OLG Düsseldorf, Az.: 22 U 19/97
Urteil vom 12.09.1997
Tatbestand
Der Kläger leaste am 29.1.1996 einen Pkw mit einer Laufleistung von rund 10.000 km, der am 31.7.1995 zugelassen und danach von der Beklagten als Vorführwagen benutzt worden war. In den Leasingbedingungen sind die Gewährleistungsansprüche aus dem Kaufvertrag zwischen der Leasinggeberin und der Beklagten an den Kläger abgetreten worden. Der Kläger rügte alsbald zahlreiche Mängel, welche die Beklagte teilweise behob. Der Kläger verlangt jetzt die Wandelung des Kaufvertrags mit der Begründung, es handele sich um ein „Montagsauto”, weshalb er mit dem Auftreten stets neuer Mängel rechnen müsse. Seine Klage hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Der Kläger kann von der Beklagten die Wandelung des zwischen dieser und der O. GmbH & Co. OHG (nachfolgend: Leasinggeberin) geschlossenen Kaufvertrages über einen Pkw nicht verlangen.
I. Maßgebend für die Beurteilung der von der Leasinggeberin an den Kläger gemäß Abschnitt XIII der Leasingbedingungen abgetretenen Gewährleistungsansprüche sind die dem Kaufvertrag zwischen der Beklagten und der Leasinggeberin zugrundeliegenden „Neuwagenverkaufsbedingungen für O.-Fahrzeuge”. Danach hat der Käufer gegen den Verkäufer zunächst einen Anspruch auf Nachbesserung (VII. 2 Satz 1). Schlägt diese fehl, so kann er die Wandelung des Kaufvertrages verlangen (VII. 4). Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Regelung bestehen nicht. Soweit eine frühere Fassung der Klausel gegen § 11 Nr. 10 b AGB-Gesetz verstieß, weil sie nicht den gesetzlichen Begriff des Fehlschlagens oder einen entsprechenden, dem Durchschnittskunden verständlichen Oberbegriff oder die wesentlichen in Betracht kommenden Fallgestaltungen enthielt (vgl. hierzu Senat NJW-RR 1992, 824, 825), wurde dieser Mangel inzwischen revidiert (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 6. Aufl., Rdn. 697).
Ein Wandelungsrecht besteht für den Kläger indes weder aufgrund einzelner, nach der Auslieferung des Fahrzeugs aufgetretener Mängel, noch aufgrund einer Gesamtbetrachtung aller angeblichen Mängel unter dem Gesichtspunkt des sogenannten „Montagsautos” oder „Zitronenwagens”.
1. Ein Wandelungsanspruch scheidet für solche Mängel aus, die vor der Wandelungserklärung des Klägers von der Beklagten oder der Firma L. behoben wurden. Insoweit ist die Nachbesserung nicht im Sinne von Abschnitt VII. 4 der Neuwagenverkaufsbedingungen fehlgeschlagen, so daß dahinstehen kann, ob überhaupt Sachmängel im Rechtssinne vorlagen. Hierbei handelt es sich um folgende Beanstandungen:
- Höhenverstellung des Fahrersitzes defekt,
- Handbremse verstellt,
- Gummilippe am Frontspoiler lose,
- Spritzdüsen Scheibenwaschanlage verstellt,
- Winterreifen aus dem Jahre 1988 montiert,
- Griff Beifahrertüre gelöst,
- Griff der Innenseite der Heckklappe gelöst,
- Loch in der Dämmung der Motorhaube,
- Außenthermometer defekt,
- Hydraulik Heckklappe undicht,
- Elektronik des Schiebedachs ausgefallen.
Auch die Spur- und Sturzverstellung wurde nach dem Vorbringen des Klägers behoben. Dies ergibt sich aus seinem Vortrag auf Seite 7 der Klageschrift („sie mußten eingestellt werden”) und auf Seite 3 der Berufungsbegründung, wonach die Vorspur der Hinterachse „verstellt war”. Soweit der Kläger an gleicher Stelle in seiner Berufungsbegründung behauptet, die Bereifung nutze „nach wie vor” ungleichmäßig und vorschnell ab, läßt sich dies also nicht auf die Spur- und Sturzverstellung zurückführen. Ohnedies ist sein Vorbringen mangels näherer Beschreibung des angeblich erhöhten Reifenverschleißes nicht genügend substantiiert.
Hinsichtlich der verschiedenen Lackmängel an der Heckklappe ist nach dem Inhalt der Akte unklar, ob diese vollständig beseitigt wurden. Zwar hat die Firma L. die Heckklappe neu lackiert. Der Kläger behauptet aber für die Folgezeit ein Abheben des Lacks im Bereich des Bolzens der Heckklappe. Sollte dies zutreffen und seine Ursache in einer fehlerhaften Arbeit der Firma L. haben, so wäre deren Nachbesserung nicht erfolgreich gewesen, sondern der ursprüngliche Mangel nunmehr in anderer Form vorhanden. Auch dies würde eine Wandelung des Kaufvertrages jedoch nicht rechtfertigen, weil das Anheben des Lackes an einer eng umschriebenen Stelle lediglich eine unerhebliche Minderung des Wertes oder der Tauglichkeit des Fahrzeugs darstellen würde (§ 459 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Heckklappe wurde von der Firma L. mit einer Grundierung versehen und vollständig neu lackiert. Dann kann es sich bei dem „Anheben des Lackes” am Bolzen der Heckklappe aber nur noch um einen geringfügigen Fehler handeln, der zudem optisch nicht ins Gewicht fällt und von dem angenommen werden darf, daß er sich mit geringen Kosten beseitigen läßt. Ohnehin handelte es sich nicht um einen Neuwagenkauf, so daß insoweit erst recht von einer nur unerheblichen Minderung des Fahrzeugwertes ausgegangen werden muß.
2. Eine Wandelung des Kaufvertrages ist auch nicht wegen der Anzahl der aufgetretenen Mängel unter dem Gesichtspunkt des sog. „Montagsautos” oder „Zitronenwagens” begründet.
Grundsätzlich kann ein „Montagsauto” wegen seiner erhöhten Fehleranfälligkeit die Wandelung rechtfertigen, weil es bei seiner Herstellung nicht die erforderliche Sorgfalt erfahren hat und der Käufer das Auftreten immer neuer, auf unsachgemäße Ver- und Bearbeitung zurückzuführender Ausfälle befürchten muß (vgl. OLG Frankfurt NZV 1990, 70; OLG Köln NJW-RR 1992, 1147 = VersR 1992, 584; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 6. Aufl. Rdn. 726; Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 7. Aufl., § 11 Nr. 10 b Rdn. 45). Dies ist jedenfalls für den Bereich des Neuwagenkaufs anerkannt. Vorliegend handelt es sich aber nicht um ein Neuwagengeschäft, weil die Leasinggeberin das in Rede stehende Fahrzeug erst nach 1/2jähriger Benutzung als Vorführwagen mit einem Kilometerstand von 10.000 km erworben hat. Ob auch ein solcher Kaufvertrag unter dem Gesichtspunkt des „Montagsautos” gewandelt werden kann, bedarf hier indes keiner Entscheidung.
Denn ein Wandelungsanspruch des Klägers scheitert jedenfalls daran, daß nicht festgestellt werden kann, daß das streitbefangene Fahrzeug tatsächlich ein „Montagsauto” ist. Die klägerseits beanstandeten Mängel lassen nicht sicher auf eine minderwertige Produktion des Fahrzeugs schließen. Für einen Teil der Mängel läßt sich dies schon deshalb nicht annehmen, weil sie nicht kurze Zeit nach der Auslieferung, sondern mindestens 1/2 Jahr später und erst nach einer Laufleistung von mindestens 10.000 km hervortraten und daher ebensogut auf Verschleiß oder eine unsachgemäße Behandlung zurückzuführen sein können, ohne daß sich dies näher aufklären ließe. Dies gilt jedenfalls für die Verstellung der Handbremse, der Scheibenwaschanlage und der Spur sowie für die Ablösung des Gummis am Frontspoiler. Beweisbelastet dafür, daß ein „Montagsauto” vorliegt, ist indes der Kläger.
Die weiteren Mängel,
- auslaufendes Öl aus der Hydraulik an der Heckklappe,
- Elektronik des Schiebedachs defekt,
- Loch in der Dämmung der Motorhaube,
- fehlende Grundierung der Heckklappe,
- loser Griff Innenseite Heckklappe,
- Griff der Beifahrertüre gelöst,
- abplatzender Lack auf der Silikonfuge (alle übrigen Lackmängel – Lack im Bereich der Nachlackierung verschoben, zwei Befestigungsschrauben zu fest angezogen, Schlagmarken am Scharnier der Heckklappe und im Bereich der Aufnahme des Heckklappenbolzens – stehen nach dem Klägervortrag im Zusammenhang mit der Nachbesserung, sind also ebensowenig Herstellungsmängel wie die angeblichen Lackblasen am Bolzen der Heckklappe),
- Außenthermometer defekt,
können zwar Verarbeitungsmängel darstellen. Näherer Aufklärung bedarf dies aber nicht. Selbst wenn es sich um Produktionsmängel handeln sollte, wären diese – auch unter dem Blickwinkel, daß sie nicht sogleich nach der Auslieferung des Fahrzeugs, sondern erst nach einem Gebrauch von mindestens sechs Monaten und 10.000 km Laufleistung auftraten – nicht so bedeutend, daß aus der Sicht eines verständigen Käufers von einem „Montagsauto”, das alsbald weitere, insbesondere gravierende Ausfälle befürchten läßt, gesprochen werden könnte. Nur dann wäre das Vertrauen der Leasinggeberin in die Qualität des Fahrzeugs aber so zerstört gewesen, daß ihr ein Festhalten am Kaufvertrag nicht mehr hätte zugemutet werden können.
Daß es sich hier anders verhält, wird im übrigen durch die weitere Entwicklung bestätigt. Denn neue Fahrzeugmängel sind seit Eingang der Klage nicht hervorgetreten.