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Verkehrsunfall – Zusammenstoß bei Zurücksetzen zweier Fahrzeuge aus Parkboxen auf Parkplatz

Verkehrsunfall auf Parkplatz: Haftungsquote von 50 % für beide Parteien

Das Amtsgericht Mülheim hat in seinem Urteil vom 09.01.2015 (Az.: 27 C 330/14) die Klage einer Frau auf vollständigen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall abgewiesen. Der Unfall ereignete sich beim gleichzeitigen Rückwärtsausparken zweier Fahrzeuge auf einem Parkplatz. Das Gericht entschied, dass eine Haftungsquote von 50 % für beide Parteien angemessen sei, da keine eindeutige Schuldzuweisung möglich war und beide Fahrer ihre Sorgfaltspflichten verletzt hatten.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 27 C 330/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Verkehrsunfall beim Rückwärtsausparken zweier Fahrzeuge auf einem Parkplatz.
  2. Keine eindeutige Klärung des Unfallhergangs durch das Gericht möglich.
  3. Die Klägerin forderte vollständigen Schadensersatz, jedoch wurde die Klage abgewiesen.
  4. Das Gericht legte eine Haftungsquote von 50 % für beide Unfallbeteiligten fest.
  5. Entscheidung basiert auf der Annahme, dass beide Fahrer ihre Sorgfaltspflichten verletzt haben.
  6. Der Nachweis eines längeren Stillstands eines Fahrzeugs vor dem Unfall konnte nicht erbracht werden.
  7. Es gibt auf Parkplätzen keinen Vertrauensgrundsatz des fließenden Verkehrs gegenüber Ausparkenden.
  8. Die vorgerichtliche Regulierung des Schadens durch die Beklagte zu 3 wurde als angemessen betrachtet.

Verkehrsunfälle beim Zurücksetzen auf Parkplätzen: Haftungsfragen und rechtliche Herausforderungen

Verkehrsunfall: Rückwärtsfahren auf Parkplatz - Idealfahrer-Beurteilung
(Symbolfoto: dean bertoncelj /Shutterstock.com)

Bei Verkehrsunfällen auf Parkplätzen, bei denen zwei Fahrzeuge beim Rückwärtsausparken kollidieren, ist die Haftungsfrage oft nicht eindeutig zu klären. In solchen Fällen wird die Haftungsquote grundsätzlich gleichmäßig auf beide Unfallbeteiligte verteilt, wie das Amtsgericht Mülheim in seinem Urteil vom 09.01.2015 (Az.: 27 C 330/14) entschieden hat.

Die Sichtmöglichkeit beim Zurücksetzen aus einer Parkbox ist deutlich eingeschränkt, was die Unfallgefahr erhöht. Wird das Fahrzeug vorwärts aus der Parkbox gefahren, besteht eine bessere Sicht auf die Parkgasse. In Fällen, in denen zwei Fahrzeuge beim Ein- und Ausparken auf einem Parkplatz kollidieren, kann es zu einer Haftungsverteilung kommen. Allerdings fehlt in einigen Artikeln die Erwähnung von Unfällen beim Zurücksetzen.

Die Rechtsprechung zu § 9 StVO beinhaltet auch Fälle von Verkehrsunfällen beim Zurücksetzen zweier Fahrzeuge aus ihren Parkboxen auf einem Parkplatz. Insgesamt ist bei Unfällen beim Zurücksetzen auf Parkplätzen die Haftungsquote grundsätzlich gleichmäßig verteilt, es sei denn, es gibt besondere Umstände, die eine andere Verteilung rechtfertigen.

Ein detaillierterer Einblick in ein konkretes Urteil zu diesem Thema kann dabei helfen, die rechtlichen Herausforderungen besser zu verstehen und mögliche Haftungsfragen zu klären. Am 29. Mai 2013 kam es zu einem ungewöhnlichen Verkehrsunfall auf dem Parkplatz des Hagebaumarktes in Mülheim an der Ruhr, als zwei Fahrzeuge beim Rückwärtsausparken aus ihren Parkboxen kollidierten. Beteiligt waren ein VW Caddy, gefahren vom Ehemann der Klägerin, und ein weiteres Fahrzeug, gesteuert von dem Beklagten zu 2 und haftpflichtversichert bei der Beklagten zu 3.

Ursachen und Umstände des Verkehrsunfalls

Die Klägerin machte geltend, dass ihr Ehemann zunächst in einer Parkbox zur Weseler Straße hin parkte und dann rückwärts ausparkte. Er bewegte sich etwa 10-15 Meter rückwärts, um das Parkplatzgelände anschließend vorwärts verlassen zu können. Der Beklagte zu 2 setzte zur gleichen Zeit sein Fahrzeug rückwärts aus einer anderen Parkbox zurück, wobei es zur Kollision der Heckbereiche beider Fahrzeuge kam. Die Klägerin behauptete, ihr Fahrzeug habe sich bereits im bevorrechtigten fließenden Verkehr befunden, als der Beklagte zu 2 ihren Pkw übersah.

Klage und Forderung nach Schadensersatz

Die Klägerin forderte Schadensersatz in Höhe von insgesamt 4.707,97 EUR, wovon die Beklagte zu 3 bereits 50% reguliert hatte. Die Klägerin strebte jedoch eine vollständige Haftung der Beklagten an und erhob daher Klage auf den restlichen Betrag nebst Rechtsanwaltskosten und Zinsen. Die Beklagten argumentierten, dass die Kollision durch das zeitgleiche Ausparken entstand und daher eine Haftungsteilung angebracht sei.

Beweisaufnahme und Zeugenaussagen

Das Gericht führte eine detaillierte Beweisaufnahme durch, einschließlich der Vernehmung von Zeugen. Die Zeugenaussagen waren jedoch widersprüchlich. Ein Zeuge berichtete, dass beide Fahrzeuge gleichzeitig rückwärts ausgeparkt hätten, während ein anderer angab, dass der Wagen der Klägerin bereits auf der Fahrbahn stand. Aufgrund dieser Uneinigkeit konnte das Gericht keinen eindeutigen Unfallhergang feststellen.

Gerichtliche Entscheidung und Haftungsfrage

Das Amtsgericht Mülheim wies die Klage in seinem Urteil vom 09.01.2015 (Az.: 27 C 330/14) ab. Es stellte fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf weiteren Schadensersatz hatte, da sie die Voraussetzungen für eine weitergehende Haftung nicht nachweisen konnte. Das Gericht fand, dass beide Fahrer ihre Sorgfaltspflichten verletzt hatten und legte daher eine Haftungsquote von jeweils 50% fest. Diese Entscheidung basierte auf dem Grundsatz, dass bei einem Zusammenstoß beim Zurücksetzen auf einem Parkplatz beiden Fahrern ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten unterstellt wird.

Fazit des Falls

Das Urteil zeigt die Komplexität von Verkehrsunfällen auf Parkplätzen auf, wo die Feststellung von Haftungsfragen oft schwierig ist. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung von Zeugenaussagen und die Notwendigkeit, dass Fahrer beim Ausparken besondere Vorsicht walten lassen müssen.

✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt

Was bedeutet Haftungsquote und wie wird sie im Kontext eines Verkehrsunfalls bestimmt?

Die Haftungsquote ist ein Begriff, der im Kontext von Verkehrsunfällen verwendet wird, wenn die Schuldfrage nicht eindeutig geklärt ist. Sie gibt in prozentualen Anteilen an, in welchem Maß die Unfallparteien Schadensersatz zu leisten haben bzw. wie hoch die Haftung ist. Die Haftungsquote wird in der Regel durch die beteiligten Versicherungen oder vor Gericht festgelegt.

Die Bestimmung der Haftungsquote erfolgt auf der Grundlage verschiedener Faktoren, darunter die Betriebsgefahr des Fahrzeugs, das Ausmaß des Verschuldens und die spezifischen Umstände des Unfalls. Es gibt keine festen Prozentsätze, die in die Haftungsabwägung einfließen, da die Höhe der Betriebsgefahr und der Verschuldensmomente des einen Unfallbeteiligten von verschiedenen Faktoren abhängen.

Beispielsweise kann bei einem Unfall zwischen zwei Pkws, bei dem keinem der Beteiligten ein Verschulden nachgewiesen werden kann, eine Haftungsquote von 50 % zu Lasten jedes Beteiligten angenommen werden. Bei einem Unfall zwischen einem Lkw und einem Pkw kann dagegen eine Haftungsquote von 60 % zu 40 % zu Lasten des Lkw-Fahrers angenommen werden.

Die Haftungsquote hat direkte Auswirkungen auf die Höhe des Schadensersatzes, den eine Partei zu leisten hat. Wenn beispielsweise eine Haftungsquote von 25 % für den Unfallbeteiligten A festgelegt wird, bedeutet dies, dass A 25 % des gesamten Schadens zu tragen hat.

Es ist zu erwähnen, dass die Bestimmung der Haftungsquote oft komplex ist und von vielen Faktoren abhängt, einschließlich der spezifischen Umstände des Unfalls und der Interpretation der geltenden Gesetze und Vorschriften. Daher ist es oft ratsam, einen Rechtsanwalt zu konsultieren, um Unterstützung und Beratung in solchen Fällen zu erhalten.

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Inwiefern ist das Verhalten eines „Idealfahrers“ relevant für die Beurteilung eines Verkehrsunfalls?

Das Konzept des „Idealfahrers“ spielt bei der Beurteilung von Verkehrsunfällen eine wichtige Rolle, insbesondere wenn es um die Frage der Unabwendbarkeit eines Ereignisses geht. Ein „Idealfahrer“ ist eine fiktive Person, die sich jederzeit vollkommen regelkonform und mit höchster Sorgfalt im Straßenverkehr bewegt. Dieses Konzept wird herangezogen, um zu beurteilen, ob ein Unfall auch bei Anwendung aller gebotenen Sorgfalt und Beachtung aller Verkehrsregeln hätte vermieden werden können.

Wenn ein Fahrer geltend macht, dass ein Unfall für ihn ein „unabwendbares Ereignis“ war, muss er beweisen, dass er sich wie ein „Idealfahrer“ verhalten hat. Das bedeutet, dass er die äußerste, nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat und sich nicht nur während des Unfalls, sondern bereits im Vorfeld ideal verhalten hat. Ein Unfall, der sich aus einer abwendbaren Gefahrenlage entwickelt, wird nicht dadurch unabwendbar, dass sich der Fahrer in der Gefahrensituation ideal verhält. Vielmehr muss geprüft werden, ob ein „Idealfahrer“ überhaupt in eine solche Gefahrenlage geraten wäre.

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen eines „unabwendbaren Ereignisses“ liegt bei demjenigen, der sich darauf beruft. Er muss alle ernsthaft in Betracht kommenden Unfallursachen ausräumen, die der Beurteilung eines Verhaltens als das eines „Idealfahrers“ entgegenstehen. Verbleibende Unsicherheiten hinsichtlich des Unfallhergangs gehen zu seinen Lasten, soweit es um die Unabwendbarkeit des Unfalls geht.

Zusammengefasst ist das Verhalten eines „Idealfahrers“ ein rechtliches Konstrukt, das dazu dient, die Sorgfaltspflichten eines Fahrers im Straßenverkehr zu definieren und zu beurteilen, ob ein Unfall auch bei optimaler Verhaltensweise hätte vermieden werden können.

Wie wirkt sich das beiderseitige Verschulden auf die Schadensregulierung bei Verkehrsunfällen aus?

Das beiderseitige Verschulden bei einem Verkehrsunfall hat direkte Auswirkungen auf die Schadensregulierung. Wenn beide Parteien an einem Unfall schuld sind, wird die Haftungsquote bestimmt, die den prozentualen Anteil der Schuld jeder Partei angibt. Diese Quote bestimmt dann, wie viel jeder Beteiligte zur Deckung des Schadens beitragen muss.

Die Bestimmung der Haftungsquote basiert auf verschiedenen Faktoren, einschließlich der Betriebsgefahr des Fahrzeugs, dem Ausmaß des Verschuldens und den spezifischen Umständen des Unfalls. Beispielsweise kann bei einem Unfall, bei dem beide Fahrer gleichermaßen schuld sind, eine Haftungsquote von 50% für jeden Fahrer festgelegt werden.

Die Haftungsquote hat direkte Auswirkungen auf die Höhe des Schadensersatzes, den jede Partei zu leisten hat. Wenn beispielsweise eine Haftungsquote von 30% für den Unfallbeteiligten A festgelegt wird, bedeutet dies, dass A 30% des Gesamtschadens des Unfallbeteiligten B decken muss. Umgekehrt kann A 70% seines eigenen Schadens von der Versicherung des Unfallbeteiligten B geltend machen.

Es ist auch zu beachten, dass bei einem beiderseitigen Verschulden die Beteiligten möglicherweise entscheiden, den Schaden ohne Beteiligung der Versicherung zu regulieren, insbesondere bei geringen Schäden. Dies kann jedoch Risiken bergen, da auch bei scheinbar harmlosen Unfällen teure Schäden entstehen können.

Die Schadensregulierung bei beiderseitigem Verschulden kann komplex sein und erfordert oft rechtliche Beratung, um sicherzustellen, dass die Rechte und Interessen aller Beteiligten angemessen berücksichtigt werden.

Welche Bedeutung hat der Vertrauensgrundsatz im Straßenverkehr, insbesondere auf Parkplätzen?

Der Vertrauensgrundsatz ist ein wichtiger Bestandteil des Straßenverkehrsrechts. Er besagt, dass ein Verkehrsteilnehmer, der sich verkehrsgemäß verhält, damit rechnen kann, dass sich auch andere Verkehrsteilnehmer regelkonform verhalten. Dies bedeutet, dass man darauf vertrauen kann, dass andere Verkehrsteilnehmer den Verkehr nicht durch pflichtwidriges Verhalten gefährden, solange die sichtbare Verkehrslage zu keiner anderen Beurteilung Anlass gibt.

Auf Parkplätzen ist die Anwendung des Vertrauensgrundsatzes jedoch nicht immer eindeutig. Die Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) gelten grundsätzlich auch auf öffentlich zugänglichen Parkplätzen. Allerdings kann es auf Parkplätzen zu besonderen Situationen kommen, die eine Anwendung des Vertrauensgrundsatzes einschränken. So kann sich beispielsweise ein Fahrer nicht auf den Vertrauensgrundsatz berufen, wenn er durch eigenes Fehlverhalten mitursächlich für einen Unfall war.

Es gibt keinen Vertrauensgrundsatz, wonach der vermeintlich „fließende“ Verkehr gegenüber dem ein- und ausparkenden Verkehr bevorrechtigt ist. Auf Parkplätzen trifft man in der Regel nicht auf fließenden Verkehr, sondern auf andere Nutzer der Parkplatzfahrbahn. Daher ist auf Parkplätzen eine angepasste Geschwindigkeit einzuhalten und jederzeit bremsbereit zu sein.

Es kann jedoch Ausnahmen geben, etwa wenn auf öffentlich zugänglichen Parkplätzen Fahrspuren zwischen den einzelnen Parkplätzen bzw. Parkbuchten angelegt sind, die einen eindeutigen Straßencharakter haben. In solchen Fällen könnte der Vertrauensgrundsatz möglicherweise zur Anwendung kommen.

Insgesamt ist der Vertrauensgrundsatz ein wichtiger Aspekt bei der Beurteilung von Verkehrssituationen, einschließlich Unfällen auf Parkplätzen. Er dient dazu, das Verhalten der Verkehrsteilnehmer zu regulieren und die Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten.


Das vorliegende Urteil

AG Mülheim – Az.: 27 C 330/14 – Urteil vom 09.01.2015

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall.

Am 29.05.2013 gegen 17.30 Uhr ereignete sich auf dem Parkplatz des Hagebaumarktes an der Weseler Straße in Mülheim an der Ruhr ein Verkehrsunfall an dem der von dem Ehemann der Klägerin, Herrn …, gefahrene Pkw VW Caddy der Klägerin, amtliches Kennzeichen …, und der von dem Beklagten zu 2 gefahrene und im Unfallzeitpunkt bei der Beklagten zu 3 haftpflichtversicherte Pkw, amtliches Kennzeichen … Fahrzeughalter die Beklagte zu 1 ist.

Beide Fahrzeuge parkten ursprünglich auf dem Parkplatz. Der Ehemann der Klägerin parkte sodann rückwärts aus. Der Beklagte zu 2 setzte das von ihm geführte Fahrzeug rückwärts aus der Parkfläche zurück. Es kam zu einer Kollision der beiden Fahrzeuge jeweils im Heckbereich, wobei der Hergang und Verlauf des Unfalls zwischen den Parteien umstritten ist.

Die Klägerin meldete gegenüber den Beklagten einen Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt 4.707,97 EUR an, den die Beklagte zu 3 ausgehend von einer Haftungsquote von 50 % in Höhe von 2.353,99 EUR regulierte. Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin ausgehend von einer vollen Haftung der Beklagten für den Verkehrsunfall den restlichen Schadensersatz in Höhe von 2.353,99 EUR nebst vorgerichtlich zur Rechtsverfolgung aufgewandter Rechtsanwaltskosten geltend.

Die Klägerin trägt vor, ihr Ehemann habe mit ihrem Fahrzeug zunächst in einer zur Weseler Straße hin gelegenen Parkbox gestanden. Er habe dann mit dem Pkw rückwärts ausgeparkt und sei auf dem Zufahrtsweg des Parkplatzes eine Fahrtstrecke von ca. 10-15 Metern rückwärts mit Schrittgeschwindigkeit gefahren, um dann anschließend das Parkplatzgelände vorwärts über die entsprechende Ausfahrt verlassen zu können. Während sich ihr Pkw bereits auf dem Zufahrtsweg im bevorrechtigten fließenden Verkehr befunden habe, habe der Beklagte zu 2 den von ihm geführten Pkw rückwärts aus der Parkbox herausgesetzt und dabei ihren Pkw übersehen.

Die Klägerin beantragt daher nunmehr, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 2.353,99 EUR sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 216,58 EUR, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.08.2013 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten tragen vor, zu der Kollision sei es aufgrund des zeitgleichen Ausparkens der Fahrzeuge gekommen. Da beide Pkw im Parkplatzbereich zum Unfallzeitpunkt rückwärts gefahren seien, sei eine Haftungsteilung vorzunehmen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen … und …. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird das Protokoll der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Mülheim an der Ruhr vom 01.07.2014 (Bl. 64-67 GA) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen weiteren Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 und 3, 17 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG oder einer sonstigen Anspruchsgrundlage.

1. Die vorgerichtlich von der Beklagten zu 3 vorgenommene Regulierung des Unfallschadens mit einer Haftungsquote von 50 % ist nicht zu beanstanden.

Die Voraussetzungen für eine weitergehende Haftung gem. §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 und 3, 17 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG konnte die Klägerin nicht beweisen.

Es kann zunächst nicht festgestellt werden, dass es sich bei dem Unfall für den Ehemann der Klägerin um ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG handelte. Unabwendbar ist ein Ereignis, das durch äußerste mögliche Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Abzustellen ist auf das Verhalten des sog. „Idealfahrers“ (König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Auflage, § 17 StVG Rn. 22). Wer sich nach § 17 Abs. 3 StVG entlasten will, muss die Unabwendbarkeit des Unfalls beweisen. Hiervon ausgehend, ist der Klägerin dieser Beweis nicht gelungen. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Unfall durch das zeitgleiche rückwärts erfolgte Ausparken der beiden unfallbeteiligten Fahrzeuge entstanden ist und demnach auch der Fahrer des Klägerfahrzeugs dabei nicht die ihm zukommenden Sorgfaltspflichten beim Rückwärtsfahren beachtet hat. Dass das Klägerfahrzeug vor der Kollision seine Rückwärtsfahrt nach dem Ausparken beendet hatte und vor der Kollision mehrere Sekunden auf der Fahrfläche des Parkplatzes gestanden hätte, konnte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht positiv festgestellt werden. Zwar geht die Aussage des Zeugen … in diese Richtung. Dem steht jedoch die Aussage des Zeugen … entgegen, der bekundete, dass beide Fahrzeuge zeitgleich ausgeparkt hätten, eingelenkt und sich in ihrer rückwärtigen Fahrbewegung getroffen hätten. Welche der beiden Zeugenaussagen das Unfallgeschehen zutreffend wiedergibt, vermag das Gericht nicht einzuschätzen. Das Gericht vermag der Aussage des Zeugen … nicht den Vorzug vor der Aussage des Zeugen … zu geben. Denn die Aussage des Zeugen … ist glaubhaft. Der Zeuge stand nach seinen Angaben lediglich 10 Meter vom Unfallgeschehen entfernt und hat das Unfallgeschehen sehr anschaulich, widerspruchsfrei und nachvollziehbar geschildert. Die Aussage des Zeugen … steht auch nicht im Widerspruch zu der Unfallschilderung die der Beklagte zu 2 im Rahmen seiner informatorischen Anhörung gegeben hat. Der Beklagte zu 2 war vielmehr zu einer eindeutigen und klaren Unfallschilderung nicht in der Lage, schilderte den Unfallhergang widersprüchlich, so dass seine Unfallschilderung für das Gericht keine Aussagekraft hat.

Kann daher nicht festgestellt werden, dass der Unfall für den Fahrer des Klägerfahrzeugs unabwendbar gewesen ist, hängen die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie deren Umfang nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG bzw. nach § 254 Abs. 1 BGB von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Die danach gebotene Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge ist aufgrund aller festgestellten, d. h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung (ständige Rechtsprechung, zuletzt BGH, NJW 2012, 1953). Die Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge gemäß § 17 Abs. 1 StVG ergibt, dass die Klägerin ihren Schaden zu 50 % selbst zu tragen hat. Kommt es auf einem Parkplatz zum Zusammenstoß von zwei Fahrzeugen, die aus ihren Parkboxen zurücksetzen, so ist beiden Fahrzeugführern ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO vorzuwerfen, während § 9 Abs. 5 StVO auf Parkplätzen mangels Anwendbarkeit der Straßenverkehrsordnung jedenfalls keine unmittelbare Anwendung findet. Insoweit begründet der beiderseitige Verstoß gegen die identischen Sorgfaltspflichten grundsätzlich eine Haftungsquote von 50 %. Eine höhere Haftungsquote kommt nur in Betracht, wenn ein Unfallbeteiligter nachweisen kann, dass er bereits längere Zeit gestanden hat (LG Kreuznach, ZfSch 2007, 559; LG Bochum, Beschluss vom 21.01.2009, 10 S 107/08, zitiert nach juris; LG Kleve, NJW-Spezial 2010, 234). Bei einer Kollision während des Zurücksetzens spricht der Anschein für das Verschulden des Rückwärtsfahrenden. Die mit der Rückwärtsfahrt typischerweise verbundenen Gefahren enden auch nicht sogleich mit dem Stillstand des Fahrzeuges. Anderenfalls hinge die Haftung von der Frage ab, ob es dem Rückwärtsfahrenden (zufällig) noch gelingt, sein Fahrzeug vor dem Zusammenstoß zum Stillstand zu bringen. Wie bereits ausgeführt, hat die Klägerin den ihr obliegenden Nachweis nicht geführt, dass ihr Ehemann bereits einige Zeit mit ihrem Pkw stand, bis es zu dem Unfall kam. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die Gefährdung, die der Ehemann der Klägerin durch das Rückwärtsfahren gesetzt hat, durch längeres Anhalten aufgehoben worden wäre. Auch konnte die Klägerin nicht nachweisen, dass der Ehemann bereits eine Fahrtstrecke von 10-15 Metern zurückgelegt hatte bevor es zur Kollision mit dem Beklagtenfahrzeug kam. Denn dem steht die glaubhafte Aussage des Zeugen … entgegen. Im Übrigen gibt es auf einem Parkplatz entgegen der Auffassung der Klägerin keinen Vertrauensgrundsatz des fließenden Verkehrs gegenüber dem Ausparkenden. Da Parkplätze dem ruhenden Verkehr dienen, trifft der dort Ausparkende nicht auf fließenden Verkehr, sondern auf Benutzer der Parkplatzfahrbahn. Die gegenseitigen Rücksichtpflichten sind deshalb erhöht und einander angenähert. Die von der Beklagten zu 3 bei der Schadensregulierung zugrunde gelegte Haftungsquote von 50 % ist daher nach alledem nicht zu beanstanden.

Ausgehend von einer Haftungsquote von 50 % wurden die einzelnen in ihrer Höhe zwischen den Parteien unstreitigen Schadenspositionen von der Beklagten zu 3 bereits reguliert, so dass die Klage abzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziffer 11, 711, 709 Satz 2 ZPO

Streitwert: 2.353,99 EUR

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