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Entlassung Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr aus übertragenen Funktion ohne Dienstvergehen

Gestörtes Vertrauensverhältnis rechtfertigt Entlassung aus Funktion bei Freiwilliger Feuerwehr

In der öffentlichen Verwaltung und insbesondere im Bereich der ehrenamtlichen Tätigkeiten, wie bei der Freiwilligen Feuerwehr, spielen Organisationsstrukturen und die damit verbundenen Zuständigkeiten eine wesentliche Rolle. Die Zuweisung und Entlassung aus bestimmten Funktionen ohne Dienstvergehen berührt dabei die Grundprinzipien der Verwaltungsgerechtigkeit und der Vertrauensbasis zwischen Führungspersonal und ehrenamtlichen Kräften. Die Rechtmäßigkeit solcher Entscheidungen, die nicht auf einem Fehlverhalten basieren, sondern auf organisatorischen oder persönlichen Gründen, stellt ein wichtiges Thema der rechtlichen Bewertung und der Verwaltungspraxis dar.

Dabei steht insbesondere die Frage im Vordergrund, inwieweit Organisationen ihre Entscheidungsgewalt ausüben dürfen und wie dabei die Rechte der Betroffenen gewahrt bleiben. Gerichte müssen in solchen Fällen oft eine Balance finden zwischen der Notwendigkeit, eine effiziente und funktionierende Organisation zu erhalten, und dem Schutz der Mitglieder vor willkürlichen oder unrechtmäßigen Entscheidungen. Dies erfordert eine sorgfältige Prüfung des Einzelfalls unter Berücksichtigung des jeweiligen Organisationsrechts sowie der allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 6 B 767/23   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen bestätigt die Rechtmäßigkeit der Entlassung eines Mitglieds der Freiwilligen Feuerwehr aus seiner Funktion ohne Vorliegen eines Dienstvergehens, basierend auf einem gestörten Vertrauensverhältnis.

Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Beschwerde zurückgewiesen: Das Gericht findet keine hinreichenden Gründe, die Entscheidung der Vorinstanz zu ändern.
  2. Kosten des Verfahrens: Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Streitwert: Für das Beschwerdeverfahren wird der Streitwert auf 2.500,00 Euro festgelegt.
  4. Kein Dienstvergehen: Die Entlassung basiert nicht auf einem Dienstvergehen, sondern auf einem gestörten Vertrauensverhältnis.
  5. Organisationsgewalt: Die Entlassung fällt unter die Organisationsgewalt der Feuerwehr und deren Recht, Funktionen zu vergeben und zu entziehen.
  6. Ermessensentscheidung: Das Gericht erachtet die Ermessensentscheidung der Feuerwehr als nicht rechtswidrig.
  7. Kein Anhörungsmangel: Der Antragsteller hatte ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme vor seiner Entlassung.
  8. Entscheidungsrelevanz: Die Glaubwürdigkeit der Vorwürfe gegen den Antragsteller ist nicht entscheidend, sondern das Vorliegen eines sachlichen Grundes für die Entlassung.

Rechtliche Bewertung einer Entlassung ohne Dienstvergehen

Im Kern geht es in dem vorliegenden Fall um die Entlassung eines Mitglieds der Freiwilligen Feuerwehr aus seiner Funktion als stellvertretender Einheitsführer. Besonders bemerkenswert ist, dass diese Entlassung nicht aufgrund eines Dienstvergehens erfolgte. Der Ausgangspunkt der rechtlichen Auseinandersetzung lag in der Anwendung des § 16 Abs. 2 der Verordnung über den Feuerwehrdienst in Nordrhein-Westfalen (VOFF NRW), welcher die Entlassung aus sachlichen Gründen ermöglicht. Die kontroverse Frage war, ob die genannte Vorschrift anwendbar sei, da der Antragsteller argumentierte, die Entlassung sei in Wirklichkeit eine unzulässige Disziplinarmaßnahme.

Abgrenzung zwischen Organisationsrecht und Disziplinarrecht

Freiwillige Feuerwehr
(Symbolfoto: TimFuchs203 /Shutterstock.com)

Das rechtliche Problem und die Herausforderung in diesem Fall bestanden in der Abgrenzung zwischen einer disziplinarischen Maßnahme, die nur bei einem Dienstvergehen ergriffen werden darf, und einer Entlassung aus sachlichen Gründen, die auch ohne Dienstvergehen erfolgen kann. Es musste juristisch geklärt werden, ob die Entlassung eine verdeckte Disziplinarmaßnahme darstellt und somit rechtsmissbräuchlich ist oder ob sie rechtmäßig auf sachliche Gründe gestützt werden kann.

Die Zusammenhänge in diesem Fall sind vielschichtig. Einerseits gibt es die Organisationsgewalt der Feuerwehr, die es ermöglicht, Positionen und Funktionen zu besetzen und zu entziehen. Andererseits steht das Disziplinarrecht, das bei Fehlverhalten von Feuerwehrangehörigen greift. Beide Bereiche sind durch unterschiedliche Regelungen in der VOFF NRW abgedeckt, was zu einer komplexen Rechtslage führt, die im Streitfall auszulegen ist.

Entscheidung des Verwaltungsgerichts

Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Entlassung rechtmäßig sei. Es stellte klar, dass die Entlassung aus einer Funktion auf der Grundlage der Organisationsgewalt erfolgte und zur Sicherstellung derAufgabenerfüllung durch die Freiwillige Feuerwehr diente. Die Unterscheidung zwischen der Entlassung aus einer Funktion und einer Disziplinarmaßnahme wurde dabei hervorgehoben. Das Gericht sah in der Entlassung keine verdeckte Disziplinarmaßnahme, sondern eine notwendige organisatorische Entscheidung, die insbesondere durch das gestörte Vertrauensverhältnis zwischen der Feuerwehrleitung und dem Antragsteller gerechtfertigt sei.

Unanfechtbarkeit des Gerichtsbeschlusses

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass das Vorbringen des Antragstellers keine durchgreifenden rechtlichen Fehler der ersten Entscheidung aufzeige. Insbesondere wurde kein Anhörungsmangel festgestellt, da der Antragsteller Gelegenheit hatte, sich zu äußern. Ferner wurde betont, dass ein gestörtes Vertrauensverhältnis und ein Spannungsverhältnis ausreichen, um eine Entlassung aus sachlichen Gründen zu rechtfertigen, selbst wenn die genauen Ursachen oder das Verhalten anderer Personen nicht ausschlaggebend sind.

Weitere wichtige Informationen sind, dass der Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hat und dass der Streitwert für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt wurde. Außerdem ist der Beschluss des Gerichts unanfechtbar.

Das Fazit des Urteils liegt in der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Entlassung aus einer Funktion bei der Freiwilligen Feuerwehr ohne Vorliegen eines Dienstvergehens. Es bestätigt, dass ein gestörtes Vertrauensverhältnis und die Aufrechterhaltung einer funktions- und leistungsfähigen Feuerwehr legitime Gründe für eine solche Maßnahme darstellen können. Die Entscheidung betont die Bedeutung des Vertrauens in der Zusammenarbeit innerhalb der Feuerwehr und stärkt die Organisationsgewalt der Feuerwehrleitung.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was unterscheidet eine Entlassung aus sachlichen Gründen von einer Disziplinarmaßnahme?

Eine Entlassung aus sachlichen Gründen und eine Disziplinarmaßnahme sind zwei verschiedene Konzepte im deutschen Arbeits- und Beamtenrecht, die unterschiedliche Zwecke verfolgen und unter verschiedenen Umständen angewendet werden.

Eine Entlassung aus sachlichen Gründen bezieht sich auf die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses aufgrund von Gründen, die in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegen oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sind. Diese Gründe können beispielsweise mangelnde Leistung, Fehlverhalten oder betriebliche Umstrukturierungen sein. Im Falle von Beamten auf Probe ist eine Entlassung keine Disziplinarmaßnahme, sondern eine beamtenrechtliche Entscheidung, die das Dienstverhältnis beendet. Sie verfolgt nicht den Zweck, auf das künftige Verhalten des Beamten erzieherisch Einfluss zu nehmen.

Eine Disziplinarmaßnahme hingegen ist eine Sanktion, die gegen einen Beamten verhängt wird, wenn dieser seine dienstlichen Pflichten verletzt hat. Das kann beispielsweise durch Dienstzeitbetrug, Nichtbefolgen dienstlicher Weisungen oder verfassungsfeindliche Äußerungen geschehen. Die Disziplinarmaßnahme kann je nach Schwere der Verfehlung variieren und reicht von einem schriftlichen Verweis über eine Geldbuße und Kürzung der monatlichen Bezüge bis hin zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Ziel einer Disziplinarmaßnahme ist es, das Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit des Beamten wiederherzustellen.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass eine Entlassung aus sachlichen Gründen eine endgültige Beendigung des Arbeits- oder Dienstverhältnisses darstellt, während eine Disziplinarmaßnahme eher erzieherischen Charakter hat und darauf abzielt, das Verhalten des Beamten zu korrigieren und das Vertrauen wiederherzustellen.


Das vorliegende Urteil

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: 6 B 767/23 – Beschluss vom 24.10.2023

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Entlassung des Antragstellers aus der Funktion eines stellvertretenden Einheitsführers vom 00.3.2023 erweise sich bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig, wird durch das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nicht durchgreifend in Frage gestellt.

1. Ohne Erfolg macht der Antragsteller geltend, seine Entlassung aus der Funktion des stellvertretenden Einheitsführers könne nicht auf § 16 Abs. 2 VOFF NRW gestützt werden, weil ersichtlich eine Disziplinierung beabsichtigt sei und es um die Sanktionierung eines behaupteten Fehlverhaltens gehe, wofür die §§ 21 ff. VOFF NRW differenzierte Regelungen enthielten; der Versuch, sich diesen Regelungen zu entziehen, sei rechtsmissbräuchlich. Dieses Vorbringen genügt bereits nicht dem Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO, weil es an einer Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung fehlt. Der Antragsteller verweist insoweit lediglich auf sein erstinstanzliches Vorbringen und wiederholt dieses in Teilen (vgl. Schriftsatz vom 25.4.2023, S. 4), ohne jedoch auf die diesbezüglichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts einzugehen. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Befugnis des Leiters der Feuerwehr, gemäß § 16 Abs. 2 VOFF NRW Funktionsträger aus der übertragenen Funktion zu entlassen, stehe selbständig neben der Disziplinarbefugnis nach §§ 20 ff. VOFF NRW. Letztere ermögliche die Ahndung von Dienstvergehen. Demgegenüber beruhe die Befugnis zur Entlassung aus einer Funktion – wie die Befugnis zu deren Übertragung (§ 16 Abs. 1 VOFF NRW) -auf der Organisationsgewalt der Antragsgegnerin. Sie diene dazu, die Aufgabenerfüllung durch die Freiwillige Feuerwehr sicherzustellen. Hierzu verhält sich die Beschwerde nicht.

Unabhängig von der insoweit fehlenden Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung lässt das Vorbringen des Antragstellers aber auch in der Sache nicht erkennen, dass die Vorschrift des § 16 Abs. 2 VOFF NRW nicht anwendbar wäre, weil die Regelungen zum Disziplinarverfahren in den §§ 20 ff. VOFF NRW als speziellere Vorschriften vorrangig wären. Für ein derartiges Verständnis der Normsystematik ist nichts ersichtlich. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen, dass es sich bei der Entlassung aus einer Funktion durch den Leiter der Feuerwehr einerseits und der Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme durch den Disziplinarvorgesetzten andererseits um Maßnahmen handelt, die – mit den jeweiligen Ermächtigungen bzw. Regelungen in der Landesverordnung Freiwillige Feuerwehr vom 9.5.2017 und auch mit den unterschiedlichen Voraussetzungen und Zielrichtungen – selbständig nebeneinander stehen. Seit dem Inkrafttreten dieser Verordnung am 27.5.2017, mit der die Verordnung über die Laufbahn der ehrenamtlichen Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr (LVO FF) aufgehoben worden ist, ist die Entlassung aus einer übertragenen Funktion durch den Leiter der Feuerwehr ausdrücklich geregelt. Die Neuregelung in § 16 Abs. 2 VOFF NRW ermöglicht die Entlassung unabhängig vom Vorliegen eines Dienstvergehens. Sie setzt – in der hier einschlägigen ersten Variante – allein sachliche Gründe voraus.

So auch Schneider, Landesverordnung Freiwillige Feuerwehr Nordrhein-Westfalen, 4. Auflage 2018, § 16 Rn. 6 und 33.

Davon zu unterscheiden ist die Enthebung von einer Funktion (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 VOFF NRW), bei der es sich um eine Disziplinarmaßnahme handelt und die nur bei Vorliegen eines Dienstvergehens gegen den Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr ausgesprochen werden darf. Eine solche Disziplinarmaßnahme steht im vorliegenden Verfahren aber nicht in Rede. Die Entlassung aus der Funktion des stellvertretenden Einheitsführers vom 6.3.2023 hat der Leiter der Feuerwehr auch nicht mit einem Dienstvergehen (§ 21 VOFF NRW) begründet, sondern mit dem gestörten Vertrauensverhältnis zwischen der Leitung der Feuerwehr und dem Antragsteller sowie mit der Notwendigkeit, eine funktions- und leistungsfähige Feuerwehr zu erhalten. Um eine „Disziplinierung“ oder die „Sanktionierung eines behaupteten Fehlverhaltens“ geht es damit, auch der Sache nach, bei der hier streitigen Maßnahme entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht.

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2. Die Beschwerde legt nicht dar, dass ein Anhörungsmangel vorliegt. Der Einwand des Antragstellers, das in einem Aktenvermerk dokumentierte Gespräch vom 31.10.2022 erfülle nicht die inhaltlichen Anforderungen an eine Anhörung und ihm sei in diesem Gespräch auch nicht die später erfolgte Entlassung aus der Funktion des stellvertretenden Einheitsführers in Aussicht gestellt worden, stellt die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller habe Gelegenheit gehabt, sich zu äußern, nicht durchgreifend in Frage. Das Verwaltungsgericht hat zur näheren Erläuterung ausgeführt, dass ausweislich des von der Antragsgegnerin vorgelegten Vermerks vom 20.12.2022 in der Besprechung am 31.10.2022 die Zusammenarbeit zwischen dem Antragsteller und dem Leiter der Feuerwehr sowie dessen Stellvertretern erörtert worden sei. Dabei habe der Antragsteller selbst die Möglichkeit eines „Amtsenthebungsverfahrens“, also der Entlassung aus der Funktion, angesprochen. Der Antragsteller habe zwar im gerichtlichen Verfahren bestritten, die unter Ziffer I. 8. der Verfügung vom 6.3.2023 angeführten Äußerungen – nämlich zur Presse zu gehen und interne Informationen der Feuerwehr zu veröffentlichen, falls die Leitung der Feuerwehr gegen ihn vorgehe – abgegeben zu haben, den übrigen Gesprächsinhalt habe er aber nicht in Zweifel gezogen. Hierauf geht die Beschwerde nicht ein. Sie stellt insbesondere (weiterhin) nicht in Frage, dass die schlechte Zusammenarbeit mit der Feuerwehrleitung sowie die weitere Ausübung der Funktion des stellvertretenden Einheitsführers durch den Antragsteller Gegenstand (u. a.) des Gesprächs am 31.10.2022 gewesen sind. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass der Antragsteller nicht hinreichend Gelegenheit gehabt hätte, sich zu einer Entlassung aus der Funktion des stellvertretenden Einheitsführers zu äußern.

3. Ohne Erfolg bleibt auch das Beschwerdevorbringen, die Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin sei rechtswidrig, weil die Antragsgegnerin nicht von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen sei; zahlreiche Vorwürfe aus der Entlassungsverfügung vom 6.3.2023 seien erwiesen falsch. Damit wird die Rechtmäßigkeit der Entlassung des Antragstellers aus der Funktion des stellvertretenden Einheitsführers nicht durchgreifend in Frage gestellt. Die Entlassung aus einer Funktion nach § 16 Abs. 2 VOFF NRW ist aus sachlichen Gründen möglich. Ein gestörtes Vertrauensverhältnis und fortdauerndes Spannungsverhältnis zwischen einem Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr und seinen Vorgesetzten sowie anderen Feuerwehrangehörigen können sachliche Gründe darstellen, wenn sie die Einsatz- und Funktionsfähigkeit der Freiwilligen Feuerwehr beeinträchtigen oder gefährden.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20.5.2019 – 6 A 1228/16 -, NVwZ-RR 2020, 215 = juris Rn. 88 ff. und 100 ff. (zum „sonstigen wichtigen Grund“ nach § 22 Abs. 1 Satz 1 lit. c) LVO FF); OVG NRW, Beschluss vom 27.6.2016 – 6 A 1227/15 -, juris Rn. 9 ff. (zerstörtes Vertrauensverhältnis als sachlicher, gegen die Übertragung einer Funktion sprechender Grund); Schneider, Landesverordnung Freiwillige Feuerwehr Nordrhein-Westfalen, 4. Auflage 2018, § 16 Rn. 35.

Dabei ist, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, unerheblich, ob der von der Entlassung aus der Funktion betroffene Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr das Zerwürfnis verursacht hat oder in welchem Maße das Verhalten anderer Personen dazu beigetragen hat. Ebenso wenig kommt es entscheidend auf die ursprünglichen Ursachen und die Verantwortlichkeit für das Spannungsverhältnis an.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20.5.2019 – 6 A 1228/16 -, NVwZ-RR 2020, 215 = juris Rn. 108 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 27.6.2016 – 6 A 1227/15 -, juris Rn. 9.

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das Vertrauensverhältnis zwischen dem Antragsteller und der Feuerwehrleitung grundlegend gestört sei, stellt die Beschwerde nicht in Frage. Nach Aktenlage bestehen im Übrigen auch für den Senat keine Zweifel an einem zerrütteten Vertrauensverhältnis zwischen dem Antragsteller und der Leitung der Freiwilligen Feuerwehr.

Da das objektive Vorliegen eines grundlegend gestörten bzw. zerrütteten Vertrauensverhältnisses ausreicht und es insoweit auf Verantwortlichkeiten oder ein etwaiges „Verschulden“ grundsätzlich nicht ankommt, bestand für das Verwaltungsgericht keine Veranlassung aufzuklären, ob sich die von dem Leiter der Feuerwehr zur Begründung für das gestörte Vertrauensverhältnis angeführten Vorfälle im Einzelnen tatsächlich so ereignet haben, wie sie in der Verfügung vom 6.3.2023 beschrieben sind. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat das Verwaltungsgericht auch nicht angenommen, die in der Verfügung vom 6.3.2023 angeführten Sachverhalte seien „richtig“ bzw. hätten sich so ereignet. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht allein ausgeführt, dass der Leiter der Feuerwehr bei seiner Entscheidung über die Entlassung des Antragstellers aus der Funktion des stellvertretenden Einheitsführers mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht von einer unzutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen sei, soweit diese hier entscheidungsrelevant sei. Entscheidungsrelevant war für das Verwaltungsgericht aber – zu Recht – nur die Frage, ob das Vertrauensverhältnis zwischen dem Antragsteller und der Leitung der Feuerwehr grundlegend gestört ist und deshalb ein sachlicher Grund für die Entlassung aus der Funktion vorliegt, nicht hingegen, ob sich die einzelnen, in der Verfügung vom 6.3.2023 angeführten Vorfälle tatsächlich so ereignet haben.

4. Ebenfalls erfolglos bleibt die (sinngemäße) Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Anspruch des Antragstellers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es trotz der Bitte um einen rechtlichen Hinweis, sofern das Gericht weiteren Vortrag für geboten halte, vor Erlass des angefochtenen Beschlusses keine rechtlichen Hinweise erteilt habe, und außerdem überraschend eine Presseberichterstattung herangezogen habe, die von den Beteiligten nicht in das Verfahren eingeführt worden sei. Die geltend gemachten Gehörsverstöße liegen nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat seine Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO nicht verletzt. Anders als der Antragsteller meint, musste das Verwaltungsgericht ihn vor seiner Entscheidung nicht darauf hinweisen, dass es das Vorbringen des Antragstellers nicht für ausreichend hält, um den geltend gemachten Anordnungsanspruch zu begründen. Die Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO bezieht sich auf die tragenden („wesentlichen“) Erwägungen des Gerichts. Sie verlangt demgegenüber grundsätzlich – und so auch hier – nicht, dass das Gericht die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweist, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt.

Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 26.9.2022 – 6 B 10.22 -, NVwZ 2023, 96 = juris Rn. 19.

Dass das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung einen Pressebericht der Rheinischen Post (rp-online vom 30.4.2023) angesprochen hat, begründet schon deshalb keine Gehörsverletzung, weil dieser Bericht für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich war. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat das Verwaltungsgericht den Bericht auch nicht als „Beweis für eine vermeintliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers“ herangezogen. Es hat vielmehr im Anschluss an seine Feststellung, Überwiegendes spreche dafür, dass die Zusammenarbeit zwischen der Feuerwehrleitung und dem Antragsteller grundlegend gestört sei, nur ausgeführt, dass „im Übrigen“ über Differenzen in der Feuerwehr der Antragsgegnerin auch die Rheinische Post berichtet habe und in diesem Bericht der Antragsteller namentlich genannt sei. Abgesehen davon hatte der Antragsteller im Beschwerdeverfahren Gelegenheit, sich zu dem Pressebericht zu äußern, so dass ein etwaiger Gehörsverstoß geheilt wäre.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO sowie §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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