Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Käuferrechte im Fahrzeugkauf: Mängelansprüche und Gewährleistung verstehen
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Rechte habe ich als Käufer eines mangelhaften Neufahrzeugs?
- Wann liegt bei einem Neuwagen ein relevanter Sachmangel vor?
- Wie läuft eine Nachlieferung eines Neufahrzeugs praktisch ab?
- Muss ich bei einer Nachlieferung Wertersatz für die bisherige Nutzung zahlen?
- Welche Anforderungen muss das Ersatzfahrzeug bei einer Nachlieferung erfüllen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Cottbus
- Datum: 14.11.2019
- Aktenzeichen: 3 O 338/19
- Verfahrensart: Zivilprozess (Nachlieferungsanspruch im Zusammenhang mit Gewährleistungsansprüchen)
- Rechtsbereiche: Gewährleistungsrecht, Kaufrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Käuferin eines mangelhaften Fahrzeugs. Sie forderte die Nachlieferung eines mangelfreien, fabrikneuen Fahrzeugs aufgrund eines Sachmangels in Verbindung mit dem VW-Abgasskandal. Alternativ verlangte sie die Rückerstattung des Kaufpreises und Schadensersatz.
- Beklagte: Herstellerin des Fahrzeugs. Sie argumentierte, dass das Fahrzeug über eine EG-Typengenehmigung verfüge und kein Mangel bestehe. Zudem habe die Klägerin keinen Schaden erlitten. Im Verlaufe des Verfahrens erhob die Beklagte die Einrede der Verjährung.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin hatte ein Fahrzeug erworben, das im Rahmen des VW-Abgasskandals mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen war. Die Klägerin hatte das Software-Update akzeptiert, jedoch weitergehende Ansprüche wegen des angeblich verbleibenden Mangels geltend gemacht.
- Kern des Rechtsstreits: Ob die Klägerin einen Anspruch auf Nachlieferung eines mangelfreien Fahrzeuges hat trotz des aufgespielten Software-Updates und der damit verbundenen Mangelbeseitigung durch den Hersteller, sowie die Frage nach der Verjährung der Ansprüche.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Beklagte wurde verurteilt, ein mangelfreies, fabrikneues Fahrzeug zu liefern, und die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- Begründung: Das aufgespielte Software-Update beseitigte den Mangel nicht. Die unzulässige Abschalteinrichtung stellte einen Sachmangel dar, und die Klägerin hatte Anspruch auf Nachlieferung gemäß §§ 437 Nr. 1, 434, 439 BGB. Der Nachlieferungsanspruch war nicht verjährt, da die Beklagte den Mangel arglistig verschwiegen hatte. Die Kostenentscheidung erfolgte gemäß § 91 ZPO.
- Folgen: Die Beklagte muss der Klägerin ein neues Fahrzeug liefern. Das Urteil verstärkt die Rechte von Verbrauchern im Rahmen des Abgasskandals und legt fest, dass softwaretechnische Nachbesserungen alleine keine Mangelbeseitigung darstellen, sofern der Mangel weiterhin anerkannt wird. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistungen.
Käuferrechte im Fahrzeugkauf: Mängelansprüche und Gewährleistung verstehen
Der Fahrzeugkaufvertrag ist ein zentraler Bestandteil des Kaufrechts, insbesondere wenn es um Neufahrzeuge geht. Käufer haben das Recht auf die Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs, das den vertraglich festgelegten Qualitätsstandards entspricht. Sollte das gelieferte Fahrzeug Mängel aufweisen, können Verbraucher Mängelansprüche geltend machen und sich auf die Gewährleistung sowie die Rechte des Verbraucherschutzes berufen.
Die rechtlichen Ansprüche im Zusammenhang mit einem Neuwagen-Kaufvertrag sind oft komplex und betreffen sowohl die Qualitätspflicht des Verkäufers als auch die Verfahren zur Fahrzeugübernahme. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der diese Aspekte beleuchtet und die Rechte von Käufern im Detail analysiert.
Der Fall vor Gericht
VW-Händler muss nach Abgasskandal neues Fahrzeug nachliefern
Das Landgericht Cottbus hat einen VW-Händler zur Nachlieferung eines fabrikneuen Fahrzeugs aus der aktuellen Produktion verurteilt. Die Klägerin hatte 2011 einen Neuwagen für 31.968,49 Euro direkt beim Händler erworben, der mit dem Motor EA 189 ausgestattet war. Dieser Motor verfügte über eine spezielle Motorsteuerungssoftware, die auf dem Prüfstand eine höhere Abgasrückführungsrate ermöglichte als im realen Fahrbetrieb.
Software-Update reicht als Nachbesserung nicht aus
Obwohl die Klägerin im November 2016 im Rahmen einer Rückrufaktion ein vom Kraftfahrtbundesamt freigegebenes Software-Update durchführen ließ, erkannte das Gericht dies nicht als ausreichende Mangelbeseitigung an. Die Klägerin hatte das Update lediglich zur Erhaltung der Zulassungsfähigkeit des Fahrzeugs akzeptiert, ohne auf ihren Nacherfüllungsanspruch zu verzichten.
Gericht bestätigt Anspruch auf Neufahrzeug
Das Gericht stellte fest, dass das Fahrzeug bereits bei der Übergabe einen Sachmangel aufwies. Ein Neuwagenkäufer dürfe erwarten, dass das Fahrzeug die Zulassungsfähigkeit garantiert und den gesetzlichen Vorgaben, insbesondere den geltenden Abgasvorschriften, entspricht. Die Nachlieferung eines Fahrzeugs aus einer neuen Modellserie sei möglich und zumutbar, da beim Neuwagenkauf typischerweise mit der Produktion und dem Markteintritt eines Nachfolgemodells zu rechnen sei.
Verjährung durch arglistiges Verhalten gehemmt
Der Nachlieferungsanspruch war laut Gericht nicht verjährt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Vorstand der Beklagten zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fahrzeugs und des Kaufvertragsschlusses Kenntnis von der unzulässigen Abschalteinrichtung hatte. Da der Mangel arglistig verschwiegen wurde, galt die reguläre Verjährungsfrist. Die Beklagte konnte im Prozess nicht ausreichend darlegen, wer die Entscheidung zum Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung zu verantworten hatte.
Die Klägerin muss als Verbraucherin keinen Wertersatz für die bisherige Nutzung des Fahrzeugs leisten. Das neue Fahrzeug muss mindestens die gleichen technischen Merkmale und Ausstattungen wie das ursprüngliche Fahrzeug aufweisen, darunter einen 2,0-Liter-TDI-Motor mit mindestens 103 kW und ein 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe DSG.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Landgericht Cottbus stärkt die Position von Verbrauchern im VW-Abgasskandal deutlich. Ein Software-Update allein reicht nicht als Nachbesserung aus – Käufer haben Anspruch auf ein komplett neues Fahrzeug aus aktueller Produktion, auch wenn es sich um ein Nachfolgemodell handelt. Die Verjährung der Ansprüche wird durch arglistiges Verschweigen des Mangels gehemmt. Als Verbraucher muss für die bisherige Nutzung des mangelhaften Fahrzeugs kein Wertersatz geleistet werden.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie ein vom Abgasskandal betroffenes Fahrzeug besitzen, können Sie auch Jahre nach dem Kauf noch die Lieferung eines neuen Fahrzeugs verlangen – selbst wenn Sie bereits das Software-Update haben durchführen lassen. Sie müssen sich nicht mit dem Update zufriedengeben und haben als Privatperson Anspruch auf ein komplett neues Auto aus der aktuellen Modellreihe, ohne für die bisherige Nutzung zahlen zu müssen. Die Beweislast für die Kenntnis der Manipulation liegt beim Hersteller, nicht bei Ihnen als Kunde.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Rechte habe ich als Käufer eines mangelhaften Neufahrzeugs?
Als Käufer eines mangelhaften Neufahrzeugs haben Sie im Rahmen der gesetzlichen Sachmängelhaftung für einen Zeitraum von zwei Jahren umfassende Rechte.
Recht auf Nacherfüllung
Bei Feststellung eines Mangels steht Ihnen zunächst das Recht auf kostenlose Nacherfüllung zu. Sie können zwischen zwei Optionen wählen:
- Die Beseitigung des Mangels (Nachbesserung)
- Die Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs (Ersatzlieferung)
Weitergehende Rechte bei erfolgloser Nachbesserung
Wenn die Nachbesserung zweimal erfolglos bleibt, können Sie:
- Vom Kaufvertrag zurücktreten
- Den Kaufpreis mindern
- Schadensersatz fordern
Besondere Fallkonstellationen
Bei technischen Funktionsmängeln können Sie unter bestimmten Voraussetzungen sofort vom Vertrag zurücktreten. Dies gilt insbesondere, wenn zu befürchten ist, dass weitere Reparaturen erforderlich werden.
Bei der Fahrzeugübergabe dürfen Sie bereits bei geringfügigen Mängeln die Annahme des Fahrzeugs und die Kaufpreiszahlung verweigern, bis der Mangel beseitigt ist.
Beweislast und Fristen
In den ersten sechs Monaten nach Übergabe wird vermutet, dass der Mangel bereits bei Auslieferung vorlag. Danach müssen Sie als Käufer beweisen, dass der Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe bereits bestand.
Bei Verträgen ab dem 1. Januar 2022 genügt es, wenn Sie den Händler über den Mangel nachweislich informieren. Der Händler muss dann innerhalb einer angemessenen Frist den Mangel beheben.
Der Händler kann die Nacherfüllung nur verweigern, wenn diese mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden wäre. In diesem Fall steht Ihnen das Recht auf Minderung oder bei schwerwiegenden Mängeln der Rücktritt zu.
Wann liegt bei einem Neuwagen ein relevanter Sachmangel vor?
Ein Sachmangel liegt vor, wenn Ihr Neuwagen nicht die vereinbarte oder zu erwartende Beschaffenheit aufweist. Nach dem Gesetz müssen Sie ein fabrikneues und technisch einwandfreies Fahrzeug erhalten.
Grundlegende Voraussetzungen für Fabrikneuheit
Ein Neuwagen gilt nur dann als fabrikneu, wenn das Modell unverändert weitergebaut wird und zwischen Herstellung und Kaufvertragsabschluss nicht mehr als zwölf Monate liegen. Probe- und Überführungsfahrten sind zwar erlaubt, der Kilometerstand muss dabei aber verhältnismäßig sein.
Technische und vertragliche Mängel
Ein Sachmangel kann in folgenden Fällen vorliegen:
- Das Fahrzeug weicht von den vertraglich vereinbarten Eigenschaften ab, etwa bei Motorleistung, Hubraum oder Kraftstoffverbrauch.
- Die Werbeaussagen des Verkäufers oder Herstellers über bestimmte Eigenschaften wie Höchstgeschwindigkeit oder Verbrauch entsprechen nicht der Realität.
- Es liegen technische Defekte vor, die die Funktionsfähigkeit beeinträchtigen.
- Die Ausstattung entspricht nicht dem vereinbarten Umfang oder weicht von den Prospektangaben ab.
Beweislast und Fristen
Bei Kaufverträgen ab dem 1.1.2022 gilt eine wichtige Neuerung: In den ersten 12 Monaten nach Fahrzeugübergabe wird vermutet, dass ein auftretender Mangel bereits bei der Übergabe vorlag. Der Verkäufer muss dann das Gegenteil beweisen. Nach Ablauf dieser Frist müssen Sie als Käufer nachweisen, dass der Mangel schon bei der Übergabe vorhanden war.
Die gesetzliche Sachmängelhaftung beträgt bei Neuwagen zwei Jahre und kann vom Händler nicht verkürzt werden. Tritt ein Mangel kurz vor Ablauf dieser Frist auf, verlängert sich die Haftung um vier Monate ab dem Zeitpunkt des Mangels.
Wie läuft eine Nachlieferung eines Neufahrzeugs praktisch ab?
Bei der Nachlieferung eines Neufahrzeugs müssen Sie als Käufer zunächst den Mangel gegenüber dem Händler schriftlich anzeigen und die Nachlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs verlangen.
Ablauf der Nachlieferung
Nach der Geltendmachung des Nachlieferungsanspruchs muss der Händler das mangelfreie Ersatzfahrzeug innerhalb einer angemessenen Frist bereitstellen. Die Nachlieferung erfolgt durch die Übergabe eines neuen, technisch identischen Fahrzeugs mit der gleichen Ausstattung.
Bei der Nachlieferung müssen Sie das mangelhafte Fahrzeug an den Händler zurückgeben. Der Händler trägt dabei sämtliche Kosten der Nachlieferung, insbesondere die Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten.
Besonderheiten bei der Nachlieferung
Ein wichtiger Vorteil der Nachlieferung besteht darin, dass Sie keinen Nutzungsersatz für die bereits gefahrenen Kilometer zahlen müssen. Dies gilt unabhängig von der Laufleistung oder Nutzungsdauer des mangelhaften Fahrzeugs.
Sollte das ursprünglich bestellte Modell nicht mehr verfügbar sein, kann sich die Nachlieferungspflicht auch auf ein Nachfolgemodell erstrecken, sofern dieses als gleichwertig und gleichartig anzusehen ist.
Praktische Durchführung
Der konkrete Ablauf gestaltet sich wie folgt:
- Sie stellen dem Händler das mangelhafte Fahrzeug zur Verfügung
- Der Händler organisiert die Bereitstellung des Ersatzfahrzeugs
- Bei der Übergabe des neuen Fahrzeugs erfolgt zeitgleich die Rückgabe des mangelhaften Fahrzeugs
- Der Händler übernimmt alle entstehenden Kosten für Transport und Übergabe
Die Nachlieferung muss dabei so erfolgen, dass Sie ein vollständig mangelfreies Fahrzeug erhalten, das in allen wesentlichen Eigenschaften dem ursprünglich bestellten Fahrzeug entspricht.
Muss ich bei einer Nachlieferung Wertersatz für die bisherige Nutzung zahlen?
Nein, als Verbraucher müssen Sie bei der Nachlieferung eines mangelhaften Fahrzeugs keine Nutzungsentschädigung für die bisher gefahrenen Kilometer zahlen.
Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsfrage in einem grundlegenden Urteil vom 11. Februar 2009 eindeutig geklärt. Die Entscheidung basiert auf der verbraucherfreundlichen Auslegung des § 439 Abs. 4 BGB in Verbindung mit der EU-Verbraucherrichtlinie.
Unterschied zum Rücktritt
Anders verhält es sich beim Rücktritt vom Kaufvertrag. In diesem Fall müssen Sie als Käufer eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer leisten. Der Grund für diese unterschiedliche Behandlung liegt darin, dass Sie beim Rücktritt den vollständigen Kaufpreis zurückerhalten, während bei der Nachlieferung lediglich ein Austausch des mangelhaften Fahrzeugs erfolgt.
Praktisches Beispiel
Wenn Sie ein Neufahrzeug gekauft haben und dieses Mängel aufweist, können Sie die Lieferung eines mangelfreien Ersatzfahrzeugs verlangen, ohne für die bisherige Nutzung zahlen zu müssen. Dies gilt selbst dann, wenn Sie mit dem mangelhaften Fahrzeug bereits mehrere tausend Kilometer gefahren sind.
Diese Regelung stärkt Ihre Position als Verbraucher, da Sie nicht durch zusätzliche Kosten von der Durchsetzung Ihrer Gewährleistungsrechte abgehalten werden.
Welche Anforderungen muss das Ersatzfahrzeug bei einer Nachlieferung erfüllen?
Bei einer Nachlieferung muss das Ersatzfahrzeug gleichartig und gleichwertig zum ursprünglich gekauften Fahrzeug sein. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es völlig identisch sein muss.
Grundlegende Anforderungen
Das Ersatzfahrzeug muss in seinen wesentlichen Merkmalen dem ursprünglichen Kaufgegenstand entsprechen. Die technische Ausstattung sollte dabei weitgehend identisch sein. Geringfügige Abweichungen sind zulässig, solange sie keine Verschlechterung darstellen.
Zulässige Abweichungen
Technische Weiterentwicklungen oder Modellpflegen können zu gewissen Unterschieden führen. Wenn beispielsweise das ursprüngliche Modell nicht mehr produziert wird, kann auch ein Nachfolgemodell als Ersatz in Frage kommen. Dabei gilt:
- Eine höhere Motorleistung oder verbesserte Abgasnorm (z.B. Euro 6 statt Euro 5) stellt grundsätzlich ein unzulässiges „Mehr“ dar.
- Die Gattung des Fahrzeugs wird durch die im Kaufvertrag vereinbarten Bedingungen definiert.
Grenzen der Nachlieferung
Eine Nachlieferung ist ausgeschlossen, wenn sie unmöglich im Sinne des § 275 Abs. 1 BGB ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn:
- Das exakte Modell nicht mehr hergestellt wird
- Die technischen Unterschiede zu groß sind
- Die Abweichungen den vertraglichen Vereinbarungen widersprechen
Die Nachlieferung kann auch dann verweigert werden, wenn sie im Vergleich zur Nachbesserung nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich wäre.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Sachmangel
Ein Sachmangel liegt vor, wenn eine Kaufsache nicht die vereinbarte oder übliche Beschaffenheit aufweist. Bei Neuwagen bedeutet dies, dass das Fahrzeug nicht den technischen Vorgaben, Zulassungsbestimmungen oder zugesicherten Eigenschaften entspricht. Gesetzlich geregelt ist dies in § 434 BGB. Ein typisches Beispiel ist eine manipulierte Abgassoftware, die dafür sorgt, dass ein Auto nur auf dem Prüfstand die vorgeschriebenen Abgaswerte einhält. Bei Vorliegen eines Sachmangels hat der Käufer verschiedene Gewährleistungsrechte wie Nachbesserung oder Neulieferung.
Arglistige Täuschung
Eine arglistige Täuschung liegt vor, wenn der Verkäufer dem Käufer bewusst wichtige Eigenschaften oder Mängel einer Sache verschweigt oder falsche Tatsachen vorspiegelt. Dies ist in § 123 BGB geregelt. Im Abgasskandal wurde arglistig gehandelt, weil die Hersteller wissentlich eine illegale Abschalteinrichtung einbauten und dies verschwiegen. Bei arglistiger Täuschung verlängert sich die Verjährungsfrist auf 10 Jahre (§ 438 Abs. 3 BGB) und der Vertrag kann angefochten werden.
Nachlieferung
Die Nachlieferung ist ein Gewährleistungsrecht des Käufers bei mangelhafter Ware nach § 439 BGB. Der Verkäufer muss dabei eine neue, mangelfreie Sache liefern, die der ursprünglich vereinbarten entspricht. Bei Autos bedeutet dies die Lieferung eines neuen, technisch gleichwertigen Fahrzeugs, auch wenn es sich um ein Nachfolgemodell handelt. Der Käufer muss die bisherige Nutzung der mangelhaften Sache nicht vergüten, wenn er Verbraucher ist.
Abschalteinrichtung
Eine Abschalteinrichtung ist eine Software oder technische Vorrichtung, die die Wirksamkeit von Emissionskontrollsystemen reduziert. Sie ist nach EU-Verordnung 715/2007 grundsätzlich verboten. Im VW-Abgasskandal erkannte die Software Prüfstandsituationen und optimierte nur dann die Abgasreinigung, während im normalen Fahrbetrieb deutlich höhere Emissionen entstanden. Dies führte zur Rechtswidrigkeit der Fahrzeugzulassung und begründete Gewährleistungsansprüche der Käufer.
Verjährungsfrist
Die Verjährungsfrist bestimmt den Zeitraum, innerhalb dessen rechtliche Ansprüche geltend gemacht werden müssen. Bei Neuwagenkäufen beträgt sie normalerweise 2 Jahre ab Übergabe (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Bei arglistiger Täuschung verlängert sich die Frist auf 10 Jahre (§ 438 Abs. 3 BGB). Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr durchgesetzt werden, es sei denn, die Verjährung wurde gehemmt, etwa durch Verhandlungen oder Klageerhebung.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 434 BGB (Mangelhafte Sache): Dieser Paragraph regelt, dass eine Sache, die vom Verkäufer geliefert wird, frei von Mängeln sein muss, die den Gebrauch der Sache beeinträchtigen. Ein Mangel liegt vor, wenn die Ware nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat oder sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Im vorliegenden Fall macht die Klägerin geltend, dass das Fahrzeug aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung einen Mangel aufweist, da es nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
- § 437 BGB (Rechte des Käufers bei Mängeln): Dieser Paragraph konkretisiert die Rechte des Käufers, wenn ein Mangel vorliegt, einschließlich des Rechts auf Nacherfüllung, Rücktritt oder Schadensersatz. Die Klägerin verlangt die Nachlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs oder alternativ die Rückzahlung des Kaufpreises. Ihr Anspruch stützt sich auf das Vorliegen eines Mangels an dem gelieferten Fahrzeug.
- § 443 BGB (Garantie): Hier wird näher auf die Definition einer Garantie als vertragliche Zusage des Verkäufers eingegangen, dass die Ware bestimmte Eigenschaften besitzt. Im Kontext des VW-Abgasskandals kann eine nicht eingehaltene Garantie zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen führen. Die Klägerin könnte hierauf verweisen, um ihre Ansprüche weiter zu untermauern.
- § 823 BGB (Schadenersatzpflicht): Nach diesem Paragraphen ist derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Die Klägerin könnte Schadensersatz verlangen, indem sie argumentiert, dass die unzulässige Abschalteinrichtung eine Gesundheits- oder Umweltgefährdung darstellt und somit ein rechtlich relevanter Schaden vorliegt.
- Art. 3 Abs. 1 der EU-Richtlinie 1999/44/EG (Verbraucherschutzrichtlinie): Diese Richtlinie regelt die Rechte der Verbraucher beim Kauf von Waren und verpflichtet den Verkäufer zur Lieferung von Waren, die den vertraglich vereinbarten Eigenschaften entsprechen. Der Zusammenhang liegt darin, dass die Klägerin als Verbraucher Ansprüche auf Gewährleistung geltend macht, indem sie argumentiert, das gekaufte Fahrzeug erfülle nicht die gesetzlichen Anforderungen, die auch unter dieser europäischen Regelung zu verstehen sind.
Das vorliegende Urteil
LG Cottbus – Az.: 3 O 338/19 – Urteil vom 14.11.2019
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