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Gebrauchtwagenkauf – 1. Hand als Beschaffenheitsvereinbarung

AG Weiden – Az.: 2 C 70/16 – Urteil vom 11.05.2016

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 300,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.09.2015 sowie vorgerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 83,54 € zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 70 %, die Beklagte zu 30 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vorab Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten einen Anspruch wegen Kaufpreisminderung geltend.

Die Klägerin erwarb mit Kaufvertrag vom 05.09.2015 von der Beklagten einen gebrauchten PKW Volkswagen Tiguan 2,0 TDIDPF Motion DSG zum Kaufpreis von 20.300.00 €. In der unter A. eingestellten Fahrzeugbeschreibung wurde u.a. angegeben „1. Hand“. Der Kaufvertrag erfolgte unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. Im Kaufvertrages ist die Erklärung des Verkäufers enthalten, dass das Kfz – soweit ihm bekannt – 0 Vorbesitzer hatte. In der Zulassungsbescheinigung Teil II waren zwei Halter eingetragen, die Beklagte sowie deren Tochter … wohnhaft unter der gleichen Adresse wie die Beklagte, wobei die Eintragung der Beklagten am 29.02.2012 sowie die Eintragung ihrer Tochter am 11.01.2013 erfolgte.

Klägerseits wird vorgetragen, die von der Beklagten zugesicherte Ersthandeigenschaft sei unrichtig gewesen. Es fehle somit eine zugesicherte Eigenschaft. Das Inserat unter A… habe dem Kaufvertrag zugrunde gelegen. Nach Eingang der Fahrzeugpapiere am 19.09.2015 habe die Klägerin festgestellt, dass zwei Vorbesitzer eingetragen seien. Es sei daher der Preis um 1.000,00 € zu mindern.

Die Klägerin beantragt zuletzt, die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.09.2015 sowie vorgerichtliche Anwaltsgebühren, die nicht in den Prozess übergehen, in Höhe von 147,56 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Beklagtenseits wird eingewandt, das streitgegenständliche Gebrauchtfahrzeug sei zunächst zum Kaufpreis von 21.900,00 € angeboten und der Kaufpreis durch Verhandeln reduziert worden. Die Klägerin habe das Fahrzeug nach ausführlicher Begutachtung und Besichtigung erworben. Der Beklagten sei von der V.-Bank bestätigt worden, dass keine Vorbesitzer vorhanden seien. Der Fahrzeugbrief sei bei der V.-Bank verblieben. Bei Abschluss des Kaufvertrages sei der Beklagten nicht weiter bewusst gewesen, dass die Tochter später wohl aus rein versicherungstechnischen Gründen als Halterin eingetragen worden sei. Das Fahrzeug sei für die Tochter … … angeschafft worden und allem von dieser gefahren worden, was der Klägerin auch bei Abschluss des Kaufvertrages mitgeteilt worden sei. Die Eintragung der Tochter als weitere Halterin spiele keine Rolle.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Sitzungsprotokolle vom 02.03.2016 und 20.04.2016 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Gebrauchtwagenkauf - 1. Hand als Beschaffenheitsvereinbarung
(Symbolfoto: RossHelen/Shutterstock.com)

Die zulässige Klage erweist sich im Ergebnis als teilweise begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 300,00 € gemäß §§ 434, 437 Nr. 2, 441 BGB.

Das Fahrzeug ist bei Gefahrübergang mit einem Sachmangel im Sinne des § 434 BGB behaftet gewesen, da die tatsächliche Anzahl der Halter von der vertraglich vereinbarten Zahl negativ abgewichen ist.

Die Anzahl der Vorhalter stellt eine Beschaffenheit im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB dar aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung der Halteranzahl für die Wertbildung von Fahrzeugen. Die Beklagte kann sich vorliegend auch nicht darauf berufen, dass es sich bei der Angabe der Anzahl der Vorhalter lediglich um eine unverbindliche Wissenserklärung gehandelt hat. Die im Kaufvertrag unter Ziffer 2.5 enthaltene Erklärung der Beklagten bezieht sich eindeutlich auf die Anzahl der Fahrzeughalter. Auf den einschränkenden Zusatz „soweit ihr bekannt“ kann sich die Beklagte streitgegenständlich nicht berufen, da aufgrund des Umstandes, dass die Tochter der Beklagten als zweite Fahrzeughalterin nach der Beklagten eingetragen worden ist und dieser Umstand der Beklagten, auch wenn er ihr eventuell bei Abschluss des Kaufvertrages nicht bewusst gewesen ist, ihr jedoch bekannt gewesen sein muss. Die Beklagte als Verkäuferin haftet daher für die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Erklärung.

Das erkennende Gericht schätzt gemäß §§ 441 Abs. 3 Satz 2 BGB, 287 ZPO vorliegend den Minderungsbetrag auf 300,00 €. Aufgrund der Eintragung der Beklagten sowie deren Tochter als Halterin handelt es sich nicht mehr um ein Fahrzeug aus erster Hand. Die Zulassung auf die Beklagte und deren Tochter beeinträchtigt jedoch streitgegenständlich den Wert des PKW nur unerheblich, da die Wertbeeinträchtigung eines PKW durch eine erhöhte Anzahl von Vorbesitzern allein darauf beruht, dass mit der Anzahl der Vorbesitzer das Risiko einer unterschiedlichen Behandlung und Bedienung des Fahrzeuges steigt. Dieses Risiko ist streitgegenständlich nicht gegeben gewesen, da wie die Beklagte glaubhaft informatorisch angegeben hat und was klägerseits nicht bestritten worden ist, unabhängig von der Eintragung der Beklagten als Fahrzeughalter das Fahrzeug tatsächlich ausschließlich von der Tochter der Beklagten genutzt worden ist. Entscheidend ist jedoch, ob mit der Zulassung auch eine Nutzung des Fahrzeuges einher geht. Eine Wertbeeinträchtigung besteht daher vorliegend in geringem Maße ausschließlich aufgrund des Umstandes, dass gegebenenfalls im Falle eines Wiederverkaufs aufgrund eines weiteren vorhandenen Vorbesitzers ein verminderter Wiederverkaufspreis erzielt werden könnte. Insoweit ist streitgegenständlich jedoch weiter zu berücksichtigen, dass aufgrund der Namens- und Adressengleichheit der beiden Vorhalter auch bei einem Wiederverkauf das verwandtschaftliche Verhältnis der Vorbesitzer erkennbar ist und dadurch bedingt der Wiederverkaufspreis nur unerheblich gemindert sein dürfte.

Der Zinsausspruch sowie die Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist aus Verzugsgesichtspunkten gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit fußt auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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