BSG
Az: B 7b AS 2/06 R
Urteil vom 01.11.2006
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2005. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin im Hinblick auf die Verwertbarkeit der von ihr selbst bewohnten Eigentumswohnung bedürftig ist.
Die am 27. Januar 1979 geborene ledige Klägerin bezog bis zum 3. November 2004 Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von monatlich 642,76 EUR. Am 23. Dezember 2004 beantragte sie die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Sie ist Eigentümerin einer Eigentumswohnung mit einer Wohnfläche von 75 qm (drei Zimmer, Küche, Bad).
Mit Bescheid vom 7. Februar 2005 bewilligte die beklagte Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Augsburger Land der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 in Höhe von 549,50 EUR; bei der Leistungsfestsetzung wurden Leistungen für Heizung und Nebenkosten in Höhe von 151,00 EUR für die von der Klägerin bewohnte Eigentumswohnung berücksichtigt. Am 20. Mai 2005 stellte die Klägerin einen Weiterbewilligungsantrag. Die Beklagte lehnte die Weiterbewilligung wegen des Vorhandenseins von verwertbarem Vermögen ab (Bescheid vom 3. August 2005); die von der Klägerin selbst bewohnte Eigentumswohnung könne ab 1. Juli 2005 nicht mehr als angemessen iS von § 12 Abs 3 Nr 4 SGB II angesehen werden. Der Widerspruch hiergegen blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29. August 2005).
Das SG hat die Beklagte verurteilt, für die Zeit vom 1. Juli bis 3. November 2005 monatlich 549,50 EUR und für die Zeit vom 4. November bis 31. Dezember 2005 monatlich 469,50 EUR zu zahlen (Urteil vom 4. Oktober 2005). Zur Begründung hat es ausgeführt, bei der von der Klägerin bewohnten Eigentumswohnung handele es sich nicht um verwertbares Vermögen. Aus der von § 90 Abs 2 Nr 8 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) abweichenden Formulierung ergebe sich, dass sich die Angemessenheit allein nach der Größe richte, wobei die Auslegung des Begriffes „angemessene Größe“ der Rechtsprechung überlassen sei. Da es sich beim SGB II in erster Linie um eine Fortsetzung der Regelungen für die frühere Arbeitslosenhilfe (Alhi) handele, sei primär auf die Rechtsprechung zur Alhi zurückzugreifen. Das Gesetz gehe davon aus, dass in der Regel Kurzzeitarbeitslose möglichst schnell wieder in eine Erwerbstätigkeit gebracht werden sollten, was sich aus der Regelleistungsdauer von sechs Monaten ergebe. Bei der Auslegung seien zudem die Anforderungen einer Massenverwaltung zu berücksichtigen, weshalb einfache pauschalierte Grenzen notwendig seien. Bei der Hilfeleistung seien die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu berücksichtigen. Es sei demnach nicht sinnvoll, Leistungsempfänger, die prinzipiell möglichst nur kurze Zeit arbeitslos bleiben sollten, durch enge Angemessenheitsgrenzen zur Aufgabe einer Eigentumswohnung zu zwingen. Der Erwerb und der Verkauf von Eigentumswohnungen sei nicht mit gleicher Flexibilität möglich, wie das beim Wechsel von Mietwohnungen der Fall sei. Zur Wahrung eines im Rahmen der Massenverwaltung handhabbaren bundeseinheitlichen Maßstabs solle in Anlehnung an die in § 88 Abs 2 Nr 7 Satz 3 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) enthaltene Verweisung auf das Zweite Wohnungsbaugesetz (2. WoBauG) abgestellt werden. Danach seien Familienheime mit einer Wohnfläche bis zu 130 qm und Eigentumswohnungen mit bis zu 120 qm nicht als unangemessen groß anzusehen. Eine weitere Abstufung nach der Personenzahl, die die selbst genutzte Eigentumswohnung bewohnt, sei zu Gunsten einer Pauschalierung nicht durchzuführen. Insbesondere seien die Kriterien für die Beurteilung der Angemessenheit angemieteter Unterkunftskosten nach § 22 SGB II kein geeignetes Kriterium für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Die Klägerin könne daher nicht auf eine bloß darlehensweise Gewährung nach § 9 Abs 4 SGB II verwiesen werden. Der gebotene individuelle „Korrekturfaktor“ für eventuell unangemessene durch die Eigentumswohnung verursachte Unterkunftskosten liege in § 22 SGB II. Im Fall der Klägerin fielen für die Eigentumswohnung noch ca 150,00 EUR monatlich für Heizung und Nebenkosten an. Dies sei zweifelsfrei weit günstiger als es die Kosten einer Mietwohnung für eine Person wären.
Mit der vom Sozialgericht (SG) zugelassenen und mit Zustimmung der Klägerin eingelegten Sprungrevision wendet sich die Beklagte gegen die Auffassung des SG, die Werte des 2. WoBauG seien auch bei weniger als vier Personen anzuwenden. Die Grenzwerte in § 39 2. WoBauG, der auf einen Vier-Personen-Haushalt abstelle, seien keine absoluten Grenzwerte und stellten keine starren Schranken dar. Dies folge schon allein aus dem unbestimmten Rechtsbegriff der „angemessenen Größe“ selbst, der im Lichte der Regelungen und Zielsetzung des SGB II auszulegen sei. Durch die „passiven“ Leistungen werde der Lebensunterhalt nur im Rahmen des sozio-kulturellen Existenzminimums gesichert. Daher könnten die Regelungen der bisherigen Alhi auch nicht fortgelten. Die sechsmonatige Regelleistungsdauer habe zudem nicht die möglichst rasche Eingliederung von Kurzzeitarbeitslosen zum Gegenstand, sondern die regelmäßige Überprüfung der Hilfebedürftigkeit in überschaubaren zeitlichen Abständen. Die Anforderungen an eine Massenverwaltung ließen es nicht zu, individuelle Gesichtspunkte durch die Anwendung pauschalierter Grenzen völlig auszublenden. Dem SGB II liege ebenfalls der Individualisierungsgrundsatz zu Grunde, weshalb Besonderheiten auch im Hinblick auf die „angemessene Größe“ Beachtung finden müssten. Auch das 2. WoBauG habe Zu- oder Abschläge vorgesehen. Es müsse berücksichtigt werden, worauf sich Personen verweisen lassen müssen, die nicht über Wohneigentum verfügten. Hier beurteile sich die Angemessenheit einer Wohnung hinsichtlich der Wohnungsgröße nach den Kriterien der Förderungswürdigkeit im sozialen Wohnungsbau der Länder. Für einen Alleinstehenden sei danach als angemessen regelmäßig eine Wohnfläche von maximal 50 qm anzusetzen. Diese Überlegungen seien auf selbst genutztes Wohneigentum zu übertragen, sodass die Wohnfläche bei weniger als vier Personen jeweils um 20 qm pro Person zu mindern sei. Daraus folge, dass bei einem Ein-Personen-Haushalt nur eine Wohnfläche von 60 qm angemessen sei. Gegenteiliges ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des erkennenden Senats zur Alhi vom 17. Dezember 2002 (B 7 AL 126/01 R), da darin offengelassen worden sei, ob Abschläge von den Wohnflächen zulässig seien. Im Übrigen müsse sich die Beklagte anderslautende Dienstanweisungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) nicht entgegenhalten lassen. Sie habe eigene Verwaltungsvorschriften erlassen, die Abstufungen bei der angemessenen Größe eines Hausgrundstückes in Abhängigkeit zur Anzahl der Bewohner vorsähen. Die Auffassung, wonach es sich bei den Kosten für Unterkunft und Heizung um einen Korrekturfaktor handele, treffe nicht zu. Die Voraussetzungen für die Annahme eines Härtefalls lägen nicht vor, wobei man berücksichtigt habe, dass eine sofortige Verwertung regelmäßig ausscheide, weshalb die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende als Darlehen nach § 9 Abs 4 SGB II angeboten worden seien; dies habe die Klägerin allerdings abgelehnt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 4. Oktober 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Zahl der Bewohner sei im Rahmen des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht relevant, was sich aus einem Vergleich zu § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII ergebe. Auch die BA gehe in ihren Durchführungshinweisen davon aus, dass eine Prüfung der Angemessenheit bis zu einer Wohnfläche von 130 qm entbehrlich sei. Im Übrigen enthalte § 39 2. WoBauG keine Hinweise dafür, dass Abschläge bei einer Haushaltsgröße von weniger als vier Personen vorzunehmen seien. Lediglich eine Erhöhung der Wohnflächen bei mehr als vier Personen sei vorgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Sprungrevision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ); wobei eine Verweisung an das Landessozialgericht (LSG) in dieser Sache als sachdienlich erscheint (§ 170 Abs 4 SGG). Das SG ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Eigentumswohnung der Klägerin nicht als Vermögen zu berücksichtigen ist. Es fehlen jedoch hinreichende Feststellungen zu den sonstigen Anspruchsvoraussetzungen der von der Klägerin begehrten Grundsicherungsleistungen.
1. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmängel liegen nicht vor. Die formalen Voraussetzungen der Sprungrevision nach §§ 161 Abs 1, 164 SGG sind erfüllt. Die Klage ist auch nicht wegen fehlender Beteiligtenfähigkeit der Beklagten unzulässig. Die nach § 44b SGB II in verfassungsrechtlich zulässiger Weise (dazu Senatsurteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 6/06 R) gebildeten Arbeitsgemeinschaften sind grundsätzlich zumindest nach § 70 Nr 2 SGG beteiligtenfähig, wenn sie nicht bereits als juristische Person § 70 Nr 1 SGG unterfallen (vgl dazu näher Bundessozialgericht , Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R -, RdNr 30, zur Veröffentlichung vorgesehen).
2. Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II (in der Normfassung des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004 – BGBl I 2014) iVm § 19 Satz 1 SGB II. Gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr 1), erwerbsfähig (Nr 2) sowie hilfebedürftig sind (Nr 3) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Die Beteiligten streiten hier allein über die Hilfebedürftigkeit der Klägerin. Es sind keine Anzeichen erkennbar, dass eine der anderen Voraussetzungen fehlen könnte.
Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr 1), oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nr 2) sichern kann und die erforderliche Hilfe auch nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs 4 SGB II aF auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde; in diesem Fall sind die Leistungen allerdings lediglich als Darlehen zu erbringen. Ob die Klägerin in dem hier streitigen Leistungszeitraum iS des § 9 Abs 1 SGB II hilfebedürftig war, wird das LSG noch zu ermitteln haben. Die Hilfebedürftigkeit scheitert allerdings nicht daran, dass die Klägerin Eigentümerin einer selbst genutzten Eigentumswohnung ist, da diese vorliegend als angemessen anzusehen und daher nicht als verwertbares Vermögen zu berücksichtigen ist.
Gemäß § 12 Abs 1 SGB II (in der Normfassung des 4. Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19. November 2004 – BGBl I 2902) sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Allerdings sieht § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II vor, dass ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung nicht als Vermögen zu berücksichtigen ist (so genanntes Schonvermögen). Zweck dieser Regelung ist nicht der Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern allein der Schutz der Wohnung iS der Erfüllung des Grundbedürfnisses „Wohnen“ und als räumlicher Lebensmittelpunkt (zur Alhi vgl nur BSGE 49, 30, 31 = SozR 4220 § 6 Nr 3; BSGE 84, 48, 51 = SozR 3-4220 § 6 Nr 7; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 – B 7 AL 126/01 R -, SGb 2003, 279; zum BSHG vgl nur BVerwGE 59, 294, 300 mwN zur Rechtsprechung).
Bei dem Begriff der angemessenen Größe handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Nach dem Wortlaut des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II bezieht sich die Angemessenheit nur auf die Größe des Hausgrundstücks bzw der Eigentumswohnung. Damit wurde auf § 6 Abs 3 Satz 2 Nr 2 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) 1974 und auf § 1 Abs 3 Nr 5 AlhiV 2002 Bezug genommen. Im Gesetzentwurf zu § 12 SGB II wird insofern auch ausdrücklich betont, dass sich die Regelungen zur Verwertungspflicht von Vermögen an das Recht der Alhi anlehnten (BT-Drucks 15/1516, S 46, 53 zu § 12). Nach diesen Regelungen war ebenfalls nur die Größe der Immobilie maßgeblich für die Bestimmung der Angemessenheit (hierzu BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002, – B 7 AL 126/01 R -, SGb 2003, 279). Auf andere wertbildende Faktoren wird auch nach dem Wortlaut in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II – im Gegensatz zu § 90 Abs 2 Nr 8 Satz 2 SGB XII – nicht abgestellt (vgl Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 12 RdNr 70; Brühl in LPK-SGB II, § 12 RdNr 43; Behrend in jurisPK-SGB II, § 12 RdNr 40; Schmidt in Oestreicher, SGB XII/SGB II, § 12 RdNr 91; kritisch hierzu: Hänlein in Gagel, SGB III mit SGB II, § 12 RdNr 52). Allerdings sind nach § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende für die Bestimmung der Angemessenheit maßgeblich.
Die Reduzierung der Prüfung der Angemessenheit allein auf die Größe wird schon dem bisherigen Ansatz der Rechtsprechung des Senats zu Sinn und Zweck des Schutzes eines selbstgenutzten Hauses bzw einer selbstgenutzten Eigentumswohnung nicht gerecht. Denn wenn man davon ausgeht, dass Zweck des Schutzes gerade nicht die Immobilie als Vermögensgegenstand ist, sondern allein die Erfüllung des Grundbedürfnisses „Wohnen“ und die Funktion der Wohnung als räumlicher Lebensmittelpunkt, so erscheint die Fokussierung allein auf die Größe (zumal in Bezug auf das Grundstück eines Hauses) sachwidrig. Sie ergibt auch dann wenig Sinn, wenn man stärker auf den Aspekt der Vermögensverwertung zur Erzielung von Einnahmen für die Bestreitung der Lebenshaltungskosten abstellt. Denn unter diesem Aspekt ist allein die Größe auch kein sachgerechtes Kriterium. Hier wäre vielmehr der Marktwert des Hauses bzw der Wohnung ausschlaggebend, der durch Faktoren wie Lage und Ausstattung stärker bestimmt wird als nur durch die Größe.
Dieser Erkenntnis hat der Gesetzgeber im Bereich der Sozialhilfe Rechnung getragen. Nach § 90 Abs 2 Nr 8 Satz 2 SGB XII bestimmt sich die Angemessenheit (anknüpfend an § 88 Abs 2 Nr 7 Satz 2 BSHG) nach differenzierteren, auf die konkreten Lebensverhältnisse und den wirtschaftlichen Wert der Immobilie abstellenden Kriterien (Zahl der Bewohner, besonderer Wohnbedarf , Grundstücksgröße, Hausgröße, Zuschnitt und Ausstattung des Wohngebäudes sowie Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes). Zur Bestimmung der angemessenen Größe verwies § 88 Abs 2 Nr 7 Satz 3 BSHG zudem bis zum 31. Dezember 2001 ausdrücklich auf die Wohnflächengrenzen des § 39 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und 3, Abs 2 2. WoBauG iVm § 82 2. WoBauG. Der erkennende Senat hat in seiner letzten Entscheidung zur Bestimmung der Angemessenheit einer Eigentumswohnung bei der Berücksichtigung von Vermögen im Rahmen der Alhi zu § 1 Abs 3 Nr 5 AlhiV 2002 angedeutet, dass neben der Größe uU auch der Wert Berücksichtigung finden könnte (SozR 4-4220 § 1 Nr 4 S 10). Der Gesetzgeber des SGB II hat sich demgegenüber nicht für eine Harmonisierung der Verwertungspflicht von selbst genutzten Immobilien im Sozialhilferecht einerseits und SGB II andererseits entschieden. Die isolierte Orientierung an der Größe der Immobilie privilegiert den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gegenüber dem Sozialhilfebezieher, soweit Letzterer Immobilien von angemessener Größe verwerten muss, wenn deren wirtschaftlicher Wert dies erfordert. Für eine derartige Privilegierung ist nach der weitgehenden Annäherung der Leistungssysteme und der Abkehr von dem der Alhi zu Grunde liegenden Prinzip der Lebensstandardsicherung (vgl § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II) ein rechtfertigender Grund nur schwer auszumachen (vgl Hänlein in Gagel, SGB III mit SGB II, § 12 RdNr 52). Da die Klägerin jedoch zum Kreis der privilegierten Leistungsbezieher zählt, erübrigt sich hier eine allgemeine Prüfung auf der Grundlage des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG).
Verfassungsrechtlich geboten ist jedoch eine Fortentwicklung der bisherigen Rechtsprechung insoweit, als sich das BSG zum früheren Recht der Alhi noch nicht festgelegt hatte, ob bei der Angemessenheit der Größe einer Eigentumswohnung nach der Zahl der Bewohner zu differenzieren ist oder nicht. Zur Bestimmung der angemessenen Größe sind bislang die Wohnflächengrenzen des § 39 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und 3 iVm Abs 2 des 2. WoBauG herangezogen worden, wenn es sich um einen Zeitraum handelte, in dem diese Vorschrift noch in Kraft war (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002, aaO). Nach § 39 Abs 1 Satz 1 des 2. WoBauG sollte mit öffentlichen Mitteln „nur der Bau von angemessen großen Wohnungen innerhalb der nachstehenden Grenzen gefördert werden: 1. Familienheime mit nur einer Wohnung – 130 qm, … 3. eigengenutzte Eigentumswohnungen und Kaufeigentumswohnungen – 120 qm“. Überschreitungen von 20 qm pro Person waren insbesondere möglich, soweit die Mehrfläche zu einer angemessenen Unterbringung eines Haushalts mit mehr als vier Personen erforderlich war (vgl § 82 Abs 3 Satz 1 2. WoBauG).
Nach dem Außerkrafttreten des 2. WoBauG auf Grund von Art 2 des Wohnungsbaureformgesetzes vom 13. September 2001 (BGBl I 2376) regelt nunmehr das Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) vom 13. September 2001 (BGBl I 2376) die soziale Wohnraumförderung (zur partiellen weiteren Anwendung des 2. WoBauG vgl § 48 WoFG). Auf der Grundlage des WoFG haben die Länder insbesondere Bestimmungen über Voraussetzungen der Förderung und deren Durchführung zu treffen. Nach § 10 Abs 1 WoFG müssen die Länder bei den Grenzen für Wohnungsgrößen folgende Grundsätze berücksichtigen: Die Größe der zu fördernden Wohnung muss entsprechend ihrer Zweckbestimmung angemessen sein (Nr 1), und Besonderheiten bei Maßnahmen im Gebäudebestand und bei selbst genutztem Wohneigentum sowie besonderen persönlichen oder beruflichen Bedürfnissen von Haushaltsangehörigen und einem nach der Lebenserfahrung in absehbarer Zeit zu erwartenden zusätzlichen Raumbedarf ist Rechnung zu tragen (Nr 2).
Vor diesem Hintergrund läge es nahe, die Anlehnung an die aus § 39 2. WoBauG stammenden Wohnflächengrenzen zur Bestimmung der angemessenen Größe im Rahmen des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht fortzuführen und statt dessen auf die aktuellen Ausführungsbestimmungen der Länder zum WoFG zurückzugreifen (so der Vorschlag von Rips, WuM 2004, 439, 443). Für ein solches Vorgehen wird angeführt, es trage den differenzierten Verhältnissen auf den Wohnungsmärkten Rechnung. Andererseits führte dies aber zu dem letztlich nicht vertretbaren Ergebnis, dass die bundeseinheitliche Leistung Alg II beim Vorhandensein von Wohneigentum von den erheblich differierenden Wohnflächenobergrenzen in den Förderbestimmungen der Länder abhängig wäre.
Die Ausführungsgesetze der Länder zum WoFG weisen etwa folgende Spannbreite auf: In Bayern wurde die angemessene Wohnfläche für einen Zwei-Personen-Haushalt auf höchstens 70 qm festgesetzt, für jede weitere Person im Haushalt kann die Wohnfläche bis zu 15 qm mehr betragen (Wohnraumförderbestimmungen 2003 des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren vom 11. November 2002 – AllMBl Nr 14/2002, 971); in Niedersachsen liegt der Grenzwert hingegen bei 90 qm (Nds MBl Nr 27/2003, 580 Ziff 11.3); in Baden-Württemberg wird eine Wohnfläche von 130 qm als angemessen erachtet, ohne dass nach der Personenzahl unterschieden wird (GABl vom 28. Februar 2002, 194, Ziff 3.4.2). Damit haben sich die nach dem Außerkrafttreten des § 39 2. WoBauG angestellten Überlegungen, die Grenzen des 2. WoBauG müssten durch die Länder „fortgedacht“ werden, nicht so realisiert, wie dies vom Bundesgesetzgeber wohl erwartet worden ist (BT-Drucks 14/6375, S 14 zu Art 12). Die erhebliche Diskrepanz in den Länderbestimmungen lässt eine Bezugnahme zur Auslegung des Begriffs der Angemessenheit in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht zu. Denn anders als im Rahmen von § 22 Abs 1 SGB II sind bei der Angemessenheitsprüfung im Rahmen von § 12 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB II die regionalen Verhältnisse kein sachgerechtes Beurteilungskriterium. Während bei der Übernahme der Unterkunftskosten durch den Grundsicherungsträger die konkreten Bedingungen des örtlichen Mietwohnungsmarktes ausschlaggebend sind, weil sie die Höhe der im konkreten Fall angemessenen Kosten bestimmen, besteht in Bezug auf die Angemessenheit von Wohneigentum eine vergleichbare Relevanz der regionalen Verhältnisse gerade nicht.
Der Senat orientiert sich deshalb im Grundsatz weiterhin an den Wohnflächengrenzen des 2. WoBauG, hält aber eine Differenzierung nach der Anzahl der Personen für geboten, die in der Rechtsprechung zur Alhi bereits erwogen worden ist (BSG SozR 4-4300 § 193 Nr 10), über die in der bisherigen Rechtsprechung zur Angemessenheit von Wohneigentum auf der Grundlage der AlhiV aber nicht entschieden werden musste (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 – B 7 AL 126/01 R), etwa weil im konkreten Fall der Grenzwert von 120 bzw 130 qm bei weitem überschritten wurde (BSG SozR 4-4300 § 193 Nr 10 S 50). Die Regelungen dieses Gesetzes haben insoweit aber auch zu keiner Zeit unmittelbare Wirkung entfaltet, sondern stellen lediglich Auslegungshilfen dar, die den Besonderheiten des Systems existenzsichernder Leistungen anzupassen sind. In der Literatur ist die Reduzierung der Wohnfläche bei weniger als vier Personen umstritten (gegen eine Reduzierung: Zeitler, NDV 1991, 73, 75; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 12 RdNr 211; Behrend in jurisPK-SGB II § 12 RdNr 41; für eine Reduzierung: Mergler/Zink, BSHG, 4. Aufl, Stand Mai 2002, § 88 RdNr 51c; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 12 RdNr 32). Im 2. WoBauG selbst (vgl insbesondere §§ 39 und 82 Abs 3 Satz 2) fand eine Reduzierung der Grenzwerte bei geringerer Personenzahl als vier keine Grundlage. Geregelt war dort nur die Erhöhung von jeweils 20 qm pro Person zur angemessenen Unterbringung eines Haushalts mit mehr als vier Personen (§ 82 Abs 3 Satz 1 2. WoBauG). Ein Teil der Oberverwaltungsgerichte plädierte im Rahmen des § 88 BSHG, der bis zum Außerkrafttreten des 2. WoBauG eine Bezugnahme von § 39 2. WoBauG enthielt, für eine Reduzierung um jeweils 20 qm pro Person, sodass bei Eigentumswohnungen für drei Personen 100 qm, für zwei Personen 80 qm und für eine Person nur 60 qm als angemessen angesehen wurden (OVG Niedersachsen, NJW 1995, 3202; VGH München, Urteil vom 3. Februar 2005 – 19 BV 03.1960). Eine Orientierung an der Bewohnerzahl zur Bestimmung der Angemessenheit einer Eigentumswohnung hat auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) befürwortet (BVerwG Buchholz 436.0 § 88 BSHG Nr 28 = NJW 1993, 1024). Sie lässt sich nunmehr auch aus Satz 2 des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII ableiten. Danach bestimmt sich die Angemessenheit (auch) nach der Zahl der Bewohner (vgl Klinger, NDV 1992, 123, 125). Eine Heranziehung dieses Aspektes erscheint zur Bestimmung der angemessenen Größe einer Eigentumswohnung auch im Rahmen des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geboten, weil andernfalls die Ungleichheiten bei der Immobilienverwertungspflicht, die sich aus der unterschiedlichen Fassung der maßgebenden Vorschriften in § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII einerseits und § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II andererseits ergeben, ein Ausmaß erreichten, das verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbar wäre.
Entsprechend der in § 82 Abs 3 Satz 1 2. WoBauG in Bezug genommenen Größe von 20 qm hält der Senat eine Reduzierung von jeweils 20 qm pro Person – ausgehend von 120 qm bei einem Haushalt von vier Personen – für sachgerecht. Bei einer Belegung der Wohnung mit bis zu zwei Personen ist die Grenze allerdings typisierend auf 80 qm festzusetzen; dh eine weitere Reduzierung um 20 qm bei Belegung mit nur einer Person kommt im Regelfall nicht in Betracht. Dies erscheint schon aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität geboten, weil andernfalls stets eingehend zu prüfen wäre, ob sich der Betroffene in einer Lebensphase befindet, in der eine Änderung der Zahl der Wohnungsnutzer zu erwarten ist oder jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann. Diese Überlegung ist im Übrigen bereits in § 10 Abs 1 Nr 2 WoFG angelegt, wonach bei der Wohnflächenbestimmung ein nach der Lebenserfahrung in absehbarer Zeit zu erwartender zusätzlicher Raumbedarf zu berücksichtigen ist. Danach ist bei selbstgenutzten Eigentumswohnungen regelmäßig auch bei nur einer Person eine Wohnfläche von 80 qm als angemessen anzusehen. Die genannten Grenzwerte können jedoch nicht als quasi normative Größen herangezogen werden. Es muss Entscheidungsraum für außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslagen im Einzelfall bestehen bleiben (vgl für das BSHG: BVerwG Buchholz 436.0 § 88 BSHG Nr 28 = NJW 1993, 1024). Die angenommenen Werte orientieren sich am „Durchschnittsfall“ und bedürfen beim Vorliegen besonderer Umstände einer Anpassung nach oben, unter Umständen aber auch nach unten.
Vorliegend hätte allerdings auch ein Abstellen auf die Wohnraumförderbestimmungen in Bayern kein abweichendes Ergebnis erbracht. Nach Ziff 83.1 der Wohnraumförderbestimmungen 2003 beträgt die angemessene Wohnfläche für einen Zwei-Personen-Haushalt in Bayern höchstens 70 qm. Für Haushalte mit Kinderwunsch kann diese Begrenzung je Kind um 15 qm überschritten werden. Bei kinderlosen Haushalten von jungen Ehepaaren und von verschieden geschlechtlichen Lebensgemeinschaften, bei denen keiner der Partner das 40. Lebensjahr vollendet hat, beträgt die angemessene Wohnfläche höchstens 100 qm. Im Hinblick auf das Lebensalter der Klägerin, in dem typischerweise noch keine Festlegung auf ein Alleinleben erfolgt, und auf den Umstand, dass die Wohnflächenobergrenze hier um nicht mehr als 10 vH überschritten wird, müsste auch auf der Grundlage des Landesrechts unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes noch von einer angemessenen Wohnflächengröße ausgegangen werden.
Die Heranziehung unterschiedlicher Wohnflächengrenzen zur Festlegung der Angemessenheit für selbstgenutztes Wohneigentum einerseits und für Mietwohnungen (vgl hierzu eingehend: Urteil des Senats vom 7. November 2006 – B 7b AS 18/06 R) andererseits wird durch die unterschiedlichen Ziele, denen die Prüfung der Angemessenheit jeweils dient, gerechtfertigt und bedeutet auch im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot in Art 3 Abs 1 GG keine unzulässige Besserstellung von Wohnungseigentümern gegenüber Mietern. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ist eine rein vermögensrechtliche Schutzvorschrift gegenüber dem Verwertungsbegehren des Grundsicherungsträgers (vgl Lauterbach, NJ 2006, 488, 491). Die Angemessenheitskontrolle im Rahmen von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II hat insoweit nicht das Ziel, eine Einstandspflicht des Grundsicherungsträgers für unverhältnismäßige Unterkunftskosten des Hilfebedürftigen auszuschließen. Art 3 Abs 1 GG ist dagegen tangiert, wenn es um die Übernahme der Unterkunftskosten von Mietern einerseits und Haus- bzw Wohnungseigentümern andererseits geht, etwa im Hinblick auf die Höhe der Kaltmiete einerseits und der Darlehenskosten andererseits sowie in Bezug auf Heizungs- und sonstige Nebenkosten. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung bei § 22 Abs 1 SGB II wird eine Privilegierung von Eigentümern gegenüber Mietern nicht zu rechtfertigen sein. Nicht zuletzt der Ausschluss der Übernahme von Tilgungsraten (vgl hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R) ist in diesem Zusammenhang zu erörtern. Derartige Kosten sind vorliegend aber gerade nicht streitig.
3. Der Senat konnte in der Sache jedoch nicht abschließend entscheiden, weil in Bezug auf den hier streitigen Leistungszeitraum bislang keine tatsächlichen Feststellungen zu den von der Klägerin geltend gemachten Ansprüchen getroffen worden sind. Das LSG wird gegebenenfalls zu berücksichtigen haben, dass bei der Berechnung bislang offensichtlich die Eigenheimzulage als Einkommen gewertet wurde, was rechtlichen Bedenken begegnet (vgl klarstellend ab 1. Oktober 2005 nunmehr § 1 Abs 1 Nr 7 Alg II-Verordnung idF der Ersten Verordnung zur Änderung dieser Verordnung vom 22. August 2005 – BGBl I 2499), wobei ggf zu beachten ist, dass die Klägerin die Entscheidung des SG nicht angegriffen hat. Schließlich wird zu berücksichtigen sein, dass bei der Reduzierung des Zuschlags nach § 24 Abs 1 Satz 2 SGB II für die Berechnung der Frist auf den Zeitpunkt des Endes des Arbeitslosengeldbezugs abzustellen ist (vgl BT-Drucks 15/1516, S 58 zu § 24 Abs 1; Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 24 RdNr 4).
Das LSG hat auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden.