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Erbschaftssteuer: Zusammenrechnung von Vermögenswerten § 14 ErbStG

NIEDERSÄCHSISCHES FINANZGERICHT

Az.: 3 K 172/03

Urteil vom 18.02.2004


Tatbestand:

Zwischen den Parteien ist streitig, ob bei einer Vorschenkung gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Erbschaftssteuergesetz, die vor dem 1. Januar 1996 erfolgte, der zum 01.01.1996 eingeführte Freibetrag nach § 13 a Erbschaftssteuergesetz (ErbStG) zu gewähren ist.

Dem Kläger wurde von seinem Vater, dem zwischenzeitlich verstorbenen Herrn A., zum x.x.1993 gegen eine Leibrentenverpflichtung sowohl Grund- als auch Betriebsvermögen übertragen. Der steuerpflichtige Erwerb auf dieser Schenkung betrug unstreitig xx DM. Nach Steuerklasse I wurde mit einem Steuersatz von 12 % eine Schenkungssteuer gegen den Kläger in Höhe von xx DM festgesetzt.

Der Vater des Klägers verstarb im Jahr 2000. Der Kläger ist Alleinerbe nach seinem Vater.

Für den Erwerb von Todes wegen setzte das Finanzamt B mit Bescheid vom x.x. 2002 Erbschaftssteuer in Höhe von xx € fest.

Der Kläger ist der Rechtsansicht, dass auch für den im Jahr 1993 erfolgten Vorerwerb die ab 01.01.1996 geschaffene Freibetragsregelung des § 13 a ErbStG für Zwecke der Vorschenkung anzuwenden sei.

Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG seien mehrere, innerhalb von zehn Jahren anfallenden Vermögensvorteile in der Weise zusammen zu rechnen, dass dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zuzurechnen seien. Der Gesetzgeber habe mit dem Schenkungssteuergesetz in seiner derzeitigen Ausgestaltung das Ziel verfolgt, den durch den unentgeltlichen Erwerb anfallenden Vermögenszuwachs jeweils mit seinem entsprechenden, maßgeblichen Wert zu belasten. Die gleichmäßige Besteuerung der Steuerpflichtigen hänge somit davon ab, dass für die einzelnen, dem unentgeltlichen Erwerbsvorgang zuzuordnenden Wirtschaftsgüter realitätsnahe Bemessungsgrundlagen festgestellt würden. Hieran mangele es jedoch in dem Streitfall mit zu berücksichtigender Vorschenkung. Mit den momentanen gesetzlichen Ausgestaltungen des § 13 a ErbStG berücksichtige der Gesetzgeber nicht, dass die Existenz von bestimmten Betrieben durch zusätzliche finanzielle Belastungen wie der Schenkungs- und Erbschaftssteuer gefährdet werden könne. Sofern er für diese Vorschenkungen im betrieblichen Bereich Steuerpflichtigen die Vergünstigung des § 13 a ErbStG verwehre, schaffe er Zustände, die vom Bundesverfassungsgericht für nicht mit der Verfassung vereinbar erachtet worden seien. Gerade im Hinblick auf die Doppelbelastung mit Schenkungs- und Erbschaftssteuer sei die Regelung des § 13 a ErbStG auf Initiative des Bundesverfassungsgerichts hin durch den Gesetzgeber eingeführt worden.

Der Freibetrag sei deshalb auch für Vorerwerber vor dem 01.01.1996 zu berücksichtigen.

Der Beklagte ist der Rechtsauffassung, der ab 01.01.1996 geltende Freibetrag nach § 13 a ErbStG könne auf die im Jahr 1993 erfolgte Vorschenkung nicht angewendet werden. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG würden mehrere innerhalb von zehn Jahren anfallende Vermögensvorteile in der Weise zusammengerechnet, dass dem letzten Erwerb die früheren Erwerber nach ihrem früheren Wert zugerechnet würden. Für die Vorerwerbe blieben folglich deren früherer steuerlicher Wert maßgebend. Dies führe dazu, dass die Steuerbegünstigung nach § 13 a ErbStG nur auf Erwerbe, die nach dem 31. Dezember 1995 erfolgt seien, Anwendung finde. Eine Berücksichtigung des § 13 a ErbStG auf frühere Zuwendungen von Betriebsvermögen würde der auf den Erbschaftssteuer-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zurückgehenden Absicht des Gesetzgebers widersprechen, neue Betriebsübergänge zu entlasten, um nicht die Existenz von Betrieben zu gefährden. Bei diesem Zweck wäre es zweckwidrig, zurückliegende und offensichtlich gelungene Übertragungen nachträglich zu begünstigen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Der zum 01.01.1996 eingeführte Freibetrag des § 13 a ErbStG ist im Streitfall auf den Vorerwerb aus dem Jahr 1993 nicht anzuwenden.

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG werden mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile in der Weise zusammengerechnet, dass dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet werden.

Die Bewertung der einzelnen Erwerbe wird dabei nach den Vorschriften zur Wertermittlung (§§ 10 – 13 a ErbStG) durchgeführt, die im Zeitpunkt (§ 9 ErbStG) des jeweiligen Einzelerwerbs gültig sind. Nach einhelliger Auffassung in der Literatur verbleibt es deshalb für Vorerwerbe vor dem 01.01.1996 bei der alten Rechtsgrundlage und den zum Zeitpunkt der Vorschenkung gültigen Wertermittlungsvorschriften (Ohletz in Wilms, Kommentar zum Erbschaftssteuergesetz, § 14 Rdz. 33, 34; Meincke, Kommentar zum Erbschaftssteuergesetz, § 14 Rdz. 10; Kapp-Ebeling, Kommentar zum Erbschaftssteuergesetz, § 14 Rdz. 16.7; Moench, Kommentar zum Erbschaftssteuergesetz, § 14 Rdz. 26; Korezkij, Wie groß ist das Steuergeschenk des § 14 Abs. 1 Satz 3 Erbschaftssteuergesetz, in Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge 1998, Seite 291, 296; so auch Erbschaftssteuerrichtlinien R 71, Abs. 2).

Der Bundesfinanzhof hat zudem in seinem Vorlagebeschluss vom 24.10.2001 (II R61/99, BStBl II 2001, 834) keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Behandlung des § 13 a Erbschaftssteuergesetz für Vorschenkungen erst ab 01.01.1996 erhoben. Er hat vielmehr ausdrücklich unter Hinweis auf § 9 ErbStG betont, dass der Zeitpunkt des Erwerbs für die Wertermittlung maßgeblich sei.

Eine Berücksichtigung des § 13 a ErbStG würde insbesondere bei früheren Zuwendungen von Betriebsvermögen oder anderem begünstigten Vermögen der auf den Erbschaftssteuerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts zurückgehenden Absicht des Gesetzgebers widersprechen, neue Betriebsübergänge zu entlasten, um nicht die Existenz von Betrieben zu gefährden. Nach einhelliger Ansicht in der Literatur wäre es unter diesem Aspekt zweckwidrig, zurückliegende und offensichtlich gelungene Übertragungen nachträglich zu begünstigen, im Übrigen auch dort, wo die Übertragung abgeschlossen ist und der Nacherwerb nur anderes Vermögen umfasst.

Zwar wurden diejenigen Steuerpflichtigen, die vor dem 01.01.1996 eine Schenkung gemacht haben, im Vergleich zum neuen Recht „zu hoch“ besteuert. Da man aber davon ausgehen muss, dass die Beteiligten die Schenkung freiwillig vorgenommen und diesen Vorgang bewusst versteuert haben, ist nicht nachvollziehbar, warum auf diese Schenkung der erst später eingeführte Freibetrag des § 13 a ErbStG anzuwenden ist. Dies ist insbesondere auch deshalb nicht zu rechtfertigen, da bei Grundstücksschenkungen, die zwischen dem 01.01.1986 und dem 31.12.1995 erfolgten, die alten, niedrigen Einheitswerte anzuwenden waren. In der Kombination mit den neuen, günstigeren Steuersätzen und Freibeträgen ab 01.01.1996 würde dies zu einer Doppelbegünstigung führen.

Auch unter verfassungsrechtlichen Aspekten ist daher eine Anwendung der Freibetragsregelung des § 13 a ErbStG für vor dem 01.01.1996 erfolgten Vorschenkungen nicht zu vertreten.

Die Klage war daher abzuweisen.

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