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Ehegattenverhältnis (Mitarbeit im eigenen Betrieb) – Arbeitsverhältnis und Lohnansprüche

LAG Schleswig-Holstein

Az: 3 Sa 156/06

Urteil vom 30.08.2006


In dem Rechtsstreit hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 30.08.2006 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 01.02.2006 – 4 Ca 1657 b/05 – abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 22.721,36 EUR nebst 5 %-Punkten Zinsen p. a. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2004 zu zahlen.

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten erster Instanz trägt der Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Erfüllung von Vergütungsansprüchen aus einem Ehegattenverhältnis.

Die Parteien sind seit dem 21.11.1969 miteinander verheiratet und leben seit dem 22.05.2001 voneinander getrennt. Sie haben zwei Kinder, die Anfang der 70er Jahre geboren wurden.

Seit Mitte 1974 war der Beklagte Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes, der auch Pferdezucht zum Gegenstand hat. Der Betrieb wurde mit Wirkung zum 30.06.2003 vom Beklagten auf den gemeinsamen Sohn überschrieben.

Kurz nach Eheschließung, im Dezember 1970, vereinbarten die Parteien Gütertrennung (Bl. 36 f d. A.).

Die Parteien schlossen unstreitig 1974 einen mündlichen Arbeitsvertrag. Der Klägerin wurde die Abwicklung sämtlicher Geldgeschäfte des landwirtschaftlichen Betriebes übertragen. Sie erhielt umfassende Kontovollmachten und wickelte diese Geldgeschäfte des Betriebes unstreitig gegenüber den Behörden etc. ab. Die Parteien vereinbarten keine bestimmte monatliche Vergütung. Sie orientierten sich gegenüber dem Finanzamt und sonstigen Behörden bei der Angabe der Vergütung an dem Steuerfreibetrag für geringfügige Beschäftigte. Insoweit wurden gegenüber den Finanzbehörden unstreitig in der Zeit von 1974 bis zur Trennung im Mai 2001 Einkünfte der Klägerin in Höhe von insgesamt 99.853,93 DM = 51.054,50 EUR angegeben. Eigenständige, gezielt auf die Erfüllung von Arbeitsvergütungsansprüchen gerichtete Zahlungen an die Klägerin erfolgten in den ganzen Jahren nicht.

Kurz nach der Trennung machte die Klägerin mit Schreiben vom 30.08.2001 die Vergütungsansprüche für die Zeit von Mitte 1974 bis Mai 2001 geltend (Anlage K1 – Bl. 15 ff d. A.). Nach außergerichtlicher Ablehnung erhob sie die vorliegende Klage auf Zahlung von 51.054,50 EUR. Der Betrag ist rechnerisch unstreitig.

Zum 01.06.1993 schloss die Klägerin zwei Lebensversicherungen bei der W… mit einer Laufzeit von 15 Jahren und einer monatlichen Zahlung von je 300,00 DM ab (Bl. 17 und 18 d. A.). Als Bezugsberechtigte wurden die gesetzlichen Erben angegeben. Außerdem wurde eine Lebensversicherung zu Gunsten des gemeinsamen Sohnes abgeschlossen. Vom 01.06.1993 bis einschließlich Juli 1999 wurden die auf diese Lebensversicherungen zu zahlenden monatlichen Prämien vom Betriebskonto überwiesen. Das ist insgesamt ein Betrag von 22.721,36 EUR. Ab 01.08.1999 erfolgten die Zahlungen auf alle drei Lebensversicherungen vom Privatkonto der Klägerin.

Mit Urteil vom 01.02.2006 bejahte das Arbeitsgericht den Zahlungsanspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten als Anspruch auf geschuldete und noch nicht gezahlte Arbeitsvergütung, rechnete jedoch die zwischen Juni 1993 und Juli 1999 getätigten Zahlungen an die Lebensversicherungen hierauf an. Unter Verneinung des Vorliegens der Verwirkung verurteilte es den Beklagten zur Zahlung von 28.353,14 EUR. In Höhe von 22.721,36 EUR wies es die Klage ab. Zur Vermeidung von Wiederholungen auch bezüglich des Vortrages der Parteien und der erstinstanzlichen Anträge wird auf die erstinstanzliche Entscheidung Bezug genommen.

Gegen dieses den beiden Parteien am 28. März 2006 zugestellte Urteil gingen beide Parteien in die Berufung. Die Klägerin legte am 13.04.2006 Berufung ein, die am 02.05.2006 begründet wurde. Der Beklagte legte am 28.04.2006 Berufung ein, die am 24.05.2006 begründet wurde.

Die Parteien ergänzen und vertiefen im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Klägerin trägt unter Hinweis auf umfangreiche eigene Mitarbeit im gesamten landwirtschaftlichen Betrieb vor, ihr habe tatsächlich sogar ein sehr viel höherer Vergütungsbetrag zugestanden. Jedenfalls seien für die arbeitsvertraglich vereinbarte Abwicklung der Geldgeschäfte auf dem Hof zu keinem Zeitpunkt tatsächlich Zahlungen an sie erbracht worden. Die für einige Jahre vom Betriebskonto abgebuchten Beiträge zu den Lebensversicherungen seien nicht auf ihre Arbeitsvergütung anzurechnen, da diese Lebensversicherungen mit dem Arbeitsverhältnis nichts zu tun hätten. Sie seien auf ihr Drängen im Rahmen der gemeinsamen Lebensplanung abgeschlossen worden, um einen gewissen Kapitalstock als Ausgleich für eine fehlende Altersversorgung zu bilden. Die Abbuchung von den Betriebskonten beruhe auf entsprechender betrieblicher Liquidität. Gegenüber dem Finanzamt seien diese auch als Privatentnahmen deklariert worden. Die Umstellung auf Abbuchung von ihrem Privatkonto im Juli 1999 beruhe darauf, dass der Betrieb zu diesem Zeitpunkt „knapp bei Kasse“ gewesen sei.

Die Klägerin beantragt mit ihrer Berufung,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin über den durch Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 01.02.2006 zugesprochenen Betrag hinaus weitere 22.721,36 EUR nebst 5 %-Punkten Zinsen p. a. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2004 zu zahlen, mithin 51.054,50 EUR nebst Zinsen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Hinsichtlich seiner eigenen Berufung beantragt der Beklagte,

das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 01.02.2006 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Er trägt vor, die Forderungen der Klägerin seien erfüllt. Die Klägerin habe sich das Geld selbst auszahlen können, was jedoch nicht geschehen sei. Sie habe im Übrigen nie Arbeitsvergütung geltend gemacht, das Geld also wohl nicht gewollt. Die Klägerin habe zudem von den Einnahmen aus dem Hof gelebt. Hieraus ergebe sich die Erfüllung der Arbeitsvergütung. Außerdem seien durch die Überweisungen vom Betriebskonto in der Zeit vom 01.06.1993 bis einschließlich Juli 1999 Zahlungen auf eine etwaige geschuldete Arbeitsvergütung erfolgt. Für die Lebensversicherungszahlungen vom Betriebskonto habe es keinen anderen Rechtsgrund, als den des Arbeitsvertrages gegeben. Letztendlich habe die Klägerin während der Ehezeit auch das Pferd „C…“ zu einem Wert von 98.500.00 DM geschenkt bekommen und sich Wertpapiere aus den Mitteln des Betriebes verschafft. Beides sei auf die Vergütungsansprüche anzurechnen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufungen sind zulässig. Sie sind form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Berufungsbegründungsfrist auch begründet worden.

II.

In der Sache ist die Berufung der Klägerin auch begründet, während die Berufung des Beklagten keinen Erfolg haben konnte. Der Beklagte schuldet der Klägerin ungeachtet der Ehe aus dem zwischen Juni 1974 und Mai 2001 bestehenden Arbeitsverhältnis die auch gegenüber dem Finanzamt angegebene Arbeitsvergütung in Höhe von insgesamt 51.054,50 EUR. Das Bestehen dieses Vergütungsanspruches dem Grunde nach hat das Arbeitsgericht zutreffend bejaht. Hierauf sind jedoch nicht die in der Zeit von Juni 1993 bis einschließlich Juli 1999 vom Betriebskonto gezahlten Lebensversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 22.721,36 EUR anzurechnen, da diese Zahlungen nicht als Erfüllung der arbeitsvertraglich geschuldeten Lohnansprüche einzuordnen sind. Insoweit war das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn abzuändern.

1.

Die Klägerin hat – wie vom Arbeitsgericht zutreffend festgestellt – einen Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung gemäß § 611 BGB. Danach wird derjenige, der durch einen Arbeitsvertrag Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass neben dem ehelichen Verhältnis Mitte 1974 ein Arbeitsverhältnis gegründet worden ist und die Klägerin ihrer daraus resultierenden Hauptleistungspflicht nachgekommen ist. Die Klägerin hat während der gesamten Jahre die kaufmännischen Angelegenheiten des Betriebes abgewickelt. Vom Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses ist auch unter Berücksichtigung der Ehe auszugehen.

a.

Mitarbeitende Familienangehörige sind zwar, wenn und soweit sie auf familienrechtlicher Grundlage Arbeitsleistungen im Haushalt und im Geschäft des Ehepartners erbringen, in der Regel wegen des Fehlens eines die persönliche Abhängigkeit begründenden Arbeitsvertrages keine Arbeitnehmer. Das schließt jedoch nicht aus, dass auch mit einem Ehepartner ungeachtet der allgemeinen familienrechtlichen Grundlage ein Arbeitsverhältnis begründet wird. Ob es sich bei der Arbeit eines Familienangehörigen um Mitarbeit auf familienrechtlicher Grundlage, oder um eine Arbeitsleistung auf der Grundlage eines – mündliche geschlossenen – Arbeitsverhältnisses handelt, ist durch wertende Betrachtungsweise zu ermitteln. Auf welcher Rechtsgrundlage erbrachte Leistungen letztendlich beruhen (Erfüllung von Unterhaltspflichten, Arbeitsverhältnis usw.) muss individuell bewertet werden, wobei z. B. neben der Eingliederung in den Betrieb auch die Höhe der Bezüge im Verhältnis zu der zu verrichtenden Tätigkeit und der Vergleich mit fremden Arbeitskräften von entscheidender Bedeutung sein können (vgl. LAG Rheinland-Pfalz v. 21.01.2002 – 7 Sa 1390/01 – zit. nach Juris).

b.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist vorliegend vom rechtswirksamen Vorliegen eines Arbeitsvertrages zwischen den Parteien auf Basis eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses auszugehen. Arbeitsvertragliche Aufgabe der Klägerin, für die Arbeitsentgelt gezahlt werden sollte, war die Abwicklung sämtlicher Geldgeschäfte des landwirtschaftlichen Betriebes. Dieses, und nur dieses war die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit. Weitere von der Klägerin in diesem Rechtsstreit angeführte Leistungen im Betrieb können nicht einer arbeitsrechtlichen, sondern nur der allgemeinen familienrechtlichen Grundlage und damit dem so genannten Ehegatteninnenverhältnis zugeordnet werden. Für die Bejahung des tatsächlichen Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses und nicht nur des Abschlusses eines Vertrages zum Schein spricht, dass die Klägerin auch die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung tatsächlich erbracht hat. Sie hat nicht nur allgemein im Betrieb gearbeitet und sich insoweit um Haus und Hof gekümmert, sondern vielmehr zusätzlich eine klar eingrenzbare und ausgliederbare Arbeitsleistung erbracht, nämlich die Abwicklung der kaufmännischen Angelegenheiten des Betriebes. Insoweit handelt es sich um eine Arbeitsleistung, die ohne weiteres hätte ausgelagert und auch einer fremden Person im Rahmen eines – geringfügigen – Arbeitsverhältnisses hätte übertragen werden können. Auch die Tatsache, dass gegenüber dem Finanzamt stets diese Tätigkeit der Klägerin als arbeitsvertragliche Tätigkeit deklariert wurde, spricht für die Existenz eines Arbeitsverhältnisses neben der familienrechtlichen Mitarbeit. Gleiches ergibt sich aus der Abführung der Sozialversicherungsbeiträge. Die Höhe der angegebenen Vergütung korreliert im Übrigen mit dem allgemeinen und üblichen Umfang der arbeitsvertraglichen Aufgabe der Abwicklung kaufmännischer Angelegenheiten eines einzelnen Kleinbetriebes.

Vor diesem tatsächlichen Hintergrund ist vom Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses neben dem Ehegattenverhältnis auszugehen.

2.

Haben die Parteien gerade neben den während einer Ehe und einer gemeinsamen Haushaltsführung immer anfallenden typischen familienrechtlichen Leistungen ausdrücklich ein Arbeitsverhältnis gewollt und gelebt und nach Außen hin konkrete Zahlungsbeträge als Vergütung deklariert kann dieses Verhältnis nicht nachträglich gerichtlich anders eingeordnet werden ( vgl. auch LAG Köln vom 19.7.2002 – 11 Sa 1147/01 – zitiert nach Juris). Ist ein solches Arbeitsverhältnis begründet worden, hat der mitarbeitende Ehepartner für seine arbeitsvertragliche Arbeitsleistung Anspruch auf Auszahlung einer gesonderten, vom gegenseitigen Familienunterhalt unabhängige und ihm frei zur Verfügung stehenden Vergütung (vgl. auch LAG Rheinland-Pfalz v. 28.01.2002, aaO.)

Gerade die nach außen hin gegenüber Behörden als Arbeitsvergütung deklarierten Beträge müssen auch eigenständig erfüllt worden sein. Gemäß § 611 BGB schuldet nicht nur der Arbeitnehmer die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung, sondern ausdrücklich auch der Arbeitgeber die vertraglich vereinbarte Vergütung. Aus diesem Grunde reicht es in einem innerfamiliären Arbeitsverhältnis nicht aus, sich als Arbeitgeber bezüglich der Erfüllung der Lohnansprüche darauf zu berufen, die Arbeitnehmerin habe den Lebensunterhalt der Familie vom gemeinsamen Konto bestreiten können und bestritten. Bei letzterem handelt es sich um die Erfüllung der allgemeinen familienrechtlichen Verpflichtungen, nicht jedoch um die Erfüllung der Vergütungsverpflichtung nach § 611 BGB. Bestehen zwei getrennte Rechtsgrundlagen für die Erbringung von Arbeitsleistungen eines Familienangehörigen, ist daher auch bezüglich der Erfüllung der jeweiligen wechselseitigen Verpflichtungen strikt zu trennen.

3.

Gemäß § 362 BGB erlischt ein Schuldverhältnis nur, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Darlegungs- und beweisbelastet ist insoweit stets derjenige, der sich auf Erfüllung beruft. Das ist vorliegend der Beklagte.

a.

Aufgrund der unter Ziff. 2 dargelegten erforderlichen Verpflichtung zur Abgrenzung erbrachter Leistungen zur Erfüllung der gegenseitigen Familienunterhaltsverpflichtung im Verhältnis zur Erfüllung einer arbeitsvertraglichen Verpflichtung vermag der Einwand des Beklagten, die Klägerin habe sich das Geld selbst auszahlen können, es jedoch nie geltend gemacht, es also offensichtlich nicht gewollt, nicht den gemäß § 362 BGB erforderlichen Erfüllungseinwand zu belegen.

b.

Ebenso ist unbeachtlich, ob und aus welchem Anlass die Klägerin das Pferd „C…“ geschenkt bekommen hat oder Wertpapiere auf ihr Privatkonto gutgeschrieben wurde. Es fehlt insoweit jeglicher Vortrag des Beklagten, wann bei welcher Gelegenheit mit der Klägerin im Zusammenhang mit dem Pferd „C…“ sowie den Wertpapieren konkret abgesprochen wurde, dass diese „Leistungen“ die Vergütung der arbeitsvertraglich geschuldeten kaufmännischen Tätigkeit darstellen soll.

4.

Dem Arbeitsgericht kann nicht gefolgt werden, soweit es die Zahlungen auf die Lebensversicherungen der Klägerin als Zahlung auf die geschuldete Arbeitsvergütung einordnet. Wie bereits erwähnt, ist der Beklagte bezüglich des Erfüllungseinwandes darlegungs- und beweisbelastet. Es fehlt insoweit bereits jeglicher substantiierte Vortrag des Beklagten, wann er bei welcher Gelegenheit mit der Klägerin anlässlich des Abschlusses der Lebensversicherungen besprochen hat, dass die Zahlung dieser Lebensversicherungen ihr Arbeitslohn darstellen soll. Es spricht vielmehr alles dafür, dass der Abschluss dieser Lebensversicherungen seinen Ursprung in der allgemeinen familienrechtlichen Lebensplanung hat und der Hintergrund des Abschlusses dieser Lebensversicherungen eine Ansparmöglichkeit, eine Alterssicherung für die Klägerin, eine Absicherung aller Erben für den Fall des Eintritts des Versicherungsfalles p. p. sein sollte. Der Abschluss von Lebensversicherungen während einer Ehe vor diesen Hintergründen ist durchaus üblich. Die genannten Hintergründe sind auch der Regelfall. Insoweit hätte es eines substantiierten Vortrags des Beklagten bedurft, vor welchem speziellen Hintergrund hier die arbeitsrechtliche Komponente im Vordergrund gestanden haben soll.

Gegen die Einordnung der Zahlungen auf die Lebensversicherung als Erfüllung der arbeitsvertraglichen Vergütung sprechen auch alle sonstigen Bestände des vorliegenden Falles. Zum einen trägt der Beklagte selbst vor, die Arbeitsvergütung habe aber dadurch erfüllt werden sollen, dass die Klägerin aus den Einnahmen des Hofes habe leben können. Das spricht gerade gegen eine spezielle Zuordnung der Lebensversicherungsprämien zum Arbeitsverhältnis.

Ungeachtet dessen passt auch die Höhe der für die Zeit von Juni 1993 bis einschließlich Juli 1999 gezahlten Lebensversicherungsprämien nicht ansatzweise zu der gegenüber den Finanzbehörden für diesen Zeitraum angegebenen Vergütungshöhe. Während in all den Jahren monatlich 600,00 DM Lebensversicherungsprämie vom Betriebskonto abgebucht wurden, hatte die Klägerin ausweislich der Angaben gegenüber dem Finanzamt wesentlich geringere monatliche Vergütungsansprüche. Für 1993 wurden monatliche Vergütungsansprüche in Höhe von 226,56 DM angegeben; für 1994 Vergütungsansprüche in Höhe von monatlich 383,00 DM; für 1995 und 1996 wurde der Betrag von monatlich 352,00 DM angegeben; für 1997 belief sich der Betrag auf 500,00 DM; für 1998 auf 490,63 DM, für 1999 auf 352,00 DM. Diese gegenüber dem Finanzamt angegebenen Einkünfte sind auch nicht ansatzweise mit der Zahlung von 600,00 DM monatlich in Einklang zu bringen.

Zudem ist nicht ersichtlich, vor welchem rechtlichen und tatsächlichen Hintergrund ab August 1999 der Beklagte dann berechtigt sein soll, die behauptete Zahlung der Arbeitsvergütung in Höhe der Lebensversicherungsprämie schlicht wieder einzustellen. Unstreitig hat die Klägerin ab August 1999 die Lebensversicherungsbeiträge von ihrem eigenen Konto bezahlt. Letzteres kann rechtlich keine Erfüllung der vom Beklagten geschuldeten arbeitsvertraglichen Vergütung sein. Woraus soll sich das Recht des Beklagten zur Zahlungseinstellung ergeben?

Die Beklagtenseite kann auch nicht mit dem in der Berufungsverhandlung erhobenen Einwand gehört werden, es habe ja schließlich gegebenenfalls Zahlungsrückstände für die Zeit vor Juni 1993 gegeben. Es ist auch nicht ansatzweise die Höhe der Zahlungsrückstände vorgetragen und ins Verhältnis zu den späteren „Überzahlungen“ des Beklagten gesetzt worden. Insoweit liegt die Darlegungslast beim Beklagten.

Gegen die Einordnung der Zahlung der Lebensversicherungsprämien als Arbeitsvergütung spricht im Übrigen auch die Tatsache, dass zeitgleich die Prämie zugunsten der Lebensversicherung des Sohnes vom Betriebskonto und später vom Privatkonto der Klägerin abgebucht wurde. Es fehlt jegliches Vorbringen des Beklagten, woraus sich eine wertungsrechtliche Ungleichbehandlung der Bezahlungen zugunsten der Lebensversicherung des Sohnes im Vergleich zu den Zahlungen zugunsten der Lebensversicherungen der Klägerin ergeben soll. Der Sohn dürfte jedoch zweifelsfrei kein Arbeitsverhältnis zum Beklagten gehabt haben, das von diesem durch Abbuchung der Lebensversicherungsprämien vom Betriebskonto hinsichtlich der Vergütungsansprüche erfüllt wurde.

Unter Würdigung all dieser Hintergründe können die vom Betriebskonto abgebuchten Zahlungen in Höhe von insgesamt 22.721,36 EUR nicht als Erfüllung der gem. § 611 BGB vom Beklagten geschuldeten Arbeitsvergütung eingeordnet werden. Diese Zahlungsansprüche der Klägerin sind nach wie vor nicht erfüllt, so dass der Beklagte insoweit unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils zu verurteilen war.

5.

Das Zahlungsbegehren der Klägerin ist auch entgegen der Ansicht des Beklagten nicht verwirkt. Die Verwirkung ist ein Untertatbestand der unzulässigen Rechtsausübung. Diese hat ihre Rechtsgrundlage in dem Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Ein Anspruch ist verwirkt, wenn der Gläubiger mit der Geltendmachung des Anspruchs längere Zeit abwartet, sich infolge dieses Zeitablaufs für den Schuldner ein Vertrauenstatbestand gebildet hat, mit der Geltendmachung des Anspruches nicht mehr rechnen zu müssen und dem Schuldner deshalb eine Einlassung auf die Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr zugemutet werden kann (BAG v. 31.08.2005 – AZR 545/04 – zit. nach Juris mwN).

Vorliegend ist allenfalls ein langer Zeitablauf zu verzeichnen. Es fehlt jedoch gerade auch unter Berücksichtigung der für Ansprüche während der Ehe existierenden besonderen Verjährungsregelung des § 207 BGB jegliches Vorbringen des Beklagten zur Bildung eines besonderen Vertrauenstatbestandes. Aus welcher besonderen Fallkonstellation soll sich ergeben, dass der Beklagte darauf vertrauen durfte, die Klägerin werde keine Vergütungsansprüche mehr verlangen?

6.

Aus den genannten Gründen war der Berufung der Klägerin stattzugeben, die Berufung des Beklagten hingegen zurückzuweisen. Die Klägerin hat insgesamt einen Zahlungsanspruch gegenüber dem Beklagten auf Zahlung rückständiger Arbeitsvergütung in Höhe von 51.074,50 EUR. Der erstinstanzlich insoweit nicht ausgeurteilte Zahlungsanspruch in Höhe von 22.721,36 EUR war daher in Abänderung des angefochtenen Urteils vorliegend zuzusprechen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor, so dass die Revision nicht zuzulassen war. Vorliegend handelt es sich ausschließlich um eine Einzelfallentscheidung.

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