OLG Bamberg – Az.: 3 Ss OWi 1488/13 – Beschluss vom 28.01.2014
I. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 20.06.2013 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Betroffene wegen eines Falls der vorsätzlichen Beschäftigung von vier Ausländern ohne Arbeitsgenehmigung zu einer Geldbuße von 7.200 Euro verurteilt wird.
II. Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen vorsätzlicher Beschäftigung von Ausländern ohne Arbeitsgenehmigung in vier Fällen (§ 284 Abs. 1 a.F. i.V.m. § 404 Abs. 2 Nr. 3 SGB III) zu vier Geldbußen von jeweils 1.800 Euro verurteilt. Dabei ist das Amtsgericht von folgendem Sachverhalt ausgegangen: Der Betroffene ist Geschäftsführer der O-GmbH, die in P. die Lokale Molly-Bar und Midi-Bar betreibt. In den Striptease-Lokalen Molly-Bar und Midi-Bar beschäftigte der Betroffene seit verschiedenen Zeitpunkten im Jahre 2011 u.a. 4 weibliche rumänische Staatsangehörige in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis als Tänzerinnen und Animierdamen. Wie er wusste, verfügten diese nicht über die erforderliche Arbeitserlaubnis. Der Betroffene ging nach Auffassung des Amtsgerichts nicht widerlegbar zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme der Zeuginnen davon aus, dass diese keiner Arbeitserlaubnis bedürften, da sie für ihre Tätigkeit ein Gewerbe angemeldet hatten. Am 10.01.2013 wurde dem Verteidiger des Betroffenen der diesem Verfahren zugrunde liegende Bußgeldbescheid zugestellt, gegen den namens des Betroffenen noch am selben Tag Einspruch eingelegt wurde. Trotz Kenntnis des Inhalts des Bußgeldbescheids beschäftigte der Betroffene die Tänzerinnen mit unveränderten Bedingungen bis zur Hauptverhandlung weiter. Das Amtsgericht hat die Meinung vertreten, dass der Betroffene trotz eines bis 10.01.2013 andauernden Verbotsirrtums wegen der bis zur Hauptverhandlung erfolgten Beschäftigung der vier Frauen aufgrund des vorliegenden Bußgeldbescheids sanktioniert werden könne. Demgegenüber ist der Betroffene der Auffassung, dass er allenfalls in einem gesonderten Verfahren aufgrund eines gesonderten Bußgeldbescheids verurteilt werden könnte.
II.
Die statthafte (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat einen geringen Teilerfolg. Der Betroffene kann lediglich wegen eines Falls der unerlaubten Beschäftigung von vier Ausländern verurteilt werden. Der Senat hat insoweit eine Geldbuße von 7.200 Euro gegen den Betroffenen festgesetzt. Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde unbegründet gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO.
1. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts stellen die – in rechtsfehlerfreier Weise festgestellten – Verstöße des Betroffenen nur eine einzige Gesetzesverletzung dar, da der Tatbestand der unerlaubten Beschäftigung von Ausländern die mehreren Zuwiderhandlungen im natürlichen Sinn zu einer einzigen Handlung verbindet (vgl. BayObLGSt 1981, 131 ff.). Deshalb ist auch nur auf eine (einheitliche) Geldbuße zu erkennen. Nach den getroffenen Feststellungen hat der Betroffene entgegen § 284 Abs. 1 SGB III a.F. vier Arbeitnehmerinnen ohne die dazu erforderliche Arbeitsgenehmigung seit Ende 2011 gleichzeitig in seinem Betrieb beschäftigt. Die Beschäftigung der vier Rumäninnen stand in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlich fortlaufenden Zusammenhang mit der Fortführung des Betriebs des Betroffenen, stellte eine Verletzung derselben betriebsbezogenen Pflicht auf Grund einer einheitlichen Motivationslage des Betroffenen dar und diente der Beschaffung der für sein Unternehmen als Gesamtheit benötigten Arbeitskräfte. Die Beschäftigung von vier Personen im gleichen Betrieb stellt sich bei natürlicher Betrachtungsweise deshalb als eine lediglich quantitative Steigerung einer fortwährenden Zuwiderhandlung dar (vgl. BayObLGSt a.a.O.; OLG Hamm NStZ 2000, 487).
2. Die Ansicht des Amtsgerichts, welches für den Zeitraum bis zum Erlass des Bußgeldbescheid von einem unvermeidbaren Verbotsirrtum ausgegangen ist und demzufolge – konsequent – der Verurteilung nur den Zeitraum nach Erlass des Bußgeldbescheids zugrunde gelegt hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Amtsgericht zu Recht den Zeitraum nach Erlass des Bußgeldbescheids zugrunde gelegt. Gegenstand der Urteilsfindung ist die prozessuale Tat im Sinne des § 264 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG, die sich aus dem Bußgeldbescheid ergibt. Eine zeitliche Zäsur tritt nicht schon durch den Erlass des Bußgeldbescheids ein. Vielmehr ist bei einem Dauerverstoß, wie er hier vorliegt – § 404 Abs. 2 Nr. 3 SGB III beschreibt ein Unrecht, das gerade durch seine zeitliche Erstreckung gekennzeichnet ist – auch der Zeitraum nach diesem Zeitpunkt bei der Aburteilung zugrunde zu legen. Erst an das tatrichterliche Urteil kann sich eine neue Tat anschließen (vgl. OLG Frankfurt NStZ-RR 2001, 25 m.w.N.).
3. Der Umstand, dass das Amtsgericht für den Zeitraum vor Erlass des Bußgeldbescheids von einem unvermeidbaren Verbotsirrtum des Betroffenen ausging, bewirkt keine Beendigung der Tat im prozessualen Sinne. Ist ein Dauerverhalten Gegenstand des Verfahrens, so ist das gesamte Geschehen bis zur letzten Tatsachenverhandlung auch dann zu würdigen, wenn ein Verbotsirrtum des Betroffenen erst nach Erlass des Bußgeldbescheids weggefallen ist. Eine Dauertat wird in aller Regel bis zur Beendigung des widerrechtlichen Verhaltens begangen. Sie ist rein historisch gesehen ein nach außen gleichbleibender Geschehensablauf. Die Situation lässt sich nicht deshalb nicht mit Konstellationen vergleichen, in denen bei Erlass des Bußgeldbescheids weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht ein Tatbestand verwirklicht war. Das Tatgericht konnte und musste daher das Verhalten des Betroffenen bis zum Schluss der mündlichen Tatsachenverhandlung prüfen und seiner rechtlichen Beurteilung unterwerfen (vgl. BayObLGSt 1960, 168).
III.
Die Berichtigung des Schuldspruchs konnte der Senat selbst vornehmen. Hierzu bedurfte es keines rechtlichen Hinweises an den Betroffenen. Es ist auszuschließen, dass der Betroffene sich im Fall eines rechtlichen Hinweises auf die in Betracht kommende rechtliche Würdigung seines Tuns anders als bisher geschehen hätte verteidigen können.
IV.
Auch über die Höhe der Geldbuße konnte der Senat selbst entscheiden (§ 79 Abs. 6 OWiG). Grundlage für die Zumessung der Geldbuße i.S.d. § 17 Abs. 3 OWiG waren der hohe Bußgeldrahmen bis zu 500.000 Euro, den § 404 Abs. 3 SGB III i.V.m. § 284 Abs. 1 SGB III vorsieht, die geordneten Verhältnisse, in denen der Betroffene lebt und der Umstand, dass der Betroffene gleichzeitig vier Arbeitnehmerinnen beschäftigt hat. Vor allem fiel jedoch ins Gewicht, dass der Betroffene auch nach Zustellung des Bußgeldbescheids über Monate bis zur Hauptverhandlung sein ordnungswidriges Verhalten fortgesetzt hat, was auf erhebliche Dreistigkeit und Rechtfeindlichkeit hindeutet. Angesichts dieser Umstände erachtet der Senat an sich ein Bußgeld in Höhe von 10.000.- Euro für angemessen. Aufgrund des rechtsbeschwerderechtlichen Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG) durfte die Summe der vom Amtsgericht verhängten Geldbußen allerdings nicht überschritten werden.
V.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.
VI.
Gemäß § 80 a Abs. 2 Satz 1 OWiG entscheidet der mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden besetzte Bußgeldsenat. Das Amtsgericht hat zwar wegen vier tatmehrheitlicher Fälle Geldbußen von jeweils unter 5.000 Euro festgesetzt. Da das Verhalten des Betroffenen jedoch als eine Tat im materiellen Sinne zu werten war, lag auch nur eine Tat im prozessualen Sinn vor. Bei einer solchen sind die verhängten Geldbußen zusammenzurechnen (BayObLGSt 1999, 25 ff. = OLGSt OWiG § 80 a Nr. 6 = NStZ 1999, 427 f.; Göhler/Seitz OWiG 16. Aufl. § 80 a Rn. 3 m.w.N.) und überschreiten im konkreten Fall die gesetzliche Wertgrenze.