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Eindeutiges Gerichtsgutachten – Auseinandersetzung in den Entscheidungsgründen

OLG München bestätigt Ablehnung der Berufsunfähigkeitsrente

Das Oberlandesgericht München entschied, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Landshut im Fall einer EDV-Mitarbeiterin, die ihre Berufsunfähigkeit nicht nachweisen konnte, zurückzuweisen. Die gründliche Bewertung durch das Landgericht und verschiedene Sachverständige ergab keine hinreichenden Beweise für eine mindestens 50%ige Berufsunfähigkeit, sodass die Klage abgewiesen wurde.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das OLG München beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des LG Landshut zurückzuweisen, da die Berufung offensichtlich keine Erfolgsaussichten hat.
  • Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass sie zu mindestens 50% berufsunfähig ist, weshalb ihre Klage auf Berufsunfähigkeitsrente abgewiesen wurde.
  • Mehrere Sachverständige kamen zu dem Schluss, dass keine Berufsunfähigkeit vorliegt, sowohl aus psychiatrisch-neurologischer als auch aus orthopädischer Sicht.
  • Die Klägerin konnte weder aus nervenärztlichem noch aus orthopädischem Bereich Einschränkungen nachweisen, die eine Berufsunfähigkeit rechtfertigen würden.
  • Das LG und das OLG folgten den Ausführungen der Sachverständigen, da keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen bestanden.
  • Das Gericht legte den Berufungsstreitwert auf 58.287,44 € fest und riet zur Rücknahme der Berufung, um Kosten zu sparen.
  • Die entscheidungserheblichen Feststellungen des LG binden den Senat, da keine Zweifel an ihrer Richtigkeit oder Vollständigkeit bestehen.

Berufsunfähigkeit nachweisen

Die Berufsunfähigkeit eines Arbeitnehmers ist ein komplexes Thema mit weitreichenden Folgen. Für den Betroffenen stellt sich die existenzielle Frage, ob die gesundheitlichen Einschränkungen so gravierend sind, dass eine weitere Berufsausübung nicht mehr möglich ist. Entscheidend sind die Feststellungen und Begutachtungen durch fachkundige Sachverständige.

Kommt ein Gericht zu der Auffassung, dass keine Berufsunfähigkeit vorliegt, hat dies erhebliche finanzielle Konsequenzen für den Kläger. Oftmals werden die Gerichte durch Gutachten und Stellungnahmen verschiedener medizinischer Experten in ihre Bewertung eingebunden. Die Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen und ein eindeutiges Gerichtsgutachten sind für den weiteren Prozessverlauf von zentraler Bedeutung.

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➜ Der Fall im Detail


Der Weg durch die Instanzen: OLG München entscheidet über Berufungsverfahren

Das Oberlandesgericht München hatte über die Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Landshut zu entscheiden. Im Kern der Auseinandersetzung stand eine Klägerin, die als EDV-Mitarbeiterin tätig war und eine Berufsunfähigkeitsrente beanspruchte. Sie argumentierte, aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen sei sie zu mindestens 50% berufsunfähig. Diese Behauptung stellte die entscheidende Hürde in ihrem Rechtsstreit dar, da die Berufsunfähigkeit von diversen medizinischen Sachverständigen evaluiert und letztendlich verneint wurde.

Der medizinische Sachverhalt und die gerichtliche Bewertung

Das Landgericht Landshut wies die Klage der Frau ab, basierend auf den umfassenden Gutachten mehrerer Sachverständiger aus den Bereichen der Psychiatrie, Neurologie, Neuropsychologie und Traumatologie. Diese Experten kamen unabhängig voneinander zu dem Schluss, dass keine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vorliege. Ein zentrales Element in der Argumentation war, dass die Klägerin mehr als 50% ihrer beruflichen Tätigkeit ausüben könne, und zwar ohne die Einschränkungen, die eine Berufsunfähigkeitsrente rechtfertigen würden.

Die juristische Begründung des OLG München

Das Oberlandesgericht München folgte in seinem Beschluss der Argumentation und den Feststellungen des Landgerichts. Es betonte, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe, weder eine Rechtsverletzung vorliege noch Tatsachen eine abweichende Entscheidung rechtfertigen würden. Demnach sah das OLG keinen Grund, von den Feststellungen des Landgerichts abzuweichen, die auf einer sorgfältigen Bewertung der Sachverständigengutachten basierten.

Die Entscheidung und ihre Begründung

Die Entscheidung des OLG München, die Berufung zurückzuweisen, unterstreicht die Wichtigkeit von fundierten medizinischen Gutachten in Verfahren um Berufsunfähigkeitsrenten. Die Gerichte legen ein hohes Gewicht auf die objektive Bewertung der Arbeitsfähigkeit durch unabhängige Sachverständige. Im vorliegenden Fall waren die Gutachten so eindeutig, dass weder das Landgericht noch das OLG Anlass sahen, von ihrer Einschätzung abzuweichen.

Zusammenfassung der gerichtlichen Feststellungen

Die gerichtliche Auseinandersetzung verdeutlicht, wie entscheidend die Rolle von Sachverständigengutachten im Kontext von Berufsunfähigkeitsrenten ist. Sowohl das Landgericht Landshut als auch das Oberlandesgericht München stützten sich auf diese Gutachten, um zu einer fundierten Entscheidung zu gelangen. Die sorgfältige Prüfung und Bewertung der vorgelegten medizinischen Einschätzungen führten letztlich zur Bestätigung der Entscheidung des Landgerichts durch das OLG München, welches die Berufung der Klägerin zurückwies und damit die Klage gegen die Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente abwies.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was bedeutet die Zurückweisung einer Berufung durch ein Oberlandesgericht?

Die Zurückweisung einer Berufung durch ein Oberlandesgericht (OLG) ist ein Verfahrensschritt im deutschen Zivilprozessrecht, der unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 522 Absatz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) erfolgt. Dieser Paragraph regelt die Möglichkeit für das Berufungsgericht, eine Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind.

Voraussetzungen für die Zurückweisung

Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass:

  • Die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat: Dies bedeutet, dass das Gericht nach einer ersten Prüfung der Sach- und Rechtslage zu dem Schluss kommt, dass die Berufung des Klägers oder Beklagten gegen das Urteil der Vorinstanz keine hinreichende Erfolgschance hat.
  • Die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat: Hierbei geht es darum, ob der Fall von grundsätzlichem Interesse für die Rechtsordnung ist oder ob es sich um eine Einzelfallentscheidung ohne weiterreichende Bedeutung handelt.
  • Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert: Dieser Punkt betrifft Fälle, in denen durch die Entscheidung keine neuen rechtlichen Erkenntnisse zu erwarten sind oder keine Notwendigkeit besteht, zur Wahrung der Rechtseinheit ein Urteil zu fällen.
  • Eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist: Das Gericht sieht keinen Bedarf für eine mündliche Auseinandersetzung der Parteien vor Gericht, um eine Entscheidung zu treffen.

Verfahrensablauf

Bevor das Berufungsgericht eine Berufung zurückweist, muss es die Parteien über die beabsichtigte Zurückweisung und die Gründe hierfür informieren. Den Parteien wird eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt, um auf die Einschätzung des Gerichts reagieren zu können.

Rechtsmittel gegen die Zurückweisung

Gegen den Zurückweisungsbeschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre. Dies bedeutet, dass je nach Wert des Beschwerdegegenstands und der Zulassung durch das Berufungsgericht eine Revision zum Bundesgerichtshof möglich sein kann. Ist eine Revision nicht zugelassen, besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einzulegen.

Die Zurückweisung einer Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ist ein Instrument, um offensichtlich unbegründete Berufungen ohne mündliche Verhandlung effizient abzuweisen und somit die Gerichte zu entlasten. Es setzt jedoch voraus, dass das Berufungsgericht die oben genannten Kriterien sorgfältig prüft und die Entscheidung wohl begründet.

Welche Rolle spielen Sachverständigengutachten in Gerichtsverfahren?

Sachverständigengutachten spielen eine entscheidende Rolle in Gerichtsverfahren, insbesondere wenn es um komplexe Sachverhalte geht, die spezielles Fachwissen erfordern. Ein Gericht kann die erforderliche Sachkunde zur Beurteilung bestimmter Tatsachen nicht immer selbst aufbringen. In solchen Fällen wird ein Sachverständiger hinzugezogen, um sein Fachwissen in das Verfahren einzubringen und dem Gericht bei der Entscheidungsfindung zu helfen.

Bedeutung von Sachverständigengutachten

  • Fachliche Expertise: Sachverständige bringen ihr spezialisiertes Wissen in das Verfahren ein, um technische, medizinische, wissenschaftliche oder andere fachspezifische Fragen zu klären.
  • Beweismittel: Ein Sachverständigengutachten dient als Beweismittel und kann maßgeblich den Ausgang des Verfahrens beeinflussen. Es hilft dem Gericht, Tatsachen festzustellen, die es selbst nicht beurteilen kann.
  • Objektivität und Neutralität: Sachverständige sollen unparteiisch sein und ihre Gutachten objektiv erstatten. Ihre Einschätzungen und Analysen sollen dem Gericht eine faire Entscheidungsgrundlage bieten.

Einfluss auf die Entscheidungsfindung

  • Entscheidungsgrundlage: Richter stützen sich oft auf die Einschätzungen von Sachverständigen, da sie selbst in der Regel keine Experten auf dem jeweiligen Fachgebiet sind. Ein Gutachten kann daher die Basis für das Urteil bilden.
  • Klärung von Streitfragen: Bei widersprüchlichen Angaben der Parteien oder unklaren Sachverhalten kann ein Sachverständigengutachten zur Klärung beitragen und somit eine entscheidende Rolle bei der Urteilsfindung spielen.
  • Überzeugungskraft: Gerichtsgutachten haben oft eine stärkere Überzeugungskraft als Privatgutachten und können schwerer angefochten werden. Sie werden daher in der Regel höher gewichtet.

Verfahrensablauf

  • Auswahl und Beauftragung: Das Gericht wählt und beauftragt den Sachverständigen. Die Parteien können sich zur Auswahl äußern, aber die Entscheidung des Gerichts ist bindend.
  • Erstattung des Gutachtens: Der Sachverständige erstellt sein Gutachten, das schriftlich oder mündlich sein kann. Das Gericht prüft das Gutachten kritisch und kann den Sachverständigen zur Erläuterung oder bei Unklarheiten heranziehen.
  • Haftung: Sachverständige können haftbar gemacht werden, wenn sie vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstellen.

Kritische Betrachtung

  • Einflussnahme: Es wird kritisch gesehen, dass Sachverständigengutachten manchmal einen zu großen Einfluss auf die Entscheidung des Richters nehmen können, was die Unabhängigkeit des Gerichts untergraben könnte.
  • Widersprüchliche Gutachten: Bei widersprüchlichen Gutachten muss das Gericht eine abwägende Entscheidung treffen und darf nicht ohne nachvollziehbare Begründung einem Gutachten den Vorzug geben.

Zusammenfassend sind Sachverständigengutachten ein unverzichtbarer Bestandteil vieler Gerichtsverfahren, da sie das notwendige Fachwissen bereitstellen, um komplexe Sachverhalte zu beurteilen und eine fundierte Entscheidungsfindung zu ermöglichen. Sie tragen zur Aufklärung bei und unterstützen das Gericht dabei, zu einer gerechten Entscheidung zu gelangen.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 522 Abs. 2 ZPO: Erläuterung: Bestimmung ermöglicht die Zurückweisung einer Berufung ohne mündliche Verhandlung, wenn diese offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Relevant im Kontext, da der Senat genau aus diesem Grund die Berufung zurückweisen möchte.
  • § 546 ZPO: Erläuterung: Bezieht sich auf das Vorliegen einer Rechtsverletzung als Grund für die Berufung. Im analysierten Fall sieht das Gericht keine solche Verletzung, was zur Abweisung der Berufung beiträgt.
  • § 529 ZPO: Erläuterung: Regelung zur Berücksichtigung von Tatsachen in der Berufungsinstanz. Im vorliegenden Fall wurden die vom Landgericht festgestellten Tatsachen nicht angezweifelt, was zur Bestätigung der ursprünglichen Entscheidung führte.
  • § 513 Abs. 1 ZPO: Erläuterung: Definiert die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Berufung, insbesondere die Notwendigkeit einer Entscheidungsänderung aufgrund neuer oder anders bewerteter Tatsachen. Im diskutierten Urteil fand das Berufungsgericht keine Basis für eine abweichende Entscheidung.
  • § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO: Erläuterung: Erläutert, dass das Berufungsgericht die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen grundsätzlich zu übernehmen hat, es sei denn, es bestehen konkrete Anhaltspunkte für eine unrichtige oder unvollständige Feststellung. Im genannten Fall führte dies zur Bestätigung der Entscheidung des Landgerichts.
  • § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO: Erläuterung: Betrifft die freie Beweiswürdigung des Gerichts. Das Landgericht und in der Folge auch das OLG fanden die Beweise und Gutachten überzeugend genug, um die Klage abzuweisen, ohne dass eine erneute Beweisaufnahme erforderlich war.


Das vorliegende Urteil

OLG München – Az.: 25 U 2494/22 – Beschluss vom 13.12.2023

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 14.04.2022, Az. 82 O 1710/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Vorbringen in der Berufungsbegründung vom 27. Juni 2022 (Bd. II Bl. 10/17 d. A.) ist nicht geeignet, zu einer abweichenden Beurteilung zu gelangen.

1. Zur Verkündung des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen auf den Hinweis des Senats vom 11. Oktober 2023 (Bd. II Bl. 39/43 d. A.).

2. Das Landgericht hat im angefochtenen Urteil (Bd. I Bl. 335/343 d. A., dort S. 6 ff) ausgeführt, die Klägerin habe zwar ihre Tätigkeitsbeschreibung als EDV-Mitarbeiterin beweisen können. Sie habe jedoch nicht nachweisen können, dass sie für diese Tätigkeit zu mindestens 50% berufsunfähig sei; sämtliche Sachverständige seien zu dem Ergebnis gekommen, dass bei der Klägerin keine solche Berufsunfähigkeit vorliege.

3. Die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts tragen die Ablehnung eines Anspruchs auf eine Berufsunfähigkeitsrente sowie der hiervon abhängigen Nebenforderungen.

Das Landgericht hat Bezug genommen auf die Ausführungen des (psychiatrisch-neurologischen) Sachverständigen Dr. ### in seinem schriftlichem Gutachten vom 17. Juli 2021 (Bd. I Bl. 149/193 d. A.) und seinem Ergänzungsgutachten vom 10. Januar 2022 (Bd. I Bl. 300/305 d. A.), des (neuropsychologischen) Sachverständigen Dr. ### in seinem schriftlichem Zusatzgutachten vom 21. Juli 2021 (Bd. I Bl. 194/237 d. A.) sowie der (traumatologischen) Sachverständigen ### in ihrem schriftlichen Gutachten vom 27. September 2021 (Bd. I Bl. 252/264 d. A.). Aus diesen Gutachten ergibt sich, dass der Beweis einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit nicht geführt ist.

Insbesondere ist der Sachverständige Dr. ### zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin zu mehr als 50% in der Lage ist, ihren zuvor ausgeübten Beruf als IT-Mitarbeiterin auszuüben. Eine Zwangserkrankung sei nur in leichtgradiger Form zu bejahen. Die Klägerin sei auf nervenärztlichem Gebiet nicht so eingeschränkt, dass hieraus eine Berufsunfähigkeit resultieren würde.

Aus orthopädischer Sicht konnte die Sachverständige ### eine 50-prozentige Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit der Klägerin im Hinblick auf ihre berufliche Tätigkeit nicht nachvollziehen. Zwar sei der Klägerin die Ausführung schwerer körperlicher Tätigkeiten nicht vollschichtig möglich, ebenso wie längere Tätigkeiten in Zwangshaltung. Solche Tätigkeiten seien von der Klägerin aber für ihren Beruf nicht berichtet worden, sondern im Gegenteil eine Tätigkeit in wechselnder Körperpositionierung bei einem Tätigkeitsprofil von 15 Stunden pro Woche.

Auch in der Gesamtschau ergibt sich aus den Sachverständigengutachten kein Beweis für eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit. Aus dem traumatologischen Gutachten ergeben sich keine Einschränkungen, die für die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit relevant wären.

4. Die entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen des Landgerichts binden den Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

a) Nach dieser Vorschrift hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Aus dieser Bestimmung ist nicht herzuleiten, dass die Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts hinsichtlich der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung auf Verfahrensfehler und damit auf den Umfang beschränkt wäre, in dem eine zweitinstanzliche Tatsachenfeststellung der Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegt. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen können sich auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben (BGH, Urteil vom 9. März 2005 – VIII ZR 266/03, BGHZ 162, 313; vom 18. November 2020 – VIII ZR 123/20, NZM 2021, 88 Rn. 23).

b) Weder aus den Berufungsrügen noch aus anderen Umständen ergeben sich konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts begründen würden.

aa) Das Landgericht musste die Sachverständigen nicht mündlich anhören. Trotz entsprechender Fristsetzung hat die Klägerin keine Anhörung beantragt. Eine mündliche Anhörung war – entgegen der Berufungsbegründung (S. 5 f unter C.I.1) – auch nicht zu dem Zweck geboten, Unklarheiten oder Widersprüche in den schriftlichen Gutachten aufzuklären (vgl. § 411 Abs. 3 ZPO). Es bestehen keine aufklärungsbedürftigen Unklarheiten oder Widersprüche.

Solche ergeben sich (entgegen der Berufungsbegründung, S. 5 f unter C.I.1.a) auch nicht daraus, dass die Sachverständige ### keine langfristige Zwangshaltung der Klägerin bei ihrer beruflichen Tätigkeit angenommen hat. Für nicht möglich gehalten hat die Sachverständige die vollschichtige Ausführung schwerer körperlicher Tätigkeiten sowie längere Tätigkeiten in Zwangshaltung, zum Beispiel Oberkörpervorbeuge. Eine längerfristige Zwangshaltung in diesem Sinne liegt bei der beschriebenen Tätigkeit als IT-Mitarbeiterin nicht vor, wovon ersichtlich auch die Sachverständige ausgegangen ist, wenn sie ausgeführt hat, das von der Klägerin geschilderte Tätigkeitsprofil über 15 Stunden pro Woche lasse eine überwiegend leichte bis mittelschwere Tätigkeit nachvollziehen; längerfristige Tätigkeiten in Zwangshaltung seien von der Klägerin nicht berichtet worden, ganz im Gegenteil werde eine Tätigkeit in wechselnder Körperpositionierung geschildert. Daran ändert der Einwand der Berufungsbegründung nichts, die Klägerin müsse im Rahmen ihrer Tätigkeit auch Hardware tragen und installieren. Damit ist nicht dargelegt, dass die Klägerin für einen längeren Zeitraum in Zwangshaltung tätig sein müsste.

Kein aufklärungsbedürftiger Widerspruch besteht (entgegen der Berufungsbegründung, S. 6 unter C.I.1.b, S. 7 unter II) zwischen den Ergebnissen des neuropsychologischen Zusatzgutachtens und den sonstigen Ergebnissen der Begutachtung. Die am 15. Juni 2021 erfolgte Zusatzbegutachtung mit psychometrischer Testung und Beschwerdevalidierung durch Dr. ### hat der Sachverständige Dr. ### in sein Erstgutachten (vgl. S. 2, 29 f) einbezogen. Dabei hat der Sachverständige Dr. ### auch die Ergebnisse zur geistigen Leistungsfähigkeit und zur Beschwerdevalidierung zugrunde gelegt, wobei sich in einem Fragebogen zur Erfassung von implausiblen Symptomen ein deutlich auffälliges Ergebnis zeigte (aaO S. 30 Abs. 1).

Ohne Angabe konkreter Gründe verlangt die Berufungsbegründung (S. 6 unter C.I.1.c), das Landgericht habe „ein weiteres Gutachten“ einholen müssen. Ein solches war nicht geboten, denn die vorliegenden Gutachten sind nicht ungenügend (vgl. § 412 Abs. 1 ZPO), sondern im Gegenteil nachvollziehbar, überzeugend und eine hinreichende Entscheidungsgrundlage.

bb) Entgegen der Berufungsbegründung (S. 6 f unter C.I.2) musste das Landgericht auch keinen Sachverständigen einer anderen medizinischen Fachrichtung hinzuziehen.

Mit der klägerischen Forderung, einen virologischen Sachverständigen zuzuziehen, hat sich der Sachverständige Dr. ### ausführlich in seinem schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 10. Januar 2022 (Bd. I Bl. 300/305 d. A.) befasst. Darin hat der Sachverständige eine verschlechternde Wirkung der Vorerkrankung Epstein-Barr-Virus (Pfeiffersches Drüsenfieber) klar verneint. Im Fall der Klägerin gebe es zudem keine Hinweise darauf, dass sie nach 2001 an schweren Epstein-Barr-Virus-Folgen gelitten hätte. Eine Relevanz der Erkrankung von vor 20 Jahren sei in keiner Weise zu erwarten. Von einem virologischen Gutachten seien keine neuen Erkenntnisse zu erwarten. Diese aussagekräftigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen geben auch dem Senat keinen Anlass, ein weiteres Sachverständigengutachten auf virologischem Fachgebiet für erforderlich zu halten. Soweit die Berufungsbegründung meint, ein Zusammenhang zwischen der Viruserkrankung und der Leistungsfähigkeit der Klägerin könne im vorliegenden Einzelfall sehr wohl existieren, findet diese Behauptung weder im Ergebnis der Begutachtung noch sonst eine Grundlage; der Senat sieht keinen Anhaltspunkt dafür, dass der behauptete Zusammenhang und eine sich auf dieser Grundlage ergebende Berufsunfähigkeit bewiesen werden könnte.

Die Erkrankungen, auf welche die Klägerin die Behauptung ihrer Berufsunfähigkeit gestützt hat, fallen in die Fachgebiete der zugezogenen Sachverständigen. Als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Facharzt für Neurologie ist der Sachverständige Dr. ###, der zertifizierter Gutachter der Deutschen Gesellschaft für Neurowissenschaftliche Begutachtung ist, ausreichend qualifiziert, um auch das Zusammenwirken körperlicher und psychischer Beschwerden zu beurteilen. Der Hinzuziehung eines Facharztes für psychosomatische Medizin bedurfte es nicht.

cc) Im Ausgangspunkt nachvollziehbar beanstandet die Berufungsbegründung (S. 7 unter III), das angefochtene Urteil beschränke sich auf die Übernahme der Sachverständigengutachten.

Unter den Umständen des Streitfalls liegt jedoch kein entscheidungserheblicher Verstoß gegen § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO vor. Dem angefochtenen Urteil lässt sich unzweideutig entnehmen, dass sich das Landgericht nach eigener Würdigung den Ausführungen der Sachverständigen angeschlossen hat, weil es diese in vollem Umfang für überzeugend hält. Das Ergebnis der Begutachtung ist – auch für den Senat – klar und eindeutig und lässt nur eine Abweisung der Klage zu. Vor diesem Hintergrund erübrigt es sich, in den Entscheidungsgründen eine kritische Auseinandersetzung mit den eingeholten Gutachten darzustellen.

5. Es wird erwogen, den Berufungsstreitwert auf 58.287,44 € festzusetzen.

6. Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

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