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Ferienwohnung in Spanien – coronabedingtes Einreiseverbot – Rückzahlung

AG Bremen – Az.: 9 C 360/20 – Urteil vom 14.01.2021

1.1 Der Beklagte wird verurteilt an die Kläger 500,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab 30. Mai 2020 zu zahlen.

1.2 Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 63,96 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Mai 2020 zu zahlen.

2.1 Die Kläger werden gesamtschuldnerisch verurteilt, den Haustürschlüssel zur Parterre-Wohnung, P…, sowie den Schlüssel zum Grundstück und Pool, sowie die Fernbedienung der im Hau befindlichen Garage an den Beklagten und Widerkläger herauszugeben,

2.2 Den Klägern wird für die Herausgabe eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft des Urteils gesetzt, nach deren Ablauf der Beklagte und Widerkläger die Leistung ablehnt.

2.3 Für den Fall, dass die Herausgabe nicht fristgerecht erfolgt, werden die Kläger gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Beklagten und Widerkläger einen Betrag i. H. v. 350,00 € nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszins hieraus seit Fristablauf zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 41 % und der Beklagte zu 59 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert der Klage wird auf 500,00 € festgesetzt; der Streitwert der Widerklage beträgt insgesamt 350,00 €.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Erstattung der von Ihnen geleisteten Anzahlung für eine Ferienwohnung. Der Beklagte verlangt Rückgabe des Schlüssels der Wohnung.

Die Kläger mieteten vom Beklagten die Ferienwohnung in Spanien, Parterre-Wohnung in der Villa R… für den Zeitraum vom 25. Mai bis 08. Juni 2020.

Nach Anzahlung von 500 € am 23.12.2019 traten die Kläger die Reise nicht an und kündigten den Mietvertrag mit Schreiben vom 03.April 2020.

Die Schlüssel der Ferienwohnung waren den Klägern zugegangen.

Auf die vorgerichtlichen Anwaltsschreiben der Kläger reagierte der Beklagte nicht.

Die Kläger behaupten, dass sie wegen der Covid-19 Pandemie die Reise aufgrund eines Einreise- und Vermietungsverbots nicht hätten antreten dürfen. Weiter behaupten sie, die Schlüssel mit Schreiben vom 03.04.2020 an den Beklagten zurückgeschickt zu haben.

Die Kläger beantragen,

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger 500,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab 30. Mai 2020 zu zahlen,

2. den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 63,96 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab 30. Mai 2020 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, Die Klage abzuweisen.

Er erhebt Widerklage und beantragt,

1. die Kläger und Widerbeklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilt, den Haustürschlüssel zur Parterre-Wohnung, P…, sowie den Schlüssel zum Grundstück und Pool, sowie die Fernbedienung der im Hau befindlichen Garage an den Beklagten und Widerkläger herauszugeben,

2. den Klägern und Widerbeklagten wird für die Herausgabe eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft des Urteils gesetzt, nach deren Ablauf der Beklagte und Widerkläger die Leistung ablehnt,

3. für den Fall, dass die Herausgabe nicht fristgerecht erfolgt, werden die Kläger und Widerbeklagten gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Beklagten und Widerkläger einen Betrag i. H. v. 350,00 € nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszins hieraus seit Fristablauf zu zahlen.

Die Kläger beantragen, die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, dass die Ferienwohnung zur Vermietung für die Kläger freigehalten worden sei. Es unterläge nicht seiner Sphäre, wie die Kläger an ihr Ziel gelangen.

Das Gericht hat am 14.12.2020 eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren beschlossen.

Entscheidungsgründe

Die Anordnung des schriftlichen Verfahrens nach § 495a ZPO war statthaft, weil auf den Zuständigkeitsstreitwert der Klage von weniger als 600 € abzustellen ist; die Anhebung der Beschwer durch die Widerklage ist unerheblich (vgl. Zöller, 30. A., § 495a, Rn. 5).

1. Die zulässige Klage ist begründet.

Ein Anspruch der Kläger auf Erstattung der geleisteten Anzahlung besteht gemäß §§ 313, 314 BGB.

Die in Deutschland ansässigen Parteien schlossen in Deutscher Sprache einen Mietvertrag (Anlage K1, Bl. 16 d.A.), weshalb Deutsches Recht Anwendung findet.

Die Parteien vereinbarten – entsprechend dem Wohnsitz des Beklagten nach §§ 12, 13 ZPO – Bremen als Gerichtsstand. Die ausschließliche Zuständigkeit nach § 29a I ZPO ist bei der kurzzeitigen Anmietung eines im Ausland befindlichen Ferienhauses mit entsprechendem Inventar nicht gegeben (vgl. Zöller, 30. A., § 29a, Rn. 5).

Der Beklagte ist nicht berechtigt, den vorab vereinnahmten Mietzinsanteil, der in Erwartung des Vollzugs der Anmietung geleistet wurde, zu behalten (vgl. § 812 I 2 BGB). Denn eine persönliche Verhinderung der Kläger im Sinne des § 537 BGB lag nicht vor.

Ferienwohnung in Spanien – coronabedingtes Einreiseverbot - Rückzahlung
(Symbolfoto: Von Mahara /Shutterstock.com)

Vielmehr hat die seit Februar 2020 in Europa grassierende Corona-Pandemie die Geschäftsgrundlage des am 07.12.2019 abgeschlossenen Mietvertrags und den zum Zeitpunkt der Zahlung am 23.12.2019 noch bestehenden Rechtsgrund nachträglich entfallen lassen (vgl. Palandt, 80. A., § 536, Rn. 13). Den Klägern stand nach dem Ausbruch der Pandemie, die insbesondere auch in Spanien frühzeitig auftrat, ein fristloses Kündigungsrecht zu (vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 08. September 1988 – 2 S 82/87 –, juris: Kündigungsrecht der Mieter eines Ferienhauses in Ungarn nach Reaktorkatastrophe von Tschernobyl). Dieses übten die Kläger mit schriftlicher Erklärung vom 03.04.2020 aus.

Es kann dahinstehen, ob den Klägern im Anmietungszeitpunkt (ab 25.05.2020) die Einreise aus Deutschland nach Spanien verboten war und also ein Fall der rechtlichen Unmöglichkeit vorlag. Denn es lagen bei objektiver Betrachtung gewichtige Gründe vor, die Reise nicht anzutreten. Die Kläger hätten sich im Fall der Anreise nicht nur selbst einem gesteigerten gesundheitlichen Risiko ausgesetzt; vielmehr hätten sie auch die Wahrscheinlichkeit der internationalen Verbreitung der Seuche erhöht. Die Reisestornierung erfolgte insofern auch aus übergeordneten öffentlichen Interessen. Insofern mag offenbleiben, ob die allgemeine Coronagefährdungslage und die damit einhergehenden behördlichen Auflagen als Mangel der Mietsache zu bewerten gewesen wären (vgl. Palandt, 80. A., § 536, Rn. 18, 20).

An den Folgen der Covid-19 Erkrankung dürften mittlerweile deutlich mehr Menschen verstorben sein, als nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Der Ausbruch der Pandemie mit mittlerweile weltweit ca. 1 Million Toten ist unzweifelhaft als höhere Gewalt zu bewerten.

Da die Geschäftsgrundlage vor Reiseantritt entfiel, schulden die Kläger keine anteilige Bezahlung; die Vorauszahlung ist vollständig auszukehren (vgl. die Wertung nach § 651l II 2 BGB).

Da sich der Beklagte im Zeitpunkt der Mandatierung im Rückzahlungsverzug befand, sind auch die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erstattungsfähig (§§ 286, 249 BGB). Die Zinsen folgen aus § 288 BGB.

2. Die gemäß § 33 ZPO zulässige Widerklage ist begründet (§ 985 BGB).

Die Kläger haben nicht bestritten, einen Schlüssel zur Wohnung erhalten zu haben. Nach dem Wegfall der Geschäftsgrundlage hätten sie den Schlüssel dem Vermieter zurückgeben müssen.

Es kann dahinstehen, ob die Kläger den Schlüssel zur Post aufgaben, wie unter Beweisangebot vorgetragen. Denn die Kläger bleiben beweisfällig, dass der Schlüssel dem Beklagten zuging. Die Aufgabe eines Poststücks bewirkt nämlich keine Beweisvermutung für den Zugang desselben (vgl. Palandt, 80. A., § 130, Rn. 6). Der Beklagte hat eidesstattlich versichert, den Schlüssel bislang nicht erhalten zu haben.

Nach Ansicht des Gerichts ist die Schlüsselrückgabe nach Beendigung eines Mietvertrags eine Bringschuld und keine bloße Schickschuld (ausführlich: AG Brandenburg, NJW-RR 2014, 1227 Ziff. 6 ff. m.w.N.). An sich hätte die Schlüsselrückgabe am Ort der Belegenheit des Grundstücks erfolgen müssen (vgl. Palandt, 80. A., § 269, Rn. 12). Da beide Parteien in Deutschland ansässig sind und vorliegend wegen der Gefährdungslage gerade keine Anreise nach Spanien erfolgte, galt bei verständiger Vertragsauslegung eine Rückgabepflicht am Ort des Gläubigers. Denn die Besitzaufgabe an einer Mietwohnung erfolgt durch die (erfolgreiche) Schlüsselrückgabe an den Vermieter; diesem muss vom Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses wieder der unmittelbare Besitz im Sinne des § 854 BGB verschafft werden (vgl. Palandt, 80. A., § 546, Rn. 4). Erforderlich ist insofern, dass der Vermieter wieder die tatsächliche Sachherrschaft über den Schlüssel erlangt, wofür die Mieter beweispflichtig sind (vgl. Palandt, 80. A., § 546, Rn. 16).

Die in Sittensen wohnhaften Kläger hätten den Schlüssel dem Beklagten in Bremen persönlich zurückgeben können oder den Schlüssel (ggf. versichert) per Einwurfsendung verschicken können, um den Zugang beim Beklagten sicherzustellen.

Selbst wenn der Beklagte im Besitz weiterer Schlüssel sein sollte, schulden die Kläger die erfolgreiche Rückgabe des Zweitschlüssels, weil ansonsten ein Sicherheitsrisiko bestünde.

Somit war nicht mehr in die Beweisaufnahme zur behaupteten Abgabe des Schlüssels im Zuge der Versendung des Kündigungsschreibens einzutreten. Denn selbst wenn feststünde, dass der Schlüssel ursprünglich in das Kuvert mit der Kündigungserklärung gelegt wurde, könnte er während der anschließenden Zustellungsphase noch abhanden gekommen sein (z.B. Durchstechen des relativ schweren und spitzen Schlüssels durch das Papier).

Der gestaffelte Widerklageantrag ist gemäß §§ 255, 259, 260 ZPO bzw. § 510b ZPO statthaft (vgl. Zöller, 30. A., § 255, Rn. 5, 3). Dass bei zukünftiger Unterlassung der Schlüsselherausgabe ein Schadensersatzanspruch des Beklagten in Betracht kommt, ist plausibel, weil die Schließanlage aus Sicherheitsgründen ggf. zu ersetzen sein wird (AG Brandenburg, NJW-RR 2014, 1229 für Verlust des Schlüssels des Vermieters auf dem Postweg). Auf den geringeren Aufwand der Anfertigung eines Zweitschlüssels ist nicht abzustellen. Die Kosten eines Sicherheitsschlosses nebst Einbau schätzt das Gericht antragsgemäß auf 350,00 € (§ 287 ZPO).

3. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92, 713 ZPO. Da keine Partei mit mehr als 600 € beschwert ist, dürfte die Sache nicht berufungsfähig sein und also keine Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bestehen.

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