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Geschäftsführerhaftung bei verspäteter Insolvenzantragsstellung

Insolvenzverwalter scheitert mit Millionen-Klage gegen Ex-Geschäftsführer! Das Oberlandesgericht Brandenburg wies seine Schadensersatzforderung wegen Insolvenzverschleppung ab, da er den Schaden nicht ausreichend beziffern konnte. Der Fall zeigt, wie schwierig es ist, nachzuweisen, wie sich das Vermögen bei rechtzeitiger Insolvenz entwickelt hätte.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Das Urteil beschäftigt sich mit der Haftung von Geschäftsführern aufgrund von Insolvenzverschleppung.
  • Der Kläger, als Insolvenzverwalter, machte Schadenersatzansprüche gegen die Geschäftsführer geltend.
  • Die Beklagten wurden in ihrer Rolle als Geschäftsführer für die Insolvenzmasse zur Verantwortung gezogen.
  • Das Gericht wies die Berufungen des Klägers gegen vorherige Urteile zurück, was die Haftung der Beklagten bestätigte.
  • Die Entscheidung basiert auf der Feststellung, dass die Geschäftsführer ihrer Pflicht zur Insolvenzanmeldung nicht rechtzeitig nachgekommen sind.
  • Der Kläger musste die Kosten des Verfahrens tragen, was die finanzielle Belastung für ihn erhöhte.
  • Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils bedeutet für die Beklagten eine mögliche finanzielle Verpflichtung in der Zukunft.
  • Das Urteil hat Auswirkungen auf die Verantwortung von Geschäftsführern, die für Insolvenzverschleppung haftbar gemacht werden können.
  • Noch nie zuvor war so klar, dass Geschäftsführer sich bei Insolvenzen ihrer Meldepflicht bewusst sein müssen.
  • Der Fall verdeutlicht die wichtigen rechtlichen Konsequenzen der Insolvenzverschleppung für die Unternehmensführung und deren persönliche Haftung.

Geschäftsführerhaftung: Verspätete Insolvenzantragstellung kann teuer werden

Die Geschäftsführerhaftung ist ein zentrales Thema im Unternehmensrecht, insbesondere wenn es um Insolvenz und die damit verbundenen rechtlichen Verpflichtungen geht. In Deutschland sind Geschäftsführer verpflichtet, die wirtschaftliche Lage ihres Unternehmens stetig zu überwachen und im Falle einer drohenden Zahlungsunfähigkeit rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen. Kommt es zu einer verspäteten Insolvenzantragsstellung, kann dies für den Geschäftsführer gravierende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Insbesondere das Insolvenzverschleppungsgesetz sieht hohe Haftungsrisiken vor, die im schlimmsten Fall zu Schadensersatzforderungen gegen den Geschäftsführer führen können.

Die Pflichten des Geschäftsführers sind dabei klar definiert: Er muss im Interesse der Gläubiger handeln und eine Insolvenzverschleppung vermeiden. Tritt eine Insolvenz ein und wird der Antrag nicht fristgerecht gestellt, können nicht nur private Haftungsansprüche gegen den Geschäftsführer entstehen, sondern auch der Gesellschafter haften. Die Insolvenzordnung regelt diese Aspekte und bietet sowohl Schutzmechanismen als auch die Möglichkeit der Insolvenzberatung. Unternehmen sollten daher präventive Maßnahmen ergreifen, um rechtzeitig auf finanzielle Schwierigkeiten reagieren zu können und so die Risiken einer Unternehmensinsolvenz zu minimieren.

Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die praktischen Implikationen dieser rechtlichen Rahmenbedingungen aufzeigt.

Der Fall vor Gericht


Oberlandesgericht bestätigt Klageabweisung wegen Insolvenzverschleppung

Haftungsrisiken bei verspäteter Insolvenzantragstellung
Verspätete Insolvenzantragsstellung kann für Geschäftsführer zu Schadensersatzansprüchen führen, jedoch müssen Insolvenzverwalter den Quotenschaden der Altgläubiger detailliert darlegen und beweisen, um diese Ansprüche geltend machen zu können. (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat die Berufungen des Insolvenzverwalters gegen zwei Urteile des Landgerichts Frankfurt (Oder) zurückgewiesen. Der Insolvenzverwalter hatte die ehemaligen Geschäftsführer einer insolventen GmbH auf Schadensersatz wegen Insolvenzverschleppung verklagt.

Hintergrund des Rechtsstreits

Der Kläger war als Insolvenzverwalter einer GmbH bestellt worden, deren Insolvenzverfahren am 01.07.2015 eröffnet wurde. Er verklagte die frühere Geschäftsführerin und den früheren Geschäftsführer der Gesellschaft auf Schadensersatz wegen verspäteter Insolvenzantragstellung.

Streit um Schadensberechnung

Der Insolvenzverwalter machte zunächst einen Schaden von rund 220.000 Euro geltend. Dieser sollte den Lohnzahlungen für Februar und März 2015 entsprechen, die bei rechtzeitiger Insolvenzantragstellung von der Arbeitsagentur als Insolvenzgeld übernommen worden wären. In einem weiteren Verfahren forderte er zusätzlich über 2,3 Millionen Euro als Quotenschaden der Altgläubiger.

Entscheidung des Oberlandesgerichts

Das Oberlandesgericht bestätigte die Abweisung beider Klagen durch das Landgericht. Es stellte klar, dass der Insolvenzverwalter nur den Quotenschaden der Altgläubiger geltend machen kann. Dieser ergibt sich aus der Differenz zwischen der hypothetischen Quote bei rechtzeitiger Antragstellung und der tatsächlichen Insolvenzquote.

Unzureichende Darlegung des Quotenschadens

Nach Auffassung des Gerichts hat der Kläger den Quotenschaden nicht ausreichend dargelegt:

  • Der Zeitpunkt der Insolvenzreife wurde auf den 01.12.2014 festgelegt.
  • Die Höhe der Altgläubigerforderungen zum Stichtag wurde mit rund 440.000 Euro ermittelt.
  • Der Kläger konnte jedoch das zum Stichtag vorhandene Vermögen der Schuldnerin nicht hinreichend darlegen und beweisen.

Das Gericht bemängelte, dass der Kläger sich nicht ausreichend mit den Einwänden der Beklagten auseinandergesetzt und keine Liquidationswerte für das Vermögen angesetzt hatte. Ohne belastbare Angaben zum Vermögensbestand sei eine Berechnung des Quotenschadens nicht möglich.

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung verdeutlicht die hohen Anforderungen an die Darlegung eines Quotenschadens bei Insolvenzverschleppung. Insolvenzverwalter müssen detailliert darlegen und beweisen, wie sich das Vermögen bei rechtzeitiger Antragstellung entwickelt hätte. Dabei sind auch Erkenntnisse aus dem tatsächlichen Insolvenzverlauf zu berücksichtigen.


Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung unterstreicht die hohen Anforderungen an die Darlegung eines Quotenschadens bei Insolvenzverschleppungsklagen. Insolvenzverwalter müssen nicht nur Altgläubigerforderungen und Insolvenzreife präzise darlegen, sondern auch das hypothetische Schuldnervermögen bei rechtzeitiger Antragstellung detailliert und unter Berücksichtigung von Liquidationswerten nachweisen. Ohne belastbare Angaben zum Vermögensbestand ist eine Berechnung des Quotenschadens nicht möglich, was die Durchsetzung von Ansprüchen wegen Insolvenzverschleppung erheblich erschwert.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil hat weitreichende Konsequenzen für Geschäftsführer und Insolvenzverwalter. Für Geschäftsführer erhöht sich das Haftungsrisiko bei verspäteter Insolvenzantragstellung erheblich, da sie nun detailliert darlegen müssen, dass kein Quotenschaden entstanden ist. Insolvenzverwalter stehen vor der Herausforderung, bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Insolvenzverschleppung sehr präzise Berechnungen vorzulegen. Sie müssen nicht nur den genauen Zeitpunkt der Insolvenzreife, sondern auch die hypothetische Entwicklung des Unternehmensvermögens bei rechtzeitiger Antragstellung minutiös darlegen. Dies erfordert eine sorgfältige Dokumentation und Analyse der finanziellen Situation des Unternehmens über einen längeren Zeitraum.


Weiterführende Informationen

Sie wollen Klarheit über die rechtlichen Folgen, wenn ein Insolvenzantrag zu spät gestellt wird? Haftungsrisiken bei verspäteter Insolvenzantragstellung sind ein komplexes Thema, das sowohl Unternehmer als auch Gläubiger betrifft. In dieser FAQ-Rubrik finden Sie verständliche Antworten auf Ihre Fragen rund um die rechtlichen Aspekte der Insolvenzrecht.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)


 

Was sind die rechtlichen Konsequenzen für Geschäftsführer bei verspäteter Insolvenzantragstellung?

Bei verspäteter Insolvenzantragstellung drohen Geschäftsführern erhebliche rechtliche Konsequenzen, sowohl zivil- als auch strafrechtlicher Natur.

Zivilrechtliche Haftung

Geschäftsführer haften persönlich für Zahlungen, die nach Eintritt der Insolvenzreife geleistet werden. Dies betrifft alle Zahlungen, die die Insolvenzmasse schmälern und nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar sind. Wenn Sie als Geschäftsführer beispielsweise nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit noch Lieferantenrechnungen begleichen, können Sie dafür persönlich haftbar gemacht werden.

Zudem können Geschäftsführer auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wenn durch die verspätete Antragstellung ein Schaden für die Gläubiger entstanden ist. Stellen Sie sich vor, Sie verzögern den Insolvenzantrag um mehrere Monate, in denen das Unternehmen weitere Verluste anhäuft. Für diese zusätzlichen Verluste könnten Sie persönlich haften müssen.

Strafrechtliche Konsequenzen

Die verspätete Insolvenzantragstellung ist auch strafbewehrt. Nach § 15a Abs. 4 und 5 InsO droht bei vorsätzlicher Nichtstellung oder nicht rechtzeitiger Stellung des Insolvenzantrags eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Selbst bei Fahrlässigkeit kann eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr verhängt werden.

Weitere Folgen

Neben diesen direkten Konsequenzen können sich für Sie als Geschäftsführer noch weitere Nachteile ergeben:

  • Berufsverbot: In schweren Fällen kann ein Berufsverbot ausgesprochen werden, das Ihnen die Ausübung von Geschäftsführertätigkeiten untersagt.
  • Reputationsschaden: Eine Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung kann Ihren Ruf nachhaltig schädigen und zukünftige berufliche Möglichkeiten einschränken.

Verteidigungsmöglichkeiten

Als Geschäftsführer können Sie sich unter bestimmten Umständen entlasten:

  • Wenn Sie nachweisen können, dass Sie die Insolvenzreife trotz sorgfältiger Prüfung nicht erkennen konnten.
  • Wenn Sie unverzüglich nach Erkennen der Insolvenzreife alle notwendigen Schritte zur Antragstellung eingeleitet haben.

Um sich vor diesen schwerwiegenden Konsequenzen zu schützen, ist es für Sie als Geschäftsführer unerlässlich, die finanzielle Situation Ihres Unternehmens stets im Blick zu behalten und bei Anzeichen einer Krise umgehend zu handeln. Eine regelmäßige Überprüfung der Liquidität und eine frühzeitige Beratung durch Experten können helfen, die Risiken einer verspäteten Insolvenzantragstellung zu minimieren.


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Wie wird der Quotenschaden bei Insolvenzverschleppung berechnet?

Der Quotenschaden bei Insolvenzverschleppung wird als Differenz zwischen der tatsächlich gezahlten Insolvenzquote und der hypothetischen Quote bei rechtzeitiger Insolvenzantragstellung berechnet. Diese Berechnung ist komplex und erfordert eine detaillierte Analyse der finanziellen Situation des Unternehmens zu verschiedenen Zeitpunkten.

Berechnungsgrundlagen

Für die Berechnung des Quotenschadens müssen Sie folgende Faktoren berücksichtigen:

  1. Tatsächliche Insolvenzquote: Dies ist der Prozentsatz, den die Gläubiger im tatsächlichen Insolvenzverfahren erhalten haben.
  2. Hypothetische Insolvenzquote: Dies ist der geschätzte Prozentsatz, den die Gläubiger erhalten hätten, wenn der Insolvenzantrag rechtzeitig gestellt worden wäre.
  3. Zeitpunkt der Insolvenzreife: Der Zeitpunkt, zu dem die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eingetreten ist, muss genau bestimmt werden.
  4. Vermögensentwicklung: Die Veränderung des Gesellschaftsvermögens zwischen dem Zeitpunkt der Insolvenzreife und der tatsächlichen Antragstellung muss ermittelt werden.

Berechnungsmethode

Um den Quotenschaden zu berechnen, gehen Sie wie folgt vor:

  1. Ermitteln Sie die tatsächliche Insolvenzquote aus dem Insolvenzverfahren.
  2. Berechnen Sie die hypothetische Insolvenzquote zum Zeitpunkt der Insolvenzreife. Hierfür müssen Sie eine fiktive Insolvenzmasse zum früheren Zeitpunkt rekonstruieren.
  3. Subtrahieren Sie die tatsächliche Quote von der hypothetischen Quote.
  4. Multiplizieren Sie die Differenz mit der Forderungshöhe des jeweiligen Gläubigers.

Beispiel: Wenn die hypothetische Quote 30% betragen hätte, die tatsächliche Quote aber nur 10% beträgt, ergibt sich eine Differenz von 20%. Bei einer Forderung von 100.000 Euro würde der Quotenschaden somit 20.000 Euro betragen.

Herausforderungen bei der Berechnung

Die Berechnung des Quotenschadens ist in der Praxis oft schwierig:

  • Die Rekonstruktion der hypothetischen Insolvenzmasse zum früheren Zeitpunkt erfordert umfangreiche Unterlagen und Analysen.
  • Es müssen Annahmen über die Entwicklung des Unternehmens getroffen werden, die angreifbar sein können.
  • Die Beweislast für den Quotenschaden liegt beim Gläubiger oder Insolvenzverwalter, was die Durchsetzung erschweren kann.

Wenn Sie als Gläubiger einen Quotenschaden geltend machen wollen, ist es ratsam, frühzeitig alle verfügbaren Informationen über die finanzielle Entwicklung des Unternehmens zu sammeln. Dies umfasst Jahresabschlüsse, Zwischenbilanzen und andere relevante Geschäftsunterlagen. Je detaillierter Ihre Informationen sind, desto genauer kann der Quotenschaden berechnet und nachgewiesen werden.


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Welche Pflichten haben Geschäftsführer zur Vermeidung einer Insolvenzverschleppung?

Geschäftsführer haben umfassende Pflichten, um eine Insolvenzverschleppung zu vermeiden. Sie müssen die finanzielle Lage des Unternehmens ständig überwachen und bei Anzeichen einer Krise unverzüglich handeln.

Kontinuierliche Überwachung der Finanzlage

Als Geschäftsführer sind Sie verpflichtet, ein effektives Risikofrüherkennungssystem zu implementieren. Dieses System sollte Ihnen ermöglichen, finanzielle Engpässe frühzeitig zu erkennen. Dazu gehören regelmäßige Liquiditätsplanungen, Auswertungen betriebswirtschaftlicher Kennzahlen und die Erstellung von Jahresabschlüssen.

Feststellung der Insolvenzreife

Sie müssen in der Lage sein, die Insolvenzreife des Unternehmens rechtzeitig festzustellen. Eine Insolvenzreife liegt vor, wenn Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eintreten. Zahlungsunfähigkeit bedeutet, dass das Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, fällige Verbindlichkeiten zu begleichen. Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist überwiegend wahrscheinlich.

Fristen für die Insolvenzantragstellung

Wenn Sie als Geschäftsführer die Insolvenzreife feststellen, müssen Sie ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber innerhalb von drei Wochen, einen Insolvenzantrag stellen. Diese Frist beginnt mit dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Innerhalb dieser drei Wochen müssen Sie alle Möglichkeiten zur Abwendung der Insolvenz ausschöpfen.

Handlungsempfehlungen in Krisensituationen

Bei ersten Anzeichen einer finanziellen Schieflage sollten Sie umgehend Maßnahmen ergreifen:

  • Erstellen Sie einen detaillierten Liquiditätsplan
  • Prüfen Sie Möglichkeiten zur Kostensenkung und Umsatzsteigerung
  • Verhandeln Sie mit Gläubigern über Zahlungsaufschübe oder Ratenzahlungen
  • Erwägen Sie die Aufnahme von Gesellschafterdarlehen oder die Durchführung einer Kapitalerhöhung

Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen, müssen Sie rechtzeitig professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, um die Insolvenzreife genau zu prüfen und gegebenenfalls den Insolvenzantrag vorzubereiten.

Rechtliche Konsequenzen bei Pflichtverletzung

Verstoßen Sie gegen Ihre Pflichten zur Vermeidung einer Insolvenzverschleppung, drohen Ihnen erhebliche rechtliche Konsequenzen. Sie können persönlich für Schäden haftbar gemacht werden, die durch eine verspätete Insolvenzantragstellung entstehen. Zudem riskieren Sie strafrechtliche Verfolgung wegen Insolvenzverschleppung.

Durch die gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten als Geschäftsführer schützen Sie nicht nur das Unternehmen und seine Gläubiger, sondern auch sich selbst vor möglichen Haftungsrisiken. Eine frühzeitige und proaktive Herangehensweise an finanzielle Schwierigkeiten kann oft dazu beitragen, eine Insolvenz ganz zu vermeiden oder zumindest die negativen Folgen zu minimieren.


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Welche Rolle spielt der Insolvenzverwalter bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Insolvenzverschleppung?

Der Insolvenzverwalter spielt eine zentrale Rolle bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Insolvenzverschleppung. Seine Hauptaufgabe besteht darin, die Insolvenzmasse zu Gunsten der Gläubiger zu verwalten und zu verwerten.

Befugnisse des Insolvenzverwalters

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht, über das Vermögen des Schuldners zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Dies schließt auch die Befugnis ein, Schadensersatzansprüche wegen Insolvenzverschleppung geltend zu machen. Der Insolvenzverwalter kann diese Ansprüche im Namen der Insolvenzmasse gegen die Geschäftsführer oder andere verantwortliche Personen erheben.

Geltendmachung von Ansprüchen

Bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Insolvenzverschleppung muss der Insolvenzverwalter zwei Arten von Schäden unterscheiden:

  1. Quotenschaden: Dieser entsteht der Gesellschaft durch die verspätete Insolvenzantragstellung und führt zu einer Verringerung der Insolvenzmasse. Der Insolvenzverwalter macht diesen Schaden im Namen aller Gläubiger geltend.
  2. Neugläubigerschaden: Dieser betrifft Gläubiger, die erst nach Eintritt der Insolvenzreife mit dem Unternehmen in Geschäftsbeziehung getreten sind. Diese Ansprüche können die betroffenen Gläubiger in der Regel selbst geltend machen.

Beweislast des Insolvenzverwalters

Der Insolvenzverwalter trägt die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs. Er muss nachweisen:

  • Den Zeitpunkt der Insolvenzreife
  • Die schuldhaft verspätete Insolvenzantragstellung
  • Den entstandenen Schaden und dessen Höhe

Stellen Sie sich vor, ein Unternehmen ist seit Monaten zahlungsunfähig, aber der Geschäftsführer stellt keinen Insolvenzantrag. Der Insolvenzverwalter muss dann belegen, ab wann die Zahlungsunfähigkeit bestand und welcher Schaden durch die Verzögerung entstanden ist.

Vorgehen des Insolvenzverwalters

Der Insolvenzverwalter wird typischerweise wie folgt vorgehen:

  1. Prüfung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung
  2. Ermittlung des Zeitpunkts der Insolvenzreife
  3. Berechnung des entstandenen Schadens
  4. Geltendmachung der Ansprüche gegen die verantwortlichen Personen

Abgrenzung zu Ansprüchen einzelner Gläubiger

Während der Insolvenzverwalter die Ansprüche der Gesellschaft und der Gesamtheit der Gläubiger vertritt, können einzelne Gläubiger in bestimmten Fällen eigene Ansprüche geltend machen. Dies betrifft insbesondere Neugläubiger, die erst nach Eintritt der Insolvenzreife mit dem Unternehmen in Geschäftsbeziehung getreten sind.

In einem solchen Fall können Sie als Gläubiger Ihre Ansprüche selbst verfolgen, während der Insolvenzverwalter die Ansprüche der Insolvenzmasse geltend macht. Es ist wichtig, dass Sie als Gläubiger Ihre individuellen Ansprüche rechtzeitig und korrekt anmelden, um Ihre Interessen zu wahren.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Insolvenzverschleppung: Insolvenzverschleppung tritt auf, wenn ein Geschäftsführer nicht rechtzeitig den gesetzlich vorgeschriebenen Insolvenzantrag stellt, obwohl das Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist. In Deutschland muss dies innerhalb von maximal drei Wochen erfolgen, ansonsten drohen straf- und zivilrechtliche Konsequenzen. Ein verspäteter Antrag kann dazu führen, dass Gläubiger ihre Forderungen nicht mehr vollständig erhalten und der Geschäftsführer persönlich für die entstandenen Schäden haftet.
  • Quotenschaden: Der Quotenschaden beschreibt den finanziellen Schaden, den Gläubiger eines insolventen Unternehmens erleiden, weil der Insolvenzantrag nicht rechtzeitig gestellt wurde. Er wird berechnet als Differenz zwischen der Insolvenzquote, die Gläubiger tatsächlich erhielten, und der hypothetischen Quote, die sie bei rechtzeitiger Antragstellung erhalten hätten. Dieses Konzept ist zentral bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Geschäftsführer wegen Insolvenzverschleppung.
  • Insolvenzreife: Als Insolvenzreife wird der Zeitpunkt bezeichnet, ab dem ein Unternehmen als zahlungsunfähig oder überschuldet gilt und somit gesetzlich verpflichtet ist, einen Insolvenzantrag zu stellen. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn das Unternehmen seine fälligen Verpflichtungen nicht mehr erfüllen kann. Überschuldung besteht, wenn die Verbindlichkeiten die Vermögenswerte übersteigen und die Fortführung des Unternehmens nicht überwiegend wahrscheinlich ist.
  • Altgläubigerforderungen: Diese Forderungen sind Ansprüche von Gläubigern gegen ein Unternehmen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind. Im Kontext der Insolvenzverschleppung sind vor allem die Altgläubigerforderungen relevant, da der Quotenschaden diese Gläubiger betrifft. Sie müssen daher präzise zum Zeitpunkt der Insolvenzreife ermittelt und dokumentiert werden.
  • Liquidationswerte: Liquidationswerte sind die geschätzten Erlöse, die durch den Verkauf der Vermögensgegenstände eines insolventen Unternehmens erzielt werden könnten. Diese Werte sind wichtig für die Berechnung des Quotenschadens, da sie darüber entscheiden, wie viel Geld bei rechtzeitiger Antragstellung zur Befriedigung der Gläubiger verfügbar gewesen wäre. Ohne genaue Angaben dieser Werte wird die Darlegung des Quotenschadens schwierig.
  • Geschäftsführerhaftung: Die Geschäftsführerhaftung im Insolvenzfall bedeutet, dass Geschäftsführer persönlich für Schäden haften können, die durch eine verspätete Insolvenzantragstellung verursacht wurden. Dies umfasst insbesondere den Quotenschaden der Altgläubiger. Die Haftung tritt ein, wenn der Geschäftsführer seine Pflicht, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen, verletzt und dadurch den finanziellen Schaden der Gläubiger vergrößert hat.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a InsO: Diese Rechtsgrundlage regelt die Haftung von Geschäftsführern für die Insolvenzverschleppung eines Unternehmens. § 823 Abs. 2 BGB stellt eine allgemeine Grundlage für die Haftung wegen Verletzung einer rechtlichen Pflicht dar. § 15a InsO konkretisiert die Haftung des Geschäftsführers. Er muss die Insolvenzantragspflicht erfüllen, sobald er Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Unternehmens erlangt. Verletzt er diese Pflicht, haftet er für den entstandenen Schaden gemäß § 823 Abs. 2 BGB. Im vorliegenden Fall macht der Insolvenzverwalter Schadenersatzansprüche gegen die Geschäftsführer aufgrund einer Verletzung der Insolvenzantragspflicht geltend.
  • § 15a InsO: Dieser Paragraf der Insolvenzordnung beschreibt die Pflichten des Geschäftsführers eines überschuldeten oder zahlungsunfähigen Unternehmens. Er verpflichtet den Geschäftsführer, unverzüglich einen Insolvenzantrag zu stellen, sobald er Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung erlangt. Der Gesetzgeber hat diese Pflicht eingeführt, um zu verhindern, dass Geschäftsführer ein Unternehmen in eine finanzielle Schieflage bringen und anschließend die Gläubiger leer ausgehen. Im konkreten Fall wird der Geschäftsführerin vorgeworfen, die Insolvenzantragspflicht verletzt zu haben, weil sie den Antrag nicht rechtzeitig gestellt hat.
  • § 92 InsO: Dieser Paragraf regelt die Rechte des Insolvenzverwalters, das Vermögen des insolventen Unternehmens zu verwalten und Gläubigerforderungen geltend zu machen. Er gibt dem Insolvenzverwalter das Recht alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Interessen der Gläubiger optimal zu schützen. Dies beinhaltet auch das Geltendmachen von Schadensersatzansprüchen gegen Personen, die durch ihr Verhalten zum Eintritt der Insolvenz beigetragen haben. Der Insolvenzverwalter in diesem Fall nimmt u.a. die Rechte gemäß § 92 InsO wahr und fordert von den Geschäftsführern Schadensersatz wegen ihrer mutmaßlichen Insolvenzverschleppung.
  • Insolvenzordnung (InsO): Die Insolvenzordnung regelt die rechtlichen Rahmenbedingungen für das Insolvenzverfahren. Sie verfolgt das Ziel, das Vermögen eines überschuldeten oder zahlungsunfähigen Unternehmens zu erhalten und die Ansprüche der Gläubiger zu regeln. Im konkreten Fall regelt die Insolvenzordnung u.a. den Umfang der Pflichten des Insolvenzverwalters und die Handlungsmöglichkeiten des Insolvenzgerichtes. Die Insolvenzordnung ist daher die Grundlage für die juristische Auseinandersetzung zwischen dem Insolvenzverwalter und den Geschäftsführern des insolventen Unternehmens.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Der § 823 Abs. 2 des BGB ist eine der wichtigsten Rechtsgrundlagen für die Haftung von Personen aufgrund von Verletzung von Pflichten, die sich aus Gesetzen oder Verträgen ergeben. Im konkreten Fall wird § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 15a InsO verwendet, um die Haftung des Geschäftsführers für die Verletzung der Insolvenzantragspflicht zu begründen.

Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 7 U 175/19 – Urteil vom 02.02.2024


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