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Haustürgeschäft: Widerruf bei Ratenkauf

LG Essen, Az.: 19 O 156/16, Urteil vom 28.02.2017

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt zu 50 % die Klägerin zu 1), zu 50 % der Kläger zu 2).

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin zu 1) schloss mit der Beklagten am 10.05.2012 einen Vertrag über ein sogenanntes „Gold-Sparbuch 1“ (Antrags-Nr. … ). Neben einer Einrichtungsgebühr in Höhe von 1.600,- Euro mit einer Rückvergütungsoption war ein monatlich zu zahlender „Sparbeitrag“ von 50,- Euro vereinbart. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist zum Inhalt des Vertrags Folgendes ausgeführt:

„2.1 Mit dem Antrag auf Abschluss eines Goldsparbuchs kauft der Kunde bei der N in Form von 999,9/1.000 Goldbarren einer anerkannten Prägeanstalt. Das Gold wird durch den Kunden ratenweise in physischer Form erworben und von der N für den Kunden in ausgegrenztem Sondervermögen gelagert. …

2.3 Die N verschafft dem Kunden Eigentum an dem gekauften Gold durch Einräumung von Miteigentum nach Bruchteilen an einem im Besitz der N befindlichen Sammelbestand an Feingold. Die Übertragung des Eigentums an dem gekauften Gold erfolgt im Wege eines Besitzmittlungsverhältnisses. … Auf Verlangen gibt die N jedem Kunden die diesem zustehende Menge des Goldes heraus, ohne dass es hierzu der Genehmigung der übrigen Miteigentümer bedarf. …

2.4 Auf Antrag kann das Gold an den Kunden ausgeliefert werde. Die Mindestauslieferungsmenge beträgt 20 Gramm. … “

Das Vertragsformular enthält eine Widerrufsbelehrung, die wie folgt lautet:

„Widerrufsrecht

Haustürgeschäft: Widerruf bei Ratenkauf
Symbolfoto: Kasia Bialasiewicz/Bigstock

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform, z.B. Brief, Fax oder E-Mail, widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an … “

Die Klägerin zu 1) zahlte an die Beklagte in Erfüllung dieses Vertrages an die Beklagte 1.450,- Euro.

Gleichfalls am 10.05.2012 schloss die Klägerin zu 1) mit der Beklagten einen Vertrag über ein weiteres sogenanntes „Gold-Sparbuch 2“ (Antrags-Nr. … ) mit inhaltlich gleich lautenden allgemeinen Geschäftsbedingungen. Bei monatlich zu erbringenden Ratenzahlungsleistungen in Höhe von 100,- Euro zahlte die Klägerin zu 1) auf diesen Vertrag insgesamt 2.900,- Euro.

Auch der Kläger zu 2) schloss mit der Beklagten am 10.05.2012 unter Verwendung desselben Formulartextes zwei Verträge über „Gold-Sparbücher“ (Antrags-Nummern … und … ), auf die er insgesamt 4.350,- Euro leistete.

Mit Schreiben vom 25.08.2016 erklärten die Kläger gegenüber der Beklagten den Wiederruf der Verträge und forderten diese unter Fristsetzung zur Rückzahlung der eingezahlten Beträge auf.

Sie behaupten, es handele sich um Haustürgeschäfte. Sie meinen, der Widerruf sei rechtzeitig erfolgt. Ihrer Auffassung zufolge ist die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung unwirksam, weil sie nicht dem in der Anlage zu § 14 BGB-Info VO veröffentlichten Muster entspreche. Denn in der Widerrufsbelehrung fehle der in dem Mustertext enthaltene Hinweis, dass ein Widerruf auch durch Rücksendung der Sache erklärt werden könne, wenn die Sache innerhalb von 14 Tagen vor Fristablauf überlassen wird.

Die Kläger beantragen, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) 4.350,- Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.10. 2016, sowie an den Kläger zu 2) 4.350,- Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.10. 2016, zu zahlen, sowie den Klägern als Gesamtgläubigern außergerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 989,13 Euro zu erstatten.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hält die Widerrufsbelehrung für wirksam. Die streitgegenständlichen Verträge seien ihrem Vertragstypus nach keine Ratenlieferungsverträge. Da Vertragsgegenstand der Ankauf und die Verwahrung von physischem Feingold ist, handele es sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag, auf den die für Ratenlieferungsverträge geltenden Regeln nicht anwendbar seien. Eine Auslieferung von Gold sehe die vertragliche Vereinbarung nur in Ausnahmefällen vor. Darüber hinaus könne der Fall, dass Gold vor Ablauf der Widerrufsfrist ausgeliefert werde, schon aus tatsächlichen Gründen nicht eintreten. Ein zusätzlicher Hinweis auf die Ausübung des Widerrufs durch Rücksendung der Ware sei daher nicht erforderlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Gerichtsakten gereichten Unterlagen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Kläger haben gegen die Beklagte jeweils keinen Anspruch auf Rückzahlung ihrer erbrachten Leistungen gemäß §§ 312 Abs. 1 S. 1, 355, 357 BGB a.F.

Der am 25.08.2016 erklärte Widerruf ist weit außerhalb der zweiwöchigen Widerrufsfrist gemäß § 355 BGB a.F. eingegangen. Dieser Widerruf war verspätet, da die gemäß §§ 312 Abs. 2 S. 1, 360 BGB a.F. erforderliche Widerrufsbelehrung der Beklagten den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

Gemäß § 360 Abs. 3 S. 1 BGB a.F. genügt die dem Verbraucher mitzuteilende Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 360 Abs. 1 BGB a.F., wenn das Muster der Anlage 1 zum Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch in Textform verwendet wird. Dieses Muster für die Widerrufsbelehrung sah für den Geltungszeitraum 04.08.2011 – 12.06.2014 folgenden Text vor:

„Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform, z.B. Brief, Fax oder E-Mail [oder – wenn Ihnen die Sache vor Fristablauf überlassen wird – auch durch Rücksendung der Sache][2], widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs [oder der Sache] [2]. Der Widerruf ist zu richten an … “

In den Gestaltungshinweisen zu diesem Muster für die Widerrufsbelehrung heißt es zu dem Klammerzusatz zu [2] ausdrücklich:

„Der Klammerzusatz entfällt bei Leistungen, die nicht in der Überlassung von Sachen bestehen.“

So ist es hier. Die von der Beklagten geschuldete vertragstypische Leistung besteht nicht in der Überlassung von Sachen. Sie besteht vielmehr in der Eigentumsverschaffung an dem gekauften Gold durch Einräumung von Miteigentum nach Bruchteilen an einem im Besitz der N befindlichen Sammelbestand an Feingold. Die Übertragung des Eigentums an dem gekauften Gold erfolgt im Wege der Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses und gerade nicht durch die physische „Überlassung“ von Sachen. Darauf, dass die Vertragspartner der Klägerin die Möglichkeit haben, die Auslieferung des Goldes zu beantragen, kommt es nicht an. Denn dies ist nicht die Hauptleistungspflicht der Beklagten, die den zwischen den Parteien geschlossenen Verträgen ihr typisches Gepräge verleiht, sondern lediglich eine Option, zu deren Erfüllung sich die Beklagte zusätzlich im Sinne einer vertraglichen Nebenpflicht bereit erklärt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 100 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO. § 708 Nr. 11 ZPO findet keine Anwendung. Der vollstreckbare Kostenerstattungsanspruch, auf den allein es im Rahmen von § 708 Nr. 11 ZPO ankommt (vgl. MüKo, § 708 ZPO Rz 20 m.w.Nw.) beträgt mehr als 1.500,- Euro.

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