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Darlehensvertrag – Erlöschen des Widerrufsrechts

LG Darmstadt, Az.: 4 O 370/15, Urteil vom 08.07.2016

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.400,00 Euro abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Rückabwicklung eines Darlehensvertrages nach dessen Widerruf.

Darlehensvertrag - Erlöschen des Widerrufsrechts
Symbolfoto: Von Freedomz /Shutterstock.com

Zwischen den Parteien bestand Darlehensvertrag vom 28.04.2010 (Blatt 5 der Akte) über 9.587,76 Euro zu dem Zweck der Finanzierung eines Kaufpreises für einen Pkw, welcher am selben Tag erworben wurde. Der effektive Jahreszins belief sich auf 6,99%.

Nach Zahlung von 32 monatlichen Raten löste die Klägerin das Darlehen am 08.03.2013 mit einer Zahlung in Höhe von 5.465,85 Euro ab.

Mit Anwaltsschreiben vom 27.03.2015 widerrief die Klägerin den vorbeschriebenen Vertrag und begründete dies mit Anwaltsschreiben vom 05.05.2015 mit einer vermeintlich unzureichenden Widerrufsbelehrung.

Am 10.04.2015 veräußerte die Klägerin das am 28.04.2010 mit Hilfe des vorbeschriebenen Darlehens erworbene Fahrzeug zu einem Kaufpreis in Höhe von 1.200,00 Euro.

Mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin nunmehr nach Widerruf des Darlehensvertrages vom 28.04.2010 Rückzahlung der monatlich geleisteten Raten sowie des am 08.03.2013 geleisteten Ablösebetrages, lässt sich auf diesen Betrag den Verkaufserlös für das streitbefangene Fahrzeug in Höhe von 1.200,00 Euro anrechnen und berühmt sich darüber hinaus gegenüber der Beklagten weiterer Nutzungsentschädigungsansprüche. Insoweit wird auf die Ausführungen im Rahmen der Klage vom 27.10.2015 (Blatt 4 der Akte) ergänzend verwiesen.

Die Beklagte verweigert jedwede Zahlung.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 8.797,92 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins der EZB seit dem 30.04.2015 zu zahlen und

2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von vorgerichtlich aufgewandten Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 808,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins der EZB seit Rechtshängigkeit der Klage freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist zunächst der Auffassung, die der Klägerin erteilte Widerrufsbelehrung sei ihrem Inhalt nach nicht zu beanstanden und wirksam erteilt. Der Widerruf vom 27.03.2015 sei daher verfristet.

Des Weiteren sei das nunmehrige Berufen der Klägerin auf eine vermeintlich unzureichende Widerrufsbelehrung zum einen treuwidrig und zum anderen rechtsmissbräuchlich insbesondere deshalb, da der widerrufene Vertrag zum Zeitpunkt des Widerrufes längst abgewickelt gewesen sei.

Letztlich sei die Klage der Höhe nach unschlüssig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitig zu den Akten gereichten Schriftsätzen nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unschlüssig.

Der Klägerin steht der gegenüber der Beklagten geltend gemachte Anspruch auf Rückabwicklung des Darlehensvertrages vom 28.04.2010 über die Vorschriften der §§ 355 ff. BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff., 491, 495 Abs. 1 BGB nicht zu.

Dabei kann dahinstehen, ob der seitens der Klägerin mit Anwaltsschriftsatz vom 27.03.2015 erklärte Widerruf des Vertrages vom 28.04.2010 überhaupt geeignet war, diesen zu beseitigen, das heißt, ob die der Klägerin erteilte Belehrung den seinerzeitigen gesetzlichen Anforderungen entsprach.

Denn selbst wenn dem nicht so sein sollte, konnte der streitbefangene Vertrag am 27.03.2013 im Jahre 2015 nicht mehr widerrufen werden. Des Weiteren ist die Berechnung der Klageforderung – worauf der Klägervertreter seitens des Gerichts bereits im Vorgang zur mündlichen Verhandlung vom 17.06.2016 hingewiesen wurde – offensichtlich falsch.

Zunächst stellt sich das Berufen der Klägerin auf eine formelle Rechtsposition – endlose Widerrufsfrist aufgrund unzureichender Belehrung – vorliegend nach Ausfertigung des Akteninhaltes und Würdigung des wechselseitigen Vorbringens der Parteien als treuwidrig bzw. rechtsmissbräuchlich im Sinne der Vorschrift des § 242 BGB dar. Denn auch eine unzureichende Widerrufsbelehrung hätte auf den seinerzeitigen Entschluss der Klägerin, den streitgegenständlichen Darlehensvertrag vom 28.04.2010 nicht zu widerrufen, keinerlei Einfluss gehabt.

Zudem erlischt ein mögliches Widerrufsrecht nach Auffassung der Kammer jedenfalls dann, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers – vorliegend der Klägerin – vollständig erfüllt ist, bevor der Verbraucher – vorliegend die Klägerin – das Widerrufsrecht ausübt. Die endgültige Erfüllung des streitbefangenen Darlehensvertrages vom 28.04.2010 ist mit der seitens der Klägerin getätigten Schlusszahlung vom 08.03.2013 in Höhe von 5.465,85 Euro eingetreten; die Beklagte konnte sich – ebenso wie die Klägerin – ab diesem Zeitpunkt darauf verlassen, dass wechselseitige Ansprüche im Zusammenhang mit dem Vertrag vom 28.04.2010 nicht mehr geltend gemacht werden.

In Bezug auf die Berechnung der Klageforderung übersieht die Klägerin, dass im Falle eines wirksamen Rücktritts von einem Vertrag sämtliche wechselseitig empfangene Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben sind. Selbstverständlich wäre die Klägerin im Falle des wirksamen Rücktritts vom Vertrag vom 28.04.2010 daher verpflichtet, der Beklagten die Nettodarlehenssumme (Fahrzeugkaufpreis in Höhe von 7.618,15 Euro) zurückzuerstatten. Denn diesen Nettodarlehensbetrag hätte die Klägerin im Falle der Unwirksamkeit des Vertrages vom 28.04.2010 ohne Rechtsgrund im Sinne der Vorschriften der §§ 346, 812 Abs. 1 BGB erhalten. Trotz entsprechendem Hinweis des Gerichts hat die Klägerin diesem Umstand bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht Rechnung getragen.

Dies bedeutet im Ergebnis, dass die Klägerin bzw. ihre anwaltliche Vertretung ernsthaft meint, die seitens der Beklagten ausgekehrte Nettodarlehenssumme in Höhe von 7.618,15 Euro könne – quasi als Geschenk – behalten werden mit der nachträglichen Konsequenz eines für die Klägerin kostenlosen Erwerbes eines Kraftfahrzeuges. Das dies nicht die Folge eines wirksamen Rücktrittes gemäß §§ 346 ff. BGB sein kann, bedarf aus der Sicht des erkennenden Gerichts keiner weiteren Erörterung.

Begreift man den Darlehensvertrag vom 28.04.2010 und den Kaufvertrag über das finanzierte Fahrzeug vom selben Tage als wirtschaftliche Einheit, hätte die Klägerin statt des Nettodarlehns alternativ neben dem Fahrzeug bzw. dem Restkaufpreis für das Fahrzeug die gezogenen Nutzungen an die Klägerin herauszugeben, § 346 Abs. 1 Satz 1 BGB. Gemäß § 100 BGB fallen hierunter auch die gezogenen Gebrauchsvorteile. Auch diesen alternativen Gesichtspunkt lässt die Berechnung der Klageforderung vollständig außer Acht.

Die Klägerin hat das mit Hilfe des streitigen Darlehens erworbene Fahrzeug unstreitig 5 Jahre lang genutzt. Setzt man einen monatlichen Gebrauchsvorteil in Höhe von lediglich 150,00 Euro für das erworbene Fahrzeug an, ergibt sich insoweit ein Gesamtbetrag in Höhe von 9.000,00 Euro, der die geltend gemachte Klageforderung bereits in vollem Umfange aufzehrt.

Wie man es dreht, wie man es wendet, die Klage im Nirvana endet.

Die Nebenentscheidungen folgen den Vorschriften der §§ 91 Abs. 1, 708 Ziffer 11, 711 ZPO.

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