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Fahrverbot – 2 Jahre nach der Tat – keine Straffunktion mehr

Kammergericht Berlin

Az: 2 Ss 193/07 – 3 Ws (B) 459/07

Beschluss vom 05.09.2007


In der Bußgeldsache wegen Verkehrsordnungswidrigkeit hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Kammergerichts in Berlin am 5. September 2007 beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 25. Mai 2007 wird nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe verworfen, dass das Fahrverbot entfällt.

Die Anordnung eines Fahrverbots konnte wegen der seit der Tat verstrichenen Zeit keinen Bestand haben. Denn das Fahrverbot nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG hat nach der gesetzgeberischen Intention in erster Linie eine Erziehungsfunktion. Es ist als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme gedacht und ausgeformt (vgl. BVerfGE 27, 36 (42)). Das Fahrverbot kann daher seinen Sinn verloren haben, wenn die zu ahndende Tat lange zurückliegt, die für die lange Verfahrensdauer maßgeblichen Umstände außerhalb des Einflussbereichs des Betroffenen liegen und der Betroffene sich in der Zwischenzeit verkehrsgerecht verhalten hat (vgl. Senat, Beschlüsse vom 27. Dezember 2004 – 3 Ws (B) 508/04 – 3 Ws 507/04 – juris – und 22. Februar 2007 – 3 Ws (B) 41/07 -; BayObLG NZV 2004, 100; OLG Rostock ZfS 2001, 383 (384); Schleswig-Holsteinisches OLG SchlHA 2002, 177). Wann bei langer Verfahrensdauer der Zeitablauf entweder allein oder zusammen mit anderen Umständen ein Absehen vom Fahrverbot rechtfertigen kann, ist eine Frage des Einzelfalles, die einen gewissen Beurteilungsspielraum eröffnet. Der Sinn eines Fahrverbots dürfte jedoch zumindest dann in Frage zu stellen sein, wenn die zu ahndende Tat mehr als zwei Jahre zurückliegt (vgl. OLG Köln StrafO 2004, 287 m.w.N.; OLG Rostock, BayObLG, jeweils aaO). Dieser Zeitraum war zum Zeitpunkt des angefochtenen Urteils zwar noch nicht verstrichen, da die Verkehrsordnungswidrigkeit lediglich etwa ein Jahr und elf Monate zurücklag. Zum Zeitpunkt des Eingangs der Verfahrensakten bei dem Senat lag sie jedoch bereits zwei Jahre und zwei Monate zurück, ohne dass die Länge dieses Verfahrensablaufs dem Einflussbereich des Betroffenen zuzurechnen gewesen wäre, der – soweit ersichtlich – auch zwischenzeitlich nicht verkehrsrechtlich in Erscheinung getreten ist. Auch die zwischen dem angefochtenen Urteil und der Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts verstrichene Zeit ist jedoch bei der Prüfung der Frage, ob wegen Zeitablaufs von der Verhängung eines Fahrverbots abzusehen ist, zu berücksichtigen (vgl. BayObLG, OLG Köln, SchlH-OLG, jeweils aaO). Die Anordnung eines Fahrverbots erschien daher nicht mehr angemessen.

Trotz der Wechselwirkung zwischen der Höhe der verhängten Geldbuße und der Anordnung eines Fahrverbots bestand keine Veranlassung, die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung bezüglich des Rechtsfolgenausspruchs an das Amtsgericht zurückzuverweisen, da der Senat auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nach § 79 Abs. 6 OWiG selbst entscheiden kann. Da das Amtsgericht trotz der Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung von fahrlässiger Begehungsweise der Ordnungswidrigkeit ausgegangen ist und der Betroffene bisher verkehrsrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, erschien die bereits vom Amtsgericht verhängte Regelgeldbuße von 100,– Euro als angemessen.

Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO). Für eine Billigkeitsentscheidung nach §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 4 StPO ist kein Raum, weil der Betroffene ersichtlich in erster Linie seinen Freispruch erstrebt hat und daher auch ein diesem Beschluss schon entsprechendes Urteil des Amtsgerichts angefochten hätte. Dass er sich nach Übermittlung des dem vorliegenden Urteil entsprechenden Antrags der Generalstaatsanwaltschaft Berlin zu seinem Rechtsmittel mit Schriftsatz seines Verteidigers diesem Antrag angeschlossen hat, ändert daran nichts.

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