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Jagdpachtvertrag – Anforderungen an Schriftformerfordernis

OLG Hamm – Az.: I-30 U 101/17 – Beschluss vom 31.01.2018

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung einstimmig im Beschlusswege nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

I.

Hinsichtlich des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf das angefochtene Urteil sowie die Berufungsbegründung und den Schriftsatz der Klägerin vom 20.11.2017 Bezug genommen.

II.

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

1. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Pachtvertrag vom 01.04.2014 nicht schriftlich im Sinne des § 11 Abs. 4 Satz 1 BJagdG geschlossen wurde und daher gemäß § 11 Abs. 6 Satz 1 BJagdG nichtig ist.

Der gesamte Jagdpachtvertrag (einschließlich etwaiger Nebenabreden) ist schriftlich abzufassen (BGH, Urteil vom 13.04.1978 – III ZR 89/76, WM 1978, 846, juris Rn. 19). Der schriftliche Vertrag muss daher als essentialium negotii den Jagdpachtgegenstand, d.h. das Gebiet, für das das Jagdausübungsrecht übertragen wird, eindeutig bezeichnen (so auch OLG Düsseldorf ZMR 2015, 15, juris Rn. 15). Dies ist beim gegenständlichen Vertrag nicht der Fall.

a) Eine Revierkarte, die nach § 2 des Vertrages als dessen Bestandteil beigefügt sein sollte und aus der sich Lage und Grenzen des Jagdbezirks ergeben sollten, lag dem Vertrag unstreitig nicht bei. Vor oder nach Vertragsschluss überreichte Karten sind insoweit nicht von Relevanz.

b) Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass auch die Bezeichnung des Jagdbezirkes in § 2 des Vertrages den Anforderungen an die Schriftform nicht genügt. Allein nach der dortigen Beschreibung „gemeinschaftliche[r] Jagdbezirk Nr. … als Niederwildrevier (- Arrondierungsfläche zum Eigenjagdbezirk X)“ ist der Jagdbezirk – entgegen der Auffassung der Berufung – nicht hinreichend bestimmbar. Ob die Beschreibung grundsätzlich durch Bezugnahme auf einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk erfolgen kann (OLG Koblenz, Beschluss vom 11.02.2014 – 3 U 939/13, juris Rn. 5), braucht hier nicht entschieden zu werden. Verpachtet worden ist im Streitfall nämlich nicht das Jagdausübungsrecht im gesamten gemeinschaftlichen Jagdbezirk der Klägerin, sondern nur auf einer Teilfläche davon. Diese Lage dieser Teilfläche müsste im Vertrag eindeutig bezeichnet sein, um dem Schriftformerfordernis zu genügen. Daran fehlt es hier.

Lage und Umfang des Jagdbezirks ließen sich schon nach der vorgelegten Korrespondenz nicht allein zweifelsfrei der Bezeichnung „Nr. …“ entnehmen. Auch für die Parteien herrschte weder Klarheit noch Einigkeit darüber, welche Liegenschaften genau zum Bezirk … gehören. Auf die Schreiben der Klägerin vom 30.06.2014, 25.07.2014 und 03.09.2014 sowie die Schreiben der Beklagten vom 27.04.2014 und vom 16.08.2014 wird insoweit Bezug genommen. Darin werden sowohl einzelne Flurstücke als auch die Gesamtfläche des Bezirks … korrigiert. Die Gesamtfläche wurde sogar zunächst nach oben (Bl. 128) und später (wesentlich) nach unten korrigiert (Bl. 134). Wie sich dem Schreiben der Klägerin vom 25.07.2014 (Bl. 133) entnehmen lässt, hat sie dafür einen „Abgleich der Jagdbezirkskarte m. d. Flächenverzeichnis“ vorgenommen und den Lageplan zum Jagdbezirk überarbeitet. Gegen die vom OLG Düsseldorf (aaO Rn. 16) angeführte und von der Berufung herangezogene Bestimmbarkeit mittels Heranziehung objektiver, von einer neutralen unparteiischen Stelle erfasster Daten oder Verzeichnisse spricht hier in diesem Zusammenhang, dass die Verzeichnisse hinsichtlich der Teilflächen offenbar von der Klägerin selbst neu gefasst werden. Wie sich den Schreiben vom 30.06.2014, vom 25.07.2014 und vom 13.08.2014 entnehmen lässt, hat die Klägerin den Lageplan zum Jagdbezirk und auch das Flächenverzeichnis (mehrfach) korrigiert und neu ausgefertigt. Dabei handelte es sich nicht um Korrekturen des Flächenmaßes, sondern um Korrekturen infolge der Herausnahme und Aufteilung von Flurstücken. Vor diesem Hintergrund reicht es – anders als die Berufung meint – nicht aus, dass die Untere Jagdbehörde die Reviergrenzen nachvollziehen kann. Eine allgemeingültige grundbuchgleiche Erfassung gibt es demnach nicht.

c) Im Übrigen haben es auch die Parteien für erforderlich erachtet, unter § 2 Ziffer 2 des Vertrages zu vereinbaren, Lage und Grenzen des Jagdbezirks seien aus der als Bestandteil des Vertrages beigefügten Revierkarte ersichtlich. Letztere war dem Vertrag dann jedoch – wie ausgeführt – unstreitig nicht beigefügt.

d) Selbst wenn sich die Vertragsparteien – was, wie oben dargelegt, noch nicht einmal der Fall war – über die genaue Größe und Lage des Bezirks einig gewesen wären, reichte dies nicht aus. Die Formvorschrift für Jagdpachtverträge dient nämlich nicht nur dem Schutz der Vertragspartner (vor einer übereilten langfristigen Bindung), sondern auch Allgemeininteressen wie der Sicherheit des Rechtsverkehrs (BGH, Urteil vom13.04.1978 – III ZR 89/76, WM 1978, 846, juris Rn. 21 f.).

2. Ebenfalls zu Recht hat das Landgericht gemeint, die Berufung der Klägerin auf den Schriftformverstoß stelle sich auch nicht als treuwidrig dar.

a) Gegenüber der sich aus der öffentlich-rechtlichen Vorschrift des § 11 Abs. 6 Satz 1 BJagdG ergebenden Nichtigkeit versagt schon grundsätzlich die Berufung auf Treu und Glauben und auf die Arglisteinrede (BGH, Beschluss vom 24.03.1994 – III ZR 65/93, NJW-RR 1994, 778, juris Rn. 10).

b) Im Übrigen hat das Landgericht – was der Senat nur vorsorglich ausführt – die Voraussetzungen dafür, dass sich die Berufung der Klägerin auf den Formverstoß als treuwidrig darstellt, zu Recht auch in der Sache verneint. Der Formmangel eines Rechtsgeschäfts ist nur ausnahmsweise wegen unzulässiger Rechtsausübung unbeachtlich, weil sonst die Formvorschriften ausgehöhlt würden. Nach gefestigter Rechtsprechung ist ein an sich nichtiger Vertrag nur in besonderen Ausnahmefällen als wirksam zu behandeln, wenn die Nichtigkeitsfolge mit Treu und Glauben unvereinbar wäre. Dies ist insbesondere in zwei Fallgruppen anerkannt: in den Fällen einer Existenzgefährdung des einen Teils und den Fällen einer besonders schweren Treuepflichtverletzung des anderen Teils. Dabei darf eine auf der Verletzung gesetzlicher Formvorschriften beruhende Nichtigkeit eines Vertrages im Interesse der Rechtssicherheit in aller Regel nicht aufgrund von Billigkeitserwägungen außer Acht gelassen werden. Eine Ausnahme kann nur in ganz besonders gelagerten Fällen gemacht werden, in denen nach den gesamten Umständen die Nichtigkeitsfolge mit Treu und Glauben unvereinbar wäre. An die Bejahung eines Ausnahmefalles sind strenge Anforderungen zu stellen; dass die Nichtigkeit den einen Vertragsteil hart trifft, reicht nicht aus (BGH, Urteil vom Urteil vom 14.06.1996 – V ZR 85/95, NJW 1996, 2503 unter 3 mwN zum Grundstückskaufvertrag).

Diese strengen Kriterien für die Annahme eines Verstoßes gegen Treu und Glauben durch die Berufung auf die Formnichtigkeit sind hier nicht erfüllt. Eine Existenzgefährdung der Beklagten ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch liegt der Klägerin kein besonders schwerer Treueverstoß zu Last. Insbesondere hat sie die Beklagte nicht schuldhaft vom Abschluss eines formwirksamen Vertrages abgehalten (vgl. BGH, Urteil vom 30.04.2014 – XII ZR 146/12, GE 2014, 865, juris Rn. 27 mwN). Die Klägerin hat nämlich unbeanstandet vorgetragen, sie habe den Vertrag bei seinem Abschluss für wirksam gehalten. Dies wird sogar noch dadurch untermauert, dass sie diese Ansicht auch nach dem Aufkommen von Bedenken an der Wirksamkeit des Vertrages von Seiten der Beklagten beibehalten hat (Schreiben vom 13.05.2014; Bl. 126). Eine Treuepflichtverletzung liegt darin nicht.

3. Ob sich die Nichtigkeit darüber hinaus auch aus dem Umstand einer fehlenden Ausnahmegenehmigung der Unteren Jagdbehörde nach § 9 LJG NW ergibt, kann dahinstehen.

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