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Flugannullierung – Entschädigungsansprüche nach Fluggastrechteverordnung

AG Düsseldorf – Az.: 44 C 48/20 – Urteil vom 28.04.2020

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 400,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 21.09.2019 zu zahlen sowie die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,54 EUR freizustellen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin macht wegen einer Flugannullierung Entschädigungsansprüche gemäß Der Fluggastrechteverordnung geltend.

Die Klägerin war aufgrund einer einheitlichen Buchung Inhaberin einer bestätigten Buchung eines Fluges am 15.07.2019 von Düsseldorf nach Istanbul von 15:20 Uhr bis 19:25 Uhr (Flugnr. …) und von Istanbul nach Antalya von 23:00 Uhr bis zum 16.07.2019 0:20 Uhr (Flugnr. …). Die Beklagte, ein in der Türkei ansässiges Flugunternehmen, war ausführendes Luftfrachtunternehmen. Der Anschlussflug verspätete sich. Die Klägerin erreichte Antalya am 16.07.2019 um 3:40 Uhr. Eine Information über ihre Rechte aus der Fluggastrechtverordnung seitens der Beklagten erfolgte nicht. Mit anwaltlichem Schreiben vom 3.09.2019 ließ die Klägerin die Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung von 400,00 EUR sowie zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten auffordern.

Die Klägerin beantragt, wie erkannt.

Die Beklagte hat sich innerhalb der ihr gesetzten Frist zur Klageerwiderung nicht eingelassen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gemäß Art. 5, 7 der VO (EG) 261/2004 einen Flugentschädigungsanspruch in der tenorierten Höhe.

Dieses ergibt sich nach nochmaliger Prüfung der höchstrichterlichen Rechtsprechung des EuGH zu der Thematik von Anschlussflügen.

Nach EuGH vom 31.05.2018 Az: C-537/17 ist ein einheitlicher gemäß Art. 3 Abs. 1 a) VO (EG) 261/2004 Flug auch dann anzunehmen, wenn eine Zwischenlandung verbunden mit einem Wechsel des Fluggerätes auf dem Gebiet außerhalb der EU erfolgt. Begründet wird dieses mit dem durch die Fluggastrechteverordnung bezweckten Verbraucherschutzes, der es gebietet für die Auslegung auf die Betroffenheit des Fluggastes durch Annullierungen und diesen gleichzustellenden großen Verspätungen von drei oder mehr Stunden abzustellen und zu prüfen, ob unterschiedliche Fluggestaltungen aufgrund sachlicher Gründe eine unterschiedliche Behandlung der Fluggäste erlauben. Für den Fall des Zubringer- und Anschlussfluges im Vergleich zum Direktflug hat das die höchstrichterliche Rechtsprechung sowohl des BGH als auch des EuGH verneint. Der EuGH dehnt diese Rechtsprechung nunmehr ausdrücklich auf die Gestaltung der Zwischenlandung auf dem Gebiet eines Drittstaates aus.

Flugannullierung - Entschädigungsansprüche nach Fluggastrechteverordnung
(Symbolfoto: Von People Image Studio/Shutterstock.com)

Dem ist jedenfalls dann zuzustimmen, wenn, wie hier, dieselbe Luftfrachtgesellschaft den Zubringer- wie den Anschlussflug durchführt. Es wäre sachwidrig, wenn es der Luftfrachtgesellschaft durch Zwischenlandungen ermöglicht würde, Entschädigungsansprüchen zu entgehen oder diese zu reduzieren, obwohl inhaltlich eine identische Leistung gegenüber dem Fluggast vorliegt wie bei einem Direktflug. Zwar lag der vorzitierten Entscheidung des EuGH eine Fallgestaltung vor, bei der von der Störung der Zubringerflug betroffen war, da er sich verspätete. Jedoch ist sie auch auf den vorliegenden Fall der Störung des Anschlussfluges anzuwenden. Es ist für den Fluggast hinsichtlich seiner Beeinträchtigung ohne Bedeutung, ob die Störung auf dem Zubringer- oder dem Anschlussflug auftritt. Zumindest in der Gestaltung, dass dieselbe ausführende Luftfrachtgesellschaft beide Teilflüge ausführt, gibt es keinen sachlichen Grund, den gestörten Anschlussflug anders als den gestörten Zubringerflug zu behandeln. Wie die Betroffenheit des Fluggastes weist hier auch die Verantwortlichkeit des Flugunternehmens die gleiche Nähe zum bezweckten Regelungsbereich der Fluggastrechteverordnung auf, denn es geht um die organisatorische Einflusssphäre eines Flugunternehmens, welches einen zusammengesetzten Flug in dem Gebiet der EU gestartet hat (vgl. Henrik Nikolai Möllring, Bedeutung von Anschlussflugverbindungen für Fluggastrechte NJW 2019, 6).

Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus § 288 BGB.

Der Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus Art. 14 VO (EG) 261/2004, 280 Abs. 1, 249, 257 BGB. Da es sich nicht um eine Geldforderung handelte, konnte die Klägerin diesbezüglich keine Zinsen beanspruchen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Zulassung der Berufung folgt aus § 511 Abs. 4 ZPO, da zu der hier relevanten Rechtsfrage der Störung eines Anschlussfluges auf dem Gebiet eines Drittstaates bislang keine einheitliche Rechtsprechung vorliegt.

Streitwert: 400,00 EUR

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