich auch nicht aus der Übergabe des Verkaufsprospektes. Dieser Prospekt wurde erst, nachdem drei weitere Kontaktaufnahmen zuvor erfolgt waren, übergeben und erfolgte unmittelbar vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages. Wenn die beratende Firma eine konkrete Immobilie vorschlägt, ist auch nachvollziehbar, dass sie den dazugehörigen Verkaufsprospekt übergibt. Auch der Umstand, dass die Beklagte an die … eine Vermittlungsprovision gezahlt hat, lässt nicht zwingend den Schluss auf eine Beratung für die Beklagte zu. Im Rahmen von Verkaufsvermittlungen ist die Frage, welcher Vertragspartner die Provision leistet, der Marktsituation geschuldet.

Im Übrigen ist auch nicht erkennbar, dass die … in einer Weise in die Vertriebsstruktur der Beklagten eingebunden gewesen wäre, die die Zurechnung eines Beratungsfehlers rechtfertigen könnte. Die Beklagte hat insoweit vorgetragen, dass sie ihre Wohnungen über mehrere Vermittler verkauft.

Es kann mithin dahinstehen, ob den für die … tätigen Mitarbeitern ein Beratungsfehler unterlaufen ist.

Ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises ergibt sich auch nicht aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Altern. BGB i.V.m. § 138 Abs. 1 BGB. Der notarielle Kaufvertrag ist nicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Es fehlt an einem auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Ein solches ist nur dann gegeben, wenn der Kaufpreis rund doppelt so hoch ist, wie der tatsächliche Wert des Verkaufsobjektes (vgl. BGH, Urteil v. 18.12.2007, Az.: XI ZR 324/06). Dies ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht der Fall. Nach dem Sachverständigengutachten zur Ermittlung des Verkehrswertes des Sachverständigen … vom 27.01.2013 betrug der Verkehrswert des Objektes nach der Vergleichswertmethode zum Stichtag des Verkaufs am 06.08.2007 110.500,00 €. Und der stichtagsbezogene Ertragswert betrug 104.400,00 €. Das Gericht hegt aufgrund der Vielzahl der durch den Sachverständigen … bereits gefertigten Gutachten und seiner langjährigen Tätigkeit am Markt keinerlei Zweifel an seiner Sachkunde und Objektivität. Somit steht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass der gezahlte Kaufpreis nicht sittenwidrig überhöht war.

Der Kaufvertrag ist auch nicht aufgrund anderer Umstände nichtig (vgl. insoweit Kammergericht Berlin, Az.: 11 U 9/12, vom 06.11.2012, S. 8-10).

Der Vertrag ist auch nicht aufgrund einer Anfechtungserklärung des Klägers und seiner Ehefrau nach Maßgabe der §§ 123 Abs. 1, 142 Abs. 1 BGB nichtig. Denn die Anfechtungsfrist war bereits zum Zeitpunkt der Anfechtungserklärung verstrichen. Hinzu kommt, dass sich die Beklagte das Verhalten der … nicht zurechnen lassen muss. Nach § 123 Abs. 2 S. 1 BGB berechtigt eine Täuschung, die ein Dritter verübt, nur dann zur Anfechtung, wenn der Vertragspartner selbst die Täuschung kannte oder kennen musste. Hierzu hat der Kläger keinen Sachvortrag gehalten.

Die geltend gemachten Zinsansprüche, Ansprüche auf Feststellung der Einstandspflicht hinsichtlich weiterer Vermögensschäden und des Annahmeverzuges sowie der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten sind mangels eines Hauptanspruchs ebenfalls nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

Der Streitwert wurde anhand des Klageantrages zu Ziff. 1. mit 105.706,00 € angesetzt und der Antrag zu Ziff. 2. mit 31.048,28 €. Der Feststeilungsantrag wurde auf 15.000,00 € geschätzt. Dem Feststellungsantrag Ziff. 4. kommt kein eigener Wert zu, da der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges mit dem Leistungsantrag verbunden ist und insoweit wirtschaftliche Identität besteht (vgl. Schneider-Herget-Onderka, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn, 2316). Der Antrag Ziff. 5. wirkt als Nebenforderung gem. § 4 ZPO ebenfalls nicht streitwerterhöhend.

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