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Grundbuchverfahren – Vollmachtanfechtung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung

OLG München bestätigt Bestand der Vollmacht zur Rückübertragung von Teilflächen im Grundbuchverfahren

Das Oberlandesgericht München hat entschieden, dass die im Kaufvertrag erteilte Vollmacht weiterhin Bestand hat und nicht durch Widerruf oder Anfechtung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung aufgehoben wurde. Dies betrifft insbesondere die Vollmacht zur Rückübertragung von Teilflächen eines Grundstücks. Der Senat vertritt die Auffassung, dass kein ausreichender Beweis für eine Anfechtung vorliegt, und hebt somit die Zwischenverfügung des Amtsgerichts München auf.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 34 Wx 418/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Aufhebung der Zwischenverfügung des Amtsgerichts München durch das OLG München.
  2. Die Vollmacht zur Rückübertragung der Teilfläche im Kaufvertrag bleibt bestehen.
  3. Kein Widerruf der Vollmacht seitens der Beteiligten zu 1.
  4. Anfechtung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung durch die Beteiligten zu 2 und 3 wird nicht anerkannt.
  5. Keine ausreichenden Beweise für eine erfolgreiche Anfechtung.
  6. Beibehaltung der Vollmacht für die Beteiligte zu 1 ist erforderlich für Grundbuchvollzug.
  7. Feststellung des OLG: Die Urkunde vom 6.2.2014 wurde mit gültiger Vertretungsmacht unterzeichnet.
  8. Wichtigkeit der Vollmachten im Grundbuchverfahren hervorgehoben.

Vollmachtsanfechtung im Grundbuchverfahren: Irrtum und arglistige Täuschung

Im Grundbuchverfahren kann eine Vollmachtsanfechtung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung erfolgen. Dabei ist es wichtig, die Voraussetzungen für eine Anfechtung zu kennen. Laut OLG München muss der Irrtum oder die arglistige Täuschung im Zusammenhang mit der Vollmachtserteilung stehen. Ein Irrtum liegt vor, wenn der Vollmachtgeber eine falsche Vorstellung über die Folgen der Vollmacht hatte, während eine arglistige Täuschung vorliegt, wenn der Bevollmächtigte den Vollmachtgeber absichtlich irreführt, um die Vollmacht zu erhalten.

Die Anfechtung einer Vollmacht wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung hat rechtliche Folgen, wie in verschiedenen Quellen erklärt wird. Nach § 142 I BGB entfallen sämtliche Ansprüche des Bevollmächtigten aus dem Grundbuchverfahren, sobald die Vollmachtsanfechtung erfolgreich ist. Es ist jedoch zu beachten, dass die Anfechtung einer Vollmacht im Grundbuchverfahren gewisse Fristen und Formalien einhalten muss.

In einem konkreten Urteil des OLG München wurde die Vollmachtsanfechtung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung im Grundbuchverfahren geprüft und entschieden. Die Details dieses Urteils können dabei helfen, die rechtlichen Herausforderungen und Möglichkeiten im Zusammenhang mit Vollmachtsanfechtungen besser zu verstehen.

Der Kern des Rechtsstreits im Grundbuchverfahren

Im Mittelpunkt des Falles steht eine rechtliche Auseinandersetzung über ein Grundbuchverfahren, die von der Beteiligten zu 1, einer Immobilienentwicklerin, angestoßen wurde. Der Fall dreht sich um die Aufhebung von Wohnungs- und Teileigentum sowie die anschließende Eigentumsumschreibung auf die Käufer, die durch eine notarielle Urkunde vom 6. Februar 2014 initiiert wurde. Dieser Vorgang beinhaltete die Zerlegung eines ursprünglichen Grundstücks in zwei Teilflächen, woraufhin die Beteiligte zu 1 im Namen der Käufer die Aufhebung des Teileigentums beantragte. Ein zentraler Punkt dabei war die Rückübertragung einer Teilfläche, die in der Teilungserklärung festgelegt und durch Vollmachten im Kaufvertrag geregelt wurde.

Zwischenverfügung und Anfechtung der Vollmacht

Das Amtsgericht München erließ aufgrund von Zweifeln am Fortbestand der Vollmachten eine Zwischenverfügung, die eine Genehmigung der Beteiligten zu 2 und 3 erforderte. Die Beteiligten zu 2 und 3 hatten zuvor die Vollmacht zur Rückübertragung der Teilfläche wegen Inhaltsirrtums und arglistiger Täuschung angefochten. Sie vertraten die Auffassung, dass das Rückübertragungsrecht nur unter bestimmten Bedingungen zum Tragen kommen sollte, was ihnen bei der Beurkundung des Kaufvertrags so dargelegt worden sei. Diese Darstellung wurde jedoch vom Gericht angezweifelt, da keine ausreichenden Belege für eine Täuschung oder einen Inhaltsirrtum vorlagen.

Entscheidung des OLG München: Bestand der Vollmacht

Das Oberlandesgericht München entschied zugunsten der Beteiligten zu 1, indem es die Zwischenverfügung des Amtsgerichts München aufhob. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass zum Zeitpunkt der Beurkundung der Urkunde die Vollmachten noch Bestand hatten und keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Anfechtung vorlagen. Es wurde festgestellt, dass die Vollmachten für den Vollzug der Eigentumsumschreibung notwendig und wirksam waren.

Bedeutung der rechtlichen Klarheit im Grundbuchverfahren

Die Entscheidung des OLG München hebt die Bedeutung rechtlicher Klarheit und der Beweislast im Grundbuchverfahren hervor. Das Gericht betonte, dass Vollmachten im Grundbuchverfahren unerlässlich sind und hohe Anforderungen an die Plausibilität und den Umfang von Gründen für einen Widerruf oder eine Anfechtung gestellt werden müssen. Dieser Fall zeigt, wie wichtig es ist, im Grundbuchverfahren alle rechtlichen Aspekte sorgfältig zu prüfen und zu berücksichtigen, um eine gerechte und rechtskonforme Entscheidung zu treffen.

Das Urteil des OLG München stellt einen wichtigen Fall im Bereich der Grundbuchverfahren und Vollmachtanfechtungen dar. Es betont die Notwendigkeit klarer und eindeutiger Vollmachten sowie die sorgfältige Überprüfung von Anfechtungsgründen. Für weiterführende Informationen und Details können Leserinnen und Leser den vollständigen Urteilstext nachlesen.

✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt

Was ist ein Grundbuchverfahren und welche Rolle spielt es im Immobilienrecht?

Das Grundbuchverfahren bezieht sich auf die in der Grundbuchordnung festgelegten Regeln für Eintragungen in das Grundbuch. Es spielt eine entscheidende Rolle im Immobilienrecht, da es die Rechte an Grundstücken transparent und nachvollziehbar dokumentiert.

Jede Person, deren Recht von der Eintragung betroffen wird (z.B. Grundeigentümer) oder zu deren Gunsten die Eintragung erfolgen soll (z.B. Kreditinstitut als Grundpfandgläubiger), kann einen Eintragungsantrag an das Grundbuchamt stellen. Dies kann auch ein Notar tun, der eine zur Eintragung erforderliche Erklärung beurkundet oder beglaubigt hat.

Das Grundbuch ist ein öffentliches Register, in dem Eigentumsverhältnisse und andere Belastungen von Grundstücken und Immobilien festgehalten werden. Es enthält Informationen über die Eigentümer, wichtige Rechte, eine mögliche Grundschuld und weitere Informationen zu einer Immobilie.

Im Kontext des Immobilienkaufs klärt das Grundbuch wesentliche Fragen für den Käufer, wie z.B. wer der aktuelle Eigentümer des Grundstücks ist, ob es Belastungen oder Beschränkungen gibt und ob es Grundpfandrechte gibt. Nach der Unterzeichnung des Kaufvertrags und der Zahlung des Kaufpreises und der Grunderwerbssteuer veranlasst der Notar die Eintragung des Käufers als neuen Eigentümer der Immobilie oder des Grundstücks im Grundbuch.

Das Grundbuchamt ist eine staatliche Einrichtung oder Behörde, die die Aufgabe hat, Grundbücher zu führen und zu verwalten. Es ist für die Dokumentation von Eigentumsverhältnissen und anderen Belastungen von Grundstücken und Immobilien zuständig.

Die Kosten für Eintragungen und Amtshandlungen beim Grundbuchamt können je nach Art der Transaktion variieren. In der Regel machen diese gemeinsam etwa 1,5 Prozent des Kaufpreises aus, wobei 1 Prozent auf den Notar und die übrigen 0,5 Prozent auf das Grundbuchamt entfallen.

Das Grundbuchverfahren und das Grundbuch selbst sind also zentrale Elemente im Immobilienrecht, da sie die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Eigentumsverhältnissen und anderen Rechten an Grundstücken gewährleisten.

In welchen Fällen kann eine Anfechtung von Vollmachten aufgrund von Irrtum oder arglistiger Täuschung erfolgen?

Eine Anfechtung von Vollmachten aufgrund von Irrtum oder arglistiger Täuschung kann in verschiedenen Fällen erfolgen.

Gemäß § 123 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) kann eine Willenserklärung, die durch arglistige Täuschung oder Drohung abgegeben wurde, angefochten werden. Dies gilt auch für die Erteilung einer Vollmacht. Eine arglistige Täuschung liegt vor, wenn jemand bewusst unwahre Tatsachen behauptet oder wahre Tatsachen verschweigt, um eine andere Person zur Abgabe einer Willenserklärung zu veranlassen.

Ein Irrtum kann gemäß § 119 BGB zur Anfechtung führen, wenn er sich auf die Identität oder Eigenschaften einer Person oder Sache bezieht, die für den Anfechtenden ein wesentlicher Bestandteil des Vertrags ist. Ein solcher Irrtum kann auch bei der Erteilung einer Vollmacht vorliegen, wenn der Vollmachtgeber irrtümlich davon ausgeht, dass der Bevollmächtigte bestimmte Eigenschaften hat oder bestimmte Bedingungen erfüllt, die für die Erteilung der Vollmacht wesentlich sind.

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In der Praxis kann es jedoch schwierig sein, eine Anfechtung der Vollmacht durchzuführen. Dies liegt daran, dass die Anfechtungserklärung gegenüber demjenigen abgegeben werden muss, der durch die Anfechtung unmittelbar betroffen ist. Im Falle einer Vollmacht wäre dies der Bevollmächtigte. Es kann jedoch sein, dass der Vollmachtgeber nicht in der Lage ist, die Anfechtungserklärung gegenüber dem Bevollmächtigten abzugeben, beispielsweise weil er dessen Aufenthaltsort nicht kennt.

Es ist auch zu beachten, dass die Anfechtung einer Vollmacht nicht rückwirkend wirkt. Das bedeutet, dass Rechtsgeschäfte, die der Bevollmächtigte vor der Anfechtung im Namen des Vollmachtgebers vorgenommen hat, grundsätzlich wirksam bleiben.


Das vorliegende Urteil

OLG München – Az.: 34 Wx 418/14 – Beschluss vom 07.01.2015

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 4 wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts München – Grundbuchamt – vom 29. September 2014 aufgehoben.

Gründe

I.

Zu notarieller Urkunde vom 6.2.2014 bewilligte und beantragte die Beteiligte zu 1 nach Zerlegung des ursprünglichen Grundstücks (Flst 1368) in die Flurstücke 1368 (neu) und 1368/6 zugleich im eigenen wie im Namen der von ihr aufgrund in den Kaufverträgen erteilter Vollmachten vertretenen Käufer die Aufhebung des Wohnungs- und Teileigentums an dem herausgemessenen und verselbständigten Grundstück FlSt 1368 (neu). Die Urkunde enthält zugleich eine Auflassungserklärung für das Flst 1368 (neu). Der Eintragungsantrag vom 14.4.2014 – Eingang 16.4.2014 – umfasst (u.a.) die Aufhebung des Wohnungs- und Teileigentums sowie die Auflassung, nachdem deren Vollzug unter dem 14.4.2014 bewilligt und namens des Käufers beantragt worden war. Vollzogen werden soll nach Vorstellung der Beteiligten zu 1 das Geschäft allerdings dergestalt, dass zunächst – vor Eigentumsumschreibung auf die Käufer – das Wohnungs- und Teileigentum an der verselbständigten Fläche aufgehoben werden und im zweiten Schritt dann die Eigentumsumschreibung auf die jeweiligen Käufer stattfinden solle, wobei das Grundstück FlSt 1368 (neu) der Beteiligten zu 1 vorbehalten bleibt (siehe Abschn. III. der Urkunde vom 6.2.2014 einerseits, Zwischenverfügung vom 7.7.2014, Punkt 4, und Stellungnahme vom 4.9.2014 andererseits).

Auf die Zwischenverfügung des Grundbuchamts vom 7.7.2014 wurden verschiedene Beanstandungen behoben. Erheblich ist nur noch, ob die Beteiligte zu 1 aufgrund wirksam fortbestehender Vollmacht die vormerkungsgesicherten Käufer vertreten kann. Insoweit hat das Grundbuchamt am 29.9.2014 eine weitere fristsetzende Zwischenverfügung erlassen, wonach wegen erheblicher Zweifel am Fortbestand der Vollmacht für die Beteiligten zu 2 und 3 zum Vollzug der Urkunde deren Genehmigung in der Form des § 29 GBO erforderlich sei.

Grundlage für die angemeldeten Zweifel bildeten am 26.9.2014 vorgelegte Schriftstücke der Beteiligten zu 2 und 3, wonach diese erklärten, (auch) die Vollmacht zur Rückübertragung der Teilfläche im Wohnungskaufvertrag vom 5.7.2012 wegen Inhaltsirrtums, hilfsweise wegen arglistiger Täuschung gegenüber der Beteiligten zu 1 mit Schreiben vom 20.7./13.8.2014 angefochten zu haben.

Jene Vollmacht im Kaufvertrag vom 5.7.2012 lautet:

Der Käufer erteilt hiermit dem Verkäufer unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB umfassende Vollmacht,

1. …

2. gemäß Ziffer VII. der Teilungserklärung URNr. …- die Rückübertragung der dort bezeichneten Teilfläche auf sich selbst vorzunehmen. Diese Vollmacht endet am 01.07.2022.

Ziffer VII. der Teilungserklärung vom 9.2.2012 hat folgenden Wortlaut:

Der Grundstückseigentümer behält sich vor, alternativ die in dem als Anlage … beigefügten Lageplan jeweils schraffiert dargestellten und mit den Buchstaben … versehenen Teilfläche aus dem in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilten Grundstück herausmessen zu lassen, an dieser Teilfläche das Wohnungs- und Teileigentum aufzuheben und über diese Teilfläche nach eigenem Ermessen anderweitig zu verfügen.

Der Grundstückseigentümer beabsichtigt, sämtliche Wohnungs- und Teileigentumseinheiten zu veräußern. Für den Fall der vorstehend bezeichneten Herausmessung und für den Fall der Veräußerung von Wohnungs- und Teileigentumseinheiten behält sich der Grundstückseigentümer einen bedingten Anspruch auf Aufhebung des Wohnungseigentums und Rückübertragung der Teilfläche vor.

Demgemäß findet sich im Grundbuch, lastend am ganzen Grundstück, zugunsten der Beteiligten zu 1 eine der Eigentumsvormerkung vorgehende Rückauflassungsvormerkung.

Die Beteiligten zu 2 und 3 meinen, das „Rückübertragungsrecht“ komme ausschließlich unter der Prämisse einer möglichen Bebauung von vier weiteren Einheiten zum Tragen. Dies sei ihnen bei der Beurkundung des Kaufvertrags so vom Vertreter der Beteiligten zu 1 dargelegt und dazu erklärt worden, eine Rückübertragung sei weitestgehend (“zu 98 %“) ausgeschlossen. Die fragliche Fläche liege im Außenbereich, sei Landschaftsschutzgebiet und aktuell tendiere die Aussicht auf Genehmigung eines erweiterten Bauantrags „gegen Null“. Sie seien unter diesen Umständen davon ausgegangen, dass die Fläche auf Dauer im Gemeinschaftseigentum verbleibe.

Gegen die Zwischenverfügung vom 29.9.2014 richtet sich die Beschwerde des beurkundenden Notars vom 15.10.2014, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat.

Begründet wird das Rechtsmittel im Wesentlichen folgendermaßen:

Bei der Beurkundung am 6.2.2014 hätten die später widerrufenen Vollmachten jedenfalls noch Bestand gehabt. Die aufgeführten Umstände bildeten keinen Widerrufsgrund. Die Wahrnehmung der Rechte der Beteiligten zu 1 sei von keinen weiteren Bedingungen abhängig gemacht worden; vielmehr solle der Rückerwerb im angeführten Zeitraum ausschließlich in deren freiem Ermessen stehen.

II.

Die gegen die Zwischenverfügung vom 29.9.2014 gerichtete Beschwerde ist zulässig (§ 71 Abs. 1, § 73 i. V. m. § 15 Abs. 2 GBO). Der Notar hat zwar nicht angegeben, für wen er die Beschwerde einlegt; ersichtlich sind dies aber die (übrigen) Antragsberechtigten, nämlich der Bauträger / Grundstückseigentümer sowie die Käufer der Wohneinheiten mit Ausnahme der sich auf die Unwirksamkeit der Vollmacht berufenden Beteiligten zu 2 und 3 (siehe Demharter GBO 29. Aufl. § 15 Rn. 20).

In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg. Es ist vom Bestand der im Kaufvertrag vom 5.7.2012 erteilten Vollmacht für die Beteiligte zu 1 auszugehen. Mit dem Grundbuchamt hält es auch der Senat für erforderlich, dass die Bauträgerin zum Grundbuchvollzug über wirksame Vollmachten der Käufer verfügt. Dabei kann offenbleiben, ob das Eigentum an dem Flurstück 1368 (neu) nach Umschreibung auf die Erwerber von Wohnungs- und Teileigentum rückübertragen oder aber das Eigentum bei der Beteiligten zu 1 verbleibt. Denn auch im letztgenannten Fall bedarf es der Beteiligung der Mitglieder der (werdenden) Eigentümergemeinschaft, weil die Aufhebung des mit Anlegung der Grundbücher an der Teilfläche bestehenden Wohnungs- und Teileigentums mit Geltung der Gemeinschaftsordnung stattfinden muss (vgl. Herrmann DNotZ 1991, 607/609; wohl auch Weitnauer/Briesemeister WEG 9. Aufl. § 1 Rn. 33; ferner KG vom 25.10.2011, 1 W 479 – 480/11, bei juris Rn. 13). Ferner erscheint es ohne intakte Vollmachten der Käufer nicht möglich, die an der früheren, nun verselbständigten Teilfläche bestehenden Eigentumsvormerkungen für die Käufer zur Löschung zu bringen.

1. Wie das Grundbuchamt in der Entscheidung über die (Nicht-) Abhilfe zutreffend erkennt, kann ein – unterstellt zulässiger – Widerruf der an sich unwiderruflich, weil im Interesse der Berechtigten aus dem Anspruch auf Rückübertragung erteilten Vollmacht (§ 167 Abs. 1 BGB; vgl. BGH WPM 1985, 646; BayObLG NJW-RR 1996, 848; BayObLGZ 2001, 279) einer rechtswirksamen Vertretung der Käufer bei Errichtung der Urkunde am 6.2.2014 nicht entgegenstehen. Denn zu diesem Zeitpunkt war die Vollmacht noch nicht widerrufen; rückwirkende Kraft kommt dem Widerruf nach Abgabe einer Willenserklärung aufgrund der Vollmacht und vor deren Widerruf nicht zu (BayObLG MittBayNot 1983, 171). Ein Erlöschen der Vertretungsmacht vor Vollendung der Eintragung würde nicht schaden (Palandt/Bassenge BGB 74. Aufl. § 873 Rn. 11 a. E.).

2. Anders als der Widerruf (§ 168 Satz 3 mit § 167 BGB) hätte eine – wirksame – Anfechtung wegen Irrtums bzw. wegen arglistiger Täuschung (§§ 119, 123 BGB) rückwirkende Kraft (§ 142 Abs. 1 BGB). Wären die Beteiligten zu 2 und 3 zur Anfechtung berechtigt, hätte die Beteiligte zu 1 im Notartermin vom 6.2.2014 ohne Vertretungsmacht gehandelt, soweit sie dort auch für die Beteiligten zu 2 und 3 als vormerkungsgesicherte Käufer von Wohnungseigentum aufgetreten ist.

Zur Anfechtung berechtigt ist nach § 119 Abs. 1 BGB, wer bei Abgabe der Erklärung über deren Inhalt im Irrtum war, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde. Nach § 123 BGB ist anfechtungsberechtigt, wer zur Abgabe seiner Willenserklärung durch arglistige Täuschung bestimmt worden ist. Die zivilprozessuale Beweislast liegt in beiden Fällen beim Anfechtenden (Palandt/Ellenberger § 119 Rn. 32; § 123 Rn. 30).

a) Hinreichende Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen könnten, die Anfechtung der Vollmacht habe deren anfängliche Nichtigkeit (§ 142 Abs. 1 BGB) bewirkt, liegen indessen nicht vor. Vielmehr ist im Grundbuchverfahren von deren Fortbestand auszugehen.

Ebenso wie beim Widerruf (vgl. BayObLG MittBayNot 1983, 171/173) hat das Grundbuchamt die erklärte Anfechtung grundsätzlich unberücksichtigt zu lassen; anders ist dies hingegen, wenn ein Anfechtungsgrund zu seiner Überzeugung dargetan (vgl. Demharter § 19 Rn. 83 für Widerruf), zumindest sein Vorliegen wahrscheinlich ist (OLG Stuttgart MittBayNot 1997, 370 mit Anm. Munzig; Schaub in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. AT VII Rn. 184: „erheblicher Grad von Wahrscheinlichkeit“). Nach der Rechtsprechung des Senats dürfen an Plausibilität und Umfang von Gründen für einen Widerruf – entsprechendes gilt für Anfechtungsgründe -, welche der freien Beweiswürdigung unterliegen (Munzig MittBayNot 1997, 371/372), keine zu geringen Anforderungen gestellt werden (Beschluss vom 29.7.2014, 34 Wx 138/14). Denn sonst würden für die Grundbuchpraxis unerlässliche Vollmachten ohne Not entwertet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Grundbuchverfahren nicht dem Erkenntnisverfahren des Zivilprozesses gleichsteht. Rechtspfleger wie Beschwerdegericht sind deshalb auch für die Beurteilung, ob Anfechtungsgründe bestehen, im Wesentlichen auf die aus den vorgelegten förmlichen Urkunden sowie dem Vorbringen der Beteiligten gewonnene Überzeugung beschränkt. Zu eigenen Ermittlungen ist das Grundbuchamt nicht berufen; es wäre dazu auch angesichts der beschränkten Möglichkeiten im Eintragungsantragsverfahren gar nicht in der Lage.

b) Das Grundbuchamt übernimmt in der Entscheidung über die (Nicht-) Abhilfe ohne weiteres den Vortrag der Beteiligten zu 2 und 3, wonach die Täuschung darin bestanden haben soll, dass ihnen der Inhalt der Rückübertragungsklausel von dem im Auftrag der Beteiligten zu 1 tätigen Makler L. so dargestellt worden sei, „dass das Rückübertragungsrecht ausschließlich unter der Prämisse einer möglichen Bebauung von vier weiteren Einheiten zum Tragen käme“, und zwar derart befristet, dass entweder bis 1.1.2022 ein (erfolgversprechender) Bauantrag eingereicht oder bis 1.7.2022 eine entsprechende Baugenehmigung erteilt worden sei. Der Senat erkennt für diese Annahme keine genügenden Anhaltspunkte; ebensowenig kann von einer erfolgreichen Irrtumsanfechtung ausgegangen werden.

(1) Eine erfolgreiche Anfechtung wegen Inhaltsirrtums (§ 119 Abs. 1 BGB) über die abgegebene Erklärung selbst erscheint fernliegend. Denn für einen Irrtum der Beteiligten zu 2 und 3 darüber, dass die in der notariellen Urkunde erteilte Vollmacht ihrem Inhalt nach ausschließlich die Rückübertragung der Freifläche im Fall einer zulässigen Bebauung ermögliche, sprechen keine hinreichenden Anhaltspunkte. Zunächst ist in der Urkunde festgehalten, dass die Beteiligten zu 2 und 3 versicherten, mindestens 14 Tage vor der Beurkundung einen Vertragsentwurf erhalten zu haben (vgl. § 17 Abs. 2a Nr. 2 BeurkG); sie hätten sich mit dem Entwurf ausreichend auseinandergesetzt. Zur Teilungserklärung findet sich die Feststellung, dass die Käufer vor der Beurkundung eine beglaubigte Abschrift erhalten hätten und die Beteiligten darauf verzichteten, diese Urkunde nochmals zu verlesen und der heutigen Urkunde beizufügen (vgl. § 13a Abs. 1 BeurkG); der Notar habe die Beteiligten darauf hingewiesen, dass damit diese Urkunde für die Beteiligten als Inhalt der heutigen Urkunde – soweit nichts anderes vereinbart – verbindlich sei. In den Schlussbestimmungen (XI.1.) ist vermerkt, dass Nebenabreden nicht bestehen und „nur noch diese Urkunde“ gelte.

Die in Bezug genommene, den Beteiligten bekannte Teilungserklärung enthält in Abschn. VII. den auch für eine juristisch nicht bewanderte Person ersichtlich weitergehenden Passus, dass der Grundstückseigentümer sich vorbehalten habe, über die (herausgemessene) Teilfläche „nach eigenem Ermessen anderweitig“ zu verfügen. Auch nicht andeutungsweise ist hier davon die Rede, dass der Verkäufer in seiner Verfügungsfreiheit über die Teilfläche in einer Weise eingeschränkt wäre, wie sie die Beteiligten zu 2 und 3 beschreiben, er also die Vollmacht nur gebrauchen könne oder dürfe, wenn eine Bebauung dort gesichert wäre. Wenn tatsächlich nur die (positiv festgestellte) Bebaubarkeit der Restfläche den Rückübertragungsanspruch auslösen sollte, hätte es sich angeboten, diese Abrede auch in das umfängliche Vertragswerk mit aufzunehmen. Es spricht manches dafür, dass die (geringe) Chance der Bebaubarkeit die Beteiligte zu 1 zwar zunächst dazu veranlasste, die Klausel in die Teilungserklärung aufzunehmen und sich sodann in den Kaufverträgen entsprechend bevollmächtigen zu lassen, ihr die Geltendmachung des Rückübertragungsanspruchs aber ausdrücklich davon unabhängig und unbeschränkt in dem festgelegten Zeitraum möglich bleiben sollte (“nach eigenem Ermessen anderweitig“), und die Käufer sich mit dem ihnen bewussten Risiko auch abfanden. Selbst wenn sich die Parteien zum Gebrauch der Vollmacht abweichend vom Urkundeninhalt geeinigt hätten, wäre eine derartige Abrede im Übrigen mangels gewahrter Form (§ 311 b BGB) unwirksam.

(2) Eine erfolgreiche Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) ist ebenfalls nicht in – zumindest – erheblichem Maß wahrscheinlich.

Arglistige Täuschung i. S. v. § 123 BGB setzt eine Täuschung zum Zweck der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus (Palandt/Ellenberger § 123 Rn. 2). In subjektiver Hinsicht ist Arglist erforderlich, das heißt, der Handelnde muss, noch im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, die Unrichtigkeit seiner Angaben kennen oder zumindest für möglich halten (BGH NJW 2001, 2326; Palandt/Ellenberger § 123 Rn. 11).

aa) Dass der Vertreter der Beteiligten zu 1 die fragliche Vollmacht trotz ihrer „weiten“ Fassung nur dann als einschlägig erläutert hätte, wenn es zu einer Bebauung der Restfläche komme, kann nicht angenommen werden. Auch die Beteiligten zu 2 und 3 bringen dazu keine substanziellen Anhaltspunkte. Ergänzend kann auf die vorstehenden Erwägungen zu (1) Bezug genommen werden.

Sofern von Seiten der Verkäuferin seinerzeit erklärt wurde, von der weit gefassten Rückübertragungsvollmacht werde nur Gebrauch gemacht, falls für die Restfläche Baurecht geschaffen werden könne und dies nach damaligem Kenntnisstand ziemlich unwahrscheinlich sei („zu 98 %“), würde eine derartige Äußerung – an dieser Stelle als wahr unterstellt – noch nicht einen hinreichenden Schluss auf Arglist erlauben. Immerhin erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass die Beteiligte zu 1 oder ihr Vertreter seinerzeit davon ausging, man könne die Voraussetzungen für eine Bebauung der Restfläche doch noch schaffen, während die Überlegung, auch ohne diese Möglichkeit von der Vollmacht zur Rückübertragung Gebrauch zu machen, erst später – etwa im Zusammenhang mit neuen auf diese Restfläche bezogenen wirtschaftlichen Optionen – entstanden ist. Für eine Mitte 2012 gar nicht vorhandene Absicht, etwa in Verhandlungen mit den zuständigen Behörden auf die Bebaubarkeit der Freifläche hinzuwirken oder nach etwaigen Umplanungen doch noch Baugenehmigungen durchzusetzen und sich seinerzeit deswegen die Abtrennung vorzubehalten, fehlen genügende Anhaltspunkte. Dann aber in der Folgezeit von der – weiter gefassten – Vollmacht über deren ursprünglich primären Anlass hinaus auch ohne Aussicht auf eine Baugenehmigung noch Gebrauch zu machen, wäre nicht arglistig.

bb) Indessen kann aber die Darstellung der Beteiligten zu 2 und 3 über die ihnen verkäuferseits gemachten Zusagen auch nicht hinreichend durch Tatsachen untermauert werden.

So belegen mit der Beschwerde eingereichte schriftliche Stellungnahmen des Notars sowie des für die Beteiligte zu 1 bei der Beurkundung anwesenden Vertreters die Version der Beteiligten zu 2 und 3 nicht. Deren in den Raum gestellte Erwägung, es hätte sich doch angeboten, unter den gegebenen Umständen die Teilung vorab durchzuführen (“Ich verkaufe doch nicht erst einen Lkw mit Anhänger und hol mir den Anhänger dann wieder mir nichts dir nichts zurück“), erscheint zwar nicht fernliegend, findet jedoch weder in der maßgeblichen Vertragsurkunde noch in sonstigen Unterlagen eine ausreichende Stütze. Dafür, dass der Kaufpreis wesentlich von der dauernden Verfügbarkeit über die Teilfläche bestimmt war, fehlen Anhaltspunkte, zumal nicht erst die Ausübung des vorbehaltenen Rechts, sondern bereits der Vorbehalt in der Teilungserklärung selbst die Rechtsstellung der Erwerber deutlich schmälerte.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Gerichtliche Kosten fallen nicht an (§ 25 Abs. 1 GNotKG). Es erschiene auch nicht billig, eine Kostenerstattung nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG zugunsten hier obsiegender Beteiligter anzuordnen.

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