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Jagdpachtvertrag – Formunwirksamkeit bei unzureichender Revierbeschreibung

Rechtsunsicherheit bei Jagdpachtvertrag: Unklare Revierbeschreibung führt zur Formunwirksamkeit

Der folgende Fall befasst sich mit der Formgültigkeit von Jagdpachtverträgen. Hierbei spielt insbesondere die ausführliche und eindeutige Beschreibung des Jagdreviers, das Gegenstand des Vertrages ist, eine wesentliche Rolle. Der juristische Streitpunkt liegt darin, ob ein Jagdpachtvertrag, der eine unzureichende Beschreibung des zu jagenden Gebiets enthält, formgültig ist oder nicht. Die Klärung dieses Themas hat weitreichende Implikationen für alle Beteiligten, da eine Formunwirksamkeit eines solchen Vertrages erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich zieht.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 S 32/19 >>>

Entscheidungsgrundlage: Wesentliche Vertragsinhalte und -formen

Der Fall basiert auf einem Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 31.01.2018 (Az. 30 U 101/17), wonach der gesamte Jagdpachtvertrag einschließlich aller Nebenabreden schriftlich festgehalten werden muss. Hierbei ist insbesondere wichtig, dass das Jagdgebiet, also der Gegenstand des Vertrages, eindeutig bestimmt ist. Diese Klarheit ist nicht gegeben, wenn eine körperliche Verbindung zwischen dem Vertragsdokument und einer Karte, die das Jagdgebiet darstellt, fehlt. Alternativ können auch andere Gesichtspunkte, wie beispielsweise eine fortlaufende Paginierung oder eine fortlaufende Nummerierung der Textabschnitte, für die erforderliche Zuordnung sorgen. Doch in dem verhandelten Fall waren diese Kriterien nicht erfüllt.

Geltung der Formvorschrift: Schutz der Vertragspartner und Sicherheit des Rechtsverkehrs

Die Formvorschrift dient nicht nur dem Schutz der Vertragspartner, sondern auch Allgemeininteressen wie der Sicherheit des Rechtsverkehrs. Selbst wenn sich die Vertragsparteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses über die genaue Größe und Lage des Jagdbezirks einig gewesen wären, wäre dies unzureichend. Die ausdrückliche, schriftliche Formulierung der Revierbeschreibung im Vertrag ist von entscheidender Bedeutung.

Einwand des Beklagten: Persönliche Stellungnahme und Verweis auf Vertragsurkunde

Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer angegeben, dass ursprünglich eine feste Verbindung zwischen der Vertragsurkunde und der Karte bestanden habe. Dieses neue Vorbringen wurde jedoch von der Klägerin bestritten und konnte daher aufgrund des § 531 Abs. 2 ZPO nicht berücksichtigt werden. Darüber hinaus fehlte es an einem entsprechenden Nachweis.

Fazit: Unklare Revierbeschreibung führt zur Formunwirksamkeit des Vertrags

Abschließend lässt sich feststellen, dass die ausreichende und eindeutige Beschreibung des Jagdgebietes eine essenzielle Voraussetzung für die Formgültigkeit eines Jagdpachtvertrags ist. Ist diese Beschreibung unzureichend, führt dies zur Formunwirksamkeit des Vertrages und hat somit weitreichende Konsequenzen für die Vertragsparteien.


Das vorliegende Urteil

LG Siegen – Az.: 1 S 32/19 – Urteil vom 22.06.2020

Die Berufung des Beklagten gegen das am 18.11.2019 verkündete Urteil des Amtsgerichts Siegen – 14 C 498/19 – wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht der Klage mit dem Hauptantrag stattgegeben.

Jagdpachtvertrag - Formunwirksamkeit bei unzureichender Revierbeschreibung
Rechtliche Klarheit gefordert: Eindeutige Revierbeschreibungen sind essentiell für die Formgültigkeit von Jagdpachtverträgen. Unklarheiten ziehen weitreichende Konsequenzen nach sich. (Symbolfoto: UfaBizPhoto /Shutterstock.com)

Die hiergegen gerichteten Rügen der Berufung haben keinen Erfolg. So ist der Grenzverlauf des Bezirks in dem Vertrag zwischen den Parteien nicht hinreichend beschrieben. Der gesamte Jagdpachtvertrag einschließlich etwaiger Nebenabreden muss schriftlich abgefasst werden; der schriftliche Vertrag muss daher als essentialium negotii den Jagdpachtgegenstand, das heißt das Gebiet, für das das Jagdausübungsrecht übertragen wird, eindeutig bezeichnen (OLG Hamm, Beschluss vom 31.01.2018 – 30 U 101/17 Rn. 4 [Beck RS 2018, 11092]).

Diesem Erfordernis ist durch die Umschreibung in § 2 des Pachtvertrages nicht Genüge getan. Zu Recht hat das Amtsgericht darauf abgestellt, dass aus der Formulierung nicht klar ersichtlich ist, wie sich der Jagdbezirk zusammensetzen soll, zumal nicht zu erkennen ist, ob die gesamte Gemarkung ### erfasst sein soll. Die Berufung zeigt auch nicht auf, aus welchem Grund sich ein anderes Verständnis der genannten Formulierung ergeben soll.

Die Bezugnahme auf die Revierkarte in § 15 des Vertrages reicht ebenfalls nicht aus. Zwar ist insoweit die Auffassung des Beklagten zutreffend, dass zur materiellen Ausfüllung des Schriftformerfordernisses in § 11 BJagdG auf § 126 BGB zurückzugreifen ist; danach ist eine feste körperliche Verbindung der einzelnen Blätter einer Urkunde nicht zwingend erforderlich (BGH, NJW 2003, 1248). Zu verlangen ist aber, dass sich die Einheit der Urkunde aus anderen eindeutigen Merkmalen ergibt (BGH, a.a.O.). Entscheidend ist bei einem Zusammentreffen von Haupturkunde und Anlage, dass eine zweifelsfreie Zuordnung sichergestellt wird (BGH, a.a.O., S. 1249 im Zusammenhang mit den Schriftformanforderungen an Mietverträge hinsichtlich der Einbeziehung einer Anlage; vergleiche zur Übertragbarkeit auf Jagdpachtverträge OLG Schleswig, Urteil vom 31.01.2019 – 2 U 6/18 – Rn. 17 [Beck RS 2019, 14271]; Gies in Düsing/Martinez, Agrarrecht, 1. Aufl. 2016, § 11 BJagdG Rn. 72). Wenn es also an einer körperlichen Verbindung fehlt, müssen andere Gesichtspunkte die Zuordnung zum Ausdruck bringen, wie das insbesondere bei einer fortlaufenden Paginierung, fortlaufenden Nummerierung der einzelnen Textabschnitte sowie einem über das jeweilige Seitenende fortlaufenden Text anzunehmen ist (BGH, NJW 2003, 1248). All das ist hier nicht der Fall. Es reicht in den Fällen einer Anlage auch aus, wenn auf eine Karte, aus der die Umgrenzung des Pachtgegenstandes unzweifelhaft ersichtlich ist, eindeutig Bezug genommen wird (vergleiche OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.07.2014 – 9 U 105/13 Rn. 15 [Beck RS 2014, 18384]). Dem ist durch die vorliegende Handhabung nicht Genüge getan. Die Erwähnung einer „Revierkarte“ lässt eine zweifelsfreie Bezugnahme im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vermissen. Es fehlt an einer hinreichenden Individualisierung der Karte. Das gilt schon unter zeitlichen Gesichtspunkten; eine Revierkarte kann durch Veränderungen der Grenzen – über die gerade im vorliegenden Fall gestritten wurde – im Laufe der Zeit verschiedene Erscheinungsbilder zeigen. Deshalb reicht es nicht aus, dass in der von Beklagtenseite vorgelegten Karte die Bezeichnung des streitgegenständlichen Reviers enthalten ist.

Entsprechendes gilt, wenn man – gewissermaßen aus der „Gegenrichtung“- die Bezugnahme der Anlage auf die Vertragsurkunde betrachtet. Die vorgelegte Karte weist keinerlei Beschriftung auf, die konkret erkennen ließe, dass sie zu dem Vertrag zwischen den Parteien des Rechtsstreits vom 03.05.2013 gehört. Zu Unrecht verweist der Beklagte auf eine Äußerung in der Literatur (Munte, Jagdpachtrecht 2018, Tagungsband der 26. Fortbildungsveranstaltung Jagdrecht, S. 175/176), wonach ein Rückbezug der Anlage auf den Jagdpachtvertrag nicht erforderlich sei. Dies gilt – was sich auch aus der zitierten Stelle ergibt – nur dann, wenn bereits in der (Haupt-) Urkunde eine hinreichende Bezugnahme enthalten ist; entbehrlich ist also lediglich eine beiderseitige – gewissermaßen „doppelte“ – Verweisung.

Soweit der Beklagte persönlich in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer abweichend von dem bisherigen Vorbringen angesprochen hat, es habe ursprünglich eine feste Verbindung zwischen der Vertragsurkunde und der Karte bestanden, wäre das mit Rücksicht auf das daraufhin erklärte Bestreiten der Klägerin schon gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen; jedenfalls fehlte es an einem entsprechenden Nachweis.

Schließlich würde es auch nicht ausreichen, wenn sich die Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses über die genaue Größe und Lage des Bezirks einig gewesen wären, zumal die Formvorschrift nicht nur dem Schutz der Vertragspartner, sondern auch Allgemeininteressen wie der Sicherheit des Rechtsverkehrs dient (vergleiche OLG Hamm, a.a.O., Rn. 9). Aus diesem Grund kann es offenbleiben, ob bzw. zu welchem Zeitpunkt dem Beklagten die Revierkarte, auf die er sich beruft, übergeben bzw. übersandt wurde, so dass auch der hierzu benannte Zeuge nicht vernommen werden muss.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant

  1. Mietrecht (insbesondere Jagdpachtrecht): Der Text scheint sich auf einen Jagdpachtvertrag zu beziehen, der zur Formunwirksamkeit führt, wenn die Revierbeschreibung unzureichend ist. Das Jagdpachtrecht ist ein Unterbereich des Mietrechts und wird in Deutschland im Bundesjagdgesetz (BJagdG) geregelt. In diesem speziellen Fall bezieht sich der Artikel auf § 11 BJagdG, der das Schriftformerfordernis für Jagdpachtverträge festlegt. Die genaue Beschreibung des Jagdreviers ist für die Gültigkeit des Vertrags wesentlich. Unklarheiten können zur Unwirksamkeit des Vertrags führen.
  2. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere § 126 BGB: Der Artikel bezieht sich auf § 126 BGB, der die Schriftform für Verträge in Deutschland regelt. Die Schriftform erfordert, dass die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet wird. Im vorliegenden Fall scheint es Diskrepanzen bezüglich der Einheit der Vertragsdokumente und ihrer physischen Verbindung zu geben. Dies ist relevant, da gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zwar keine physische Verbindung der Dokumente notwendig ist, es jedoch klare Indikatoren für ihre Einheitlichkeit geben muss.
  3. Zivilprozessrecht, insbesondere § 531 ZPO: Im Text wird § 531 Abs. 2 ZPO erwähnt. Dieser Paragraf regelt die Nachholung von Angriffs- und Verteidigungsmitteln im Berufungsverfahren. Es scheint, dass im vorliegenden Fall neue Tatsachenbehauptungen aufgekommen sind, die das Gericht gemäß dieser Vorschrift nicht berücksichtigt hat, da die Klägerin dies bestritten hat und der Beklagte keinen entsprechenden Beweis vorlegen konnte.
  4. Vertragsrecht: Der gesamte Text bezieht sich auf einen Jagdpachtvertrag, der Teil des Vertragsrechts ist. Das Vertragsrecht ist in Deutschland hauptsächlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. In diesem Fall scheint es, dass die Parteien über die genaue Größe und Lage des Jagdreviers uneinig waren, was den Vertrag potenziell unwirksam macht.

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