LG Limburg – Az.: 2 O 407/15 – Urteil vom 15.09.2017
– Die Klage wird abgewiesen.
– Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
– Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, soweit nicht der Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem Beklagten Rückgewähr-, Schadensersatz- und Verwendungsersatzansprüche anlässlich eines Gebrauchtwagenkaufs.
Das streitgegenständliche Fahrzeug, ein Mercedes Benz E 280, Erstzulassung 1996, wurde im Jahr 1996 auf die …..GmbH angemeldet, deren Geschäftsführer der Beklagte war. 2005 wurde das Fahrzeug auf den Beklagten umgeschrieben. Inwieweit das Fahrzeug sodann von dem Vater des Klägers allein genutzt worden ist, ist zwischen den Parteien streitig. Im September 2011 fanden eine Hauptuntersuchung und ein Bremsenwechsel bei dem Fahrzeug statt. Im Rahmen dieser Arbeiten erhielt der Beklagte keine Mitteilung über eine Korrosion am Fahrzeug. Im Jahr 2012 wollte der Beklagte das streitgegenständliche Fahrzeug sodann veräußern. Hierfür beauftragte er die ….. GmbH, die das Fahrzeug auf einer Internetseite inserierte. In diesem Inserat war angegeben: „Fahrzeug hat keinen Rost“. Inwieweit die …… GmbH selbst als Verkäuferin auf der Internetseite registriert war, ist zwischen den Parteien streitig. Wegen der weiteren Einzelheiten des Inserates wird auf die Anlage zur Klageschrift vom 08.12.2015, Bl. 38-39 der Akte, verwiesen.
Der Kläger besichtigte hierauf das Fahrzeug bei der ……GmbH. Am 19.06.2012 schlossen die Parteien, der Beklagte vertreten durch die ….. GmbH, einen schriftlichen Kaufvertrag über das Fahrzeug zu einem Kaufpreis von 3.300,- €. Das Fahrzeug hatte zu diesem Zeitpunkt eine Laufleistung von 141.400 km. In dem Vertrag war unter der vorgegebenen Überschrift „Handelt der Käufer als Unternehmer, so wird Folgendes vereinbart“ handschriftlich eingefügt „Unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung, da Privatkauf“. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf die Anlage zum Beklagtenschriftsatz vom 15.01.2016, Bl. 73 der Akte, verwiesen. Die Zahlung des Kaufpreises und die Übergabe des Fahrzeuges fanden am Tag des Vertragsschlusses statt.
Am 03.09.2012 stellte der Kläger das Fahrzeug bei einem Kilometerstand von 144.582 km bei der………. GmbH vor. Zu diesem Zeitpunkt waren die Schweller links und rechts eingedrückt. Weiterhin war der Federbeindom vorne rechts ausgerissen, wobei an der Abrissstelle der Federaufnahme starke Korrosionsspuren im Bereich des Radhauses feststellbar waren. Weiterhin war feststellbar, dass die Motorhaube, die Seitenwand rechts und die Türen vorne und hinten rechts nachlackiert worden waren und dass das mit einem Automatik-Getriebe ausgestattete Fahrzeug im zweiten und nicht im ersten Gang anfuhr. Ursache für die fehlerhafte Schaltung des Automatik-Getriebes war, dass eine Kommunikation zwischen dem Motorsteuergerät bzw. zwischen dem Diagnosecomputer und dem Getriebesteuergerät nicht möglich war, was dazu führte, dass das Fahrzeug in einem Notlaufprogramm fuhr.
Für das Gutachten wendete der Kläger 1.155,89 € auf. Weiterhin ließ der Kläger am 06.09.2012 unter anderem den Federbeindom reparieren und bis zum 27.11.2012 mehrerer weitere Reparaturen an dem Fahrzeug durchführen. Zudem erwarb er am 09.11.2012 Winterreifen für das Fahrzeug.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.11.2012 wandte sich der Kläger an den Beklagten und erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag sowie „höchst vorsorglich“ die Anfechtung der abgegebenen Willenserklärung.
Der Kläger ist der Ansicht, dass kein wirksamer Gewährleistungsausschluss bestünde, da er nicht als Unternehmer, sondern unstreitig als Verbraucher gehandelt habe. Er behauptet, dass er das Fahrzeug zweimal besichtigt habe und ihm von einem Angestellten der ….GmbH bei beiden Besichtigungen zugesichert worden sei, dass das Fahrzeug unfallfrei sei. Weiterhin sei ihm bei der zweiten Besichtigung auf ausdrückliche Nachfrage erklärt worden, dass das Fahrzeug keinen Rost aufweise.
Die Beschädigungen an den Schwellern seien bereits bei der Übergabe des Fahrzeuges vorhanden gewesen und Folge eines verschwiegenen Unfallschadens. Auch die Nachlackierungen, welche zwischen den Parteien unstreitig bereits bei Gefahrübergang bestanden, seien auf ein verschwiegenes Unfallereignis zurückzuführen. Selbst wenn die Nachlackierungen aber auf die Beseitigung von Korrosionsspuren zurückzuführen seien, seien diese nicht sach- und fachgerecht, da der Spachtelauftrag zu dick sei und daher die Gefahr bestünde, dass der Spachtel beim Schließen der Türen reiße. Weiterhin behauptet der Kläger, dass die Korrosion am Federbeindom bereits zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeuges vorgelegen habe.
Der Kläger ist der Ansicht, dass der Kaufvertrag rückabgewickelt werden müsse. Die Gutachterkosten seine vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie ein Nutzungsausfall seien im Wege des Schadensersatzes, die Reparaturkosten und der Kauf der Winterreifen als Verwendungsersatz zu erstatten.
Der Kläger beantragt:
– der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.944,88 € nebst 5%-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 20.06.2012 aus 3.300,00 EUR und aus weiteren 4.644,88 EUR seit Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 729,23 EUR Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeuges Mercedes-Benz E 280, Fahrzeugidentnummer ………., zu zahlen.
– es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziffer 1) spezifizierten Fahrzeuges spätestens seit dem 23.11.2012 in Verzug befindet.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung und behauptet, dass sein Bruder, der das Auto zwecks des Verkaufs zur ….. GmbH verbracht habe, und Herr …. einen Rundgang um das Auto gemacht hätte und äußerlich kein Rost vorhanden gewesen sei. Sein Vater, der das Fahrzeug genutzt habe, habe das Fahrzeug stets in einer Fachwerkstatt gewartet und reparieren lassen. Das Fahrzeug habe bei der Übergabe keine Unfallschäden aufgewiesen. Soweit unstreitig an dem Fahrzeug eine Nachlackierung stattgefunden habe, sei dies nicht auf einen Unfallschaden zurückzuführen. Im Übrigen läge in Bezug auf die beschädigten Schweller selbst dann kein verschwiegener Unfallschaden vor, wenn diese zum Zeitpunkt der Übergabe bereits beschädigt gewesen wären, da die Beschädigung der Schweller offensichtlich sei.
Die Kammer hat Beweis erhoben durch die Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl. Ing. ….. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 18.05.2017, Bl. 200-222 der Akte, verwiesen.
Die Parteien haben einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt. Die Zustimmung der Beklagtenseite ging am 14.07.2017 und die Zustimmung der Klägerseite am 04.08.2017 bei Gericht ein.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
1.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Rückzahlung des Kaufpreises gemäß der §§ 346 Abs. 1, 323, 437 Nr. 2, 434, 433 BGB.
Die Parteien haben im Vertrag grundsätzlich einen Gewährleistungsausschluss vereinbart. Dem steht auch nicht entgegen, dass der handschriftlich in das Vertragsformular eingefügte Passus im Zusammenhang mit der im Vertrag vorgegebenen Formulierung „Handelt der Käufer als Unternehmer, so wird Folgendes vereinbart“ steht. Den Parteien war bei Abschluss des Vertrages unstreitig bewusst, dass sie jeweils als Verbraucher handelten. Dass sie entgegen des Formulartextes gerade im Hinblick hierauf den Gewährleistungsausschluss vereinbaren wollten, zeigt sich unzweifelhaft darin, dass sie zur Begründung von diesem in dem handschriftlichen Zusatz gerade den Umstand des Privatkaufs hervorgehoben haben. Mängel am Automatik-Getriebe oder bei der Nachlackierung des Fahrzeuges können daher keine Ansprüche des Klägers begründen.
Offen bleiben kann, inwieweit ein Haftungsausschluss in Bezug auf den unstreitigen Korrosionsschaden im Bereich des Radhauses vorne rechts wegen des Vorliegens einer zugesicherten Eigenschaft unwirksam ist, § 444 BGB. Sofern man grundsätzlich von der Zulässigkeit eines Rücktritts ausgehen kann, fehlt es zumindest an einer Fristsetzung zur Nacherfüllung, § 323 Abs. 1 BGB. Eine solche war auch nicht entbehrlich. Eine Entbehrlichkeit könnte sich hier allenfalls daraus ergeben, dass der Beklagte das Vorliegen von Rostschäden arglistig verschwiegen hat. Dies ist jedoch nicht anzunehmen. Der Beklagte hatte unstreitig keine positive Kenntnis vom im Radhaus befindlichen Rost gehabt. Möglich wäre daher nur das der Beklagte Verdachtsmomente „auf gut Glück“ verschwiegen oder sogar umgekehrt „ins Blaue hinein“ Angaben über das Fehlen von Mängeln gemacht hat, obwohl er wusste, dass er insofern nicht über die notwendigen Informationen verfügt. Um allerdings die Arglist nicht in den Bereich der bewussten Fahrlässigkeit hinein auszudehnen, ist hierbei zumindest erforderlich, dass der Beklagte mit dem Vorhandensein eines Mangels oder der Unrichtigkeit seiner Angaben rechnete (vgl. statt aller: BeckOK BGB/Faust BGB § 438 Rn. 36-45, beck-online). Dafür ergeben sich jedoch keine Anzeichen. Ein privater Autoverkäufer, der keine äußerlichen Rostspuren wahrnimmt und diese auch von Dritten bei einer Hauptuntersuchung oder Reparaturarbeiten nicht mitgeteilt bekommt, muss nicht mit der Unrichtigkeit der Aussage, dass das Fahrzeug keinen Rost aufweist, rechnen. Dem steht auch nicht entgegen, dass das Fahrzeug zu früheren Zeitpunkten Rost aufwies, der entfernt werden musste, soweit – wie hier – keine Anzeichen für eine Unvollständigkeit dieser Arbeiten bestanden.
Offen bleiben kann auch, ob dem Haftungsausschluss eine zugesicherte Unfallfreiheit des Fahrzeuges gemäß § 444 BGB entgegensteht. Vorliegend kann gerade nicht davon ausgegangen werden, dass bei dem Fahrzeug zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges bereits Unfallschäden vorhanden waren. Der Sachverständige …. hat in seinem plausiblen und von den Parteien nicht in Frage gestellten Gutachten nachvollziehbar ausgeführt, dass die vorgenommenen Nachlackierungen nicht den Schluss auf eine Unfalleigenschaft des Fahrzeuges zulassen, sondern technisch mit der Beseitigung früherer Korrosionsschäden in Einklang zu bringen sind. Weiterhin hat der Sachverständige ausgeführt, dass in Bezug auf den Schaden am linken Schweller zwar von einem Unfallschaden auszugehen sei, es aber nicht nachvollziehbar sei, ob dieser Unfallschaden bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs bestand. Hierbei hat der Sachverständige auch die Ausführungen in dem vorgelegten Privatgutachten berücksichtigt. Gegen das Vorliegen eines Schadens an den Schwellern des Fahrzeuges bei Gefahrübergang spricht zudem, dass diese auch bei einer laienhaften Besichtigung des Fahrzeuges erkennbar sind. Wären diese daher bereits bei Gefahrübergang vorhanden gewesen, wäre es plausibel, dass diese dem Kläger bereits bei der mehrfachen Besichtigung des Fahrzeuges auffallen wären.
2.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch gegen den Beklagten gemäß § 812 I Satz 1, 1. Alt BGB wegen einer möglichen – hilfsweise erklärten – Anfechtung des Kaufvertrages. Die Voraussetzungen für eine Anfechtung liegen nicht vor. Weder in Bezug auf die unstreitig vorliegende Korrosion im rechten vorderen Radhaus noch in Bezug auf ein von der Klägerseite behauptetes früheres Unfallereignis liegt eine arglistige Täuschung bzw. ein arglistiges Verschweigen im Sinne des § 123 BGB vor. Insoweit kann auf die Ausführungen unter Ziffer 1. verwiesen werden.
3.
Auch die weiteren von der Klägerseite geltend gemachten Ansprüche liegen mangels bestehender Gewährleistungsansprüche bzw. mangels einer wirksamen Anfechtung nicht vor.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung bzgl. der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.