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Differenzschadensersatz – Schätzung der Nutzungsentschädigung und des Fahrzeugrestwerts

Differenzschadensersatz: Ein Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken

In der jüngsten Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Saarbrücken wurde ein Fall verhandelt, der sich mit dem Thema Differenzschadensersatz und der Schätzung von Nutzungsentschädigung und Fahrzeugrestwert befasst. Dieser Fall wirft Licht auf die rechtlichen Herausforderungen und die Auswirkungen von unzulässigen Abschalteinrichtungen in Kraftfahrzeugen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 U 20/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat die Berufung des Klägers gegen ein Urteil des Landgerichts Saarbrücken im Zusammenhang mit dem Differenzschadensersatz, insbesondere der Schätzung der Nutzungsentschädigung und des Restwerts eines Fahrzeugs, zurückgewiesen.

  • Der Kläger legte Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 1.3.2021 ein.
  • Der Kläger behauptete, dass in seinem Mercedes-Benz Viano 3.0 CDI Blue EFFICIENCY, den er 2019 gekauft hatte, eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut sei.
  • Das Fahrzeug verfügt über einen Dieselmotor des Typs OM 642 (EURO 5) von der Beklagten.
  • Das Kraftfahrt-Bundesamt rief verschiedene Fahrzeuge der Beklagten wegen möglicher unzulässiger Abschalteinrichtungen zurück, aber das Fahrzeug des Klägers war nicht betroffen.
  • Der Kläger forderte ursprünglich Schadensersatz in Höhe von 4.200 Euro und weitere Entschädigungen.
  • Die Beklagte argumentierte, dass das Fahrzeug den gesetzlichen Vorgaben entspricht.
  • Das Landgericht wies die Klage des Klägers ab.
  • Im Berufungsverfahren forderte der Kläger eine Entschädigung von mindestens 3.150 Euro und die Erstattung von Rechtsanwaltskosten.
  • Das Oberlandesgericht Saarbrücken entschied, dass die Berufung des Klägers keinen Erfolg hat und der Schadensersatzanspruch des Klägers unbegründet ist.
  • Das Gericht berücksichtigte die Nutzung des Fahrzeugs durch den Kläger und den Restwert des Fahrzeugs bei der Entscheidung.
  • Das Gericht verwies auf verschiedene Urteile und Rechtsprechungen, um seine Entscheidung zu begründen.

Was ist vorgefallen?

Differenzschadensersatz – Schätzung der Nutzungsentschädigung und des Fahrzeugrestwerts
(Symbolfoto: 4 PM production /Shutterstock.com)

Der Kläger erwarb einen gebrauchten Pkw Mercedes-Benz Viano, in welchem ein Dieselmotor des Typs OM 642 verbaut war. Dieser Motor nutzt eine Abgasrückführung zur Reduzierung der Stickoxidemissionen. Es wurde behauptet, dass in diesem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet wurde, die die Abgaswerte manipuliert.

Kern des Problems

Der Kläger behauptete, dass die Motorsteuerungssoftware seines Fahrzeugs den Stickoxidausstoß unter den Prüfstandbedingungen optimiert. Dies würde bedeuten, dass die Abgaswerte aufgrund einer manipulierten Software über den gesetzlichen Grenzwerten liegen. Wäre dem Kläger dies bekannt gewesen, hätte er das Fahrzeug nicht gekauft.

Rechtliche Herausforderung und Zusammenhänge

Das Hauptproblem liegt in der Frage, ob die verwendete Software als unzulässige Abschalteinrichtung gilt und ob der Kläger Anspruch auf Schadensersatz hat. Die Beklagte argumentierte, dass das Fahrzeug den gesetzlichen Vorgaben entspricht und die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung ein Industriestandard ist.

Gerichtliche Entscheidung

Das Landgericht Saarbrücken wies die Klage des Klägers ab. Im Berufungsverfahren wurde die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht Saarbrücken entschied, dass der Schadensersatzanspruch des Klägers unbegründet ist.

Begründung des Gerichts

Das Gericht stützte seine Entscheidung auf verschiedene Faktoren. Einer davon war, dass der Kläger keinen Anspruch auf den sogenannten kleinen Schadensersatz geltend machte. Außerdem wurde festgestellt, dass der Kläger durch die Nutzung des Fahrzeugs Vorteile gezogen hat, die den Schaden übersteigen würden.

Auswirkungen des Urteils

Dieses Urteil könnte Präzedenzfallcharakter für ähnliche Fälle in der Zukunft haben. Es betont die Notwendigkeit für Käufer, sich über die technischen Aspekte eines Fahrzeugs im Klaren zu sein und die rechtlichen Herausforderungen, die mit solchen Ansprüchen verbunden sind.

Fazit

Das Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken unterstreicht die Komplexität von Fällen, die sich mit unzulässigen Abschalteinrichtungen und Schadensersatzansprüchen befassen. Es zeigt, dass trotz der Vorwürfe und Behauptungen der Kläger, die Gerichte eine gründliche Analyse der Fakten und des Rechts durchführen, bevor sie eine Entscheidung treffen. Es ist ein lehrreiches Beispiel dafür, wie das Rechtssystem in solchen technisch komplexen Fällen funktioniert.

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✔ Was ist ein Differenzschadensersatz? – kurz erklärt


Die Differenztheorie ist im Schadensersatzrecht relevant und dient der Berechnung von Schadensersatzansprüchen. Gemäß § 249 BGB ist der Schädiger dazu verpflichtet, den Zustand wiederherzustellen, der ohne die schädigende Handlung bestehen würde. Dies bedeutet, dass der Schaden so berechnet wird, dass die Differenz zwischen dem tatsächlichen Zustand nach der schädigenden Handlung und dem hypothetischen Zustand ohne diese Handlung ermittelt wird. Der Schadensersatz soll den Geschädigten so stellen, als ob die schädigende Handlung nicht stattgefunden hätte.


§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil sind u.a.:


  1. Verkehrsrecht: Es geht um Fahrzeuge und deren Abgasverhalten. Insbesondere wird die Abgasreinigung und die Steuerung der Abgasrückführung thematisiert, die im Zusammenhang mit Stickoxidemissionen steht. Dies betrifft die Regelungen und Standards, die Fahrzeuge in Bezug auf ihre Emissionen einhalten müssen.
  2. Deliktsrecht: Der Kläger beansprucht Schadensersatz wegen einer mutmaßlich manipulierten Motorsoftware. Hierbei geht es um die Frage, ob und inwieweit ein Fahrzeughersteller für Schäden haftet, die durch eine solche Manipulation entstehen könnten.
  3. Europarecht: Es wird Bezug genommen auf die EG-Typengenehmigung und spezifische Richtlinien wie die RL 2007/46/EG. Diese Regelungen betreffen die Zulassung und die Anforderungen an Fahrzeuge innerhalb der Europäischen Union. Es wird auch auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) verwiesen, was zeigt, dass europäisches Recht in diesem Fall relevant ist.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Saarbrücken-  Az.: 3 U 20/22 – Urteil vom 29.09.2023

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 1.3.2021 – 12 O 238/20 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der behaupteten Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung in seinem Kraftfahrzeug auf Schadendersatz in Anspruch.

Der Kläger erwarb am 18.2.2019 von einem privaten Verkäufer einen gebrauchten Pkw Mercedes-Benz Viano 3.0 CDI BlueEFFICIENCY (Erstzulassung laut Kaufvertrag am 21.9.2011) mit einer Laufleistung von 155.000 km zum Preis von 21.000 Euro.

In dem Fahrzeug ist ein von der Beklagten hergestellter Dieselmotor des Typs OM 642 (EURO 5) verbaut. Die Abgasreinigung erfolgt durch die sogenannte Abgasrückführung, bei der ein Teil der Abgase zur Verringerung der Stickoxidemissionen in das Ansaugsystem des Motors zurückgeführt wird und erneut an der Verbrennung teilnimmt. Die Steuerung der Abgasrückführung erfolgt unter anderem temperaturabhängig („Thermofenster“).

Das Kraftfahrt-Bundesamt hat verschiedene von der Beklagten hergestellte Fahrzeuge wegen vermeintlich unzulässiger Abschalteinrichtungen zurückgerufen. Betroffen sind allerdings nur bestimmte Baureihen der Fahrzeuge der Beklagten, unter anderem mit Motoren des Typs OM 642, nicht aber alle mit diesem Motortyp ausgerüsteten Fahrzeuge. Das streitgegenständliche Fahrzeug ist von einem verpflichtenden Rückruf nicht betroffen.

Der Kläger hat von der Beklagten erstinstanzlich Schadensersatz in Höhe von 4.200 Euro (20 % des Kaufpreises) zuzüglich Prozess- und Deliktszinsen beansprucht. Außerdem hat er die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für aus der Ausstattung des Fahrzeugs mit einer manipulierten Motorsoftware resultierende Schäden sowie die Feststellung, dass der Schadensersatzanspruch aus einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung herrührt, erstrebt und die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.789,76 Euro gefordert.

Der Kläger hat behauptet, die Motorsteuerungssoftware seines Fahrzeugs bewirke, dass der Stickoxidausstoß unter den auf dem Prüfstand herrschenden Bedingungen optimiert werde. Aufgrund des Thermofensters funktioniere die Ab-gasreinigung nur innerhalb eines bestimmten Temperaturbereichs. Daneben komme eine so genannte Kühlmittel-Sollwert-Temperatur-Regelung zum Einsatz, durch die die Aufwärmung des Motoröls künstlich verzögert werde mit der Folge, dass die Stickoxidgrenzwerte auf dem Prüfstand eingehalten würden. Im Straßenbetrieb sei die Funktion dagegen deaktiviert, was zu höheren Emissionswerten führe. Es handele sich hierbei um unzulässige Abschalteinrichtungen, deren Einbau die Beklagte trotz positiver Kenntnis über die jeweilige Funktionsweise gebilligt habe. Er hätte das Fahrzeug nicht gekauft, wenn er gewusst hätte, dass die Abgaswerte aufgrund einer manipulierten Motorsteuerungssoftware weit über den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerten lägen.

Die Beklagte hat behauptet, das Fahrzeug entspreche in seinem Abgasverhalten den gesetzlichen Vorgaben und stimme mit der erteilten EG-Typengenehmigung überein. Die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung sei anerkanntermaßen erforderlich, um Schäden am Motor und am Abgassystem zu vermeiden und den sicheren Betrieb zu gewährleisten, und daher zulässiger Industriestandard.

Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen.

Im Berufungsverfahren fordert der Kläger zuletzt eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung, mindestens 3.150 Euro (15 % des Kaufpreises), nebst Rechtshängigkeitszinsen sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten für alle künftigen Schäden, die aus einem Verstoß gegen § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV i.V.m. Art. 18 RL 2007/46/EG resultieren und das streitgegenständliche Fahrzeug betreffen. Daneben wird die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.789,76 Euro verlangt.

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Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 8.9.2023 verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Schadensersatzverlangen des Klägers erweist sich als unbegründet.

1. Einen auf den so genannten kleinen Schadensersatz aus § 826 BGB gerichteten Anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 6.7.2021 – VI ZR 40/20, juris) macht der Kläger ausweislich der im Schriftsatz vom 28.8.2023 formulierten Anträge und der hierzu gegebenen Begründung zweitinstanzlich nicht mehr geltend. Damit erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit den Gründen des erstinstanzlichen Urteils.

2. Soweit der Kläger nunmehr allein einen Anspruch auf Ersatz des so genannten Differenzschadens nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV geltend macht, kann dahinstehen, ob ihm ein solcher Anspruch dem Grunde nach zustehen würde. Denn ein solcher Anspruch, den der Kläger der Höhe nach in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 26.6.2023 – VIa ZR 335/21, Rn. 73 ff. juris) auf 15 % des ursprünglichen Kaufpreises, entsprechend 3.150 Euro, beziffert, wäre durch die vom Kläger gezogenen Vorteile vollständig aufgezehrt.

a) Wie der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung festgehalten hat, schließt der Umstand, dass für die Schätzung des Differenzschadens auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen ist, eine schadensmindernde Berücksichtigung später eintretender Umstände im Wege der Vorteilsausgleichung, deren Voraussetzungen der Fahrzeughersteller darzulegen und zu beweisen hat, nicht aus. Als anzurechnender Vorteil kommt neben den Nutzungen, die der Geschädigte durch den Gebrauch des Fahrzeugs zieht, insbesondere dessen Restwert in Betracht (BGH, a.a.O., Rn. 44, 80). Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Restwert unabhängig davon zu berücksichtigen, ob der Geschädigte ihn durch eine Weiterveräußerung des Fahrzeugs in seinem Vermögen realisiert hat (vgl. etwa OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.9.2023 – 8 U 383/21, Rn. 76 ff. juris; OLG Dresden, Urteil vom 24.8.2023 – 18a U 1969/22, Rn. 51 ff. juris; OLG Naumburg, Beschluss vom 10.8.2023 – 4 U 73/23, Rn. 6 ff. juris). Insoweit sind die zum kleinen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB entwickelten Grundsätze (vgl. BGH, Urteil vom 24.1.2022 – VIa ZR 100/21, Rn. 19 f., 22) auf den Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens übertragbar (BGH, Urteil vom 26.6.2023 – VIa ZR 335/21, a.a.O., Rn. 44, 80). Nutzungsvorteile und der Restwert des Fahrzeugs sind allerdings erst dann und nur insoweit auf den Differenzschaden anspruchsmindernd anzurechnen, als sie den tatsächlichen Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags (gezahlter Kaufpreis abzüglich Differenzschaden) übersteigen (BGH, Urteil vom 26.6.2023, a.a.O.). Maßgebender Zeitpunkt für die Bewertung der anzurechnenden Vorteile ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (BGH, Urteil vom 24.1.2022, a.a.O., Rn. 23).

b) Nach diesen Grundsätzen sind zunächst die aus der Nutzung des Fahrzeugs durch den Kläger gezogenen Vorteile gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Ausgehend von der so genannten linearen Berechnungsmethode wird hierzu der Kaufpreis für das Fahrzeug durch die im Erwerbszeitpunkt zu erwartende Restlaufleistung geteilt und das Ergebnis mit den gefahrenen Kilometern multipliziert (vgl. BGH, Urteil vom 25.5.2020 – VI ZR 252/19, Rn. 64 juris; Urteil vom 27.4.2021 – VI ZR 812/20, Rn. 15 juris; Urteil vom 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, Rn. 55 juris). Die Restlaufleistung beläuft sich vorliegend auf die Differenz von Kilometerstand bei Ankauf (nach den Feststellungen des Landgerichts 155.000 km) und Gesamtlaufleistung (250.000 km), mithin 95.000 km. Soweit der Senat bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine Gesamtlaufleistung von 250.000 km zugrunde legt, die bereits wiederholt die Billigung des Bundesgerichtshofs gefunden hat (vgl. BGH, Urteil vom 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, a.a.O., Rn. 56; Urteil vom 27.7.2021 – VI ZR 480/19, Rn. 23 ff. juris; Urteil vom 27.4.2021 – VI ZR 812/20, Rn. 15 juris), wird – in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des 2. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts – darauf abgestellt, dass die tatsächliche Lebensdauer eines Fahrzeugmotors angesichts der mit zunehmender Nutzungsdauer steigenden Reparaturanfälligkeit zahlreicher Bauteile erfahrungsgemäß oftmals nicht ausgeschöpft wird und nicht der Gesamtnutzungsdauer des Fahrzeugs entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, a.a.O., Rn. 58; 2. Zivilsenat des Saarländischen OLG, Urteil vom 14.2.2020 – 2 U 128/19, Rn. 60 juris). Dass im Einzelfall entsprechende Fahrzeuge auch über eine Gesamtlaufleistung von 250.000 km hinaus genutzt werden, steht dem nicht entgegen.

Ein Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV zur Anrechnung des Nutzungswerts auf den Schadensersatz ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht veranlasst, nachdem der Gerichtshof der Europäischen Union zu den damit zusammenhängenden Fragen bereits aus europarechtlicher Sicht Stellung genommen hat (vgl. EuGH, Urteil vom 21.3.2023 – C-100/21, Rn. 87 ff. juris).

Auf der Grundlage der in der Berufungsverhandlung mitgeteilten aktuellen Laufleistung von 214.348 km errechnet sich somit eine Nutzungsentschädigung von 13.119,03 Euro nach folgender Formel:

Kaufpreis (21.000 Euro) x gefahrene km (59.348 km) erwartete Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt (95.000 km).

c) Der Restwert des Fahrzeugs bestimmt sich allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen zufolge nach dem Preis, den der Geschädigte bei Inzahlunggabe seines Fahrzeugs bei einem angesehenen Gebrauchtwagenhändler erzielen kann (vgl. BGH, Urteil vom 13.1.2009 – VI ZR 205/08, Rn. 9 f. juris; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12.1.2021 – 8 U 89/17, Rn. 11 juris; Frey-mann/Rüssmann in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl. [Stand 8.8.2023], § 249 BGB Rn. 94). Bei der Ermittlung dieses Preises orientiert sich der Senat in Ausübung des ihm nach § 287 ZPO eröffneten Schätzungsermessens – wie in der mündlichen Berufungsverhandlung erörtert – an dem Ergebnis einer Abfrage auf dem Internetportal SchwackeNet (https://schadenmanager.schwacke.de/awonline/de/wert). Dabei erfolgt die Fahrzeugbewertung anhand der Fahrzeugidentifikationsnummer und weiterer, aus der Akte ersichtlicher fahrzeugspezifischer Parameter (z.B. Gesamtfahrleistung), wodurch ein konkreter Bezug zu dem streitgegenständlichen Fahrzeug hergestellt wird. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Restwert des Fahrzeugs bedarf es nicht. Weder vermag die Berufung konkrete Einwände gegen eine Restwertermittlung mit Hilfe des genannten Internetportals vorzubringen, noch wird aufgezeigt, dass der Restwert – allgemein oder im konkreten Fall – nur durch einen Sachverständigen zuverlässig berechnet werden kann.

Der so – im ersten Schritt – ermittelte Wiederbeschaffungswert von 23.300 Euro erscheint aus der Sicht des Senats, der im Rahmen seiner sonstigen Zuständigkeiten schwerpunktmäßig mit Verkehrsunfallsachen befasst und daher mit Fragen der Fahrzeugbewertung in besonderer Weise vertraut ist, marktgerecht, was sich auch anhand einer zusätzlich durchgeführten Recherche auf einschlägigen Verkaufsplattformen (z.B. mobile.de) nachvollziehen lässt.

Da der Wiederbeschaffungswert im Schadensrecht allgemein den Preis bezeichnet, den der Geschädigte aufwenden muss, um von einem seriösen Händler einen dem beschädigten Fahrzeug entsprechenden Ersatzwagen zu erwerben (sog. Händlerverkaufspreis, vgl. BGH, Urteil vom 23.5.2017 – VI ZR 9/17, Rn. 8 juris m.w.N.), ist – im zweiten Schritt – die Händlermarge abzuziehen, die der Senat auf 15 % schätzt (vgl. auch BGH, Urteil vom 25.7.2022 – VIa ZR 601/21, Rn. 16 juris). Es ergibt sich somit ein Restwert von 19.805 Euro oder gerundet 20.000 Euro. Dieser Betrag liegt zwar nur wenig unter dem vom Kläger beim Erwerb des Fahrzeugs im Jahr 2019 gezahlten Kaufpreis von 21.000 Euro. Die Richtigkeit der Restwertermittlung wird hierdurch aber nicht infrage gestellt, zumal der Kläger das Fahrzeug nicht von einem Händler, sondern von einem privaten Verkäufer erworben hat.

d) Die Summe aus Nutzungsvorteilen (13.119,03 Euro) und Restwert (20.000 Euro) beträgt 33.119,03 Euro. Dieser Betrag ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dem Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags (gezahlter Kaufpreis abzüglich Differenzschaden, vgl. BGH, Urteil vom 26.6.2023 – VIa ZR 335/21, Rn. 80 juris) gegenüberzustellen. Die Behauptung des Klägers als richtig unterstellt, sein Fahrzeug habe bei Vertragsschluss lediglich einen Wert von 17.850 Euro gehabt (Kaufpreis 21.000 Euro abzgl. 15 % Differenzschaden, das entspricht 3.150 Euro), übersteigen die Vorteile den tatsächlichen Wert somit um 15.269,03 Euro (vgl. zur Berechnung etwa OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.8.2023 – 8 U 271/21, Rn. 82 ff. juris). Dieser Betrag ist um 12.119,03 Euro höher als der behauptete Differenzschaden von 3.150 Euro, so dass als Ergebnis der Vorteilsausgleichung kein ersatzfähiger Schaden verbleibt.

e) An diesem Ergebnis ändert sich nichts, wenn man eine – von der Berufung als realistisch bezeichnete – Gesamtlaufleistung 400.000 km zugrunde legt und den Restwert lediglich mit 16.100 Euro ansetzt entsprechend der Angabe in dem klägerseits vorgelegten Auszug aus dem DAT-Restwerterechner. In diesem Fall betragen die Nutzungsvorteile 5.086,97 Euro (21.000 Euro / 245.000 km x 59.348 km) und die Vorteile insgesamt 21.186,97 Euro. Sie übersteigen den behaupteten tatsächlichen Wert des Fahrzeugs von 17.850 Euro um 3.336,97 Euro mit der Folge, dass der geltend gemachte Differenzschaden von 3.150 Euro auch bei dieser Berechnung aufgezehrt ist.

3. Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Ein Anspruch auf Ersatz künftiger Schäden, die aus einem Verstoß der Beklagten gegen § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV resultieren, kommt nicht in Betracht, da die mit der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung verbundenen Nachteile – nach der Behauptung des Klägers beispielsweise ein höherer Benzinverbrauch als Folge eines etwa notwendigen Software-Updates – bereits bei der Schätzung des Differenz-schadens zu berücksichtigen und somit in diesen „eingepreist“ sind (BGH, Urteil vom 26.6.2023 – VIa ZR 335/21, Rn. 76 juris; vgl. auch BGH, Urteil vom 6.7.2021 – VI ZR 40/20, Rn. 34 juris zum kleinen Schadensersatz nach § 826 BGB).

4. In Ermangelung eines Schadensersatzanspruchs sind auch die Neben-forderungen (Zinsen, vorgerichtliche Anwaltskosten) unbegründet.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 i.V.m. §§ 711, 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und keine Veranlassung gibt, eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung herbeizuführen (§ 543 Abs. 2 ZPO).

? FAQ zum Urteil


  • Was ist Differenzschadensersatz im Kontext des Oberlandesgerichts Saarbrücken-Urteils? Differenzschadensersatz bezieht sich auf den finanziellen Unterschied zwischen dem tatsächlichen Wert eines Gegenstandes oder einer Dienstleistung und dem Wert, den er ohne einen bestimmten Mangel oder Fehler gehabt hätte. Im Kontext des Urteils des Oberlandesgerichts Saarbrücken ging es um den Anspruch eines Klägers auf Schadensersatz aufgrund einer behaupteten unzulässigen Abschalteinrichtung in seinem Fahrzeug.
  • Was war der Hauptgrund für die Klage gegen die Beklagte? Der Kläger behauptete, dass die Motorsteuerungssoftware seines Fahrzeugs dazu führt, dass der Stickoxidausstoß unter den auf dem Prüfstand herrschenden Bedingungen optimiert wird. Er argumentierte, dass es sich um unzulässige Abschalteinrichtungen handelte und er das Fahrzeug nicht gekauft hätte, wenn er von der Manipulation gewusst hätte.
  • Wie hat das Landgericht Saarbrücken entschieden? Das Landgericht Saarbrücken hat die Klage des Klägers abgewiesen. Das Oberlandesgericht Saarbrücken bestätigte diese Entscheidung und wies die Berufung des Klägers zurück.
  • Wie wurde der Differenzschaden berechnet? Der Differenzschaden wurde auf der Grundlage der sogenannten linearen Berechnungsmethode geschätzt. Dabei wird der Kaufpreis des Fahrzeugs durch die zu erwartende Restlaufleistung geteilt und das Ergebnis mit den gefahrenen Kilometern multipliziert.
  • Was bedeutet der Begriff „Nutzungsentschädigung“ in diesem Kontext? Nutzungsentschädigung bezieht sich auf den finanziellen Wert, den der Kläger durch die Nutzung des Fahrzeugs erhalten hat. Es handelt sich um eine Kompensation für den Gebrauch und die Abnutzung des Fahrzeugs während der Zeit, in der er es besaß und nutzte. In diesem Fall wurde die Nutzungsentschädigung auf 13.119,03 Euro geschätzt.

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