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Dienstvertrag – fristlose Kündigung wegen Nicht- bzw. Schlechterfüllung

LG Köln – Az.: 82 O 10/21 – Urteil vom 25.06.2021

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.436,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.7.2020 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt eine Werbeagentur. Sie wurde von der Beklagten mit Marketing- Leistungen beauftragt.

Dienstvertrag - fristlose Kündigung wegen Nicht- bzw. Schlechterfüllung
(Symbolfoto: Freedomz/Shutterstock.com)

Die Parteien haben einen Agentur-Rahmenvertrag abgeschlossen, der als „Full-Service-Flex-Flatrate“ bezeichnet ist (Anl. K1, K2). Die Klägerin versteht sich als ausgelagerte Marketing-Abteilung, welche für Unternehmen ohne eigene Marketingabteilung Marketingleistungen übernimmt, budgetmäßig angepasst an die Größe des jeweiligen Kunden.

Zum Leistungsportfolio des Rahmenvertrags gehört der nachfolgend aufgeführte Leistungskatalog. Die einzelnen Leistungen waren jedoch im Einzelnen gesondert zu beauftragen. Der Leistungskatalog bildet daher nur ein insgesamt zur Verfügung stehendes Leistungsportfolio ab:

„Nach Relevanz und Bedarf können folgende Leistungen in Anspruch genommen werden: Projektmanagement (inklusive Planung/Koordination, interne und externe Kommunikation), Beratung, Konzeption/Strategie, online-Werbemittel (z.B. Banner), Suchmaschinenoptimierung (SEO), Suchmaschinenwerbung (SEA, z.B. Google Adworks/Facebook, jeweils exklusiv Media-Budget/Schaltvolumen), Affiliate-Marketing, Newsletter-Marketing, Webcontrolling (z.B. mit Google-Analytics), Social Media-Beratung, auf Wunsch monatliches Reporting der Online Marketing-Kennzahlen und Aktivitäten sowie auch ein kompakter Wettbewerbsvergleich von bis zu 3 relevanten Wettbewerbern, Kreation/Gestaltung/Layout/Reinzeichnung, Textarbeiten in Deutsch (exklusive Übersetzungen), Internet-Programmierleistungen, Werbe- und Mediaplanung, Produktionsabwicklung- und Koordinierung (exklusive Produktionskosten), Corporate Identity/Corporate Design, klassische Werbung/Print, Public Relations, Dialogmarketing, Messe/Promotion, Guerilla-Marketing, Filmproduktion).

Die Parteien haben eine Monatspauschale von 2.000,00 EUR netto vereinbart. Die Vergütung war im Voraus zu zahlen. Vertragsbeginn war am 1.2.2019. Die Mindestlaufzeit beträgt 24 Monate. Der Dienstvertrag kann anschließend zum Monatsende mit einer Frist von 12 Monaten gekündigt werden. Zusätzlich sollte die Klägerin zu der niedrig kalkulierten Monatspauschale eine erfolgsorientierte Vergütung erhalten, die sich an den Umsätzen der Beklagten orientieren sollte.

Die Beklagte hat mit E-Mail vom 25.2.2020 die ordentliche Kündigung des abgeschlossenen Vertrages erklärt (Anl. K3). Mit Schreiben vom 29.7.2020 erklärte die Beklagte die fristlose Kündigung des Vertrages (Anl. K4). Die fristlose Kündigung wurde darauf gestützt, dass die Klägerin vertragliche Leistungen nicht innerhalb der von der Beklagten gesetzten Fristen erbracht hat.

Die Beklagte wies die fristlose Kündigung mit E-Mail vom 4.8 2020 zurück und bot ihre Leistungen weiter an. Die Beklagte verweigerte die Annahme der Leistung.

Zuvor hatte die Beklagte der Klägerin mit E-Mail vom 10.3.2020 eine Liste der aktuell wichtigsten Themen/Maßnahmen übersendet (Anl. B4). Neben der Priorisierung der Maßnahmen wurden auch Fertigstellungsfristen gesetzt. Mit E-Mail vom 22.4.2020 (Anl. B6) übersandte die Klägerin der Beklagten einen Zwischenstand.

Mit Schreiben vom 23.6.2020 setzte die Beklagte der Klägerin für die Erbringung der dort näher aufgelisteten Leistungen eine Frist bis zum 30.6.2020 (Anl. K5). Die Beklagte ließ die Fristsetzung mit Anwaltsschreiben vom 25.6.2020 (Anl. K6) zurückweisen mit der Begründung, dass keine Fertigstellungstermine vereinbart worden seien und unabhängig davon auch kein Verzug begründet worden sei (Anl. K6). Mit Schreiben vom 29.6.2020 (Anl. K7) verlängerte die Beklagte die gesetzte Frist bis zum 28.7.2020. Die Klägerin unterbreitete der Beklagten anlässlich eines Telefonats am 15.7.2020 ein Angebot zur vorzeitigen Beendigung des Vertrages, das die Beklagte aber ablehnte.

Mit weiteren Schreiben vom 11.9.2020 erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin die Anfechtung des Vertragsabschlusses wegen arglistiger Täuschung (Anlage K 14).

Die Klägerin behauptet, sie habe ihre Leistungen vertragsgemäß erbracht. Insofern verweist sie auf eine tabellarische Aufstellung der im Jahr 2020 erbrachten Arbeiten. Ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung gemäß § 626 BGB habe nicht vorgelegen. Die Klägerin habe sich insbesondere nicht mit ihren Leistungen in Verzug befunden. Fertigstellungsfristen seien nicht vereinbart gewesen. Die Klägerin sei laut Vertrag verpflichtet, angeforderte Leistungen in einem angemessenen Verhältnis zur vereinbarten Vergütung zu erbringen. Der Leistungsumfang werde durch die Leistungsfähigkeit der der Klägern zur Verfügung stehenden Ressourcen begrenzt.

Bezüglich der Erstellung der Webseite verweist die Klägerin auf den umfangreichen Schriftverkehr der Parteien per E-Mail. Die Klägerin behauptet, dass das Screen-Design aufgrund von Änderungswünschen der Beklagten nicht habe fertiggestellt werden können. Vorher habe die Webseite nicht programmiert und abschließend hergestellt werden können.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 7.308,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 9 % Punkten über dem Basiszinssatz aus 2.436,00 EUR seit dem 6.7.2020, aus 2.436,00 EUR seit dem 13.8.2020 und aus 2.436,00 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beruft sich primär auf die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung. Die Klägerin habe der Beklagten bei Vertragsschluss eine nicht vorhandene Leistungsfähigkeit vorgespiegelt. Aufgrund fehlender Leistungsfähigkeit der Klägerin habe es ständig Mitarbeiter-Engpässe gegeben. Ferner seien die Mitarbeiter der Klägerin wiederholt ausgetauscht worden. Die Klägerin habe insbesondere nicht über Standorte in Köln, Hamburg und München und über 50 feste und freie Mitarbeitern verfügt, wie dies auf der Webseite der Klägerin vor Vertragsschluss dargestellt worden sei. Die Klägerin existiere auch nicht seit 1999, wie behauptet worden sei, sondern erst seit 2007. Die Beklagte hätte den Vertrag nicht abgeschlossen, wenn sie über die wahren Verhältnisse der Klägerin informiert worden wäre.

Die Beklagte ist der Meinung, dass die fristlose Kündigung wirksam ist. Die Leistungen der Klägerin seien völlig unzureichend und verspätet gewesen. Die Klägerin habe zu Vertragsbeginn die angespannte wirtschaftliche Lage der Beklagten gekannt. Der Geschäftsführer der Klägerin habe zugesagt, „richtig Gas zu geben“. Die zugesagte kontinuierliche Vertriebs- und Marketingunterstützung habe die Klägerin nicht leisten können. Zu Beginn des Vertrages sei ein Workshop bei der Klägerin veranstaltet worden. Anschließend habe die Beklagte ca. 2 Monate auf den zugesagten Maßnahmenplan gewartet. Im November 2019 sei ein neuer Maßnahmenplan vereinbart worden. Weitere Leistungen habe die Klägerin in 2019 trotz monatlicher Zahlungen der Beklagten nicht erbracht.

Die Leistungen des Maßnahmenplans von November 2019 seien überwiegend nicht erbracht worden. Von 48 beauftragten Leistungen seien lediglich 5 Leistungen durch die Klägerin angeboten worden. Von diesen 5 Leistungen sei keine Leistung vollständig erbracht worden bzw. brauchbar gewesen. Verzögerungen bei der Beklagten habe es nicht gegeben.

Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe priorisierte Marketingmaßnahmen trotz wiederholter Fristsetzungen nicht erfüllt. Insbesondere zur Homepage der Beklagten seien Designentwürfe erst im Mai 2020 übersandt worden. Die Klägerin habe insofern wiederholt gemahnt werden müssen. Mit E-Mail vom 9.6.2020 habe die Beklagte die Klägerin darauf hingewiesen, dass eine Projektplanung fehle und bereits die Deadlines überschritten worden seien. Die Klägerin habe dem nicht widersprochen, sondern mit E-Mail vom 9.6.2020 gebeten, die wichtigsten Themen mitteilen, damit weitergemacht werden könne.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien sowie auf die dazu eingereichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nur zum Teil begründet, im Übrigen unbegründet.

Die Klägerin kann lediglich die Pauschalvergütung i.H.v. monatlich 2.436,00 EUR brutto für den Monat Juli 2020 verlangen, nicht jedoch für den nachfolgenden Zeitraum vom 1.8.2020 bis zum 30.9.2020. Denn der Vertrag ist durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 29.7.2020 mit vermuteter Zustellung zum 31.7.2020 wirksam beendet worden.

A. Hauptforderung

I. Anfechtung gemäß § 123 BGB

Zunächst kann offenbleiben, ob bereits die von der Beklagten erklärte Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB begründet ist. Die Kammer geht davon aus, dass die Klägerin jedenfalls hinsichtlich ihrer Größe und Leistungsfähigkeit getäuscht hat, indem sie z.B. als weitere Standorte München und Hamburg ausgab, obwohl sie dort unstreitig keine Standorte hatte. Nach den Erläuterungen der Klägerin bestand in München und Hamburg lediglich die Möglichkeit, Besprechungen durchzuführen und zu diesem Zweck Räumlichkeiten anzumieten.

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Das stimmt aber mit dem allgemeinen Verständnis eines „Standortes“ nicht überein. Dabei wird davon ausgegangen, dass dort Geschäftsräume unterhalten werden und Mitarbeiter tätig sind. Die Möglichkeit, Besprechungen durchzuführen, besteht auch an jedem anderen Ort. Das Gleiche gilt bezüglich der Beschäftigung von freien Mitarbeitern in beliebigen Städten. Vor diesem Hintergrund hätte die Klägerin auch mit Standorten in sämtlichen großen Städten Deutschlands werben können.

Allerdings würde die Anfechtung des Vertrages vorliegend nicht zu einer Nichtigkeit des Vertrages ex tunc gemäß § 142 Abs. 1 BGB führen, sondern nur zu einer Nichtigkeit ex nunc. Für dienstvertragliche Arbeitsverhältnisse oder Gesellschaftsverhältnisse ist anerkannt, dass die Anfechtung nur ab dem Zeitpunkt der Erklärung wirkt, da eine Rückabwicklung der bis dahin erbrachten Leistungen schwer oder in den meisten Fällen sogar unmöglich ist (vergleiche Ellenberger in Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 119 Rn. 5). Diese Grundsätze greifen auch in diesem Fall, da streitig ist, welche Leistungen die Klägerin in der Vertragslaufzeit von ca. anderthalb Jahren geleistet hat und wie diese zu bewerten sind.

II. Fristlose Kündigung des Dienstvertrages gemäß § 626 BGB

Die von der Beklagten erklärte fristlose Kündigung des Dienstvertrages vom 29.7.2020 (Anl. K5) war wirksam und hat das Vertragsverhältnis der Parteien mit sofortiger Wirkung beendet.

Der zeitlich befristete Dienstvertrag gemäß § 611 BGB kann nach § 626 BGB aus wichtigen Grund fristlos gekündigt werden. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn einer Vertragspartei die Fortführung des Vertrages bis zum regulären Ablauf, gegebenenfalls nach ordentlicher Kündigung, nicht zuzumuten ist. In der Regel sind hierfür erhebliche vertragliche Pflichtverletzungen einer Vertragspartei erforderlich. Bei der Abwägung sind die gegenseitigen Interessen sowie die Verursachungsanteile der Vertragsparteien zu berücksichtigen.

1. Pflichtverletzungen der Klägerin

Die Klägerin hat ihre dienstvertraglichen Pflichten nicht bzw. nur mit unvertretbarer Verzögerung erbracht.

Im Grundsatz war die Klägerin verpflichtet, für die Beklagte sämtliche erforderlichen Marketingmaßnahmen ohne zeitliche Begrenzung zu erbringen. Vereinbart wurde eine „Full-Service-Flex-Flatrate“ von 2.000,00 EUR pro Monat. Nach dem Vertrag stellt die Klägerin ihre Leistungen nach Relevanz und Bedarf der Beklagten zur Verfügung. Zu erbringende Leistungen werden nach dem Vertragstext gemeinsam geplant, beschlossen und von der Klägerin umgesetzt. Die Klägerin wird pauschal vergütet und hat demnach keine Leistungs- oder Zeitnachweise zu erbringen. Die Leistung für Rahmenvertragskunden werden stets priorisiert behandelt und im Einklang mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen in einem zeitlich angemessenen Rahmen erbracht. Diese grundsätzlichen Aussagen im Vertrag sind vor dem Hintergrund des unstreitigen Verständnisses der Parteien zu sehen, dass die Klägerin der Beklagten eine ausgelagerte Marketingabteilung zur Verfügung stellen wollte. Unstreitig handelte es sich bei dem vereinbarten Honorar um eine äußerst günstige Grundvergütung aus Sicht der Parteien.

Unerheblich ist bei dieser Sachlage, welche zeitlichen Aufwand die Klägerin geleistet hat. Nach ihrer Zeiterfassung will sie im Jahr 2020 durchschnittlich 26,5 Stunden pro Monat aufgewendet haben. Die Parteien haben ein zeitliches Budget nicht vereinbart, sondern eine funktionale Leistungsbeschreibung vorgenommen. Es kommt folglich darauf an, ob und wie die vereinbarten Leistungen nach Priorisierung in einem angemessenen Rahmen von der Klägerin erbracht werden konnten. Unabhängig davon sind geleistete Stunden der Klägerin auch nur dann relevant, wenn der Aufwand zielführend war, d. h. in vertretbarer Zeit brauchbare Ergebnisse erzielt wurden.

Diesem Anspruch ist die Klägerin nicht gerecht geworden. Dabei kann offenbleiben, inwieweit der erste Maßnahmenplan 2019 umgesetzt wurde. Unerheblich ist daher auch der Vortrag der Klägerin zu den im Jahr 2019 bereitgestellten Arbeitsergebnissen. Für die fristlose Kündigung sind die Leistungen aus dem modifizierten Maßnahmenplan November 2019 und späteren Plänen maßgeblich.

Die Beklagte hat den Maßnahmenkatalog November 2019 in der Klageerwiderung dargestellt. Danach sind die meisten Maßnahmen lediglich geplant und nicht erledigt, einige wenige sind „in Arbeit“.

Nachdem die Beklagte im Februar 2020 bereits ihre Unzufriedenheit über die Arbeit der Klägerin zum Ausdruck gebracht hatte, übersandte sie der Klägerin mit der E-Mail vom 10. März 2020 eine zu erledigende Excel-Tabelle. Darin sind detaillierte Maßnahmen aufgeführt, die teilweise bereits im Maßnahmenkatalog November 2019 aufgeführt waren. Ferner sind für jede Maßnahme eine Priorität sowie eine Deadline angegeben. Mit Priorität 1 wurden insbesondere sämtliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Homepage der Beklagten belegt. Die diesbezüglichen Deadlines liegen zwischen dem 31.3.2020 und 22.5.2020. Laut Vertrag war diese Priorisierung der Beklagten bei der Erbringung der zugesagten Leistungen zu beachten.

Unstreitig wurden der Beklagten von der Klägerin erst am 8. Mai 2020 erste Entwürfe für das Web-Design übersandt. Programmierarbeiten wurden von der Klägerin bis zur abschließenden Abstimmung über das Design zurückgestellt. In der Folgezeit wurden die Entwürfe von der Klägerin angepasst. Insofern kann auf den E-Mail-Verkehr der Parteien Bezug genommen werden. Am 2. Juni 2020 fragte die Beklagte nach, wie der Realisierungsstand der Webseite ist. Mit E-Mail vom 9.6.2020 wies die Beklagte darauf hin, dass die Deadlines überschritten seien und der Beklagten im Hinblick auf die fehlende Website ein finanzieller Schaden drohe. Daraufhin erläuterte die Klägerin, die Beklagte möge die drei aktuell wichtigsten Themen mitzuteilen, damit weitergemacht werden könne. Schließlich forderte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 23.6.2020 (Anl. K5) mit Fristsetzung bis zum 30.6.2020 auf, die dort näher bezeichneten Arbeiten, die bereits in der übersandten Excel-Liste aufgelistet waren, zu erbringen. In diesem Schreiben hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Klägerin bereits den 4. Projektleiter eingesetzt habe und die Beklagte jedem Designer, Texter, Projektleiter etc. alles von vorn erklären müsse. Die bereits gesetzten Deadlines seien nicht eingehalten worden.

Die Darlegungs- und Beweislast für den wichtigen Grund der fristlosen Kündigung liegt zwar beim Kündigenden, hier bei der Beklagten. Allerdings ist sie ihrer Darlegungslast insofern nachgekommen, als sie im Einzelnen aufgeführt hat, welche Maßnahmen mit erhöhter Priorität binnen einer angemessenen Frist gefordert und nicht geleistet wurden. Dann muss die Klägerin darlegen, dass die von der Beklagten geforderte Leistung innerhalb der gesetzten Frist erbracht wurde oder mit angemessenem Aufwand nicht oder nicht rechtzeitig erbracht werden konnte.

In ihrer Replik befasst sich die Klägerin lediglich mit einzelnen Maßnahmen, unter anderem den Skill-Cards und der LinkedIn-Kampagne. Hinsichtlich der Leistung zur Homepage der Beklagten verweist die Klägerin auf die Ausführungen in der Klageschrift. Dort hat die Klägerin, mehr oder weniger unkommentiert, den Schriftverkehr der Parteien zur Abstimmung des Designs der Homepage der Beklagten dargestellt. Daraus ergibt sich aber nicht, dass die von der Beklagten geforderten Leistungen erbracht wurden oder die gesetzten Fertigstellungsfristen zu kurz waren oder schließlich der Klägerin eine Erledigung der Arbeiten unter angemessenem Einsatz ihrer Ressourcen nicht möglich war.

Im Grundsatz waren die von der Beklagten gesetzten Fristen zur Fertigstellung der Homepage der Beklagten unter Berücksichtigung des Vorlaufs angemessen. Insgesamt betrug die Frist – nach der letzten Verlängerung bis zum 28.7.2020 – mehr als vier Monate. Bei dem Anspruch der Klägerin, als ausgelagerte Marketingabteilung für die Klägerin tätig zu sein, und dem dringenden Bedürfnis der Beklagten, eine Homepage zur Unterstützung der Vertriebstätigkeiten anzubieten, sind keine Gründe erkennbar oder vorgetragen worden, dass innerhalb der Fristsetzung die priorisierte Herstellung der Homepage nicht möglich war. Die Klägerin erläutert schon nicht, warum sie zu den geforderten Leistungen zur Homepage erst am 8.5.2020 erste Design-Entwürfe zur Abstimmung vorgelegt hat. Bis dahin waren bereits nahezu 2 Monate seit der Übersendung der Prioritätenliste der Beklagten verstrichen. Die Vorgehensweise der Klägerin, über mehrere Monate zunächst das Design abzuklären und erst anschließend mit der Programmierung zu beginnen, ist aus Sicht der Kammer unvertretbar und daher als Nicht- bzw. Schlechterfüllung des Dienstvertrages zu beurteilen. Verzögerungsgründe, die aus der Sphäre der Beklagten stammen, hat die Klägerin jedenfalls nicht substantiiert erläutert. Spätestens nach der weiteren Mahnung der Beklagten vom 23.6.2020 und Fristsetzung bis zum 30.6.2020 hätte daher die Homepage vorliegen müssen. Insofern spielt es auch keine Rolle, ob die übrigen von der Klägerin behaupteten Leistungen erbracht wurden und brauchbar waren.

Bei der Abwägung der Interessen der Parteien ist die fristlose Kündigung berechtigt. Die Beklagte ist dringend auf die Marketingleistungen angewiesen, insbesondere auf die Bereitstellung einer Homepage. Die Beklagte hatte bereits viel Geduld bewiesen und zudem erhebliche Beträge an die Klägerin gezahlt. Die Klägerin hat die Schlechtleistung des Dienstvertrags verschuldet. Die ihr entgehenden pauschalen Monatsvergütungen i.H.v. von jeweils 2.000,00 EUR netto sind aufgrund des Vertrages von 2 Jahren überschaubar. Dagegen steht der bereits erlittene und möglicherweise noch zu erwartende finanzielle Schaden der Beklagten.

Allerdings greift die fristlose Kündigung vom 29.7.2020 erst ab Ende Juli 2020. Für den Monat Juli 2020 kann die Klägerin die Pauschalvergütung i.H.v. 2.436,00 EUR brutto verlangen. Offenbar hat die Klägerin im Rahmen der von der Beklagten gewährten Fristverlängerung im Juli 2020 noch Leistungen erbracht, wie dem Vortrag der Beklagten entnommen werden kann. Die Beklagte hat dazu in der Klageerwiderung, Rn. 43, ausgeführt, dass die Fristsetzung zum 29.7.2020 nicht zur umfassenden Abhilfe geführt habe und der weit überwiegende Teil der geforderten Leistung unerfüllt geblieben sei. Daraus ist zu folgern, dass jedenfalls im Juli 2020 noch Leistungen von der Klägerin erbracht wurden. In diesem Fall kann die Vergütung aber nicht verweigert werden, selbst wenn die Leistungen nicht vertragsgerecht waren, d. h. eine Schlechtleistung vorlag. Da das Dienstvertragsrecht eine Minderung wegen mangelhafter Leistung nicht kennt, ist lediglich ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 BGB bei völlig unzureichender Leistung, gerichtet auf eine Befreiung von der Vergütungspflicht, denkbar (BGH, Urteil vom 13. September 2018 – III ZR 294/16 -, juris, Rn. 16 = BGHZ 219, 298-314). Dieser Anspruch ist aber nicht geltend gemacht bzw. aufgerechnet worden. Daher ist die Beklagte zur Zahlung dieses Betrages verpflichtet.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 11, 709 S. 1 ZPO.

Streitwert: 7308,00 EUR

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