LG Nürnberg-Fürth
Az.: 3 O 1435/98 (nicht rechtskräftig)
Urteil vom 20.05.1998
(aus Anwaltsblatt 10/98)
(vgl. Berufungsentscheidung des OLG Nürnberg hierzu!)
Das Vorhalten eines Gästebuchs im Internet schafft, u.a. durch die unkontrollierte Möglichkeit, dort subjektive Belobigungen niederzulegen, eine Begehungsgefahr hinsichtlich unsachlicher Werbung.
Aus den Gründen:
Das Vorhalten eines Gästebuchs durch den Verfügungsbeklagten schafft eine Begehungsgefahr hinsichtlich einer unsachlichen und daher mit § 43b BRAO nicht zu vereinbarenden Werbung des Verfügungsbeklagten. Dies ist dem Verfügungsbeklagten zu untersagen gem. § 1UWG.
1. Die Verfügungsklägerin ist als unmittelbar Verletzte aktivlegitimiert. Beide Kanzleien liegen im Großraum Nürnberg mit der Folge, daß eine unlautere Werbung des Verfügungsbeklagten zum Abzug/Abwandern von Mandaten der Verfügungsklägerin führen kann.
2. Der Verfügungsbeklagte ist zur Unterlassung einer drohenden unsachlichen Werbung verpflichtet, §§ 43b BRAO, 1 UWG (Baumbach/Hefermehl, WettbewerbsR, 19. Auflage, § 1UWG, Rn. 682a).
a. Werbung ist dem Rechtsanwalt nur erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrages im Einzelfall gerichtet ist, § 43b BRAO.
b. Durch das Vorhalten eines Gästebuchs auf seiner Homepage im Internet schafft der Verfügungsbeklagte die konkrete Gefahr einer unsachlichen Werbung für seine Tätigkeit als Rechtsanwalt. Aufgrund dieser Begehungs- gefahr ist er zur Unterlassung verpflichtet.
Auszugehen ist von der eigentlichen Bedeutung eines Gästebuchs, nach der ein Gast seine Meinung über den Gastgeber und/oder dessen Leistungen im Gästebuch niederlegen kann. Diese eigentliche Funktion eines Gästebuchs wird von anderen Benutzungsmöglichkeiten -wie z.B. der Diskussion von Schutzvorschriften- nicht beseitigt.
So wie der weit überwiegende Teil der Gäste in ein Gästebuch am Urlaubsquartier regelmäßig positive Dinge niederschreibt, d.h. Lob und Anerkennung, so ist nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, daß auch in einem Gästebuch auf einer Homepage des Rechtsanwalts jedenfalls ein deutlicher Teil der „Besucher“ dieser Homepage Positives über den diese Homepage unterhaltenden Rechtsanwalt im Gästebuch niederlegen wird.
Hinzu kommt, daß der Verfügungsbeklagte den Inhalt des Gästebuchs nicht beeinflussen kann. Die Möglichkeit einer Löschung von Einträgen kann deshalb außer Betracht bleiben, da nicht davon ausgegangen werden kann, daß der Verfügungsbeklagte rund um die Uhr jegliche Einträge in sein Gästebuch überwacht.
Somit liegt die Begehungsgefahr einer unsachlichen Werbung -in Form von subjektiven Belobigungen des Verfügungsbeklagten und von dessen Leistungen- nahe und auf der Hand. Die Präsentation derartiger Belobigungen auf der eigenen Homepage im zugehörigen Gästebuch durch einen Rechtsanwalt stellt Werbung dar.
Die Standesregeln der Rechtsanwälte der europäischen Gemeinschaften müssen schon deshalb außer Betracht bleiben, da sie mangels Normqualität der BRAO nicht vorgehen.