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Empfangsbedürftige Willenserklärung – Auslegung

OLG Dresden, Az.: 5 U 1439/17

Urteil vom 28.02.2018

1. Eine ist gemäß §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Der Erklärungsempfänger ist verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat. Entscheidend ist dabei der durch normative Auslegung zu ermittelnde objektive Erklärungswert des Verhaltens des Erklärenden (vergleiche BGH, Urteil vom 5. Oktober 2006, III ZR 166/05, NJW 2006, 3777 und Urteil vom 10. Dezember 2014, VIII ZR 25/14, NZM 2015, 207).

2. Für das Wirksamwerden einer empfangsbedürftigen Willenserklärung ist – außer dem Zugang beim Erklärungsgegner – erforderlich, aber auch ausreichend, dass sie mit Willen des Erklärenden in den Verkehr gelangt ist, von ihm also begeben wurde, und der Erklärende damit rechnen konnte und gerechnet hat, dass sie (sei es auch auf Umwegen) den richtigen Empfänger erreichen werde (vergleiche BGH, Urteil vom 11. Mai 1978, V ZR 177/77, NJW 1979, 2032; Urteil vom 25. Februar 1983, V ZR 290/81, WM 1983, 712; Urteil vom 18. Dezember 2002, IV ZR 39/02, NJW-RR 2003, 384 und OLG München, Beschluss vom 6. September 2005, 32 Wx 60/05, NZM 2005, 750; Förschler JuS 1980, 796, 797). Die empfangsbedürftige Willenserklärung braucht danach zwar nicht unmittelbar an den Erklärungsgegner abgesandt zu werden; sie kann ihm auch über Dritte zugeleitet werden, doch darf dies nicht mehr oder weniger zufällig, sondern muss zielgerichtet geschehen, denn es gibt im bürgerlichen Recht keinen dem § 187 ZPO a.F. (§ 189 ZPO n.F.) für die Heilung von Zustellmängeln entsprechenden Grundsatz (vgl. BGH, a.a.O.).

Empfangsbedürftige Willenserklärung – Auslegung
Symbolfoto: AndreyPopov/Bigstock

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 04. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Leipzig vom 08.09.2017 (04 HK O 981/16) abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

3. Dieses Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 50.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen über den 30.09.2016 hinaus weiterhin ein Mietverhältnis über SB-Warenhaus-Flächen im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss des A…-Centers L…, L… Straße x, 00000 L… bestünde, wenn nicht die Beklagte ihrerseits das Mietverhältnis zum 30.09.2016 außerordentlich gekündigt hätte.

Die Rechtsvorgängerinnen der Parteien schlossen am 26.07./20.12.1994 einen Mietvertrag über Gewerbeflächen zum Betrieb eines SB-Warenhauses (Vollsortiment) in dem noch fertigzustellenden Einkaufszentrum „A…-Center L…“ (Anlagenkonvolut K 1). Die zwischenzeitliche Eigentümerin der Immobilie, die D… Immobilien Investment GmbH, informierte die Mieter des A…-Centers mit Schreiben vom 01.08.2006 über dessen Veräußerung an die Beklagte und teilte darüber hinaus mit, dass die E… Projektmanagement GmbH & Co. KG (im Folgenden: E… KG) weiterhin für die Verwaltung des Centers zuständig sein werde. Dies bestätigte die Beklagte mit Schreiben vom 03.08. und 18.08.2016 (Anlagenkonvolut K 3). Zu dem Mietvertrag wurden in der Zeit zwischen dem 20.12.1994 und dem 05.09.2011 insgesamt 11 Nachträge vereinbart (Anlagenkonvolut K 1). In Ziffer 1 des Nachtrags Nr. 8 vom 09./22.12.2008 vereinbarten die hiesigen Parteien, wobei die Beklagte durch die E… KG vertreten wurde, eine feste Laufzeit des Mietverhältnisses bis zum 30.09.2016. Teil B Ziffer 3.1 des Mietvertrags regelt, dass sich das Mietverhältnis um jeweils fünf Jahre verlängert, wenn es nicht von einer der Parteien unter Einhaltung einer Frist von einem Jahr „gekündigt“ wird. Die „Kündigung“ ist erstmals auf das Ende der festen Vertragslaufzeit zulässig. In Teil B Ziffer 3.3.4 ist geregelt, dass jede „Kündigung“ schriftlich erfolgen muss.

Außerdem schloss die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit der Rechtsvorgängerin der heutigen G… Immobilien GmbH (im Folgenden: G… GmbH) am 17./24.01.1997 einen Mietvertrag für die Vermietung von Außen-Werbeflächen am A…-Center L… sowie am 09./28.05.1997 einen weiteren Mietvertrag für die Vermietung von Werbeflächen im A…-Center L… ab, zu denen jeweils Nachtragsvereinbarungen getroffen wurden (Anlagenkonvolute B 1 bis B 3). Im Nachtrag Nr. 2 zu dem jeweiligen Werbeflächen-Mietvertrag haben die Vertragsparteien die Mietverhältnisse analog zu dem das Ladengeschäft betreffenden Mietvertrag fest bis zum 30.09.2016 abgeschlossen und bestimmt, dass diese sich um fünf Jahre verlängerten, wenn nicht von einer Partei mit einer Frist von einem Jahr „gekündigt“ werde.

Mit Faxschreiben vom 16.09.2015 (Anlage K 9) teilte die Abteilung Immobilien der Klägerin der Beklagten „c/o E… KG“ unter der Anschrift H… 00 in H… mit, dass sie diese vorab über die Entscheidungen im Rahmen der weiteren Standortportfoliooptimierung der Klägerin informieren wolle. Sie müsse für acht Märkte die Entscheidung zur Schließung treffen, darunter auch der Markt in L…, dessen Schließung zum 30.09.2016 erfolgen werde. Am Ende des Schreibens heißt es: „Uns war es wichtig, Sie heute auf diesem Wege vorab über die bevorstehenden Veränderungen zu informieren. Wir bedauern, Ihnen bezüglich des Fortbestandes unseres Betriebs keine positive Nachricht übermitteln zu können und werden ggf. kurzfristig wegen einer vorzeitigen Aufhebung des Mietverhältnisses auf Sie zukommen.“

Mit einem an die G… GmbH ebenfalls unter der Anschrift H… 00 in H… gerichteten Einschreiben vom 18.09.2015 (Anlage K 2) erklärte die Klägerin, hiermit das mit „Ihnen“ bestehende Mietverhältnis über die SB-Warenhausfläche, und zwar den Mietvertrag vom 26.07./20.12.1994 nebst allen Nachträgen und Vereinbarungen fristgerecht zum 30.09.2016 zu kündigen und bat darum, ihr den Eingang der Kündigung bis zum 30.09.2015 zu bestätigen. Außerdem kündige sie den Mietvertrag vom 09.05./28.05.1997 nebst Nachträgen und Vereinbarungen über die Werbeflächen im Innenbereich sowie den Mietvertrag vom 09.05./28.05.1997 nebst Nachträgen und Vereinbarungen über die Werbeflächen im Außenbereich (letztgenannter datiert tatsächlich vom 17./24.01.1997) fristgerecht zum 30.09.2016.

Mit Einschreiben vom 30.09.2015 (Anlage K 4) bestätigte die G… GmbH gegenüber der Klägerin die fristgerechte Kündigung ausschließlich der im Betreff genannten Verträge vom 09./28.05.1997 über die Anmietung von Innenwerbeflächen und vom 17./24.01.1997 über die Anmietung von Außenwerbeflächen zum 30.09.2016. Mietverträge über Ladenflächen im A…-Center L… lägen außerhalb ihres Verantwortungsbereiches.

In der Folgezeit vertrat die durch die E… KG vertretene Beklagte gegenüber der Klägerin die Auffassung, dass das Mietverhältnis betreffend die Ladenflächen im A…-Center L… nicht wirksam zum 30.09.2016 „gekündigt“ worden sei, sich damit über den 30.09.2016 hinaus um fünf Jahre verlängert habe und mahnte die Vertragserfüllung zunächst bis zum 30.09.2021 an.

Die Klägerin reichte daraufhin beim Landgericht Leipzig die vorliegende Klage ein, mit der sie zunächst die Feststellung begehrte, dass über den 30.09.2016 hinaus kein Mietverhältnis zwischen ihr und der Beklagten über die SB-Warenhaus-Flächen im streitgegenständlichen Objekt mehr bestehe. Sie meint, die Beklagte müsse sich die Kenntnis ihrer Vertreterin von der Kündigung des Mietverhältnisses über die SB-Warenhaus-Flächen zurechnen lassen, welche die E… KG dadurch erlangt habe, dass sie zugleich als Vertreterin der G… GmbH fungierte, an die (allein) die Kündigung der drei Mietverhältnisse vom 18.09.2015, darunter dasjenige über SB-Warenhaus-Flächen, adressiert gewesen sei. Die für die Klägerin handelnden Personen hätten mit dem Schreiben vom 18.09.2015 die Kündigung des streitgegenständlichen Mietvertrages mit der Beklagten zu Händen der E… KG als für die Entgegennahme von Kündigungen bevollmächtigte Vertreterin verfolgt. Das Schreiben vom 18.09.2015 sei seitens der Klägerin mit dem Willen in den Verkehr gelangt, dass es die Beendigung des streitgegenständlichen Mietverhältnisses zum 30.09.2016 bewirke. Die im Hause der E… KG mit dem Schreiben vom 18.09.2015 befassten Personen – C… F. und S. F. – hätten den sachlichen Inhalt dieses Schreibens richtig gedeutet. Dies gelte ungeachtet des Fehlens der Beklagten im Adressfeld dieses Schreibens und des Umstandes, dass sich dieses so lesen lassen könnte, als bestünde das Mietverhältnis über die streitgegenständlichen Flächen ebenfalls mit der G… GmbH. Bedeutsam sei, dass die Geschäftsführungen der E… KG und der G… GmbH teilweise personenidentisch seien und dass die Klägerin sich mit Schreiben vom 16.09.2015 an die Beklagte „c/o E…“ gewandt und erklärt habe, sich von dem Standort in L… trennen zu müssen.

Der Vorsitzende der Geschäftsführung der E… KG A. O. habe anlässlich der Besprechung am 17.03.2015 in H… Herrn F. als persönlichen Ansprechpartner im Hause der E… KG für alle Belange des streitgegenständlichen Mietverhältnisses benannt. Der Zeuge F. sei deshalb Empfangsvertreter der E… KG für alle das streitgegenständliche Mietverhältnis betreffenden Erklärungen gewesen, so dass die Kündigung vom 18.09.2015 mit seiner Kenntnisnahme der E… KG als Vertreterin der Beklagten zugegangen sei. Im Übrigen vertritt die Klägerin die Auffassung, dass bereits ihrem Schreiben vom 16.09.2015 (Anlage K 9) die Wirkung einer Kündigung zukomme. Bereits in diesem habe sie deutlich zum Ausdruck gebracht, nicht mehr an dem mit der Beklagten bestehenden Mietverhältnis über die streitgegenständlichen SB-Warenhaus-Flächen festhalten zu können.

Nachdem die Beklagte ihrerseits den Mietvertrag vom 26.07./20.12.1994 mit Schreiben vom 07.06.2016 (Anlage B 7) außerordentlich ebenfalls zum 30.09.2016 gekündigt hat, hat die Klägerin mit ihrer Replik vom 12.08.2016 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt festzustellen, dass sich der mit ihrer Klageschrift angekündigte Antrag in der Hauptsache erledigt habe. Sie meint, die Beklagte habe ungeachtet der Unwirksamkeit ihrer außerordentlichen Kündigung mit dieser unstreitig gestellt, dass zwischen den Parteien über den 30.09.2016 hinaus kein Mietverhältnis über das streitgegenständliche Objekt mehr bestehe. Am 30.09.2016 haben die Parteien die Rückgabe des Objektes vollzogen und ein Übergabeprotokoll erstellt.

Die Beklagte, die sich der Erledigungserklärung nicht anschloss, hat erstinstanzlich vorgetragen, den Verträgen über die Werbeflächen am bzw. im A…-Center L… lasse sich entnehmen, dass sich die G… GmbH nicht von der E… KG vertraglich vertreten lasse. Sie habe ihren Schriftwechsel mit der Klägerin im eigenen Namen geführt. Da die alltäglichen Belange der G… GmbH aufgrund eines internen Dienstleistungsvertrages mit der E… KG von deren Mitarbeitern miterledigt würden, habe das für die G… GmbH zuständige Personal der E… KG das am 28.09.2015 eingegangene Kündigungsschreiben vom 18.09.2015 zur Kenntnis genommen und die Geschäftsführung der G… GmbH über dessen Eingang unterrichtet. Die Verantwortlichen der G… GmbH wie auch die Mitarbeiter der E… KG hätten das Schreiben vom 18.09.2015 nicht als Kündigung gegenüber der Beklagten aufgefasst. Eine solche Interpretation habe man allgemein bereits mit Blick auf das Schreiben vom 16.09.2015 ausgeschlossen, da ausdrücklich ein Brief der Klägerin an die Beklagte angekündigt gewesen sei, der jedoch nicht gekommen sei, obwohl zwischen dem 18.09.2015 bzw. der Zustellung dieses Schreibens am 28.09.2015 und dem letzten Tag der Kündigungsfrist, dem 30.09.2015, noch genügend Zeit gewesen sei. Hieraus sei keineswegs zwingend zu schließen gewesen, die Klägerin habe sich bei der Adressierung geirrt.

Dem Schreiben vom 16.09.2015 sei kein Kündigungswille zu entnehmen. Es handele sich lediglich um ein Informationsschreiben, welches mit der Ankündigung ende, man werde auf die Beklagte kurzfristig zukommen, was unterblieben sei. Die Herren F. und F. seien weder Geschäftsführer der E… Projektmanagement GmbH noch besäßen sie Prokura. Darüber hinausgehende Vollmachten innerhalb der E… KG oder der G… GmbH und deren Komplementärgesellschaften seien der Beklagten nicht bekannt.

Wegen des Sachvortrages im Übrigen und der in I. Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 27.01.2017 durch die uneidliche Vernehmung der Zeugen Karsten P. und C. W.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 20.04 und 06.07.2017 Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 08.09.2017 festgestellt, dass die angekündigte Feststellungsklage, dass über den 30.06.20106 (gemeint sein dürfte der 30.09.2016) hinaus kein Mietverhältnis zwischen den Parteien mehr bestehe, zulässig und begründet gewesen sei. Die fristlose Kündigung durch die Beklagte und die anschließende Räumung stellten ein erledigendes Ereignis dar. Es sei äußerst fraglich, ob bereits das Schreiben vom 16.09.2015 eine der Beklagten dann rechtzeitig zugegangene Kündigungserklärung enthalte. Jedenfalls sei davon auszugehen, dass das Mietverhältnis durch das Schreiben Anlage K 2 rechtzeitig gekündigt worden sei, so dass keine Verlängerung dieses Mietverhältnisses über den 30.06.2016 (auch hier dürfte der 30.09.2016 gemeint sein) eingetreten sei. Nach der erfolgten Beweisaufnahme unter Einbeziehung aller Umstände sei anzunehmen, dass die Kündigungserklärung tatsächlich noch spätestens am 30.06.2015 (gemeint sein dürfte der 30.09.2015) dem Herrn F. als Empfangsvertreter der E… als Vertreterin der Beklagten zugegangen sei oder insbesondere ihm auch als „nur“ einen sog. Empfangsboten aufgrund einer Bestellung zur Entgegennahme von Willenserklärungen zugegangen und noch rechtzeitig an die Beklagte bzw. die E… weitergeleitet worden sei. Trotz Fehlens einer zumindest ausdrücklichen Adressierung an die Beklagte selbst oder an deren Vertreterin, die E…, und/oder doch zumindest (auch) an den Herrn F… sei im Wege der Auslegung nach § 133 BGB gleichwohl davon auszugehen, dass es sich bei der Anlage K 2 um eine auch in Richtung auf die Beklagte abgegebene Erklärung handele.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 18.09.2017 zugestellte Urteil mit am 06.10.2017 eingegangenem Anwaltsschreiben Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Frist zur Berufungsbegründung bis 18.12.2017 mit am 29.11.2017 eingegangenem Anwaltsschreiben begründet.

Die Beklagte rügt die Verletzung materiellen Rechts. Es ergäben sich auch Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung. Die im landgerichtlichen Urteil vertretene Ansicht, für eine Kündigung reiche das seitens der Klägerin als Anlage K 2 vorgelegte, allein an die G… GmbH adressierte Schreiben aus, verletze die Auslegungsregel des § 133 BGB. Das Gericht signalisiere, es sei in der Ergebnisfindung letztlich frei, wenn „sich aus den Umständen ergebe, dass der Erklärende mit seinen Worten einen anderen Sinn verbunden habe, als sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch“ ergebe. Das Landgericht verkenne, dass empfangsbedürftige Willenserklärungen wie die streitgegenständliche Kündigung so auszulegen seien, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste und dass nur solche Umstände berücksichtigt werden dürften, die bei Zugang der Erklärung dem Empfänger bekannt oder für ihn erkennbar gewesen seien (BGH, NJW 2006, 3777). Auf den Empfängerhorizont und seine Verständnismöglichkeit sei die Auslegung abzustellen, und zwar auch dann, wenn der Erklärende die Erklärung anders verstanden habe und anders habe verstehen dürfen. Bei verständiger Auslegung des am 28.09.2015 zugegangenen Schreibens der Klägerin vom 18.09.2015 sei vom zuständigen Empfänger zu erwarten gewesen, dass noch innerhalb des Kündigungszeitraums ein zweiter Brief an die Beklagte eingehen werde, mit dem Zusatz „c/o der E… Projektmanagement GmbH & Co. KG“ richtig adressiert, mit möglicherweise gleichem Text, weil man sich bei der Klägerin augenscheinlich nicht die Mühe gemacht habe, unterschiedliche Texte für beide Vertragsparteien zu verwenden.

Im Übrigen seien die Argumente der Vorinstanz ebenso wenig überzeugend. Sehr wohl spiele im Hinblick auf die Erwartungshaltung der E…-Mitarbeiter eine Rolle, ob sich die Klägerin nicht im letzten Moment doch noch anders entschieden hätte und das SB-Waren-Center nochmals für weitere fünf Jahre hätte betreiben wollen. Bereits in der Klageerwiderung sei geschildert worden, dass die Schließung keineswegs so unumstößlich festgestanden habe, wie die Klägerin nunmehr suggeriere. Gekündigt worden sei aufgrund der eindeutigen Adressierung das Mietverhältnis mit der G… GmbH und nicht dasjenige mit der Beklagten. Nicht überzeugend sei auch die weitere Überlegung der Vorinstanz, Herr F. habe von dem Kündigungsschreiben gemäß Anlage K 2 innerhalb der Kündigungsfrist Kenntnis erhalten und hierauf sei abzustellen. Herr F… sei benannter Ansprechpartner gewesen. Beide von der Vorinstanz einvernommene Zeugen hätten jedoch übereinstimmend bekundet, dass die eigentlichen Entscheidungen nur vorbereitet worden seien und letztlich die Geschäftsführung zu entscheiden gehabt habe. Kündigungen seien daher von der Geschäftsführung zur Kenntnis zu nehmen und nicht nur von Herrn F…. Soweit Herr F… von dem Kündigungsschreiben im Zeitraum vom 28. bis 30.09.2015 überhaupt Kenntnis gehabt habe, was die Beklagte nicht bewiesen und die Klägerin nicht zugestanden habe, ändere dies nichts am unterstellten Empfängerhorizont. Als Ansprechpartner für die G… GmbH, wie er in dem Schreiben vom 30.09.2015 benannt worden sei, hätte Herr F… immer noch den Eingang des zweiten Kündigungsschreibens erwarten können und als Mitarbeiter der E… hätte er das Schreiben ebenso wenig als Kündigung gegenüber der Beklagten auszulegen brauchen. Schon mit der Klageerwiderung habe die Beklagte dargelegt, dass die bisherige Rechtsprechung zur irrtümlichen Falschbezeichnung des Kündigungsadressaten nicht anwendbar sei. Es handele sich allenfalls um eine irrtümliche Nichtbezeichnung, denn die Klägerin habe die beiden bestehenden Mietverhältnisse mit der G… GmbH kündigen wollen und habe daher den richtigen Kündigungsadressaten im Schreiben benannt. Folgerichtig sei das Kündigungsschreiben auch dem „gewollten Empfänger“ zugegangen und mit seinem Erklärungsinhalt „verbraucht“. Zudem habe die Klägerin nur ein einziges Schreiben versandt. Hätte sie zwei gleichlautende Schreiben auf den Weg gebracht, weil gegenüber zwei unterschiedlichen Vermietern unterschiedliche Mietverträge gekündigt werden sollten, hätte eventuell einem solchen Vorgang ein zusätzlicher Erklärungswert beigemessen werden können. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Ebenso wenig setze sich die Vorinstanz mit dem Argument auseinander, dass keineswegs die E… KG Vermieterin der Ladenfläche gewesen sei, sondern die Beklagte. Wieso sollte die Beklagte eine Kündigung als empfangen akzeptieren, wenn diese weder an sie gerichtet noch an sie adressiert war, aber erkennbar an eine andere Vertragspartnerin und die Kündigung noch nicht einmal an die vertraglich eingesetzte Immobilienverwalterin gerichtet war?

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 08.09.2017, 04 HK O 981/16, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag und verteidigt überwiegend das erstinstanzliche Urteil, wobei sie allerdings meint, bereits das Schreiben vom 16.09.2015 habe den Charakter einer Kündigung gehabt. Die Voraussetzungen des § 174 BGB seien insoweit nicht gegeben und sie habe die Kündigungswirkung auch dieses Schreibens genehmigt, indem sie ihr ursprüngliches Begehren auch hierauf gestützt habe. Vergleichbares gelte für die Ausführungen ihres Aufsichtsratsvorsitzenden in dessen Schreiben vom 22.09.2015, welche sie sich zu Eigen gemacht, auf welche sie ebenfalls ihr Klagebegehren gestützt und in diesem Sinne als Kündigung genehmigt habe.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet. Entgegen der Meinung des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil war die Feststellungsklage schon bei Klageerhebung nicht begründet.

Zwischen den Parteien bestünde über den 30.09.2016 hinaus weiterhin ein Mietverhältnis über SB-Warenhaus-Flächen im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss des A…-Centers L…, L… Straße x, 00000 L…, wenn nicht die Beklagte ihrerseits das Mietverhältnis außerordentlich wegen der Weigerung der Klägerin, ihrer vertraglichen Pflicht aus Teil B Ziffer 10 des Mietvertrages vom 26.07./20.12.1994 zum Betrieb des SB-Warenhauses nach dem 30.09.2016 nachzukommen, zum 30.09.2016 gekündigt hätte.

Die begehrte Feststellung war von Anfang an unbegründet, da die Klägerin das Gewerberaummietverhältnis nicht wirksam i.S.v. Teil B Ziffer 3.1 des Mietvertrages vom 26.07./20.12.1994 zum Ablauf des 30.09.2016 „gekündigt“ hat. Technisch gesehen handelt es sich bei der in Teil B Ziffer 3.1 des Mietvertrages vorgesehenen „Kündigung“ um eine Erklärung, mit der die jeweilige Partei der automatisch eintretenden Verlängerung des Vertrages widerspricht (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 08.11.2013 – 5 U 1101/13 -, NZM 2014, 473). Eine solche Erklärung ist – ebenso wie eine Kündigung – eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, für welche die Parteien in Ziffer 3.3.4 des Mietvertrages vom 26.07./20.12.1994 die Schriftform vereinbart haben.

a) Das Schreiben der Abteilung Immobilien der Klägerin vom 16.09.2015 stellt keinen wirksamen Widerspruch gegen die automatische Vertragsverlängerung dar.

Zwar war es an die Beklagte vermittels ihrer Vertreterin, der E… KG, adressiert. Sein Erklärungsgehalt erschöpft sich jedoch in der Ankündigung einer Schließung mehrerer Märkte, darunter die des streitgegenständlichen Marktes zum 30.09.2016. Aufgrund der an zwei Stellen verwendeten Formulierung, die Beklagte „vorab“ über bevorstehende Veränderungen „informieren“ zu wollen, lässt sich eine verbindliche Erklärung, der automatischen Verlängerung des Vertrages endgültig zu widersprechen, dem Schreiben nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen. Allein der in dem Schreiben zum Ausdruck kommende Beendigungswille und die erklärte Absicht, den Markt zu schließen, bedeutet nicht, dass die Klägerin sich bereits zu diesem Zeitpunkt unwiderruflich jeglicher Handlungsmöglichkeiten begeben wollte, was sie aber mit der Erklärung des Widerrufes, dessen Rechtsfolgen – wie bei der Kündigung – nicht durch einseitige Erklärung rückgängig gemacht werden können (vgl. BGH, Urteil vom 24.06.1998 – XII ZR 195/96 -, NJW 1998, 2664; Harke ZMR 2015, 595), getan hätte. Vielmehr spricht neben dem auf eine reine Information zielenden Duktus des Schreibens auch die darin enthaltene Ankündigung, wegen einer vorzeitigen Aufhebung des Mietverhältnisses auf die Beklagte zukommen zu wollen, dagegen, dass eine unmittelbare vertragswirksame Erklärung bereits mit diesem Schreiben abgegeben werden sollte. Denn für die beabsichtigte Schließung des streitgegenständlichen Marktes im A…-Center L… zum 30.09.2016 war gerade keine vorzeitige Aufhebung des Vertrages, sondern lediglich ein fristgemäß der Beklagten bzw. deren Vertreterin, der E… KG, bis 30.09.2015 erklärter Widerspruch gegen die automatische Vertragsverlängerung erforderlich.

b) Auch mit dem Schreiben vom 18.09.2015 hat die Klägerin der Verlängerung des Gewerberaummietverhältnisses nicht wirksam bis 30.09.2015 widersprochen.

Das als Einschreiben mit Rückschein versandte, bereits im Betreff als Kündigung dreier Mietverträge bezeichnete Schreiben vom 18.09.2015 ist zwar – abgesehen von der Angabe unzutreffender Vertragsdaten hinsichtlich des Außenwerbevertrages – von seinem Erklärungsgehalt eindeutig auf die Beendigung der drei im Betreff genannten Mietverhältnisse gerichtet, weist also einen eindeutigen Erklärungsgehalt auf. Soweit die Klägerin das Mietverhältnis über die SB-Warenhausflächen „kündigt“ ist diese Erklärung jedoch gegenüber der Beklagten nicht wirksam geworden.

Für das Wirksamwerden einer empfangsbedürftigen Willenserklärung ist – außer dem Zugang beim Erklärungsgegner – erforderlich, aber auch ausreichend, dass sie mit Willen des Erklärenden in den Verkehr gelangt ist, von ihm also begeben wurde, und der Erklärende damit rechnen konnte und gerechnet hat, dass sie (sei es auch auf Umwegen) den richtigen Empfänger erreichen werde (vgl. BGH, Urteil vom 11.05.1979 – V ZR 177/77 –, NJW 1979, 2032; Urteil vom 25.02.1983 – V ZR 290/81 -, WM 1983, 712; Urteil vom 18.12.2002 – IV ZR 39/02 -, NJW-RR 2003, 384; OLG München, Beschluss vom 06.09.2005 – 32 Wx 60/05 -, NZM 2005, 750; Förschler JuS 1980, 796, 797). Die empfangsbedürftige Willenserklärung braucht danach zwar nicht unmittelbar an den Erklärungsgegner abgesandt zu werden; sie kann ihm auch über Dritte zugeleitet werden, doch darf dies nicht mehr oder weniger zufällig, sondern muss zielgerichtet geschehen, denn es gibt im bürgerlichen Recht keinen dem § 187 ZPO a.F. (§ 189 ZPO n.F.) für die Heilung von Zustellmängeln entsprechenden Grundsatz (vgl. BGH, a.a.O.).

Nach diesen Kriterien ergibt die Auslegung des Schreibens vom 18.09.2015, dass es keine Willenserklärung enthält, die von der Klägerin in Richtung auf die Beklagte als Erklärungsempfängerin begeben wurde.

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Eine empfangsbedürftige Willenserklärung – wie hier das Widerspruchsschreiben vom 18.09.2015 – ist gemäß §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Der Erklärungsempfänger ist verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat. Entscheidend ist dabei der durch normative Auslegung zu ermittelnde objektive Erklärungswert des Verhaltens des Erklärenden (vgl. BGH, Urteil vom 05.10.2006 – III ZR 166/05 -, NJW 2006, 3777; Urteil vom 10.12.2014 – VIII ZR 25/14 -, NZM 2015, 207). Das Schreiben vom 18.09.2015 hat danach den objektiven Erklärungswert eines an die G… GmbH gerichteten Widerspruches gegen die automatische Verlängerung der beiden Mietverträge über Werbeflächen, nicht aber eines an die Beklagte gerichteten Widerspruches gegen die automatische Verlängerung des Mietvertrages über die Ladenfläche.

Dafür spricht der Wortlaut des Schreibens. Zu den allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehört nämlich, dass in erster Linie der in der Erklärung gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urteil vom 15.01.2013 – XI ZR 22/12 -, NJW 2013, 1519). Dies gilt in besonderer Weise im vorliegend zu beurteilenden Falle, weil die Parteien im Mietvertrag die schriftliche Form für die Widerspruchserklärung vereinbart haben. In Bezug auf den Erklärungsempfänger ist aber der Wortlaut des Schreibens vom 18.09.2015 eindeutig. Es wendet sich nur an die G… GmbH, nicht dagegen (auch) an die Beklagte bzw. die E… KG als ihre Vertreterin.

Neben dem Wortlaut sind in die Auslegung des Schreibens vom 18.09.2015 zwar auch die außerhalb des Erklärungsaktes liegenden Begleitumstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (vgl. BGH, Urteil vom 19.01.2000 – VIII ZR 275/98 -, NJW-RR 2000, 1002). Entgegen den Ausführungen der Klägerin deuten die Begleitumstände des Schreibens vom 18.09.2015 aber nicht darauf hin, dass es eine (auch) in Richtung auf die Beklagte abgegebene Willenserklärung enthielte. Es ist zwar richtig, dass das Schreiben vom 18.09.2015 (auch) die Erklärung eines Widerspruches gegen die automatische Verlängerung des Mietvertrages über das Ladengeschäft enthält und dem Zeugen F…, der wohl zumindest als Empfangsvertreter der E… KG, der Vertreterin der Beklagten, anzusehen ist, bewusst war, dass die Beklagte bzw. die E… KG der richtige Empfänger dieser Erklärung gewesen wäre. Daraus folgt aber nicht, dass das Schreiben vom 18.09.2015 nach seinem objektiven Erklärungswert eine solche Erklärung beinhaltete. Gegen eine solche Annahme spricht entscheidend, dass das Schreiben vom 18.09.2015 als allein an die G… GmbH gerichtete Erklärung einen sinnvollen Erklärungsempfänger hatte und nicht so verstanden werden konnte, dass es zusätzlich an einen weiteren Erklärungsempfänger gerichtet sein sollte.

Die G… GmbH war ein sinnvoller Empfänger für die im Schreiben vom 18.09.2015 enthaltenen Erklärungen, weil das Schreiben den Widerspruch gegen die automatische Vertragsverlängerung für 3 Verträge enthielt, von denen 2 Verträge mit der G… GmbH bestanden, an die der Widerspruch zu richten war. Dementsprechend konnte die G… GmbH mit ihrem Schreiben vom 30.09.2015 (Anlage K 4) die Beendigung der mit ihr bestehenden Verträge bestätigen. Mit dem Widerspruch gegen die automatische Verlängerung des Vertrages über die Ladenfläche enthielt das Schreiben vom 18.09.2015 zwar eine weitere Erklärung, die sinnvollerweise nicht an die G… GmbH gerichtet werden konnte. Daraus folgt aber nicht, dass dem Schreiben der Erklärungswert entnommen werden könnte, es sei zusätzlich zur G… GmbH auch an die Beklagte gerichtet.

Dagegen spricht schon, dass die Erklärung beim Erklärungsempfänger verbleiben sollte und deshalb nur einen Erklärungsempfänger haben konnte. Jedenfalls wenn – wie im zu beurteilenden Fall – die Vertragspartner über die Schriftformabrede eine verkörperte Erklärung vereinbart haben, dient dies regelmäßig auch Dokumentations- und Beweiszwecken. Der Erklärungsempfänger soll über die verkörperte Erklärung deren Inhalt und Zugang beweisen können, was voraussetzt, dass er die Erklärung zu seinen Unterlagen nimmt. Sie kann deshalb regelmäßig nur an einen Erklärungsempfänger geschickt werden und nicht von einem Empfänger zum nächsten weitergereicht werden. Eine auslegungsfähige Lücke in Bezug auf den Erklärungsempfänger enthielt die Erklärung vom 18.09.2015 deshalb nicht. Anders wäre es gewesen, wenn das Schreiben vom 18.09.2015 keinen Erklärungsempfänger bezeichnet hätte oder einen solchen, an den sinnvollerweise keine der im Schreiben enthaltenen Erklärungen hätte gerichtet werden können. Das Schreiben hätte dann in Bezug auf den Erklärungsempfänger eine Lücke enthalten, die eventuell mit der Annahme der Beklagten als Erklärungsempfängerin hätte geschlossen werden können. Im vorliegend zu beurteilenden Falle fehlt es dagegen an einer Lücke in Bezug auf den Erklärungsempfänger, weil ein solcher ausdrücklich bezeichnet und ein sinnvoller Adressat ist. Aus diesem Grunde ist auch die von der Klägerin bezeichnete Rechtsprechung zu den Fällen der Falschbezeichnung des Erklärungsempfängers nicht einschlägig.

Aus Sicht des Erklärungsempfängers ist nach alledem der „überschießende“ Inhalt des Schreibens vom 18.09.2015 mit einer zusätzlichen, nicht an den bezeichneten Erklärungsempfänger gerichteten „Kündigung“ zwanglos so zu erklären, dass die Klägerin im Zuge der Rationalisierung ihrer Arbeitsabläufe ein Schreiben für die Kündigung der drei bestehenden Verträge fertigte, von welchem ein Exemplar an die G… GmbH und ein weiteres Exemplar an die Beklagte versandt werden sollte, während die Annahme, das ausdrücklich an die G… GmbH adressierte Schreiben vom 18.09.2015 mit an diese gerichteten Willenserklärungen solle zugleich auch eine an die Beklagte gerichtete empfangsbedürftige Willenserklärung beinhalten, fernliegend ist.

c) Die Klägerin kann insoweit auch nicht darauf verweisen, dass sie die Mitarbeiter der Beklagten anlässlich diverser Meetings, sei es im März, Juni oder Ende August 2015 von der Geschäftsführerentscheidung bei r…,- informiert habe, u.a. den Standort im A…-Center L… nicht mehr weiterbetreiben zu wollen, denn eine Kündigung muss nach Ziffer 3.3.4 des streitgegenständlichen Gewerberaummietvertrages vom 26.07./20.12.1994 schriftlich erfolgen. Eine mündlich erklärte Kündigung ist daher jedenfalls unwirksam.

d) Auch das Schreiben des Herrn K… an die E… KG vom 24.09.2015 (Anlage K 11) stellt seinem Inhalt nach keinen wirksamen Widerspruch gegen die automatische Verlängerung des Gewerberaummietvertrages dar.

Der Verfasser tritt in diesem bereits nicht als vertretungsberechtigtes Organ der Klägerin, sondern als (vertretungsberechtigter) Vorstand(svorsitzender) der M… AG auf. Soweit er zugleich Vorsitzender des Aufsichtsrates der Klägerin ist, kann er grundsätzlich keine Maßnahmen der Geschäftsführung der Klägerin wahrnehmen (vgl. § 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG). Im Übrigen äußert er sich in dem Schreiben vom 24.09.2015 – ebenso wie zuvor die Klägerin in ihrem Vorabinformationsschreiben vom 16.09.2015 – lediglich zur Schließung von acht r… – SB-Warenhäusern und erklärt u.a., dass die Schließung des SB-Warenhauses im A…-Center L… „fristgerecht zum Mietvertragsende 30.09.2016“ erfolgen werde. Eine Erklärung einer Kündigung bzw. eines Widerspruchs gegen die automatische Vertragsverlängerung liegt darin nicht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Den Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren hat der Senat gemäß § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO aufgrund der einseitigen Erledigungserklärung entsprechend dem Kosteninteresse festgesetzt. Die Gerichtskosten betragen ausgehend von dem Streitwert der ursprünglichen Feststellungsklage, der in Höhe der Jahresbruttomiete von 1.158.222,24 € anzusetzen war, 18.168,00 €. Die Kosten der Parteien für die gerichtliche Vertretung sind mit jeweils 15.829,98 EUR ansetzen, so dass sich insgesamt Kosten in Höhe von 49.827,96 € ergäben, zumal Entschädigungen für die Zeugen nicht abgerechnet wurden.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine Zulassungsgründe nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO vorliegen. Der Senat hat in Übereinstimmung mit den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Kriterien einen Einzelfall entschieden.

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