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Gesamtschuldnerausgleich von getrennt lebenden Ehegatten

OLG Stuttgart, Az.: 15 UF 50/17, Urteil vom 07.06.2017

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Heilbronn vom 20.02.2017 wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens: 2.755 €.

Gründe

I.

Die Beteiligten sind getrennt lebende Ehegatten. Das Scheidungsverfahren ist beim Amtsgericht – Familiengericht – Heilbronn unter dem Aktenzeichen 9 F 1000/14 rechtshängig. Die Antragstellerin bewohnt zusammen mit der gemeinsamen, am ….2008 geborenen Tochter C M die frühere Ehewohnung in …, …, die im hälftigen Miteigentum der Ehegatten steht. Im vorliegenden Verfahren nimmt sie den Antragsteller auf hälftige Beteiligung an den nicht umlagefähigen Hauslasten für den Zeitraum von Oktober 2013 bis September 2016 in Höhe von insgesamt 2.755 € in Anspruch.

Der Antragsgegner hat geltend gemacht, dass die Kosten nicht getrennt, sondern nur als Rechnungsposten im Rahmen der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen seien.

Hilfsweise hat er mit Ansprüchen aus Nutzungsentschädigung in Höhe von 140 € monatlich sowie Gegenansprüchen aus der Bedienung der Kreditverbindlichkeiten aufgerechnet.

Das Familiengericht hat den Antragsgegner antragsgemäß zur Zahlung von 1.377,50 € nebst Zinsen verpflichtet. Wegen der Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung (Bl. 95/99) Bezug genommen.

Gesamtschuldnerausgleich von getrennt lebenden Ehegatten
Symbolfoto: vchal/Bigstock

Mit seiner dagegen gerichteten Beschwerde macht der Antragsgegner geltend, dass die Ansprüche auf Gesamtschuldnerausgleich nicht isoliert geltend gemacht werden könnten, sondern vom Unterhaltsrecht überlagert seien. Im Rahmen eines der Antragstellerin möglicherweise zustehenden Unterhaltsanspruchs seien nicht nur die von der Antragstellerin getragenen nicht umlagefähigen Kosten, sondern auch die von ihm erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen zu berücksichtigen. Die Antragstellerin habe ihre Unterhaltsansprüche im Verfahren 9 F 1000/14 auch geltend gemacht.

Der aus der Erbringung der Zins- und Tilgungsleistungen resultierende Gesamtschuldnerausgleichsanspruch des Antragsgegners sei auch höher als die von der Antragstellerin geltend gemachten Ansprüche. Hilfsweise hat er die Aufrechnung mit diesen Ansprüchen erklärt.

Der Antragsgegner beantragt, unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Heilbronn vom 20.02.2017 den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie macht geltend, dass hinsichtlich der nicht umlagefähigen Betriebskosten keine anderweitige Bestimmung getroffen worden sei und diese in der Korrespondenz über den Unterhalt keine Berücksichtigung gefunden hätten. Zudem habe der Antragsgegner bislang keinen Trennungsunterhalt für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum bezahlt, auch sei er nicht gerichtlich auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch genommen worden. Schließlich stünden dem Antragsgegner auch keine aufrechenbaren Gegenansprüche zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 02.05.2017 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss (Bl. 127/130) verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Antragstellerin steht gegenüber dem Antragsgegner gemäß § 426 BGB ein Anspruch auf Zahlung in Höhe der Hälfte der im Zeitraum von Oktober 2013 bis September 2016 angefallenen nicht umlagefähigen Kosten von 2.755 €, mithin 1.377,50 € zu.

Der Senat nimmt zunächst Bezug auf die zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung sowie den Beschluss vom 02.05.2017. Die vom Antragsgegner hiergegen vorgebrachten Einwendungen rechtfertigen keine abweichende rechtliche Beurteilung.

1.

Soweit der Antragsgegner unter Hinweis auf die Entscheidung des 16. Zivilsenats – Familiensenat – des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 18.02.2016 (16 UF 195/15) geltend macht, dass der Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB durch unterhaltsrechtliche Bestimmungen verdrängt oder überlagert werde, liegen diese Ausführungen neben der Sache. Denn die herangezogene Entscheidung verhält sich nicht zu dem verfahrensgegenständlichen Problem, sondern befasst sich mit der Eigentumsvermutung an Hausratsgegenständen, mithin beweglichen Sachen. Die Eigentumsverhältnisse an der Ehewohnung, einer Immobilie, sind indessen außer Streit.

2.

Ebensowenig greift der Einwand des Antragsgegners, dass der Anspruch nach §§ 387, 389 BGB durch Aufrechnung mit Gegenansprüchen in Höhe von 8.428,23 € erloschen ist, durch. Dem Antragsgegner steht kein aufrechenbarer Gegenanspruch gemäß § 426 BGB aus der Bedienung (Zins- und Tilgungsleistungen) für die im hälftigen Miteigentum stehenden Eigentumswohnung zu. Nach § 426 Abs. 1 BGB haften die Beteiligten zwar grundsätzlich für die gesamtschuldnerisch eingegangenen Darlehensverbindlichkeiten im Verhältnis zueinander entsprechend ihren Anteilen, allerdings nur, soweit nichts anderes bestimmt ist. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, FamRZ 2008, 602 Rn 6 mwN) bedarf es für eine anderweitige Bestimmung keiner besonderen Vereinbarung. Auch für die Zeit nach der Trennung, ab der eine anderweitige Bestimmung nicht mehr aus dem Umstand geschlossen werden kann, dass der Gesamtschuldnerausgleich durch die eheliche Lebensgemeinschaft überlagert ist, kommt es darauf an, ob weiterhin Umstände vorliegen, aus denen sich erneut eine anderweitige Bestimmung und ein vom Regelfall abweichender Verteilungsmaßstab ergibt (vgl. BGH, FamRZ 2007, 1975,1976).

Das Vorliegen solcher Umstände hat das Familiengericht zu Recht angenommen. Denn der zwischen den Beteiligten, zum Teil noch mit den früheren Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners im Zusammenhang mit dem Trennungsunterhalt geführte Schriftwechsel lässt den Schluss auf eine konkludente Vereinbarung zu. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Schließlich ist auch der Einwand des Antragsgegners, dass der Ausgleich der Darlehensverbindlichkeiten nicht anders behandelt werden könne als der Ausgleich der nicht umlagefähigen Kosten, die die Antragstellerin gesondert geltend mache, unbegründet. Denn die nicht umlagefähigen Kosten wurden nicht in die Unterhaltsberechnung einbezogen, wie den Schriftsätzen vom 04.07.2014 (Bl. 84) sowie vom 13.11.2014 (Bl. 41/43) zu entnehmen ist. Insoweit wurde deshalb keine von § 426 Abs. 1 BGB abweichende Regelung getroffen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Festsetzung des Verfahrenswerts beruht auf §§ 35, 39 FamGKG.

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